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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 19.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189907193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990719
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990719
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-19
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Monat
1899-07
-
Jahr
1899
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Nr. 165. - 1«»s. -7- Dies« Verbreitetste unparteiische Lettmi, erscheint Wochentag» «benvr (mit Datum des nächsten Tage») und lostet mit den fünf ,W»chentlichen Beiblättern: Meine Botschaft, SSchfischer Erzähle», Berichts-Zeitung, »ächfisches Allerlei, Jllustrirtes Unter» haltnngSblatt, Hai b«« Pvstanstalten und bei den Ausgabestellen «»uatlich 40 Pfennige. er 1. Nachtrag Nr. 2877. General- Mittwoch, den 19. Juli. Anzeiger für Chemnitz und Umgegend. lLSchsische» LandeS-Anzeige«). — Gegründet l«7» als „Anzeiger" re» Verlag ««» Rotation-maschinen-Dr-a von Alexander Wiede in Chemnitz, Theaterstratz» Nr. S. Inserate» - Preis: Die 6 gee spaltene Corpnszeile od.-r deren Raum 30 Pfg. (Preisverzelch« nisse ä Zeile 88 Pfg.) — Be« vorzugte Stelle (Reklame-Zeile) 60 Pfg. Bei vorausbestellte» Wiederholungen größerer In« seratc entsprechender Rabatt. — Anzeigen für die Nachmittags erscheinende Nummer können nur bis Vormittag 10 Uhr an« genominen werden. Geschäftliche Anzeiger- Inserat« finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Politische Rundschau. Chemnitz, 18. Juli 1399. Deutsches Reich. — Der Kaiser unternahm, wie aus Molde gemeldet wird, mit dem gesammten Gefolge am Sonnabend einen Ausflug nach Romsdal und kehrte spät Abends nach Molde zurück. Hier wurde am Sonntag an Bord der „Hohenzollern" Gottesdienst abgehalten. Das Wetter ist andauernd schön. An Bord ist Alles wohl. — Der in den lippeschen Thronstreitigkeiten viel genannte Archivrath Berkemeier in Detmold ist jetzt definitiv von dem Amt als Vorstand des fürstlichen Haus- und Landesarchivs entbunden worden. Das gegen Berkemeier eingeleitete Strafverfahren wegen Beiseiteschaffnng amtlicher, auf den Thronfolgestrett bezüglicher - Aktenstücke hat bekanntlich mit seiner Freisprechung geendet. — Auf wenig erfreuliche Zustände läßt folgende in ungewöhn lich scharfen Worten abgesaßte Versügung der LiegnitzerNe- gierung an sämmtliche Schulinspektoren schließen: Durch Zirkularvcrsügung Vom 19. November 18S0, vom 2. August 1893 und vom 18. Juni 1894 ist die Ausnahme von Kindern, welche bereits eine Schule besucht haben, in eine andere Schule ohne Entlassungszengniß unter Androhung von Ordnungsstrafen untersagt worden. Demungcachtet haben sich in neuester Zeit die Fälle gemehrt, in denen gegen diese Bestimmungen gefehlt worden ist- Ortsschnlinspektoren beider Konsessionen haben eS mit ihrer Amtspflicht sür vereinbar erachtet, Lehrer zur Aufnahme von Kindern ohne Entlasjungszeugniß anzuweisen oder z» ermächtigen n»d sie dadurch zum Ungehorsam gegen die Vorgesetzte Obrigkeit anzuleite». Die Veranlassung zu diesem Vorgehen bildet in allen diesen Fällen die Verweigerung de» Ent- lasstmgSzengnisseS aus der bisherigen Schule. In solchen Fällen ist, wen» die Verweigerung für