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Z14 Tagesgeschichie. Berlin, 17. Februar. (B. Bl.) Die Commission für da« UnterrichtSwesen berieth heute die Petitionen, welche auf Verbesserung der Lage der Volksschullehrer gerichtet sind. Der Vorsitzende, Abg. Harkort, empfahl Ueberweisung der Petitionen an die Regierung, schloß sich aber später dem Anträge der Abgg. v. Bunsen und Laßwitz an, das Hans möge die Regierung auffordern, die Feststellung der äußeren Verhältnisse der Volksschullehrer in vorläufige Erwägung zu ziehen. Dieser Antrag würde angenommen. Der Regierung«- commissar, Geh. Rath Stiehl, versicherte, daß die Regierung mit der Ausarbeitung eines solchen Gesetzes beschäftigt sei und daß daS Hineinziehen de» Turnens und der weiblichen Handarbeit m den Kreis der Unterrichtsgegenstände für ihre darauf gerichtete Thätigkeit Zeugniß ablege. — Die „Zeidler'sche Correspondenz" hält es nicht für unmög lich, daß die preußische Pe^lerM vor der Formuliruny ihrer - Deutschland wollen wir gelten lassen, aber e- ist eine seltsame Methode, seine Sympathie zu zeigen, indem man dem Hilfebegehrenden jede Unterstützung verweigert. Ueber dse Stellung Frankreichs zur schließlichen Lösung der Herzogthümer-Frage gleitet der Kaiser aus gutem Grunde mit vorsichtigem Schweigen hinweg. Entschiedener als in Deutschland sollte sich die Action Frankreich«, sagt die Thron rede, in Italien äußern, und zwar durch die Convention vom 15. September. Der Kaiser erklärt als Zweck derselben die Be festigung des neuen Königreichs Italien und die Unabhängigkeit des heiligen Stuhles. Die Convention ist keine Kriegswaffe, sondern im Gegentheile ein Werk des Friedens und der Versöh nung. Italien wird endgiltig durch Verlegung der Hauptstadt nach Florenz constituirt, und indem es die Unabhängigkeit des heiligen Stuhle«, wie auch dessen Grenzen zu achten sich verpflichtet, gewährt es Frankreich die Möglichkeit, Rom zu räumen. Wir fürchten, daß der Kaiser, wie mit dem Congreßvorschlage, so mit der Convention, zu viel, ja Unmögliches anstrebt, und daß der September«Vertrag das Schicksal des CongreßvorschlagS thellen wird. In dem Maße, als Italien durch Verlegung der Hauptstadt an Macht und Einheit gewinnen soll, verschmäht es nothwendig die Respectirung des heiligen Stuhls und seiner Grenzen. Die Be dingung Frankreichs für die Räumung Roms kann sich daher nur erfüllen, wenn Italien so schwach und uneinig wird, daß es auf Rom verzichtet. Entweder ist die „Einheit Italiens" oder die „Unabhängigkeit des heiligen Stuhls", von denen die Thronrede spricht, leere Phrase. Die Zweideutigkeit dauert also bezüglich des September-Vertrags fort; die Thronrede enthüllt in dieser Beziehung keinen neuen Gesichtspunkt und bewegt sich ganz in den bekannten Stylwendungen der officiösen Pariser Blätter. In Italien wird diese Stelle der Thronrede wenig Freude erregen, wenn sie auch die Hoffnungen fortbestehen läßt. Wie di» Schwierigkeiten der Stellung Frankreichs zur Herzogthümer- und zur römischen Frage, so vermeidet die Thronrede Alles, was einen Schluß auf das künftige Verhalten in der mexikanischen Frage gestattet. Der Kaiser erklärt, daß der neue Thron sich befestigt, rühmt die Intelligenz und die Energie des neuen Souveräns, schweigt aber gänzlich über die französischen Beziehungen zu Amerika. Dieses Schweigen ist be deutsam in dem Augenblicke, wo zwischen Richmond und Washington der Friede unterhandelt wird. Der Passus über Mexiko ist ange sichts dieser Eventualität von einem merkwürdigen Lakonismus, der noch erhöht wird durch die Erklärung, daß die französische Armee in Mexiko bereits auf dem Rückwege nach Frankreich begriffen sei. Aber es ist die Frage, ob die Franzosen noch Zeit haben. Mexiko zu verlassen, und wenn sie sich noch rechtzeitig zurückziehen können, welch' traurige Politik, im entscheidenden Augenblicke die Schöpfung im Stiche zu lassen, die so viel Blut und Geld gekostet! Aber freilich, der Kaiser der Franzosen hielt vor drei Jahren die Con- föderirten für unüberwindlich und nannte in vertrauten Kreisen seine Intervention in Mexiko „die größte Idee seiner Regierung". Wie in vielem Anderen, so täuschte er sich auch hierin, und jetzt steht er vor dem furchtbaren Dilemma eines eiligen Rückzuges oder eines Krieges mit den Vereinigten Staaten. Der auf die inneren Angelegenheiten bezügliche Theil der Napoleonischen Thronrede verräth, daß die liberalen Regierungen im Lande auf den Kaiser nicht weniger, als die Gesammtlage einen empfindlichen Druck ausüben. Die Opposition hat die Expedi tionen in ferne Länder als unverzeihliche Verschwendung französischen Blutes und Geldes getadelt. Der Kaiser verheißt die Rückberufung seiner in alle Welttheile verstreuten Truppen, um wenigstens diesen Vorwurf der Opposition abzustumpfen. „Geben wir uns den Ar beiten des Friedens ohne Besorgniß hin" — diese Aufforderung kehrt immer wieder, aber was der Kaiser an inneren Reformen ver heißt, ist insgesammt nur schlechtes Surrogat; die Freiheit, nach welcher Frankreich lechzt, wird ihm unbeugsam