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Tagesgeschichlc. Berlin, 3. Febr. Die „Zeidler'sche Corresp." schreibt: Die legislativen Vorschläge der Regierung in Sachen der Militär pflicht der preußischen Unterthanen werden in der nächsten Woche bei dem Abgeordnetenhaus« eingebracht werden. Da es das Princip der königlichen Regierung ist, den Rechtsboden streng festzuhalteu und nur auf dieser Grundlage Modificationen eintreten zu lassen, so versteht es sich von selbst, daß bei den an die Kammer gelangenden Vorschlägen das Gesetz vom Jahre 1814 als bestehende Norm behandelt worden ist und daß der Entwurf der Regierung eben nur diejenigen Aenderungen specificirt, welche sich durch den Drang und durch die Erfahrungen der Zeiten als nothwendig herausgestellt haben. Hiernach sind die Gerüchte von beabsichtigter Einbringung eines Organisationsplans und ähnliche Angaben zu beurtheilen. — Ueber einen Bürgermeister, wie er sein soll, erzählt die „Ztg. für Nordd.": „Der Bürgermeister von Söllingen (Amts Dur- lach) erlaubte den Burschen in der Nenjahrsnacht zu schießen mit dem Bemerken, sie sollten sich nur nicht fangen lassen. Dann, um den Befehl des Herrn Amtmanns zu vollziehen, stellte er 15 Mann zur Wache, um die Schießer zu fangen. Der Bürgermeister aber schlich sich, indem er wollene Schuhe anzog, ganz allein den Nacht wächtern Vorau«, setzte die Scdießer in Kenntniß von der nahenden Polizei, ging zu einigen Burschen hin, ließ sich Probeschüssc ab feuern, ob ihre Schüsse auch mannhaft waren, und gab seinen Bei fall dazu. Die Wachtmannschaft, ungehalten über den vergeblichen Diensteifer, den der Bürgermeister sie entwickeln ließ, schalt diesen etst auf der Straße aus, zog sich dann grostend auf das Wacht- zimmer zurück und ließ schießen, wer da wollte. Geschossen wurde denn auch zur Freude des Bürgermeister« dermaßen, wie es schon lange nicht mehr der Fall war." Der „Rhein - und Nuhr-Zeitung" schreibt man aus Duisburg vom L1. Jan.: „Wir wollen immer des Spruchs gedenken: Fürchtet Gott und ehret den König", so heißt eS in der Adresse, die mit 139 Unterschriften von hier an den König gegangen ist, w»rin die 139 Schulkinder, Knaben und Mädchen, ihr schmerzliches Gefühl aussprechen, daß das Haus der Abgeordneten, dem die Hand der Versöhnung dargereicht worden, dieselbe so lieblos zurückstoße! Es ist kein Witz, sondern die nackte häßlichste Wahrheit, daß die Schul kinder zu Düssern zur Unterzeichnung dieser Adresse von ihrem Lehrer angehalten worden sind. Einen Commentar zu diesem Ver fahren zu machen, ist überflüssig." Die „Schleswig-Holsteinische Zeitung" meldet in einem Tele gramm aus Wien vom 2. d. M.: Oesterreich, welches von der Antwort Preußens nicht befriedigt ist, wird an dem Vorschläge der Besitzübertragung an den Herzog Friedrich festhalten und in der demnächst zu expedirenden Depesche von Preußen peremtorisch die Festsetzung der präcis formulirten Forderungen in Betreff der Zu kunft der Herzogthümer verlangen. Ueber die eben erfolgte Freigebung der ärztlichen Praxis in Bayern schreibt man der „Augsb. Allg. Ztg." aus München unterm 1. Febr. : Sicherm' Vernehmen nach ist in diesen Tagen den praktischen Aerzten BaiernS ein Recht zurückgegeben worden, welches dieselben früher ungeschmälert besessen hatten, ihnen aber nunmehr volle 30 Jahre