unbegründet erachtet wird, unsere Entscheidung im Beschwerdewege zu beantragen und abzuwarien, nicht aber zur Selbsthilfe zu schreite». Wir sehe» uns nunmehr veranlaßt, zur Ansrechterhaltuug der Ordnung und zur Wahrung des konfessionellen Friedens de» Herren Orts- schulinspcktoren beider Konfessionen die peinlichste Beachtung der Eingang» erwähnte» Verfügungen mit dem Bemerken wiederholt einznschärfen, daß wir uns gcuöthigt sehen würde», gegen jeden Lehrer, der ein Kind ohne Ent- lassungSzeugniß ans einer anderen schule in die seinige aufnimmt, ebenso gegen jede» Schulinspektor. der eine» ihm untergebenen Lehrer zur Auf nahme eines Kindes in seine Schule ohne Entlassnngszengniß anweist oder ermächtigt, mit den uns zu Gebote stehenden Disziplinarmitteln unnachsichtlich vorzngehen. — Der deutscheVercinsürArmenpflegeundWohl- thätigkeit, dessen Vorsitzender der frühere nationalliberalc Land lagsabgeordnete Seyffardt in Krefeld ist, hat auf seiner letzten Jahres versammlung einstimmig folgenden Beschluß gefaßt: „Es entspricht der durch die Reichsverfassuug und Wirthschaftsgesetzgebung ge schaffenen rechtliche» und wirthschaftlichcn Einheit Deutschlands, daß auch auf dem Gebiete der Armeupflege ein einheitlicher Zustand ge- schaffen werde. Sonach ist jedem Deutschen auch im Gebiete der jenigen Staaten, in welchen er weder Gemeinde- noch Staats angehörigkeit besitzt, unter Vermeidung der Ausweisung die zur Er haltung des Lebens und der Gesundheit unentbehrliche Hilfe bei ge setzlicher Sicherung der erforderlichen Mittel zu gewährleisten. Ins besondere bedarf Elsaß-Lothringen dringend der armenrechiliche» Gleichstellung mit dem übrigen Reichsgebiet." Dem Beschlüsse ist eine ausführliche Begründung hinzugefügt worden. — Von der Eisenacher Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes Ist unter Mitwirkung anderer Vereine und Persönlichkeiten den Deutschen in Johannesburg eine überlebensgroße Bismarck- büstc gestiftet und neben einer kunstvoll ausgestatteien Adresse über- Laetitia Bonapartes Töchter. Verhältnißmäßig wenig Aussehen hat der in diesen Tagen er folgte Tod einer Großnichte der ersten Napoleon, Laetilia Wyse, der Tochter der schönen Laetilia Bouapartc und späteren Gemahlin des Generals Türr, erregt, deren Heimgang jedoch eine Fülle pikanter Erinnerungen an Laetilia Bouapartc und ihre Töchter wachrnft, von Kelche» Erinnerungen das „Wiener Tgbl." eftie Anzahl in einem interessanten Artikel znsammcnfaßt. Tic Mutter der Madame Türr war eine Tochter von Lucia» Bonapart, dem Bruder Napoleons I. Mademoiselle Laetitia Bona parle war als junges Mädchen vv» berückender Schönheit und eine glühende Verehrerin ihres großen Oheims, der damals auf dem Ei land St. Helena als Verbannter schmachtete. Keinem Fremden war es gestattet, den Boden von St. Helena zu betreten. Aber Eng- lcindecn und den Gattinnen von Engländern konnte man den Zutritt nicht verwehren. Prinzessin Laetitia erklärte nun kurz entschlossen, sic werde einem beliebigen Engländer die Hand reichen, der sich ver pflichte, einen Tag nach der Trauung mit ihr nach St. Helena z», reisen. Ei» wohlhabender Gcntleme» aus guter irischer Familie welcher der englischen Gesandtschaft in Rom bcigegeben war, Mr Wyse, ging auf diese Bedingung -ein; das