vorenthalten. ES soll etwas für den Volksunterricht geschehen, der Paschagewalt der Präfecten sollen engere Grenzen gezogen werden, die Gemeinde, das Departement größere Selbstständigkeit erhalten, ein Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und des Hausrechts wird in Aus sicht gestellt, kurz, materielle Verbesserungen werden in den ver führerischsten Ausdrücken versprochen, aber eine Aenderung der Verfassung des Kaiserreichs im constitutionellen Geiste erklärt der Kaiser rund heraus für unmöglich, weil eine solche Reform, „was er begründet, untergraben würde". Die konstitutionelle Reform bezeichnet der Kaiser in directester Weise als Utopie, und gesteht damit unumwunden zu, daß das Kaiserreich noch immer nicht ge nügend befestigt ist, um der dictatorialen Gewalt entbehren zu können. ES ist ein starkes Stück, dem französischen Volke heute noch derlei ins Gesicht zu sagen. Man hat erwartet, daß der Kaffer sich über die Agitation der Bischöfe energisch aussprechen werde. Die Thronrede hat diese Erwartung nicht gerechtfertigt. Der Kaffer erklärt einfach, er werde die Rechte der Civilgewalt wahren, wie e« alle Herrscher Frankreichs seit Ludwig hem Heiligen gethan. Indem er nicht mehr, aber auch nicht weniger zu thun W erklärt, al« seine Vorgänger auf dem Throne, giebt er den Ultra montanen zu verstehen, daß sie von ihm nichts zu hoffen, aber W auch, wenn sie seine Politik respectiren, nichts zu fürchten haben. Diese Erklärung scheint in Paris noch die günstigste Wirkung ge macht zu haben. Den friedlichen Ton der Thronrede hatte die Pariser Börse entweder escomptirt, oder die Berweicheruog jeder dem echten und gerechten Freiheitsbedürfnisse Frankreichs zu ge- währenden Befriedigung, und die Zurückhaltung der Thronrede wegen Mexikos machte einen so niederschlagenden Eindruck, daß die FrtedenShausse darunter fast gänzlich erlahmte. Ist wiese flaue Stimmung gegenüber einer die Situation so rosig und friedlich L malenden Thronrede nicht ein Symptom, daß Frankreichs Glaube M und Vertrauen in das imperialistische System stark erschüttert ist, G und daß es unbeugsam Aenderungen zu fordern beginnt, vou denen der Kaiser mit richtigem Verständniß erklärt, daß sie das Werk seines Lebens zerstören würden. Die Zerwürfnisse in Italien, welche durch die letzten Unruhen in Turin dem jungen Königreiche drohten, sind schon so gut wie beseitigt. Victor Emanuel hat die Hand, die ihm zur Versöhnung I mit seiner früheren Hauptstadt, von der er selbst eben so ungern schied, als man ihn scheiden sah, freudig ergriffen, und die Gemüther, deren Aufregüng zum Theil nur künstlich hervorgerufen und auf N unedle Weise genährt worden war, sind schon fast völlig beruhigt. Aus Amerika nehmen vorzugsweise die versuchten, obschon gescheiterten Friedensverhandlungen zwischen Nord und Süd Ha- Interesse in Anspruch. Der Senat von Washington hat bekanntlich einen Zusatz zu dew Grundgesetze der „vereinigten Staaten" ange- H nommen, durch welchen die Sklaverei gänzlich abgeschafft jst. Wahr scheinlich war es einerseits dieser Nachtrag, als andererseits die Forderung des Nordens, daß der «Süden sich unterwerfe, welche das Scheitern der Friedensverhandlungen zur Folge hatte. Es wird nNn weiter fortgekämpft. Die Chancen des Nordens stehen I aber jedenfalls günstiger, als die des Südens. — General Sherman steht 40 englische, also 8 deutsche Meilen vor Savannah. General Foster opecirt mit ihm. Die Conföderirten leisten nur schwachen 'M Widerstand, wollen aber alle Sorten Baumwolle lieber vexbrennen, I als ausliefern. — Die jüngsten Posten auS Mittel- und Süd amerika bringen Folgendes: In letzter Zeit hat die chilenische Regierung sich eifrig mit Plänen zur Colonisirung der ausgedehnten reichen Landstriche, die zu ihrex Verfügung stehen, beschäftigt, und eine Commission mit der Ausarbeitung eines Berichts über diesen I Gegenstand beauftragt. Die Berathungen haben zu folgenden Be schlüssen geführt: 1. daß ein Emigrationsbureau gegründet werde, welches Zweigbureaus in Europa errichte; 2. daß die Regierung Ländereien in den Central-Provinzen an sich bringe, um den Ein- ? Wanderern dort einen vorläufigen Aufenthaltsort anzuweisen; 3. daß zwischen den Grundbesitzern und den Einwanderern durch Vermit telung des Central - EinwanderungsbureauS ein Contractshstem zu Stande gebracht werde; 4. daß die Regierung einen jährlichen Fond zur Beförderung der Einwanderung aussttze. — In Central-Amerika hatte die Ankunft des Generals Barrios in Costarica großes Auf sehen erregt. Sowohl Nicaragua, als Salvador protestirten bei der Regierung von Costarica dagegen, daß sie dem Expräsidenten von Salvador ein Asyl gewährte. Der Protest Salvadors war in scharfen Ausdrücken abgefaßt und kündigte , die Aufhebung aller Beziehungen zwischen den beiden Republiken an, so lange Costarica den General im Lande dulde. Die Antwort der letzteren Regierung ist milde und würdevoll und legt es als ein Recht und eine Pflicht nieder, politischen Flüchtlingen eine Zufluchtsstätte zu gönnen, wenn keine Verträge dadurch verletzt würden.