hin durch und darüber entzogen gewesen war, wir meinen die Freizügigkeit. König Ludwig ll. hat nämlich vorgestern eine Acte unterzeichnet, welche bestimmt zu den folgenreichsten seit seinem Regierungsantritt gezählt werden muß: die längstersehnte Freigebung der ärztlichen Praxis. Wohl wird dieselbe noch von vielen mit Besorgniß, indessen zweifellos von den meisten, namentlich den jüngern und tüchtiger» der praktischen Aerzte mit Freuden begrüßt, und werden dieselben unserm verehrten StaatSminister des Innern, Hrn. v. Neumayr, der damit eine neue liberale Verordnung, getreu seinem Programm, zur Ausführung gebracht hat, sowie dem Chef des bairischen Medicinalwesens, Obermedicinalrath vr. ». Pfeufer, den größten Dank wissen, daß sie den, König diese für das Wohl des Publikums sowie für das Gedeihen des ärztlichen Standes gleich segenSvolle Wiederherstellung früherer Rechte so war», und dringend empfohlen haben. Koburg, 3. Febr. DaS neueste hiesige Regierungsblatt enthält die officielle Ernennung des bisherigen großherzoglich sächsischen BezirkSdirectorS, Kammerherrn Karl v. Schwendler zu Eisenach zum Vorstand der Abtheilung des herzogl. StaatSministeriums für Koburg mit dem Dienstprädicat „Geheimer StaatSrath". — Eine kürzlich erlassene Ministerialbekanntmachung bezieht sich auf die Ausmünzungen, welche für die Herzogthümer Koburg und Gotha auf Grund deS Dresdner und des Wiener Münzvertrags vom Jahre 1837 bis zum Schluß des Jahre» 1864 vorgenommen worden sind. Hiernach beläuft sich die Gesammtsummt der Au-münjnngen auf 446^-3 Thaler 12 Groschen 6 Pf und . 38,834 Gulden 36 Kreuze^ und sind die Sechs- und Dreikreuzerstücke auf der vormals in Gotha bestandenen Münze, die übrigen auf der königl. Münze in Dresden geprägt worden. Rendsburg, 1. Februar. (H. N.) Der heute Abend in Ver anlassung der Feier des 1. Februars veranstaltete FestzUg wurde unter allgemeiner Betheiligung der Bevölkerung abgehalten. Alle Vereine, sowie sämmtliche städtische Gewerke mit ihren Fahnen waren dabei zahlreich vertreten. Geführt wurde der Festzug von zwei Herolden (ehemalige schleswig-holsteinische Kampfgenossen) zu Pferde, von denen der eine die preußische, der andere die österreichische Fahne trug. Außer diesen und den vielen Gewerksfahnen (circa 80) wurde noch die schleswig-holsteinische und deutsche Tricolore, zwischen beiden die Stadtfahne, im Zuge geführt. Dem Festausschuß hatten sich, der Einladung desselben Folge gebend, das preußische und österreichische Offiziercorps angeschlossen, wie letztere auch bereit willigst das preußische Musikchor und die Tambours des öster reichischen Bataillons zur Verfügung stellten, welche nebst dem Musikchor der Karlshütte, theils an der Spitze, theilS in der Mitte des von circa 200 Fackelträgern begleiteten Zuges placirt waren. An dem westlichen Ende der Stadt, dem Punkte, von wo am 1. Februar v. I. die österreichischen Jäger den Dänen die ersten Kugeln über die Eider znsandten, war eine einfache Rednertribüne errichtet. Nachdem der Zug daselbst Halt gemacht, bestieg Advocat Wiggers die Tribüne: „Heute vor einem Jahre habe die alliirte Armee die Ufer der Eider überschritten, um einem übermüthigen Feinde, der Deutschland lange Jahre verhöhnt, die Kraft des deutschen Schwertes fühlen zu lassen. Durch die ungestüme Tapferkeit der deutschen