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Über das Hochschulwesen in der SAR Akademie-Echo Zu Gast in der Syrischen Arabischen Republik (2) Diehach‘ahteuAl-6inis ■ Von Genossin Dr. Ursula Hübner, Hautklinik der Medizinischen Akademie Dresden Abu Raihan Mohammed ibn Ah med al-Biruni (973—1048) war einer der gelehrtesten Enzyklopädisten seiner Zeit. Er hat Hervorragendes geleistet als Astronom, Mathemati ker, Physiker, Arzt und Historiker. Er war Zeitgenosse des berühmten Ibn Sina (Avicenna) und wirkte zeitwei lig mit ihm am Hofe des Choresm schahs in Urgentsch. Alljährlich veranstaltet der „Hohe Wissenschaftsrat der SAR“ in Da maskus die „Science Week“, an der viele Gäste aus arabischen und europäischen Staaten teilnehmen. Die XIV. Wissenschaftswoche im November 1973 sollte ganz im Zeichen der 1000. Wiederkehr des Geburtstages Al-Birunis stehen ... Doch dieser Ehrung des großen Gelehrten konnte erst ein Jahr später stattfinden, da im Spätherbst 1973 in Damaskus die Folgen des Oktoberkrieges noch nicht über wunden waren. Zur XIV. Science Week 1974 war mein Mann Mitglied der DDR-Delegation. Die Sitzungen fanden in den Räumen der Da maszener Universität statt. An dieser Stelle einige Worte zu Problemen der Ausbildung der syri schen Studenten — der Nachfahren Al-Birunis. In der SAR gibt es drei Universitäten: in Damaskus, Aleppo und Lattakia. Die älteste und größte ist die Damaszener; nach syrischen Angaben sollen an der Alma mater damascenus 45 000 Studierende immatrikuliert sein. Das Ausbil dungssystem ist dem französischen sehr ähnlich. Die Immatrikulation erfolgt auf Grund der Punktzahl, die im Abitur erreicht wurde (eine Art „numerus clausus“, da für die am meisten gefragten Fächer Mindest punktzahlen festgelegt werden). In der Regierungszeitung „al- Thaura“ vom 21. 5. 1974 kritisierte der Prorektor der Universität Latta kia, Dr. Issam JANO, daß die Immatrikulationen zuwenig gesteu ert werden und daß die Verbindung zwischen Universitätslehre und ge sellschaftlichen Erfordernissen mangelhaft ist. Die Masse der Stu denten will Medizin oder Pharmako logie studieren, wenn das nicht gelingt, versucht der Bewerber, an der Ingenieurfakultät immatrikuliert zu werden, ist auch das nicht möglich, wendet er sich an die Naturwissenschaftliche Fakultät, der letzte Ausweg ist dann die Landwirt schaftliche Fakultät. Demzufolge sind die Voraussetzungen der Stu denten an den beiden letztgenann ten Fakultäten äußerst niedrig. Nach Meinung Dr. JANOs decken die syrischen Universitäten vor allem die Bedürfnisse des nichtproduktiven Sektors, wie Bildungs- und Gesund heitswesen, Justiz und „allgemeine Verwaltung“. Da die Studenten ja aus den allgemeinbildenden und Oberschu len kommen, noch einige Bemer kungen zu den Anstrengungen der SAR im Bildungswesen: Erfolge wurden bei der Bekämp fung des Analphabetentums er reicht: von 1960 bis 1970 nahm der Anteil der Analphabeten an der Ge samtbevölkerung von 60 Prozent auf 53,4 Prozent ab (nach S. ISSA, „al-Thaura" vom 8. 8. 1974). ISSA gibt für diese Entwicklung vor allem folgende Gründe an: • die Erweitereng des Bildungssy stems und die zunehmende Verbrei tung der obligatorischen Grund schulausbildung seit 1963, nenzulernen. Ganz besonders er freut war ich über die Einladung von Prof. Hamarne, mir die neuen Uni versitätskliniken des Muasad-Kran- kenhauses zu zeigen. Dieser große Komplex, der seit Ende der 60er Jahre abseits vom alten Universitätsgelände teilweise auch mit UNESCO-Geldern errichtet wird, ist großzügig geplant und mit einer Vielzahl moderner Geräte aus gerüstet. Prof. Hamarne führte uns zunächst durch seine Ophthalmolo- gische Abteilung mit mehreren Operationsräumen, durch die Innere Klinik, wo wir u. a. vier künstliche Nieren in Aktion besichtigen konn ten, durch die HNO-Abteilung und in das Nuklearmedizinische Zentrum. Die Klinik für Geschwulstkranke und die Kinderklinik waren zu dieser Zeit noch im Bau. Erstaunt waren wir über die Leere im riesigen Gebäude der Poliklinik. Die meisten Sprechzimmer werden •überhaupt