Suche löschen...
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 21.09.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189809218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980921
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-09
- Tag 1898-09-21
-
Monat
1898-09
-
Jahr
1898
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— Nr.LtS. —18S». — Diese verbreitetste »»parteiische Leitung erscheint Wochentags Abends (müDatum des nächsten TageS) und kostet mit den sechs wöchentlichen Beiblättern: 1. Sächsischer Erzähler, L. Klei«- Botschaft, S. Gerichts.Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, K. Jll«strirtes Unter» haltungsblatt, v. Lustiges Bilderbuch sür Chemnitz: monatlich 40 Pfennige; bei de» Postanstatten: monatlich bO Pfennige. I8SS. Postliste: Nr. 2803. Nelearamm.«drehe.- «c»eralouzeiger, Ferulprechstelle Nr. 1UL. Mittwoch, den LL. September. Anzeigenpreis: »gespaUen, TvrpnSzeN« (ca.v Silben snssenv) «der deren Raum 45Psg. (Preis« verzeichne t» geil» 20 Psg.) Bevorzugte Stell, («gespalten» Petit-Zeile cirra 11 Silben fasscnd) 30 Pfg. — Anzeige, können nur bis Bormittag lO Uhr angenomnle» werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zelt erfordern. für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer Sa«de«>«ltt,»iger). «»gründet 187» alS „Nu,«igrr" ir» B«rlag und Rotation«maschtn«u.Dr»ck von «»«xauder Wied« ln «hemuih, Theatersiratz» Nr. 8. Geschäftliche Anzeiger-Inserat» finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitzer ENenblihn-Zeitltitg. Der Konflikt der Engländer in Aafchoda. Faschoda, das mörderische Fiebernest am Weißen Nil, ehemals Residenzdorf der Schillnkneger-Könige, später egyptische» Verbrecher- Presidio, ist Plötzlich in den Mittelpunkt der tagespolitischen Interessen gerückt. In London und Paris, in Kairo und Brüssel zer bricht man sich den Kopf mit Vermuthungen, welche »weißen' Truppen in dem viel uinstrittenen Faschoda stehe». Sind's die Franzosen und Senegalesen Marchand'S, ist'- Macdonald'S englische Expedition, sind's die Kvngotruppen des Kommandanten Henry oder gar Abyssinier? Gegen die Annahme, es sei die sranzösische Expedition Marchand, oie Faschoda zum Ziele hatte, dort eingetroffen, spricht der Umstand, taß aus das Schiss der Derwische geschossen wurde, was doch nur den Engländer» nützen konnte; dafür wird geltend gemacht, daß die Kugeln, die auf dem Dampfer des Khalifa gesunden wurden, von Lebcl-Gewehren herrühren, also französischen Ursprunges sinv. Aller dings sollen die Geschosse des englischen Lee-Enfield'schen Gewehres ziemlich gleich groß sei». Major Macdouald, der von Uganda aus nach dem Nil vordrang, hatte Anfangs August noch in Unyoro Kämpfe zu bestehen, die angeblich siegreich waren. Hat er auf dem Albertsee den Dampfer Emin Paschas gesunden und ausbessern können oder hat er mit großen Ugandabooten die Fahrt auf dem Nil fortgesetzt, so könnte er, selbst wenn man ungewöhnliche Glücks fälle annimmt, noch nicht in die Nähe von Faschoda gelangt sein. Es Wäre auch unbegreiflich, wie Macdvnald unbemerkt an Redschaf, Lado und Bor hätte vorüberkommen können, wo kongostaatliche Stationen sind. Wie aus Brüssel geschrieben wird, ist es auch möglich, daß der kongostaailiche Kommandant Henry Faschoda besetzt hat, der durch seine