Heere seien drei deutsche Lande dem großen Vaterlande zurückgewonnen. Hier ständen wir auf der Stätte, wo vor einem Jahre österreichische Jäger dem Feinde die ersten Kugeln zugesandt und von wo aus Liechtenstein'sche Husaren in rastloser Hast die Verfolgung desselben begonnen hatten. Wir hätten diese Stelle zur Feier ausersehen, um dem Dankgefühle für unsre Befreier Ausdruck zu verleihen. Mit stolzer Frende gedächten wir der Ausdauer und des HeldenmutheS der deutsche» Brüder, die in allen Kämpfen nur zu siegen gewußt, die Tage von Oberselk und Oever see, die Namen der heldenmüthigen Führer, Prinz Karl und Feld« marschalll. Gablenz, würden ewig in der Erinnerung de- schleswig-hol steinischen Volkes verbleiben. Mit Wehmuth gedächten wir auch der Tapfer», die ihr Blut und Leben im Befreiungskämpfe verloren und in Schleswig-Holstein- Erde ruhten Sei auch unser Ziel noch nicht vollständig erreicht, sei es uns auch diesmal uicht vergönnt gewesen, selbst mit Hand an das Werk unsrer Befreiung zu legen, so lassen Sie uns doch dem Dankgefühl, welches uns zu dieser Feier an diesir Stätte hier versammelt, Ausdruck geben und stimmen Sie mit mir ein in de» aus aufrichtigen Herzen kommenden Nus: „ES lebe die siegreiche alliirte Armee, es leben die tapfer» Kriegsherren Sc. Majestät Kaiser Franz Joseph von Oesterreich und Se. Majestät König Wilhelm von Preußen, Sie leben hoch!" " — In der „Köln. Ztg." theilt ein Berliner Korrespondent aus den Aushängebogen des nächsten Hefts der Preußischen Jahrbücher einen Artikel von Heinrich v. Treitschke mit, worin sich dieser für die völlige Einverleibung der Herzogthümer in Preußen ausspricht. Die Redaction setzt aber — zugleich mit Bezug auf Treitschke'« Ansicht über den deutschen Bundesstaat überhaupt — hinzu: Trotz aller Bedenken haben wir den Versuch eines Bundesstaats stets mit voller Seele unterstützt und wissen "auch jetzt noch kein anderes Ziel für patriotische deutsche Bestrebungen. Der Versuch mußt« und muß trotz aller Schwierigkeiten gemacht werden. Die sofortige Her stellung eines Einheitsstaats ist noch unendlich schwieriger, und erst wenn alle aufrichtigsten Bestrebungen für den Bundesstaat gründlich gescheitert sein werden, alsdann wird die deutsche Nation sich mit dem Einheits staate befreunden. Wenn also der Bundesstaat auch heute noch erstrebt werden muß, so ist Schleswig-Holstein die Landschaft, wo er zuerst Aussicht hat, zu gelingen. Dort existirt gar kein souveränes Herrscher geschlecht, das einen falschen Ehrenpunkt daraus machen könnte, sich Preußen nicht unterzuordnen, und das Land ist durch alle Interessen darauf hingewiesen, sich nahe an Preußen anzuschließen. London, 1. Februar. Die „Morning Post" bemerkt in einem Artikel über die preußischen Angelegenheiten: Das Preußische Abgeordnetenhaus hat allem Anschein nach die Regierung beim Worte genommen. Die Regierung hat erklärt, daß er» Kompromiß, wenn es zwischen Krone und Kammer gefunden werde» solle, in der Budget- und nicht in der Armeefrage gesucht werden müsse. Aber cS war den Ministern nicht eingefallen, daß es sehr wohl möglich ist, die Armeeorganisation durch das Budget anzugreisen. Die« ist zu fällig der Boden, auf den sich die liberale Opposition setzt gestellt hat. Das preußische Heerwesen ist unvergleichlich da« drückrndste in Europa.