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PUm handelt, wer bauernden Einfluß auf die Meinung der Menschen geübt hat, wer wollte es wagen, Friedrich den Großen auf dieselbe Stufe mit Moritz von Sachsen zu stellen? Die Bewohner der kleinen deutschen Königreiche mögen mit Recht es sich zweimal über legen, bevor sie ihre eingebornen, milden patriarchalischen Dynastien mit dem Militärdespotismus Preußens vertauschen, — burgundische Ritterlichkeit mit der Tyrannei eines Ludwig's Xl . .. Der Gegner der kleinen deutschen Fürsten hat eine entsetzliche Consequenz in seinem Vorangehen. Er folgt nur der Politik, die er von seinen Vorältern geerbt hat. Möchten die deutschen Fürsten Preußens Entschlossenheit nachahmen, dann können sie noch eine schöne Seite in der Geschichte erhalten. Durch Einigkeit allein, und diesmal in einer guten Sache, können sie des Gegners Lieblingsplane zerstören. Durch Einigkeit allein können sie die träge Sorglosigkeit Oester reichs besiegen, welches im Geheimen ihrer Sache geneigt ist. Je mehr sie schwanken, desto kühler wird Oesterreich werden. Je fester sie die Stirn bieten, desto sicherer können sie auf Oesterreichs Bünd- niß rechnen. Die deutschen Fürsten sind einmal getäuscht worden durch das Aushängeschild einer falschen deutschen Nationalität, welche das Völkerrecht und das Privatrecht mißachtete; wie viel heiliger ist nicht die Vertheidigung der wahren Unabhängigkeit Deutschlands, einer Unabhängigkeit, welche garantirt ist durch das Völkerrecht und welche selbst Privatrechte schützt. Was das übrige Europa betrifft, so wird es mit Gleichgiltigkeit zuschauen oder auch nicht, je nach dem die deutschen Fürsten selbst handeln. Wenn sie durch eine feste Einigung für die Zukunft ehrgeizigen Projekten ein Ende machen und so die Interessen des Friedens fördern, so wird Europa diese tardive Betätigung der Tapferkeit und Tugend ihrer Ahnen mit Achtung begrüßen; aber wenn sie durch ihre Zwistigkeiten Das her beiführen, was sie selbst am meisten hassen und fürchten, Preußens Hegemonie, so wird man von ihnen sagen, sie sind gefallen, weil sie entweder zu feig oder zu thöricht waren, sich durch die Erfahrung belehren zu lassen." Aus Lissabon vom 2. Januar melden die „K. Bl.": „Der König hat heute die Cortes eröffnet. Die Thronrede besagt, daß das Budget ohne irgend ein Deficit sich decke. Es sollen Gesetz entwürfe über Regelung des Weinhandels und verschiedene andere Zollfragen vorgelegt werden. Der König hat die Hoffnung ausge drückt, daß der portugiesische Gesandte in London wohl eine freund schaftliche Ausgleichung der zwischen England und Brasilien schwebenden Schwierigkeiten zu Stande bringen werde." Sachsen. Aus Dresden vom 7. Januar berichtet das „DreSd. I.": '„Die Auszählung der Bevölkerung der Stadt Dresden aus den Zählungslisten vom 3. December v. I. ist beendet und ergiebt das überraschende Resultat von 145,124 Bewohnern, allerdings ein schließlich der an jenem Tage in den hiesigen Vorstädten einquar tiert gewesenen, infolge der Mobilisirung einberufenen Militärs, deren Zahl noch nicht genau festznstellen gewesen ist. Ohne diesem außerordentlichen Umstande Rechnung zu tragen, würde man für das letztverfloffene Triennium eine Bevölkerungszunahme von 16,972 Seelen erhalten, gegenüber einer solchen von 10,402 in den vorhergehenden drei Jahren." — Der „Pirnaer Anz." berichtet: „Der Zugführer des am 8. Januar um 1 Uhr von Dresden nach Pirna abgehenden Kurier- zugS bemerkte in der Gegend bei Leuben glücklicherweise noch recht zeitig genug, daß der Sturm mehrere Telegraphenstangen umge worfen hatte, die auf dem Schienenstrange lagen. Er gab sofort das Haltesignal und durch ungeheueres Bremsen stand der Zug, noch ehe er die gefahrbringende Stelle erreichte. Das Zugpersonal beseitigte rasch die Stangen, so daß nur ein höchst kurzer Aufent halt entstand. Ein Entgleisen des Zuges würde als gewiß anzu nehmen gewesen sein, wenn der Unfall zur Nacht geschehen, oder überhaupt nicht bemerkt worden wäre." Aus Schandau berichtet die „Elb-Zeitung": „In der am 2 d. M. abgehaltenen Generalversammlung des Turnvereins wurde beschlossen, eine Feuerwehr, bestehend aus praktischen Turnern, zu gründen, und dieser Beschluß insofern sofort zur Ausführung ge bracht, als vom Vorstand die zahlreich versammelten Anwesenden zu möglichst allseitiger Beteiligung aufgefordert wurden. Dem wurde auch Folge geleistet, und so meldeten sich vorläufig die Steiger und Spritzenmannschaften, von denen jeder dem Vorstande Or. Roscher sein gegebenes Wort durch Handschlag bekräftigte. Die eigentliche Organisation findet in nächster