Eilmärsche bekannt ist; man hält einen solchen Vorstoß jedoch nicht für recht wahrscheinlich. Nach einer Londoner Mittheilung soll die eilige Abreise des Leutnants Harrington von Zeila nach der Residenz des Negus Menelik mit der verdächtigen Haltung der im Westen des Reiches regierenden Gouverneure i» Verbindung stehen. Harrington, der schon früher als britischer Militär-Bevollmächtigter am Hose Menelik's weilte, versichert, er habe den Austrag, dem Negus sehr ernste Vor stellungen zu mache», falls dieser die Unternehmungen der Engländer im Sudan irgendlvie zu stören beabsichtige. Da« dürfte wohl nur zu in Theil richtig sein; es wird eine Verstäudigustg gesucht werden, um endlich zu einer Abgrenzung der britisch-egyptischen Ansprüche im ehemals egyplische» Sudan zu gelangen- Und wenn wirklich Abyssinier oder Franzosen sich in Faschoda niedergelassen haben? Wie will England diese entferne»? Wenn auch die Provinzen Bahr-el-Ghasal, Kordofan und Darfur nominell immer zu Egypten gehört habe», so waren sie in Wirklichkeit doch in den Händen der Mahdisien und sind zum größte» Theilc noch im Besitze der Derwische. Ein Theil der Aeqnatvrial-Provinz ist vom Kongo-Staate besetzt, der seine Stationen schwerlich aufgeben wird, weil sich der Kh.dive seiner Hoheitsrechte über Aequatoria cntäußerte, als er Emin Pascha zum Verlassen der Provinz mit Stanley aufsorderte. Der Kongo- Staat wird England nicht im Wege sein, wenn cs sich um Herstellung Die Duchoborzen. Von O r. Ernst Behuitz. ). (Nachdruck verboten.) Durch die Blätter ging letzthin die sehr interessante Nachricht, daß dos Dauipsschiff mehr als 1000 Dnchvborzen aus den Kaukasus ländern »ach Cypern befördert habe, wo sie fortab unter Alt Englands Banner leben und ihr Gewerbe betreiben sollen. Da die Zahl der Duchobvrzcn in den letzte» Jahrzehnten bereits sehr zurück gegangen war, so dürste mit dieser Expatriirung ans dem heiligen Rußland eine seiner merkwürdigstui Sekten verschwinde», deren Geschichte zugleich in dem großen Buche menschlicher Glaubenslehre» und menschlicher Irrungen ein sehr eigenartiges und lesenswerthes Kapitel bildet. Die „Streiter des Geistes*, wie der Name der Sekte i>» Deutschen etwa zu übersetzen wäre, führen ihre Lehre auf drei Märtyrer aus der Zeit Nebukaduezars, also lange vor der Er scheinung Christi, zurück. Zum Unglück iür diese Behauptung lehrt uns die indiskrete Geschichte den Stifter der «elte, wenn auch nicht gerade bei Namen, jo doch immerhin leidlich genau kennen. Es war ei» ehemaliger preußischer Unteroffizier, der im Ansange des 18. Jahrhunderts i» eine», Torfe des Gonverneincuts Charkow lebte. Der Mann war fleißig und ehrlich und erwarb sich so im Dorfe Ansehen und Vertraue», seinen religiösen Ideen aber An- häuger. Es ist ja e »e merkwürdige und nur aus dem intensiven religiösen Leben des russischen Volkes erklärliche Erscheinung, daß man in Rußland allenthalben auch unter den gewöhnliche» Leuten Viele trifft, die sich Grübeleien über religiöse Probleme hingebc». Da genügt es den» vst, daß ein energischerer Wille und ein klarerer Geist unter sie tritt, uw Anlaß zu einer Scltenbildung zn geben. Jener Unteroffizier scheint seine Lehren hauptsächlich de» Dogmen der Kalbnustcn und der Quäker entlehnt zu haben; es ist in dieser Hinsicht interessant, daß noch