Volltext Seite (XML)
Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtSämter u. der Stadträth« zu Freiberg, Sayda u. Brand. HM. Drschein« j«dm Wochtntag fnch U. Jnstro«» «kidex bis N«chm- 3 Utzr für di» »Lchste Nr. angenommen. Freitag, den 88. April. Preis »inteWrl. SV Ngr. Ins«,«» werden dlt gefpalten« Zeile oder deren Raum mi> S Pf. berechnet, -t- Die Ar-eiterveweg«ng. Wie der junge Frühling neues Lebe» in die Adern der Natur ergießt, so erwacht in den deutsche» Arbeitern ein Lehen und eine ^eweggug, die sich vernehmlich erst auf einzelne Orte erstreckt, je denfalls aber ganz Deutschland durchziehen wird. Sicherlich bleibt sie nicht ohne Einmischung sträflicher Leidenschaften, wird auch an vielen Orten schwere Verluste für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Hervorrufen; denn die Ströme , welche im Frühlinge ihre Eisdecke durchbrechen, find niemals Aar und rein, zerstören oft Dämme und verheeren Felder. Aber trötzdem ist der Frühling UnS doch ein willkommener Freund, der tausendfältig ersetzt, was er zerstört. Und wird dies auch von der Arbeiterbewegung behauptet werden können? Diese Frage heute schon zu beantworten, ist sehr schwer. Die Arbeiterfrage ist eine doppelte ; einmal ist sie materieller Natur, d. h. eine bloße Magenfrage ; dann ist sie ideeller Natur, d. h. eine Frage der gesellschaftlichen Vervollkommnung. Die gegen wärtige Bewegung basirt auf der ersten Art, auf der materiellen Seite. tritt deshalb zunächst die Frage an uns, ob denn die Lag« unserer Arbeiter wirklichen Grund zur Unzufriedenheit bietet. Nach unserer Meinung ist dieselbe keineswegs so verzweifelt, wie man vorgiebt; sie kann sogar theilweise, wenn auch nicht an sich, aber verglichen mit den Zuständen vor 20 Jahren, eine glückliche genannt werden. Seit einem halben Jahrhundert sind die Arbeits löhne durchschnittlich um 25 Proc gestiegen; folglich in höherem Maße, al« die Preise der Lebensmittel und Wohnungen; dagegen sind alle anderen Bedürfnisse billiger und zugänglicher geworden. Aber gerade der Umstand, daß die Forderung höherer Löhne kein Act der Verzweiflung, sondern ein Ausfluß des bewußten Strebens ist, um vorwärts zu kommen, bürgt uns dafür, daß der Strom im Großen und Ganzen — einzelne Ausnahmen können Nie Maßgebend sein — schwerlich die Ufer der Gesetzlichkeit über steigen und nach unerreichbaren Zielen hinstreben wird. Die Löhne durch gemeinschaftliche Arbeitseinstellungen im großen Maßstabe (StrikeS) derart in die Höhe zu treiben, daß die Meister oder Fa brikbesitzer dabei die Concurrenz nicht aushalten können oder das Publikum den Preisaufschlag so hoch findet, daß es seine Bedürf nisse einschränkt, das wäre eine Unbesonnenheit, die sich am schwer sten und bittersten am Arbeiter selbst rächen würde, der ja doch in den. allermeisten Fällen aus der Hand in den Mund lebt. Die Bewegung kann aber einen sehr wohlthätigen Einfluß auf »user« sociale Lage üben, sie kann, wenn sie durch Mäßigung und Besonnenheit ihr Ziel erreicht, ein Segen für'S Volk werden. Der Arbeitslohn ist bei allen civilistrten Völkern der größte Theil des Volkseinkommens; wenn er steigt, so hebt sich der Nationalwohl- st«nd; und da er für die Bedürfnisse der Arbeiter verausgabt wird, so vergrößert sich in dem Verhältnisse seiner Steigerung die Pro duction und ihre