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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 19.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189908196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990819
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990819
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-19
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Monat
1899-08
-
Jahr
1899
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— Nr. 192. — 18SS. Sorriravend, den 19. An-nft. Das Räthsel von Elvershöh. Original-Noman von Neinhold Ort man». (44. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „So — so!" meinte der Landgerichjsrath nachdenk ich. „Das klingt allerdings anders als die Urtheile, die ich vorhin über das Mädchen vernahm. Nun, es Ivird mir ja möglich werden, sic noch etwas eingehender auf die Zuverlässigkeit ihrer Aussagen hin zu prüfe». Für heute, mein gnädiges Fräulein, muß ich mich Ihnen nun wirk Uch empfehlen, wenn mir nicht Gefahr laufe» sollen, nuferen Zug zu Versäumen." Sei» Schritt war noch nicht im Vorzimmer verhallt; als Editha mit einer ungestümen Bewegung das Fenster aufriß und die kühl hereinströmende Luft in tiefen Athemzügen einsog, wie Jemand, der nahe daran ist, zu ersticken. Es war ihr«»« schönen Antlitz nicht anzusehen, was für wilde Gedanken hinter der hohen, weißen Stirn arbeiten mochten, aber ihr Blick richtete sich mit seltsam heißem, vcr> langendem Ausdruck dorthin, wo sie jenseits des Parkes von Elvershöh den Hof des Bauern Henning in Eichfelde wußte. Das Nöllen eines Wagens erst veranlaßte sie, die Auge» seit wärts nach der Ausfahrt vor dem Herreiihanse zu tuenden. Es war der wohlbekannte Einspänner des Doktors Harmsen, der dort hielt Einer plötzlichen Eingebung folgend, neigte sich Editha hinaus. »Ans ei» Wort, Herr Doktor, wenn Ihre Zeit cs Ihnen gestaltet!" . Wenige Minute» später trat der Arzt in das Zimmer. „Guten Abend, Baroijcsse! Ich stehe zu Ihrer Versagung." „Sie wollten zu meinem Bruder, nicht wahr? Er ist wie immer drüben im Schlößchen auf seinem Zimmer, und ich furchte, Sie werden heute-tveniger mit ihm zufrieden sein, als in den letzten Tage». Abcr das werden Sie ja selbst sehen, und cS geschah nicht deshalb,' daß' ich Sie zu mir'heraüsbeinühtei Ich möchte Sie viel mehr fragen: Halte» Sie es für möglich, daß ein Mensch von völlig gesundem Geiste jede Erinucrung verlieren kann an Etwas, was er ii» Zustande und unter dem Einfluß schwerer körperlicher Krankheit gekha» hat?" . Der Avzt «lachte eiu verwundertes Gesicht und schüttelte den grauen Kops. „Das . ist eine sonderbare Frage, Baronesse., aus die man bei' so allgemeiner Fassung unmöglich mit Ja oder Nein ant worten kann. Ist es etwa eine bestimmte Persönlichkeit, die Sie im Singe haben -- Jemand, den ich kenne?" „Nein! Ich wurde dnrch eine Geschichte, die ich in der Zeitung las, daraus gebracht 'und hatte mir vorgenommen, Sic z» befragen weil sie mir gar zu unwahrscheinlich vorkam. Es solle Jemand im Fieber einen Todlschlag begangen habe» »nd cs solle ihm später tiach seiner Genesung jede Erinnerung daran entschwunden sein bis auf die duntle, unbestimmte Vorstellung von etwas Schrecklichem, das sich um jene Zeit mit ihm