ein Jahrhundert später englische Quäker zum Besuche der Dnchobvrzen-Kolonie an's Ajvw'sche Meer reisten, weit ihnen die Anhänger dieser Sekte als Glaubeiisverwandte ge schildert worden waren, und daß sie in der Thal in ei» russisches Pciiiisylvanie» gekommen z„ sei» glaubten nnd sich mit den russischen Scltirer», deren Bibelkenntniß sie bewunderte», ganz leiblich ver standen. Der Haupigriiiidsatz jenes UnlervffizicrS war jedenfalls der, daß i» der Seele jedes Menschen Gott selbst seinen Wohnsitz aufgeschlagen habe nnd die innere Welt des Menschen regiere. Die Lehre sa»d Verbreitung, ein Mann aus den gebildeten Ständen wurde nach des Gründers Tode ihr Oberhaupt, verstand sie schnell z» Verb eite», entwickelte sie auch innerlich weiter und ----- seinen Anhängern die duchoborzischc» Dogmen gleich lateinischen -regeln durch seibstversemgte Verse ein. Aber erst unter seinen einer direkte» Verbindung zwischen Uganda und Egypten handelt; die gefährlichen Klippen sind Frankreich und Abyssinien. Politische Nimdschan. Chemnitz, den 30. September 1898. Deutsches Reich. — Der Kaiser hat sich telegraphisch Bericht über die Streik« Vorgänge in Spandau erstatten lasten. Oberbürgermeister Koltze hat als Polizeichef an den Kaiser berichtet. Auch der Regierungs präsident in Potsdam hat eingehend Bericht erfordert. — Um den, in gewissen Blättern immer wiederkehrenden, will kürlichen und übertriebenen Schätzungen de- vom Fürsten von Bismarck hinkerlassenen Vermögens und den dazu be liebten Kommentaren entgegen zu treten, ist die „Nat.-Ztg." von bestunterrichteter Seite zu der Mitthcilung ermächtigt, daß das ganze Kapital- und Baarvermögen de- Nachlaßes noch nicht zweieinhalb Millionen Mark betragen hat, und daß der Nachlaß für die Erben mit bedeutenden jährlichen Leistungen und Abgaben belastet ist. An Pretiosen sind nur mehrere Orden in Brillanten und eine Anzahl unveräußerlicher silberner Schaustücke vorhanden, deren Geldwerth insgesäinmt erheblich unter 150,000 Mk. angenommen ist. — Wie dringend sowohl von ärztlicher Seite, wie aus den Kominunalvcrwaltungc» heraus die reich^Sgesetzliche Regelung der zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten er forderlichen Maßnahmen gewünscht wird» hat sich auf der 33. Ver sammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege gezeigt, die soeben in Köln stattgefunde» hat. Einstimmig beschloß die Versammlung: „Im Interesse der öffentlichen Gesundheit ist eine einheitliche Regelung der zur Bekämpsung gcmeingesährlichcr Krankheiten ersorderlichcn Maß nahmen aus dem Wege der Reichsgesctzgebnng dringend erwünscht." Und mit erdrückender Mehrheit wurde der zweite Satz an genommen: „Die Aussicht über die AuSsührung der zur Bekämpfung gemeingesähr- licher Krankheiten erforderlichen Maßnahmen ist »eben den ordentlichen Polizeibehörden den zuständigen Medizinalbeamten zu übertragen." Um so bemcrkenswerther ist dieser Beschluß, als der Ministerial direktor aus dem Kultusministerium Herr vr. v. Bartsch bei dem ersten Satz dringend zw der Fvrmulirung rieth, daß „man cs dank bar anerkenne", wenn die Reichsregierung eS „von Neuem unter nehme", ein Reichsseiicheiigesctz cinzubringen, und den zweiten Satz für „entbehrlich" hielt. Die Versammlung hielt eine kräftigere Tvn- färbung am Platz und daran hatte sie