Zeit statt." Stollberg bei Chemnitz, 7. Januar. Gestern wurde allhier der frühere Archidiakonur Steinhäuser zu Annaberg in der Haupt kirche von dem geheimen Kirchen- und Schuhath Vr. Döhner aus Zwickau als Superintendent für die Ephorie Stollberg feierlich in sein Amt eingewtesen. Schellenberg, 7. Januar. Gestern Nachmittag kurz nach 1 Uhr ward durch den orkanähnlichen Sturm von einem Pavillon des Schlosses Augustusburg am Hinteren sogenannten schwarzen Thore ein ungefähr 16 Ellen großes Stück Dach loSgeriffen und über das Thor ins Freie geschleudert. Hierbei wurde der Thor- Wärter Wagner, welcher sich außerhalb des Thores befand, von dem Stücke Dach am Kopfe, Armen und Beinen so verletzt, daß er zwei Stunden darauf seinen Geist aufgab. > Nach dem Ergebniß der jetzigen Volkszählung hat Glauchau 19,219 Einwohner, 2633 mehr, als im Jahre 1861, d. i. eine Vermehrung von nahezu 16 Procent. — Das gräflich Schönburg'- sche Jnstizaint Borde rglauchau hat nach der neuesten Volks zählung 5647 Landbewohner. Davon kommen auf St. Egidien 1676 (13 weniger als 1861), Lobsdorf 468 (11 weniger), Nieder- lungwitz 1205 (130 mehr), Etzenberg 33, Reinholdshain 432 (64 weniger), Kleinhernsdorf 45, Jerisau 251 (22 mehr), LipprandiS 143, Thurm 1080 und Niedermülsen 314. Höflichkeit der Chinesen. Bei den Chinesen gehört es zur feinen Bildung, stets die rechten Complimente in der anmuthigsten Form zu machen, und wenn auch ihre Kinder sonst nichts lernen, die Etiquette mit den Regeln der Höflichkeit wird ihnen sorgfältig beigebracht. — Der Missionär Hüc, ein gründlicher Kenner der chinesischen Sprache und Sitten, erzählt Folgendes: „Während meines Aufenthalts in den nördlichen Missionen waren wir Zeugen eines sehr wunderlichen Vorfalles, der aber die Chinesen treffend charakterisirt. Wir wollten an einem hohen Festtage bei dem ersten Catecheten des Dorfes, der eine große Kapelle im Hause hatte, Gottesdienst halten. Es kamen manche Christen aus den Dörfern dorthin. Nach dem Gottesdienste stellte sich der Hausbesitzer Mitten auf den Hof und rief den Christen, sobald sie aus der Kapelle traten, zu: „Daß mir ja Keiner fortgeht, ich lade Euch Alle zum Reisessen ein!" Er bedrängte die Leute, zu bleiben, aber Alle brachten Entschuldigungen vor und zogen ab. Darüber geberdete er sich ganz trostlos. Endlich hielt er einen Verwandten fest und sprach: „Wie, mein Vetter, auch Du willst weggehen? cS ist heute Festtag, Du mußt bleiben!" — ,Nein, nöthige mich nicht, ich muß nach Hause, denn ich habe noch einige Geschäfte/ — „Geschäfte? heute ist ja Ruhetag; du sollst und mußt bleiben, ich lasse dich nicht fort!" Dabei hielt er ihn am Rocke fest und bat ihn, wenigstens ein paar kleine Gläser mit ihm zu trinken, wenn er denn zum Reisessen durchaus nicht zu bewegen sei. Darauf ging denn der Vetter ein und trat in's Haus. Nun rief der Wirth sehr laut, aber ohne irgend einen Diener beim Namen zu nennen, man solle Wein wärmen und zwei Eier backen. Inzwischen wurde geraucht. Aber weder Eier, noch Wein wollten erscheinen. Der Vetter mochte wirklich Eile haben und fragte, ob der Wein bald komme? — „Wein?" rief nun der Wirth ganz erstaunt — „Wein? Ich habe keinen Wein. Du weißt doch wohl, daß ich keinen Wein trinke, denn er macht mir Leibweh." — ,Nun, warum hast Du mich denn so gequält und festgehalten? Du hättest mich sollen gehen lassen/ — Jeßt erhob sich der Hauswirth und sprach im äußersten Unwillen: „Ich möchte doch wissen, woher Du eigentlich stammst? Ich bin so höflich und lade dich zum Wein ein, und Du bist sonnhöflich, das Trinken nicht abzulehnen? Wo hast Du denn gelernt, was sich schickt? Wahrscheinlich bei den Mongolen." — Der Vetter mochte nun wohl begreifen, daß er eine Unschicklichkeit begangen habe; er stammelte eine Entschuldigung, stopfte seine Pfeife, zündete sie an und ging. Wir waren Zeugen dieses Vorganges und lachten. Aber der Hausherr lachte nicht, sondern war im höchsten Unwillen und fragte, ob wir je einen so lächerlichen Menschen ge sehen hätten? Sein Vetter sei doch gar zu dumm. Ein wohl erzogener Mensch müsse eine Höflichkeit mit der andern vergelten, d. h. er müsse ablehnen, was man ihm biete." Vermischtes. * Pastor Begehold in Berlin bezeichnete in seiner Neujahrspredigt das Zeitungslesen als Sünde und schilderte, wie alle Zeitungsschreiber in den Klauen des ch seien. Hat der fromme Mann nicht daran ge dacht, daß die hohen Regierungen selber Zeitungen schreiben? und er selbst liest doch nicht gar selber eine? * An der preußisch-polnischen Grenze jagen die Wölfe ohne Jagd karte und decimiren den geschonten Rehstand, Sie jagen bis an ditz