zngetragen. Dergleichen kann sich in Wirklichkeit nicht ereignen, nicht wahr?" „Mir persönlich ist es allerdings »och nicht vvrgekommen; für unmöglich aber möchte ich es darum nicht erklären. Es kommt eben auf die Natur der Krankheit an und ans die Umstände, unter denen die, That erfolgt sein soll. In der Geschichte der gerichtlichen Medizin giebt es Fälle, die mit dein von Ihnen erwähnten große Aehnlichkeit haben." Unser Junge. Eine Humoreske von Jakob Odün. Ans dem Ungarischen von Julius Halm. (Nachdruck verboten.) Herr Berthold Taviu kam athemlos aus seiner Kanzlei nach Hause gerannt. „Mütterchen, freue Dich, unsere Stunde hat geschlagen. Auch auf unsere Schwelle wird noch die Sonne scheinen." Und triumphirend fuchtelte er mit den Händen in der Luft herum. Seine Rechte hielt krampfhaft eine riesengroße Visitenkarte fest und vor Seligkeit konnte er kaum sprechen, nur stammeln. „Diese Karte kam gestern Nachmittag, aber der dumme Kerl, mein Diener, hat sie ans meinem Schreibtisch vergessen. Da, sieh mal." Ans der Karte war in krause» Schriftzügen nur soviel zu lesen: „K. Nalh und Bergwcrisdirektor Ladislaus Kapolthy de Kapollh und Frau geben sich die Ehre, Herrn Or. Berthold Tavani nebst Gemahlin für morgen Abend, 8 Uhr, zum Souper zu laden." Das junge Frauchen sank mit einem Seufzer der Erleichterung in den Lehnstuhl zurück, als wäre ihr eine Zentnerlast vom Herzen gefallen. Wie denn nicht? War ja doch das Hans des Bergwerkdirektors das vornehmste im ganzen Städtchen, das nur den Auserwählten offen stand, und in welchem die glänzendsten Soireen, die opulentesten Soupers gegeben wurde». Die althergebrachte traditionelle Nang- abiiufnng der erbgesesscnen Familien erlitt eine» vollständigen Zusammenbruch, denn nun begann die Werthschätznug ab- oder zu- zunchme», je nachdem, ob der Betreffende eine Einladung zu diesen Soiraen erhalten hatte oder nicht. Und wer nicht zu den Ans- erwähltcn gehörte, dessen Ansehen sank bald tief unter Null. Nun aber gehörte zu diesen Verfehmten auch die Familie Tavani, welche bisher zu den Koryphäen des Städtchens gezählt hatte. Ja, der arme» junge» Fra» schien es sogar, als ob einige ihrer Freundinnen, die schon des Glückes einer Einladung theilhaftig ge worden, sich kühler und resevirter zeigten als ehedem. Der Herr Doktor ließ sich mit zärtlicher Liebkosung neben seiiici» Frauchen nieder. „Nicht wahr, das überrascht Dich. Dem Himmel sei Dank. Das Eis ist gebrochen. Jetzt wird uns Niemand mehr über die Achseln aiisehen können." Die junge Frau blickte voll Dankbarkeit zu ihm auf; dann «ber sragle sie besorgt: „Aber werde» wir auch gehen können?" „Ja warum denn nicht?" „Wird uns der Bubi weglassen?" Das Antlitz des Gatten verdüsterte sich, und auch er begann nachdenklich in seinem braunen Bart zu wühlen. Man sah ihm an, daß auch ihm der Bubi kein geringes Hinderniß schien. Der Bubi aber war niemand Anderes, als ein snnfjähriger Junge, de» die Eltcr» als den einzigen Erben ihres Namens unend lich verzärtelten, so daß fast immer sein Wille durchdrang. Man stand ans, wen» er das Haus aus dem Schlaf lärmte; man ging zu Bett, wann cs ihm beliebte, und die Ellern konnten nur daun sort- gehen, wenn seine veränderliche Laune keinen Einwand machte. Herr