nicht Unrecht bei der Geduld, mit der bisher die „Vorbereitung" dcr vorstehenden Fragen festen der daran interessirten Kreise im Lande hingcnommen werde» mußte. Besonders beinerkenswerth waren die Ausführungen von Professor Or. Gärtner aus Jena, welcher nachwics, wie empfindlich bei der Verschiedenheit der Landesgesetzgebung der Mangel eines Rcichs- euchengesetzeS sür die Heranbildung der jungen Aer^te auf dem Ge biete der öffentlichen Gesundheitspflege ist und wie dringend der Aerztestand eine anderwcite Siegelung der Stellung der Mcdizinal- beamten wünscht. Mit ebenso großem Nachdruck wurde seitens der Nachfolgern gewinnt die Seite eigentlich unser volles Interesse, weil sie unter ihnen erst zu ihrer ganzen Eigcnthümlichkeit ausgebildet wird. Zuerst entwickelt sich die Lehre, dann aber das Leben der Duchoborzen in sehr merkwürdiger Weise. Poborichiu hieß der Mann, welcher der Lehre der Duchoborzen einen ganz neuen Anstrich gab. Er war der Erste, der nicht mehr ein einfacher Prediger der Lehre, sonder» ein neuer Heiland sein wollte. Er lehrte, daß, seitdem Gott sich in Christus verkörpert habe, er überhaupt nur noch im Menschen wohne, und zwar nur in den reinen und auserwählten Menschen, d. h. natürlich in den Duchoborzen. Nicht allein di« Ueberlieferung, sondern auch die Autorität dcr Bibel wurde verworfen; gottesdienstliche Formen und Gebet erklärten sie für unnütz. Nur die innere Offenbarung ist ihr Leitstern, — das göttliche Wort in jedem Menschen: das ist ihnen dcr ewige Christus. Das Bild des Heilands verehren sie nicht. „Das ist nicht der Heiland", sagten duchoborzischc Bauern, als ihnen ein Christnsbild gezeigt wurde, „das ist nur eine bemalte Tafel. Wir glaube» an Christus, aber nicht an einen Christus aus Kupfer, Gold oder Silber, sondern an Gottes Christus, den Heiland der Welt." Diese Lehre von der inneren Offenbarung nennt Leroy- Beanlicu, dcr bekannte treffliche sranzösische Kenner Rußlands, mit Recht ihre große Originalität. Für sie wiederholt sich die Fleisch- w.rdung im Leben jedes wahren Gläubigen, in Jedem lebt, lehrt, leidet, aufcrsieht Christus von Neuem. Darum ist es auch ganz folgerichtig, daß sie bei ihren Zusammcnkünsten sich ehrfürchtig vor einander verneigen: sie verehren in einander die lebendige Form GvttcS. Auch das ist eine interessante Folge ihrer Lehre, daß sie, wie Haxthausen erfuhr, ihre schwächlichen oder miß gebildeten Kinder angeblich tödten sollen, weil sie sagen, daß die Seele, Gott also, nur in einem gesunden Körper wohnen könne. Tie auffällige Kraft und Gesundheit, welche die Duchoborzen im All gemeinen zu kennzeichne» Pflegt, spricht allerdings sür die Existenz dieser grausamen Sitte. So bildete Poborichiu die Lehre aus. Zugleich aber begann bereits er, der Sekte eine eigenartige Organisation zn geben. Er er nannte zwölf Apostel, welche die Lehre zu verbreiten halten, zwölf Erzengel, die seine Befehle ausführten, zwölf Tvdcsengel, welche die Widerspenstigen und Abtrünnigen bestraften. Wichtig wurde auch die Bestimmung» daß, weil alle Erlösung doch nur ans der Kraft des Geistes und nicht ans Büchern lummen könne, das Erlernen von Lesen und Schreiben verboten wurde. Nur mündlich wurde die Lehre vvrgetragen und durch Auswendiglernen dcr Erinnerung c!n- geprägt. Die Erinnerung, wuß man