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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand ''M/» L» Erscheint jeden Wochentag früh s u Prei« »ierteljihrl 20 Ngr. Inserate »0 Utz Inserate werden bi, Nachm. Z Uhr MVNtlla, VM ». JstNUar. «erden die gespaltene Zeil« oder deren I für die nächste Nr. angenommen. Raum mit b Pf. berechnet. Napoleon. Seit der Wiedererrichtung des französischen Kaiserreichs ist es Sitte geworden, daß Europa auf die Worte lauscht, welche der Herr Frankreichs am NenjahrStage als Antwort auf die Glück wünsche der Gesandten spricht. Der Einfluß Frankreichs auf Europa hat sich hierin charakterisirt; man fühlt es, daß Frankreich der Hexenkessel ist, aus dem die socialen und politischen Ideen hervor gehen , welche die civilisirte Welt in Bewegung setzen, und man horcht um so aufmerksamer auf den Ausspruch des Kaisers, als er ein Mann besonderer Gedanken ist, mit der Macht, sie auszuführen. Seit dem Neujahrswort von 1859, welches dem österreichischen Gesandten offen den Krieg erklärte, haben diese Aussprüche Napo- leon'S noch an Bedeutung gewonnen; man hat sich seitdem gewöhnt, sie als den politischen Barometer für das neue Jahr zu betrachten, aus ihnen zu deuten, ob Krieg oder Friede die nächste Zukunft bringe. Ja, nicht genug, daß man einem Manne die Fähigkeit zu traut, die Zeit machen zu können, den Lauf der Geschichte zu lenken, man hat, seit er nichts Besonderes sprach, die Geheimnisse dessen zu erforschen gesucht, was er verschwiegen. Wahrscheinlich würde eine europäische Bestürzung erfolgen, wenn der Kaiser am Neu- jahrStage nur stumm mit dem Kopfe nickte. Napoleon hat diesmal weder stumm mit dem Kopfe genickt, noch beunruhigende Worte geäußert. Sein Neujahrsgruß ist so nichtssagend, wie möglich. . Wir glauben auch, daß Napoleon nichts dabei maSkiren wollte. Offenbar ist er seit den letzten Jahren sehr ruheliebend geworden und weiß den Vortheil zu schätzen, nach der erlangten Machtstellung Frankreichs sie durch vorsichtige und intelli- gente Politik zu erhalten und dadurch den festesten Grund für seine Dynastie zu legen. Die Leidenschaftslosigkeit ist der größte Vortheil seiner auswärtigen Politik. Man kann sie von Fehlern nicht frei sprechen; die Expedition nach Mexico war sicherlich der größte darunter. Aber Napoleon lernt wenigstens aus seinen Fehlern, und nach der Uebereilung bezüglich Mexico'« sehen wir ihn vorsichtig alle auswärtigen Händel vermeiden, klug alles weitere Experimen- tiren unterlassen. Ein Lieblingsgedanke ist es offenbar, dessen Ausführung er für den Abend seines Lebens aufgespart hat und dessen Verwirk lichung allerdings die letzte Signatur eines großen Mannes wäre. Napoleon will die europäische Ordnung erneuen, sie auf gesünderen Grundlagen errichten und dadurch sich auch für Europa den Bür gerbrief, gegen seine Feinde Sicherheit erwerben. Um Englands sicher zu sein, schloß er mit ihm eine Allianz und brachte damit ein neues politisches System zur Geltung, welches Im Princip der freien Nationalitäten wurzelt.