Tavani grübelte lange über eine Kriegslist »ach nnd endlich blickte er mit strahlender Miene empor. „Weißt Du was, Mama? Heute geh' ich nicht in die Kanzlei, sondern widme dem Bubi den ganzen Tag. Gegen Abend wird er „So war ich also im Jrrthum, als ich nicht daran glauben wollte. Ich danke Ihnen für die Auskunft, Herr Doktor! Und ich will Sie nicht länger aufhalten. Uebrigens — wie steht es um den Patienten drüben in Eichfclde?" „Um unseren Norweger — meinen Sie? O, eS geht ihm vor trefflich. Ich werde Herrn Hallagcr morgen bereits gestatte«), aus eine Stunde das Bett zu verlasse». Unter Beobachtung der nöthigen Vorsicht kan» er in acht oder zehn Tagen reisen." „Er ist also, wie cs scheint, sehr nngcdnldig, von hier fort- zukommen?" „Er kan» den Zeitpunkt der Abreise kaum erwarten. Zwischen ihm nnd seinen Dame» wird von gar nichts Anderem mehr ge sprochen." „Dann sollten Sie ihn allerdings nicht länger zurückhalten, als es in seinem Interesse geboten ist. Werde ich Sie noch ans einen Augenblick spreche», wenn Sie meinen Bruder gesehen haben?" „Meine Zeit ist knapp bemessen, doch wen» Baronesse es wünschen, bin ich gern zu Diensten." Er ging und E)i1'a trat in das Nebengemach, das jetzt ihr Arbeitszimmer war, wie es zuvor das Arbeitszimmer des Barons Werner v. Linderode und nach ihm das seines nnglücklichen Enkels gewesen war. Sic setzte sich an den Schreibtisch nnd ivars mit hastender Jeder cinigc Zeilen ans ein B.iesblatt, dessen Umschlag sic mit der Adresse des Fränlcin ÜPyra Jensen versah. Dann nahm sie ihre ungeduldige Wanderung dnrch das Zimmer wieder auf, bis Doktor Harmsen znrncklam. Er schic» in der That nicht sehr zu- fri den init dem, was er inzwischen gesehen hatte, denn er machte ein recht ernstes Gesicht. „Ihr Bruder gefällt mir nicht, Baronesse," sagte er aufrichtig. „Dieser fortdauernde Erregungszustand muß nothwcndig zuletzt auch seine körperlichen Kräfte ansreibcn. Alle seine Gedanken bewegen sich offenbar »och immer ausschließlich um das Schicksal seines unglück lichen Vetters, nnd so lange er durch die Untersuchung stets auf's Neue an diese traurigen Dinge erinnert wird, ist kaum ans die Wiederkehr einer normalen Gemülhsversassnng zu hoffen. Ein baldiger Wechsel der Umgebung erschci it mir deshalb dringend ge boten. Sie sollten mit ihm ans Nei en gehen, und zwar je eher- desto besser." „Ich bin Vorläufig hier unentbehrlich; aber meine Mutter könnte selr wohl mit ihm gehen nnd ich habe ihm diesen Vorschlag schon wiederholt gemacht. Er wollte bisher nichts davon hören, «veil er sich vor jeder Berührung mit den Menschen fürchtet, wie sie ja ans der Reise allerdings »»vermeidlich ist, und «veil außerdem wohl auch ein anderer, feindseliger Einfluß inSgchciin meinen Be> mühungen entgegenarbeitet. Aber ich »verde es nichtsdestoweniger dnrchse','c». Noch vor Ablauf d-'escr Woche muß er fort." „Sie weiden danit das einzige Heilmittel zur Anwendung bringen, von dem ich mir »cch einigen Erfolg verspreche. Den» mit Pillen und Tränket« ist da nichts auszurichten. Ich kann ihm Nichts geben als Morphium gegen die Schlaflosigkeit, unter der er offenbar am meisten leidet. Dcr Bnrstl e des Apothekers wird Ihnen nachher die Pulver bringen. Ich empfehle Ihne» dringend, Baronesse, sic