Paar wurde in Rom ge traut. Einen Tag nach der Trauung traf der Courier — Tele graphen gab eS damals »och nicht — mit der Nachricht ein, Napoleon der Gro. c sei auf St. Hclcna gestorben. Nur kurze Zeit währte das friedliche Einvernehmen des jungen Ehepaares. Während dieser Zeit wurde ihm ein Sohn geboren. Unmittelbar darauf gingen die Beiden auseinander. Zwei Jahre „ach der Trennung genas Madame Laetitia Wyse eines Mädchens, welches die Taufnamen Maria Studolmine erhielt und, da es in der Ehe geboren war, berechtigt war, den Namen Wyse zu führen. Madame Laetitia Türr hat zwei Jahre nach der gerichtlich voll zogenen Ehescheidung der Prinzessin Laetilia Bonaparte vv» ihrem Gatten Mr. Wyse das Licht der Welt erblickt. Aber ihr Bruder, Mr. Napoleon Bonaparte Wyse, war ganz einverstanden damit, daß sie ebenfalls den Namen Wyse führte, und Napoleon III. hat sie immer als Verwandter anerkannt und ihr, so lange er regierte, eine Pension gegeben. Der Verstorbenen kann es zum Lobe nachgcsagt werden, daß sie «ie hat viel von sich reden machen. Sie war 17 Jahre alt, als sie mit Stefan Türr verheirathet wurde, der es vom österreichischen sendet worden. Der Vorstand der deutschen Schule in Johannes burg, deren Direktor vr. Weidner ein Eisenacher ist, hat deshalb dieser Tage ein Dankschreiben nach Eisenach gesendet, nach welchem die Bismarckbüste in der Turnhalle der deutschen Schul« in Johannes- bürg eine würdige Stätte gefunden hat. — Bei der bevorstehenden Flottendemonstration gegen uatemala, bei der der Kreuzer „Geier" Ordre erhalten hat, handelt es sich einer offiziösen Mittheilung zufolge um Geldanspriiche deutscher Staatsangehöriger, welche die Regierung von Guatemala durch ein ganz unbilliges Gesetz zu schädigen sucht. Kürzlich ist nämlich in Guatemala ein Gesetz gemacht worden, demzufolge Regierungsschulden, die vor dem 8. Februar 1898 liegen, in Zukunft nur noch in innere» Bonds gezahlt werden sollen. Da nun der Cours dieser innere» Bonds etwa 75 Prozent unter Pari steht, würden die Gläubiger, die Ansprüche an die Negierung vor dem ge dachten Termin haben, etwa drei Viertel glatt verlieren. Gegen diesen Versuch der Beraubung haben nnn der deutsche Gesandte und auch Vertreter anderer Mächte sich verwahrt, doch zeigte die Regierung von Guatemala zuerst gar kein Entgegenkommen und wollte sich auf Nichts einlasscn. Ncu'rdings scheint sie sich aber zu einer billigeren Auffassung der Lage zu bequemen, wenigstens hat sie bereits inso fern ein gewisses Entgegenkommen an den Tag gelegt, als sie eine von ihr gese.te Präklusivfrist für die Geltendmachung von Forder- ungen, die im Juli ablaufen sollten, bis in den Herbst verlängert hat. Außerdem lasse» »euere Nachrichten voraussehen, daß sie auch in der Hauptsache ihre» ersten Standpunkt nicht aufrecht erhalten, sondern mit de» fremden Vertretern in Verhandlung treten will. Man darf wohl mit Bestimmtheit von der Einsicht der Regierung von Guatemala erhoffen, daß die Angelegenheit nicht auf die Spitze getrieben, sondern den Forderungen der deutschen und anderen Gläubiger die ihnen zusteheude Befr edigung werden wird. Ausland. Oesterreich-Ungar««» Vor dem Lokale des Sokolistenvereins „Fügner" in Wien, der sein zehnjähriges Bestehen feierte, fände Kundgebungen