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Tagevlatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträche zu Freiberg, Sayda u. Brand. 1865 ^31 Dienstag, den 7, Februar. Pnü vinteljLhrl. SO N^r. Jnsnate wirdm die gespeUene Zeile oder deren Naum mit » Pf. berechnet. In Preuße» spukten vor einigen Tagen wieder einmal der« . schiedest Gerüchte über Ministerkrisen. So läßt sich z. B. die „Presse" von Berlin schreiben: der Kronprinz habe eine Unterredung mit einer der qltltberalrv Capantäten gehabt. In Folge dessen stellte der Thronerbe dem Könige vor, daß der bedayerliche Eonflict der Krone mit der Landesvertretung sofort geschlossen werden könnte, wenn der Monarch sich entschließen würde, ein liberales Ministerium zu berufen. Da- Abgeordnetenhaus würde für diesen Preis der si Armeereorganisation seine Zustimmung geben, und mit der Wieder« s 4- Freiberg, den 6. Februar 1865. 2m Laufe der vergangenen Woche war es ein Jahr, daß die Erten Truppen in Schleswig einrückten, zur Vertreibung der Amen. Wenn dieser Lag — der l. Februar — nicht mit gleicher Wärme dort gefeiert wurde, als der 23. December von den Hol steinern, wo die Bundestruppen bei ihnen einrückten, so ist der Grund hiervon zu offenkundig, als daß man sich darüber wundem könnte. Denn noch weiß die Bevölkerung nicht, was mit ihr werden soll; darf sie auch nicht fürchten, jemals wieder an Dänemark auSge- liefert zu werden, so ist sie anderntheils nicht sicher, ob sie das dänische Joch mit dem preußischen werde vertauschen müssen. Allerdings schwindet die Annexionssucht scheinbar jetzt bei Preußen, da die Trauben denn doch zu hoch hängen ; aber — irgend ein wichtiges Ereigniß, z. B. ein Aufstand in Italien, würde Oesterreich so voll kommen von den Herzogtümern abziehen, daß Bismarck vollkommen freie Hand erhält. Und diese Eventualität allein muß schon hin- reichen, die Besorgniß iu den Herzen der dortigen Bewohner wach zu halten und da, wo Sorgen wohnen, da findet die rechte Freude keine Stätte. Die neuerdings von Berlin nach Wien gegangene Depesche läßt die Zukunft der Herzogthümer im alten mystischen Dunkel. „Warten und immer wieder warten" — das ist das Re sultat der bisherigen BiSmarck'schen VerschleppungS-Politik. Auch die Aufschlüsse, welche von Wien her über dieselbe kommen, sind so nichtssagend, wie nur was. Ein Correspondent der „Br. Ztg." schreibt z. B.: Die Antwort des preußischen KabinetS auf die österreichische Depesche vom 21. Dec. wird hier noch geheim gehalten, ich bin jedoch durch einen Zufall in der Lage, Ihnen eine verläßliche Analyse zu geben. Der Ton ist sehr freundschaftlich und markirt das Bedürfniß, sich mit Oesterreich zu verständigen, indem der Satz vorangestellt wird, daß es Preußen unmöglich wäre, ohne Zustimmung Oesterreichs in der schwebenden Angelegenheit etwas durchzusühren. Oesterreich und Preußen hätten gemeinschaftlich den allein entscheidenden Einfluß auf die Regierungs- Übernahme. Preußen werde aber wegen seiner Stellung als nordische Macht, sobald eS sich um eine Staatenbildung im Norden handelt, ganz positive militärische und maritime Interessen zu wahren haben, ein Punkt, den Oesterreich wiederholt zugegeben habe, und der für Preußen ebenso in'S Gewicht fallen würde, wenn eS sich.um Staaten« Bildungen an Österreichs Ostgrenzen handeln würde. "Bevor dieser Punkt definitiv geordnet, sieht sich da- preußische Kabinet außer Stande, auf die Frage der Besitzübertragung, wenn auch des provisorischen Besitzes, einzugehen. Die preußische Antwort geht dann darauf über, daß das preußische Kabinet noch nicht in der Läge st!/ seine Forderung in Betreff der Vorfrage zu präcislren, weil e- das betreffende Material noch nicht vollständig zur Verfügung habe. Es kommen des Weiteren in der Depesche noch Andeutungen vor, aus denen sich ergiebt, daß Oesterreich die Grenzen zwischen den speciellen preußischen Interessen und dem deutschen Recht ziehen kann, indem Fürst und Land von Schleswig« Holstein principiell den andern Bundesstaaten gleichgestellt sein werden. Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate werden bit Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. „Allem Anscheine Nach — schreibt das offieiöse Blatt der baden'schen Regierung - - dürfte die Verständigung zwischen Oester reich und Preußen in der Herzogthümerfrage keineswegs in so weite Ferne gerrückt sein, als allerdings einzelne Anzeichen sonst anzu- nehmeu gestatten möchten. Oesterreich — dg,s ist da» Ergebniß der Informationen, die wir mit Sorgfalt darüber zu sammeln be? müht gewesen — Oesterreich erkennt an, daß die geographische Lage Preußen-, weil sie ihm in erster Linie die Pflicht zuweist, den Schutz des deutschen Nordens zu übernehmen, ihm berechtigte An sprüche auf eine bevorzugte Stellung in diesem Norden giebt. Man scheint in Wien von dem Grundsätze auszugehen, daß, gleichwie Oesterreich eine deutsche Mission durch die Beherrschung des einzigen ' Meeres erfüllt , welches Deutschland im Süden besitzt, der Adria, so auch Preußen in der Erfüllung einer deutschen Mission begriffen ist, weun es die Meere des deutschen Nordens sich unterthan. macht und zumal jetzt in den Herzogtümern einen starken Stützpunkt für diese Mission zu gewinnen sucht, daß, mit anderen Worten, die Stellung Preußens in der Ost- und Nordsee, gleich der Stellung Oesterreichs im adriatischen Meere, gleichzeitig wesentlich ein deutsches Interesse constituirt. Die» vorausgeschickt, ergiebt sich von selbst, daß Oesterreich jene Ansprüche Preußens, welche sich als die uner läßliche Voraussetzung der Möglichkeit seiner Schutzpflicht im Norden darstellen, nicht bloS unterstützen wird, sondern sie zu unterstützen sich verpflichtet erachtet; und demgemäß sind denn auch die Schritte berechnet, welche den Mittelstaaten gegenüber bereits eingelettet worden, und welche im Allgemeinen einer einsichtsvollen Würdigung derselben begegnen. Aber freilich weist der Charakter der öfter- reichischeu Politik auf der andern Seite jeden Verdacht ad, als könne sie'zu Combiuationen ihre Zustimmung geben, welche Üner bundeSmäßigeu und somit rechtlichen Unterlage entbehren würben. Nicht die Interessen Preußens, sondern die Interessen Deutschlands sind es, welche fort und fort für ihre Entschließungen maßgebend ,ein werden, und wo etwa diese Interessen Mt Mmmensgllen erlangung des Budgetrechtes seine Thätigkeit den dringend nöthigen liberalen Gesetzesvorschlägen zuwenden, die schon leider seit drei Jahren der Erledigung harren. Der König, so heißt eS weiter, habe dem Kronprinzen ein williges Ohr geliehen, und schon glaubte man, daß die so sehnlichst erwartete Entschließung durch die Berufung des Grafen Schwerin in Erfüllung gehen werde. Der König habe aber nach Verlauf einiger Tage Hrn. v. Bismarck von dem Vorgefallenen Mittheilung gemacht. Der Minister soll dem Monarchen erwidert haben, daß für seinen Patriotismus kein Opfer zu groß sei und daß er willig zurücktreten würde, wenn die Altliberalen im Stande wären, ein Majoritäts-Ministerium zu sammen zu stellen. Aber sie könnten nur ein EoalitionS-Kabinet aus dem linken Centrum und der Fortschrittspartei bilden, da- wohl nicht geeignet sein dürfte, den Intentionen des Königs Geltung zu verschaffen u. s. w. u. s. w. Nach unserer Ansicht ist die ganze Nachricht Erfindung, denn Bismarck ist dem König unentbehrlich. So diel scheint jedoch sicher — und VaS ist vielleicht auch der Grund des Gerüchts — daß die Kreuzzeitungk-Partei mit Bismarck nicht recht zufrieden ist, denn dies geht aus dem neulichen Programm des Rundschauers, welche» ein offenbares Oppositions-Programm gegen Bismarck war, hervor. Dergleichen Plänkeleien zwischen ihm und seiner Partei sind aber schon öfterer ausgeglichen worden und werden'« auch sicher diesmal - werden, denn das Sprichwort sagt sehr richtig: „Pack schlägt sich und Pack verträgt sich." - ' Ueber die Beziehungen Oesterreich» zu Preußen bringt die „KarlSr. Ztg." eine interessante Correspondenz ans Wien, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.