selbst in Verwahrung zu nehmen und den« Patienten niemals mehr als die für die jedesmalige Anwendung vorgeschricbcne Dosis zu geben. Bei Kranken dieser Art muß man sich vorsehen, den» sie sinh unberechenbar. Wünsche» Sie mich sonst »och etwas zu fragen?" „Nein. Aber ich möchte Sie um eine Gefälligkeit bitten, Herr Doktor! Werden Sie Herr» Hallagcr haute »och besuchen?" „Ich spreche regelmäßig des Abends bei ihm vor." „Sie «verde» natürlich bei dieser Gelegenheit auch seine Pflege- schwester sehe». Wollen Sie ihr eine» Brief von mir übergeben — doch so, daß kein Anderer etwas davon bemerk«? Es handelt sich »,n wichtige Dinge, die Indessen weder Herr» Hallagcr, noch seiner Mutter bekannt werden dürfen. Ich würde Sie nicht mit einer so sonderbaren Bille behelligen, wenn ich mir auf andere Weise zu helfen wüßte." Wenn auch ihr Anliegen den Arzt befremdele, so war er doch zu höflich, sie etwas davon merke» zu lasse». Bereitwillig sagte er die Erfüllung ihres Wunsches zu und nah«» das zierliche, schwarz- geränderte Briefchen entgegen. „Aber versäumen Sie ja nicht, dem Fräulein bei der Uebergabe z» sagen, daß ich auf ihre Verschwiegenheit rechne. Ihre wichtigsten Interesse» seien es, die dabei auf dem Spiele stehen.* Der Doktor versprach noch einmal, Alles gewiffenhaft aus- znrichlen, und mit eine«» Dankeswort reichte ihm Editha die'Hand. An, offenen Fenster stehend, blickte sie seinem davonrollenden Wägel chen nach, und niemals ivar sie ihrem Großvater ähnlicher geivesen, als in diesem Augenblick, «vo die Harle««, grausame» Züge um Mn»d und Nase alle Schönheit ihres plastischen Antlitzes auSlöschten. Einundwanzigstes Kapitel. Trübe und melanchvlisch war der Morgen heraufgedämmert ein dichter, kühler Spriihrcgc» hüllte die Landschaft in seine Nebele schleier und ein bedrückendes, geheimnißvolles Düster herrschte unier den Banmwipseln des uralten Hochwaldes von Elvershöh. Da, >ov ei» vym Dorf.herrührender Feldweg sich in die Dunkelheit des Forstes verlor, stand Editha v. Linderode, in einen schwarzen Nsgen- mantel gehüllt, wartend schon seit Mehr als einer Viertelstunde. Sie war ungeduldig, aber sie verließ ihren Platz nicht; denn sie wußte, daß die Andere kommen würde, daß die Zauberformel, mil der sie sie. beschworen hatte, zu erscheine», ihre Wirkung unmöglich versagen konnte. Und nun athmete sie tief auf, wie Jemand, der sich zn schweren, Kampfe bereit macht, denn zwischen Wiesen und Aeckcrn drüben bei den letzten Häusern von Eichfelde hatte sie eine schlanke weibliche Gestalt erspäht, die nnverkennbar dem Walde zustrebte. Sie zog sich etwas tiefer in den Schutz der mächlige» Buchcn- kroneu zurück und schob den Schleier, dcr ihr Gesicht verhüllt halte, empor. Bei dem, was sic jetzt vorhatte, brauchte sie ihr Anllitz nicht vor der verhaßten Nebenbuhlerin zu verbergen; es gab nicht» inehr zn henchel» und zu verstelle» zwischen ihnen. Was auch «'»»»er die Andere in ihren Zügen lese» mochte — w«e die Dinge jetzt lagen, galt es Edilha vollkommen gleich. Nur eine kleine Weile ungeduldigen Harrens iioch, dann standen sie einander gegenüber; Thyra blühend »nd rosig, doch mit eiiiein Ausdruck ängstlicher Erwartung ans de», Gesicht — die Baronesse v. Lindervdc stolz und unnahbar