statt, die bis früh drei Uhr dauerten. Die Sicherheitswache trieb die Demonstranten wiederholt auseinander und nahm 44 Verhaftungen vor. Ferner hatten sich in einet» Gasthause etwa 300 Studenten zu einer Kneiperei versammelt. Als sie »ach einiger Zeit „Die Wacht am Rhein" anstimmten, wurden sie von einem Polizcikonimissar zur Ruhe aiifgefordert; die Studenten ver> ließen darauf da- Lokal und demonstrirten auf der Straße durch Rufe. Die Sicherheitswache zerstreute die Ansammlung, ohne daß eS zu Zusammenstößen kam; Verhaftungen wurden nicht vorge- nommen. — Unter großer Betheiligung fand am Sonntag in Böhmisch-Lei'pa die Enthüllung eine- Dentinalsfür den im Jahr« 1894 verstorbenen Führer der Deutschen in Böhmen Schmeykal statt. Der Feier wohnten Verwandte Schmeykal's, zahlreiche Mitglieder des Reichs- raths und des Landtags, die Abgeordneten Pergelt, Funke und Schlesinger» der Bürgermeister von Leipa, die Bezirksobmänner Deutsch- Böhmens und Abordnungen von Vereinen bei. Frankreich. „Ganlois" will wissen, daß Menelik endgiltig beschlossen habe, 1900 Paris zu besuchen. Er will seine Enrvpa- reise mit einem mehrtägigen Aufenthalt in Athen beginnen, da Abessinien alte Beziehungen zu Griechenland hat. Spanien» Der Ausstand der Hochöfen-, BergwerkS- und Hafenarbeiter in Bilbao hat sehr großen Umfang ange nommen. Ueber 2000 Mann Truppe» mußten znsammengezogen werden und die Stadt und die umliegenden Ortschaften besetzen. Rußland. Der „St. Petersburger Herold" veröffentlicht eine» Artikel mit der Ueberschrift „Reichs- und Zeitungspolitik", n dem eS heißt: Unsere Diplomatie, dem erhabenste» Willen in Rußland folgend, be lustigt da- Wachsthnm freundschaftlicher Beziehungen zwischen Paris und erlin. Unsere Presse, d. h. eine Gruppe in ihr. behauptet, die Vorgänge in Bergen seien die Einleitung zu einer Aktion gegen Rußland. Ist e» möglich, sich einen heftigeren Widerspruch gegen die offene amtliche Friedens politik Rußlands zu denken? Mit vielem Vergnügen führten wir daher gestern an. daß die Moskauer „Wjedomosti" nicht, wie die „Nowoje Wremja" und die St- Petersburger „Wjedomosti" in diesen Widerspruch verfallen, andern sehr treffend bemerken, daß man sich der Bergen« Thatsachc von Herzen freuen muß. Dem leitende» Willen gehorchend, schloß unsere einsichts volle Diplomatie mit Oesterreich das Balkan-Uebercinkommen- Die segens reichen Folgen dieser Verständigung hätte» seither von politisch Farbenblinde» erkannt werden könne». Und wie verhält sich dazu ei» Theil unserer Presse? Er hielt nur kurze Zeit de» Athem an, dann aber brach er wieder jede Ge legenheit vom Zaun, um den Nachbarn vom Vertragsstaat Unchrlichkeit und politisches Ränkespicl anznsinncn. Noch heute beschuldigt die „Nowoje Wremja" Oesterreich eines unlauteren Verhaltens in Belgrad und behauptet, der österreichische Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski stehe hinter König Milan. Serbien» Am Sonntag wurde in Belgrad der Gymnasial- wofessor Milan Petrovitsch verhaftet. Der Journalist Steva Radoslawjewitsch wurde aus Serbien ausgewiesen, angeblich weil er in serbischen Blättern aufreizende Artikel veröffentlicht habe. — Im Beisein Mitan's empfing König Alexander 2000 Theilnehmcr zählende Huldigungsdeputationen aus den Kreisen Timok, Pozarewac, Semendria und Schabatz. Der König versicherte sie seiner Gewogen heit n»d forderte sie aus, daran mitzuwirken, Serbien von de» Feinden des Landes und der Dynastie zu befreien. Umschau im Lande. — Brettnig. Am Sonnabend Abend 7 Uhr ging hier ei» heftiges Gewitter nieder. In Kleinröhrsdorf schlug dcr Blitz in da» Gehöft des Gutsbesitzers Eisvld und, äscherte die Scheune desselben ei». — Bei de», am Sonntag Nachmittag ziemlich heftig aufgetreienen Gewitter wurde in Lotzdorf bei Radeberg eine Scheune vom Blitze entzündet und vollständig eingeäschert. Ebendaselbst wurden dem Gutsbesitzer Petzsch drei Kühe vom Blitz erschlagen, während in Kleinröhrsdorf die Pfarrscheune durch Blitzschlag ein Opfer der Flammen wurde, Da» Gewitter war theilweise von heftigem Hagel schlage begleitet. — Ammberg. Der 15. sächsische Fcueuvehrtag wurde am Sonnabend nach 11 Uhr Vormittags eröffnet durch den Ehren vorsitzende» des Zentralansschnsses, Bürgermeister Wilisch - Annai erg mit einer herzlichen fBegrüßmig der in der schönen, geräumigca Turnhalle a» der Parkstraße versammelten zahlreichen Fest- und Ehrengäste. Das Hoch auf den König, den hohen Protektor dcr achsischen Feuerwehren, bildete den Schluß der sympathisch berühren den Eröffnungsrede des Hcrrn Bürgermeisters. Alsdann erfolgte, während die Stadtkapelle konzcrtirte, ein Nundgang durch die reich- ha tige, wohlgelnngene Ausstellung. Um 4 Uhr begann dcr Feuer wehrtag seine geschäftlichen Bcrathungcu. Dieselben leitete der Vor sitzende dcs Landesansschusses, Herr Branddirektor Weign » d-Chemnitz, Feldwebel bis zum Gcneraladjutantcn des Königs von Italien ge bracht hat. Von ihrem Gatten, der mit seinem Schwager Mr. Napoleon Bonaparle Wyse die ersten Vorarbeiten znm Panamakanal gemacht, später de» Franzenskanal und in Budapest die Donau- Propeller gebaut hat und dessen letztes Werk es gewesen ist, daß er es unternommen hat, mit Hilfe des Hauses Cohn-Reinach, dessen Ches der bekannte Baron Reinach gewesen ist, die Landenge von Korinth zu durchstechen, ist viel mehr gesprochen worden, nnd wohl immer i» gutem Sinne. Viel abenteuerlicher als das Leben der Madame Laetitia Türr, deren Profil übrigens auf den ersten Btick sofort die Verwandt schaft mit den Vvnapartcs verrieth, gestaltete sich das ihrer ällere» Schwester, der Mademoiselle Marie Studolmine, oder, wie sie sich stets nannte, der Prinzessin Marie Wyse-Bonaparte. Sie hatte die Schönheit vvn ihrer Mutter geerbt, und ihr Bruder Mr. Napoleon Bonaparte Wyse sorgte dafür, daß ihr die Miitel zu einer be scheidenen Existenz nicht fehlten. Aber eine bescheidene Existenz war nicht nach ihrem Geschmack. Sie vermählte sich mit dem Soh.e eines reichen Fleischhauers ans Straßbnrg Namens Solmes und nannte sich dann Prinzessin Marie Wyse-Benapartc-Solms. Die deutsche Familie dieses Namcns protestirte vergeblich gegen diese Usurpation. Ihr Gälte, ein sehr anständiger, wohlerzogener Mann, hat sein eheliches Glück nicht lange genossen; der Gram über die Extravaganzen seiner Gattin hat ihn frühzeitig unter die Erde ge bracht. Tic Witlivc lebte daun weiter in Paris, von ihrem Vetter Napoleon reichlich nnterstützt. Aber ihre Lebensweise vercnilaßte Napoleon III., sie, ohne ihr die Unterstützung zu entziehen, aus Paris ansznweiscil. Als Prinz Napoleon Bonaparte seine Hochzeit mit der Prinzessin Clötide, der Tochter des Königs Victor Emanuel von Sardinien, feierte, befand sich Madame Solmes gerade in Turin. Die vielen Skandale, in die ihr Name bereits verwickelt gewesen war, hatten zur Folge, daß sie keine Einladung zu dem Balle erhielt, der un mittelbar vor der Hochzeit im königlichen Palast statlfand. Aber Madame Solmes kannte unter Anderen einen jungen amerikanischen Legationssekretär, der selbstverständlich eine Einladung zum Balle erhalten hatte, Als Madame Solmes ihn fragte, ob er sie auf den Ball begleite» wolle, antwortete er ahnungslos, er werde sich glücklich schätzen, dies thun zu dürfen. Das Befremde», welches das Er scheinen der Madame Solmes auf dem Balle erregte, kau» man sich denke». Der Obersthosmcister des König-, ein alter, würdiger Herr, mußte sich nun der peinlichen Mission unterziehe», Madame Solme» zu ersuchen, freiwillig und ohne Geräusch den Saal zu verlassen. „LI, kisn", erwiderte sie, „aber vorher werden Sie die Freundlichkeit habe», an meinem Arm und in eifrigem Gespräch mit mir zweimal eine Promenade durch sämmtliche Appartements zu machen." Dcr Unglückliche mußte um der lieben Ruhe willen auf Alles eingehen, und alle Welt zerbrach sich den Kopf, was denn dcr alte Herr so cisrig der Madame Solmes zu erzählen habe, der doch nach der all gemeinen Annahme dcr Zutritt zum Hefe versagt war. An der Thür sagte sie »och laut: „Mein lieber Graf, ich kann die Hitze nicht er tragen, ich muß jetzt nach Hanse." Später lvckte Madame Maria de» alte» Ratazzi in ihr Netz. Sie hat dem armen alte» Staatsmann manchen böscn Tag bereitet. Sie ist eine geistvolle Frau, und sie schreibt gern und viel und iuimcr boshaft. Besonders gern spritzt sie ihr Gift gegen ihre lieben Ver wandten aus dein Hanse Vvnaparte ans, sv sehr sic auch ihre Zu- gihörigkeit zu dieser Familie betont. Dcr bekannte italienische Staats mann Marquis Pepoli stand durch seine Mutter, eine Tochter de» Königs Mnrat nnd der Schwester des großen Napoleon, diesem Hanse nahe. Er war mit einer Prinzessin Hohe»zoller»-Sigi»ari»ge» ver mählt und machte kein H.hl daraus, daß ihm die tollen Streiche dcr Madame Ratazzi nicht gerade znsagten. Madame Ratazzi griff nnn zur Feder und schrieb einen Noma», d.r voll war vvn Verleumdungen gegen den armen Marquis. Dem beleidigten Staatsmann blieb weiter Nichts übrig, als den Gatten dcr Uebelihäteri'n zu fordern; übrigens ist ihm ebensowenig etwas qe- schehe», wie seinem Gegner. Madame Marie hat auch ihren zweiten Gatten überlebt. Sic hat dann einen spanischen Jonrnalisten geheirathet, einen Sennor Sinter den ebenfalls bereits das Grab deckt. Prinzessin Maria Bvnaparte > Wyse - Solms - Ratazzi - Rnt« ist schon recht alt; aber sie wird doch »och viel von sich rede« machen. Mr. Napoleon Bonaparle Wyse ist, wie sein Vater, ei» nutz- lichcr Mann geworden. Man hat von ihm nur gehört, wen» e» sich darum handelte, etwas Tüchtiges zu schaffen oder seinen An gehörigen unter die Arme zu greifen. Man weiß kaum» ob er »och lebt, oder ob er schon gestorben ist» wie seine Schwester Laetiti«. Von nützliche» Menschen wird nicht so viel gesprochen. 7>?7,
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