Einträglichkeit. Die Erhöhung der Arbeitslöhne ist das bedeutendste Hebungsmittel für die Industrie, deren Aus- dehnung wieder nothwendig eine Erhöhung der Löhne herbeiführt. Betrachten wir in einzelnen Fällen die Bewegung genauer, so müssen wir sagen, daß die Forderungen mäßig und gerecht sinh, wie z. B. in Burg bei den Tuchmachern, in Breslau bei dm Schneidergesellen, in Leipzig bei den Schriftsetzern und Druckern. Und was besonders löblich erscheint, das ist der Umstand, daß auf dön friedlichen Ausgleich der Hauptnachdruck gelegt und die Kündigung nur al« letztes Mittel aufgestellt ist. Dit Schneidet« gesellen in Leipzig, welche diktatorisch eine fast übermäßige Aus besserung der Löhne festsetzen, und statt erst zu unterhandeln, die sofortige Annahme ihrer Forderungen verlangen, werden ohne Hilfe von auswärts schmählich unterliegen. Mit dieser Hilft können sie vielleicht ihren Willen augenblicklich durchsetzen, besonder« Angesichts der bevorstehenden Messe, aber es wird zwischen Ärbeitgebern Md Arbeitnehmern immer ein gereiztes Vgrhältniß bestehen bleiben, dq« keinem Theile zum Segen gereicht. Denn Zwang erzeugt Zwang, und Drohung ruft Hartnäckigkeit hervor. — Nur eins noch müssen wir lobend erwähnen: die jetzige Ar beiterbewegung hat nicht« mit den Lassalle'schen Theorien zu schassen. Lassalle hatten seiner Leidenschaftlichkeit die Arbeiter mit dem Gaukelspiele zu fangen gesucht, welche« im Jahre 1848 in der französischen Juni - Revolution so viele Opfer gefordert. Er pre digte den falschen und verderblichen Ehrgeiz, d«S Capital und die Bourgeoifie al- Feind zu betrachten und zu behandeln. Von sol chen Erscheinungen ist kn der gegenwärtigen BeWegung kitte Spur vorhanden, und deshalb kann man wohl auf den vernünftigen Verlauf derselben rechnen, Wir stehen fMich erst am Beginn der großen socialen Frage, die mit der Verbesserung des Arbeitserträge« nothwendig zusammenhängt und deren Inhalt eine völlige Verän derung der Gesellschaft durch die Macht der Industrie bildet, wäh rend seither die Gesellschaft nur von politischen Gesetzen bewegt wurde. Ist auch heute noch keine Möglichkeit gegeben, die eigent liche und endliche Lösung zu bezeichnen, so dürfen wir doch deshalb dent Strome der Bewegung die Augen nicht verschließen. Der wahre Menschenfreund hat die Pflicht, nach Kräften dahin zu wir ken, daß der Verlauf ein friedlicher bleibe. E« gilt auch hier, zu prüfen und für da« al« Beste erkannte mit Wort und That rin- zutrettn. Tagesgeschichte. Berlin, 25. April. Preußen hat, wie der „K. Zg." versichert wird, neuerdings m Wien die Berufung schleswig-holsteinischer Stände angeregt, damit sie über brennende Fragen, namentlich, allem Anscheine nach, über die Modalitäten eines etwaigen bundes staatlichen Anschlusses der Herzogthümer an Preußen gehört würden. Ueber die Frag«, welche Stände berufen werden sollen, und den Modüö der Berufung ist näch der Lage der Sache wahrscheinlich die Verständigung mit Oesterreich Vorbehalten. Die Stände würden jedenfalls wegen der Erörterung der Anschlußfrageu zu einer Ber- samtnlung zusammentreten müssen. Die Frage der Erbfolge wird den Ständen vorerst schwerlich vorgeleM werden können. — Wie man anderweitig glaubt, würden den Ständen der HerzoatLMer nach den preußischen Absichten wahrscheiüiich auch nameMch flnau-