wie in dem Angcnblick, da sie sich z»m letzten Mal vo» der jungen Norwegerin verabschiedet hatte. (Fortsetzung folgt.) so müde sein, daß er bei anbrcchender Dämmerung schon zu Bett gehen wird. Dann kleiden wir uns lautlos an und lassen ihn alle«»." Das Frauchen fiel ihrem Man» jubelnd um den Hals, nnd Beide lachte» bis zu Thränen über den genialen Ei'iifall. Dcr Bubi wurde sofort ans der Küche hcreinziiirt, wo er eben die süße» Ueöerreste einer Marmelade mit den dicken kleinen Fingerchcn ron einem Teller wischte. „Na, Bubi, jetzt heißt's si h schön abwaschen lassen. Tu gehst Vormittag mit Papa in den Stadtwalo, Papa lauft Dir ans dem Markt Johannisbrot, dann gehen wir in den Wald Hase» schießen." Bubi griff sofort »ach der Flinte nnd «vo ll, sich schon mit marmcladebeocckten Finger» aus den Weg mache». Nur mit Mühe gelang es, ihn einer oberflächlichen Abwaschung zu unlerziehcu. Endlich machten sich Papa und Söhnchen auf den Weg. Aber schon ans dem Mark« sing die Bescheerung a». Als Bubi in dem Geschäft, «vo sie Johannisbrot kciusle», ein wirtliches Gewehr erblickte, begann er aus Leibeskräfte» zu heule», er «volle eine solche Flinte haben, nnd es bedurfte einer größt» Ueberredungskmist, um ihn« weiszumachen, daß der Schornsieinjeger mit diesem Gewehr böse Bube» sängt, aber Hasen können nur mit Bubis Pistole geschossen «verde». Endlich geruhte er, das selber einznsehen. Im Walde gab's adermals viel Schwierigkeiten. Der lleine Jäger forderte hartnäckig die zu erlegenden versprochene» Hasen, die durchaus nicht vor dem tödilichen Gcwehrlauf erscheinen wollten, und brach in ein mörderisches Zetergeschrei ans, daß gewiß selbst die lahmen Hasen aufgescheucht wurden. Es blieb nichts Anders übrig, als sich in den Schatten eines Baumes »icdcrzulassen und dort auf die Hascn zn lauern. Sv oji ein Vogel dnrch das trockne Blättenverk streifte, meinte Bubi hoch und heilig, cs sei der langerivartete Hase und lauerte ihm so lange mit gespannter Ansmerksamkcit, die Augen auf einen Punkt c.crichlci, ans, bis er in Papas Schvvß cinschlief. Horch! Da schlägt die Thnrmuhr die zwölfte Stunde. Jetzt heißt's den Heimweg antrele». Aber Papa Tavani wagt es »ichi, sein Söhnchen z» wecken; ansscufzend nimmt er also de» müden kleinen Jäger aus den Arm und trabt hinter den Weingärten mit der süße» Last den« Hanse zu; den» über den Markt zu gehen mit dem großen Jungen aus dem Arm, das hätte doch seinem Ansehen empfindlich geschadet. Bubi aber schlief auch zu Hause weiter und erwachte in bester Laune, als der Papa »ach den« Mittagessen müde und erhitzt sein Mittagsschläfchen machen wollte. Daraus ward aber Nichts! Dcr Augapfel seiner Ettern, unser Bubi ivar geneigt, mit Papa zu spielen. „Papa, stell Dich auf alle Viere. Ich will Hvtthn spiele». So, jetzt reit' ich auf Deinem Nücke»." Und Papa» dcr seinen Bubi ohnedies ermüde» und ihn auf diese Weise überlisten «vollte, war natürlich gezwungen, Klein-Bübchen als Reitpferd zn dienen und dc» muihwilligen kleinen Husaren so tüchtig als nur möglich durchzuschütteln nnd dnrchznrütteln. Aber dies Spiel begann dem Bubi mit der Zeit laiigweilig zu Wersen. Ta galt es »»», etwas Neues zu ersinne». „Verstecken spiel draußen auf dem von Maulbeerbäume» beschatteten