wissen, spielt in ihrer Lehre eine Rolle: sic, die Vernunft und der Wille bilde» für die Duchoborzen die heilige Dreieinigkeit. Die Sekte hatte inzwischen auch die Aufmerksamkeit der Regierung Vertreter großer Gemeinden betont, die Kontrolr zwischen Polizei» dehörden und Medizinalbeamten so zu theilen, wie e» maßvoll di« Resolution anrege. Man giebt der Erwartung Ausdruck, daß dieser Verlauf der Kölner Berathungen dort nicht ohne „befruchtende Wirkung* bleibt, wo „Gesetzesparagraphen sormulirt* werden. — An da- Verhältniß der Staatssekretäre zum Reich»» kanzler erinnert die „Münchener Allg. Ztg.*» au» der öfters der offiziöse Geist spricht, in einer auffälligen Auslassung: Mau beschäftigt sich jetzt in der Oeffentlichkeit, wenn von Fragen der Relchspolitik die Rede ist, stets mit der angeblich maßgebende«» Aussaffun» elnzelner Staatssekretäre. E» muß darau erinnert werden, daß dieser Stand unkt verfaffungSmäßig nicht vertretbar ist Sämmtliche Staatssekretäre stutz )raane des Reichskanzler» und haben lediglich die politischen Auffassungen < dieses Chefs der Neichsverwaltung zu vertreten. ES kommt mithin wesentlich daraus an, welche Stellung der Reichskanzler zu den politischen Tagessrageu hat und welcher Verantwortlichkeit er bereit ist, gegenüber den gesetzgebende» Faktoren zu übernehmen. Danach scheint hinter den Koulissen wieder etwa- vorzugehen. — Bei der Enthüllung de» Großherzog Friedrich-Denkmal» in Lampertheim hielt der kommandirende General von Blume die Fest« rede, in welcher er sagte: „Diese Feier bekundet, daß da» Elsässer Volk sich wieder fühlt als das, was eS früher gewesen, al- ei» kerngesundes Glied der deutschen Nativ», die eS nicht mehr von sich lassen wird.* — Der „Vorwärts* veröffentlicht zu dem schon gemeldeten Erlaß des Staatssekretärs v. Podbielski betreffs des „Deutschen Postboten" noch folgenden Erlaß der Berliner Oberpost» direktion vom 29. August d. I.: „Der beim Postamte in Brannschweig auf Lebenszeit angestellte Post schaffner Friedrich Karl Wols hat seiner sozialdemokratischen Gesinnung öffentlich Ausdruck gegeben und durch lein Verhalten bei den Stichwahlen sür den Reichstag am 2 t. Jnni d. I. Anstoß erregt. Dadurch hat er die Pflicht seines Amtes verletzt und sich der Achtung, die sein Berns ersordert, unwürdig gezeigt. Ich verfüge daher hiermit gemäß 88 w, 72, Z3 und 84 deS Reichs« bccnnten-Gesetzes wider ihn die Ernleitung des förmlichen Disziplinarver fahrens aus Dienstentlassung und gemäß 8 127 a. a- O. seine Suspension vom Amte. I. A.: gez. Spilling. An die kaiserl. Ober-Postdireklion in ... .* Ausland. ^ Desierreich-Ungarii. Am Montag begannen die Ver handlungen der Führer der Rechten mit dem Grasen Thun. Die Jungtschechen wollen von einer Verständigung mit den Deutschen nichts wissen und lassen erklären, sie würden nur dann im Verbände der Recht, n bleiben, wenn die bisherigen Errungenschaften der Jung tschechen unangetastet bleiben. In einer von der tschechischen Volks partei Mährens unter Führung des vr. Stransky beschlossenen Kundgebung wird die tschechische Friedensliebe gecühnit, die Unver- söhulichkeit der Deutschen getadelt und von der Regierung zur Lahm legung der Obstruktion die Einführung des Föderalismus verlangt. Die Kundgebung verlangt auch ein entschiedenes Auftreten dcr