nicht benutzt, weil die Arztplanstellen nicht besetzt sind. Es gibt keine Bewerber dafür, ob wohl die Zahl der Medizinstudenten von Jahr zu Jahr zunimmt. Nach dem Staatsexamen gehen viele zur Facharztausbildung ins Ausland und kommen dann nicht zurück. Viele ziehen auch eine gutgehende Praxis oder Privatklinik der wenig lukrati ven Arbeit an der Universität vor. Aber auch die hier tätigen Ärzte sind nur am Vormittag in Klinik oder 88882888289888888888828888888988828883888888888888888880888888288328282588888383828882388388838382232883338893883838828388888888888888828888882388888888889828928838388888828882889338838988 Im nächsten Teil ihres Reiseberichtes schreibt Genossin Dr. Hübner über das Gesundheitswesen in der SAR • die veränderten ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen. Die Erfolge der bildungspoliti schen Maßnahmen zeigen sich vor allem, wenn man die Altersstruktur der Analphabeten untersucht: im Alter von 10 bis 14 Jahren sind 32,1 Prozent der Gesamtpersonen dieses Alters des Lesens und Schrei bens unkundig, zwischen 45 und 49 Jahren sind es 69,7 Prozent und zwischen 50 und 70 Jahren sogar 90,8 Prozent. Während der „Science Week“ gelang es uns auch, bei einem Empfang der Freundschaftsgesell schaft SAR—DDR und bei einem Absolvententreffen in unserem Kultur- und Informationszentrum einige syrische Mediziner ken Poliklinik zu finden, nachmittags führen sie ihre Privatsprechstunde durch. Je vornehmer das Stadtvier tel ist, in dem die Praxis liegt, je besser der Ruf und die Beziehungen des Arztes sind, um so höhere Preise kann er verlangen. Jede Röntgenauf nahme, jede Laboruntersuchung, jede Injektion werden zusätzlich berechnet. In den Universitätskliniken und den dazugehörigen poliklinischen Abteilungen dagegen ist die Be handlung kostenlos (rezeptierte Medikamente müssen aber in jedem Falle bezahlt werden). Die Patienten müssen sich jedoch vor den Studen ten demonstrieren lassen. Deshalb sind es meist Angehörige der armen Bevölkerungsschichten, die man hier antrifft. Fortsetzung von Seite 6 8. Militär medizinische Veranstaltung OSL Dr. Wirth und Major Dr. Ullrich umrissen ,,Die Bean spruchung des Menschen im modernen Krieg aus der Sicht des Physiologen“. Viele militärische Tätigkeiten sind Schwerstarbeit und setzen speziell Langzeitaus dauer voraus. Mit physiologi schen Parametern wurde gezeigt, wie diese trainierbar ist. Dabei gilt, daß der Grundstein für Trainierbarkeit und spätere Lei- stungsreserven bereits in der Jugend gelegt werden muß. OSL Dr. Plachotnikow von der GSS in der DDR verwies in der Diskussion auf die große Auf merksamkeit, welche der Militär psychologie in der UdSSR gewid met wird, und er illustrierte die möglichen Verhaltensstörungen anhand der bei Naturkatastro phen gewonnenen Erfahrungs werte. OSL Dr. Kammel und Major Dr. Ullrich entwickelten „Mo derne Gesichtspunkte zur Theorie der Emotionen und militärmedizi nische Schlußfolgerungen“. Ba sierend auf der Simonowschen Näherungsformel für die Relatio nen zwischen Emotionen, Bedürf nissen sowie real vorhandenen und prognostisch notwendigen Informationen demonstrierten sie, wie trainiertes bzw. fehlendes Erfahrungswissen in schwierigen Situationen zu positiven Erfolg serlebnissen bzw. negativen Emotionen — bis hin zu Zustän den mit echtem Krankheitswert — führen kann. OSL MR Dr. Peper schilderte „Psychiatrische Aspekte des mo dernen Krieges“. Nach einer kurzen Darstellung der durch konventionelle, atomare und che mische Waffen möglichen neuro logischen und psychiatrischen Krankheitsbilder kam er zu dem Fazit, daß die stabile, gut vorbe reitete und geführte Gruppe das beste Mittel zur Verhinderung inadäquater Panikreaktion dar stellt. Im Rahmen der Veranstaltung wurde das Reservistenkollektiv der Medizinischen Akademie Dresden in Würdigung seiner kontinuierlichen und erfolgrei chen Arbeit zur Verwirklichung des Gedankens der deutsch- sowjetischen Freundschaft mit dem Ehrennamen „Kollektiv der Deutsch-Sowjetischen Freund schaft“ ausgezeichnet. Doz. Dr. sc. med. Richter Oltn. d. R.