Hof. Papa mußte die Augen schließen, bis Bubi sich ein Versteck gewählt »nd dcr geplagte Papa hatte seine liebe Nvth, bis er den Kleinen anffand. Dcr Nichtsnutz wußte sich so gut zu verstecken. Aber was ihn am meisten ermüdeic, war das „Pferdchen" spielen. Natürlich ivar er das Pferd, eine alte Schnur dieitte als Zügel »nd Bubi war der Kutscher. So galvppirten sie lustig nm den Hof her»«», bis der Abend hereiiibrach. Als es aiifing, finster zu werden, begaben sie sich ins Schlaf zimmer, «vo Mama schon Alles recht fürsorglich geordnet hatte. Die Vorhänge waren herabgelassen, ans dem Nachttisch brannte ein« Kerze nnd die weißen, weichen Federbetten luden verlockend znin Schlaf ein. „Na Bubi, jetzt schön beten und schlafen gehen." „Papa aber auch," forderte Bubi gebieterisch. „Nein, mein Kind, Papa hat noch zu thun. Papa bleibt noch ans." Bubi nars sich ans d.» Teppich nieder und hüb ein Ge brüll an. welches einein wohleniwickcltcn Löivenjiingen alle Ehre ge i acht hätte. „Gütiger Himmel! Das Kind bekommt Wcinkrämpfe," schrie die enlsetzle Mutter, ihn vom Vvden hebend und mit Küsse» beschwichtigend. „Leg' Dich nieder, mein Herz, Papa wirs sich auch niederlcgen, Mama auch, mein Herzblatt." Bubi stellte cmch das Weinen sofort ein, als «väre Nichts ge schehe». Er betete und ließ sich ruhig in s Beitchen legen. Papa nnd Mama thaten desgleichen und löschten die Kerze aus» mit Mühe das Lachen über den gelnngcnnr Staatsstreich unterdrückend. „Na, den Jungen Hab' ich aber gründlich überlistet.* Ja, aber Bubi wollte dnrch ns nicht einschlafen. Als endlich Papa »nd Mama fest überzeugt waren, er schliefe, hob er den Lvckcn- kopf und platzte ganz unvcrmuthct mit der Frage heraus: „Nicht wahr, Papa, das Kameel thut dein Eisbären »ichlS zu Leide?" Papa beantworicie die Frage mit demonstrativen« Schnarchen, um dem Kleinen ein nachahmenswerthes Beispiel zu geben. Und wirklich gelang cs ihm. Bubi stellte keine Frage» mehr, sondern schlief ein, indeß Mama mit verhaltener Heiterkeit sich an den« erheuchelten Schiiarchkonzert ihres Manne) belustigte. „Ja, ja," mnrinelte sie, „er ist etwas störrig, nnser Kleiner, «veil ihm der Papa z» viel nachgiebt . . . Wohl würde ich ihn auch sür alle Schütze der Welt nicht mit einem Finger anrühre». Aber cs wird doch etwas Tüchtiges ans ihm, denn er hat ein gutes Herz." In solchen nnd ähnlichen Gedanken sich ergehend, begann allgemach die Wirklichkeit vor ihren Augen znn« Traum zu ver schwimmen. da fühlte sie eine leise Berührung. „Frauchen, daß Du mir ja nicht einschläfst, fast war' ich selbet eingcschlummcrt." Erschrocken sprang sie auf nnd ihr Mann zündete rasch die Lampe an. Aber im selben Augenblick entfuhr ihm ei» Schrei des Entsetzens. „Herr D» mein Heiland, Mitternacht ist vorüber." Sie starrte ih» an, regungslos wie eine Salzsäule. „: u spät! Z» spät! Für ewig und immer ist uns die Thüt dort verschlösse». Ja, es bleibt uns nicht einmal einmal «ine ordentliche Ausrede." lieber den ««»gewohnten Lärm erwachte Bubi und steckte de« Lockenkvpf ans de» Kissen hervor. „Papa, «verden «vir morgen wieder spielen?" Wüthend schnaubt ihn der verzweifelte Papa an: „Scheer' Dich zum Teufel, nichtsnutzige Range Du.*
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