^ Hm das legitimste, hartnäckigste Oesterreich für sich ungefährlich zu machen, führte er Krieg gegen dasselbe und schuf das neue Königreich Italien, welches Hinfort zwischen zwei Mächten die Trennung erhält, die sich nie recht be freunden konnten. Aber das letzte Ziel Napoleon'» ist die Ent waffnung Europas, die Beschränkung der großen stehenden Armeen, nicht nur weil sie nach und nach den Ruin aller Staaten nach sich ziehen müssen, sondern weil sie den Krieg leicht machen und fort währende Drohung unter einander bedeuten. Napoleon muß aber lebhaft wünschen, daß Frankreich unter seiner Dynastie nicht finanziell ver-, derbe, und daß sein vielleicht nicht so fähiger und glücklicher Nach folger so wenig Gefahren als möglich vorfinde. Der allgemeine Congreß, auf dem diese neue europäische Ordnung sanctionirt wer den sollte, ist bis jetzt an dem Mißtrauen der übrigen Mächte ge scheitert; aber Napoleon hat den. Plan nicht aufgegeben, er siHt ihn durch einen Umweg zu erreichen. Da bei der allgemeinen Entwaffnung Europas das Schwierigste ist, wer damit anfangen soll, seine Macht zu beschränken, so sucht er diesen Anfang bei Italien herbeizuführen. Zu diesem Zweck liegt ihm an der Ver söhnung Italiens mit Oesterreich, welche unstreitig beide Staaten einer näheren Kriegsgefahr überhebt und sie beide veranlassen kann, ihre Rüstungen abzulegen, ihre Armeen bedeutend zu verringern, um so eher, al« ihr finanzieller Ruin sie belehrt, diese besten Mittel, ihn zu beseitigen, anzuwenden. Sind erst Italien und Oesterreich mit der Entwaffnung vorangegangen, dann ist es den übrigen Großstaaten leicht gemacht, ihnen nachzufolgen. Dies ist der Umweg, der endlich das Ziel des CongresseS erreichen soll. Tagesgeschichte. Berlin, 4. Jan. (D. A. Z.) Das Neujahr bringt für unser politisches Leben das langersehnte Ereigniß der Eröffnung des Land tags mit sich, ersehnt nicht bloS, weil dadurch Gelegenheit gegeben wird, die dringendsten innern Fragen wieder zur Verhandlung und womöglich zu einem Abschluß zu bringen, sondern auch, weil auf dem Landtag die großen deutschen Angelegenheiten vor dem Volk in der Sprache der Offenheit, Wahrheit und Biederkeit besprochen werden, die es verlangt und gewohnt ist. Vor einer solchen Sprache pflegen dann die Finessen der zünftigen Diplomatie, die aus ihren Depeschen und Noten entstandenen Nebel, welche die Wahrheit ver schleiern wollen, wie vor frischen Winden zu entweichen. Seit Neu jahr ist ein besserer Muth im Volk eingekehrt, seitdem nun endlich die Gewißheit vorhanden ist, diese Stimmen werden bald wieder sich erheben, die Abgeordneten werden im Namen des Volks be- rathen und feststellen, was zur Ehre und Macht Deutschlands und Preußens unverzüglich geschehen müsse, um die Herzogthümerfrage al« eine Ehrenfrage Preußens und Deutschlands, wie sie begonnen wurde, auch zu beendigen. Der Waffenkampf ist glücklich und sieg reich durchgeführt worden; diesen kriegerischen Verdiensten im Namen des Vaterlandes den Dank abzustatten, wird eine süße Pflicht der Volksvertreter sein, der sie sich an dem richtigen Ort, wie zu ihrer eigenen Ehre, gern erledigen werden. Aber sie werden nicht ge statten können, daß diese Verdienste für irgendwelche andere Ab sichten verwendet werden; insbesondere ist die Majorität des Hauses darüber schon heute einig, daß die Lage der innern Fragen durch die Siege über die Dänen in Nichts geändert worden ist. Der oberste Zielpunkt jeder neuen Organisation der Armee bleibt nach wie vor größtmögliche Ersparniß an Geldaufwand und Arbeitskraft des volk-ü Ker Militäretat muß mit der Steuerkraft des Volks im richtigen Verhältniß gehalten werden, und es darf von diesen Grundsätzen'nicht abgewichen werdest blos um der gutenEinver-