Jiingtschcche», damit die den mährische» Tscheche» zugefügte Unbill beseitigt, insbesondere eine tschechische Universität in Mähren er richtet werde. Im deutsche» Parteilager gicbl man sich bezüglich einer Aenderuug der inuern Lage keinerlei Hoffnungen hin. auf sich gezogen und nach mancherlei Schicksalen und Verfolgungen erhielten die Duchoborzen die Erlaubniß, sich im Gouvernement Tauris an dem Flusse Molotschna niederzulassen. Einer der Ersten» die hierher übersiedelten, war das neue Haupt der Sekte, dcr ehe malige Korporal der Garde Kapustin. Er war es, der sich zuerst als den Dnchoborzcngott ausrief, und Alle betete» ihn kniefällig /tn; daß er und alle seine Nachfolger — denn Kapustin machst die Führerschaft erblich — echte Söhne Gottes seien, das,/ sägen die Dnchvborzen, „ist so wahr, als das Himmelsgewölbe M über uns ausspannt und die Erde unter unser» Fitsten liegt". Mser Kapustin war offenbar ein Manu von Willenskraft, zugleich ein Mystiker und ein höchst plastischer Mann, der die Gemeinde vortrefflich zu leiten und zu Wohlstand zu bringen wußte. Vor Allem aber war er ein richtiger Despot, der in seiner neuen Ansiedelung Terpcnje, d. i. Ge duld, nicht zögeric, sür die Befriedigung seiner kleinen Wünsche Sorge zu tragen. Er ordnete die Ersetzung der Ehe durch die freie Liebe an und vermehrte den Bcamteuapparat der Sekte durch sechs Jung frauen, bereu Pflicht offiziell war, die Psalmen und Lieder auswendig zu lernen und der Nachkommenschaft zu überliefern, die aber that- sächlich mit dem Duchoöorzengott und seinen Aposteln ein wüstes und ausschweifendes Leben führten. Und von jetzl ab beginnt ein jäher Verfall der Gemeind«, deren Mitglieder bis dahin in einer Art kommunistischer Brüderlichkeit ge lebt, einander treulich gesördert und die Greise, Sieche» und Waisen liebevoll unterstützt hatte». Kapustius Sohn Kastnhkoff, ein lüdcr- licher Trunkenbold starb bald; für dessen Sohn Jilarion, der das regierungssähige Alter »och nicht erreicht hatte, regierten die Apopel und Engel, während sie den kleinen Heiland in die Gesellschaft einiger junger hübscher Mädchen steckten. Eine wüste Gewaltherr schaft begann. Die Apostel und Engel raubten, plünderte» und vraßtcn, die Gesetze der Brüderlichkeil waren vergessen und unter der Duchoborzen-Kolouie enistand eine solche Unzufriedenheit, daß sie schließlich dem Heiland und seinen Aposteln offen den Gehorsam verweigerten. Da setzten diese ein fürchterliches Schreckcnsregiment ein. Die Zahl der Tvdcsengel wurde vermehrt, ein geheimes Gericht, „Hölle und Paradies," errichtet, ein ausgedehntes Spivnagesyste» organisirt. Eine bloße Denunziation genügte, um die TvdeSengel ihres fürchterlichen Amtes walten zu lassen; ganz in der Art der Inquisition, doch in noch viel schlimmerer Weise wurden Verdächtige oder Widerspenstige grausamen Foltern unterworfen, sie wurden er würgt, ersäuft, erschlagen. Hunderte von Personen sind in kurzer Zeit ciiffach spurlos verschwunden, ihr Hab und Gut fiel Kalmykoff und seine» Helfershelfern anheim. Am Ufer der Molotschna trieben chrccklich verstümmelte Leichen an, und wenn der Wind den Sand hinmegwehte, so fand man Leichen, ja sogar Lebendigbegrabene. Dieser Terrorismus stellte allerdings den Gehorsam der Duchodorzr»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite