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Aus Bromberg vom 15. August berichtet das Vereinigte ArtiSblatt für Bromberg und Wirst- Folgendes: „Am Sonnabend, den 11. Aug., Nacht« 11'/, Uhr, ging-er Lieutenant v. W. durch die Conditorei des Hrn. Hacker, um den Weg nach seinem Zimmer zu nehmen, da er vermuthlich den Hausschlüssel vergessen hatte. Derselbe ließ die Thüren aufstehen, weshalb ihn Hacker ersuchte, solche zu schließen. Hr. v. W. antwortete mit einer Schimpsrede, worauf Hacker mit einer noch gröbern entgegnete. Kurze Zeit darauf erschien Hr. v. W. in Begleitung des Lieutenants v. D., welcher letztere mit gezogenem Degen zur Deckung des Rückens an der Thür sich postirte, da noch mehrere Gäste anwesend waren. Herr v. W. ging hierauf mit gezogenem Degen auf Hacker los und hieb demselben mehrmals nach dem Kopf, worauf sich beide entfernten. Da Hacker stark blutete, mußte nach einem Arzt geschickt werden, welcher die Wunden verband. Wir enthalten uns aller Betrach tungen, ciliren aber die berühmt gewordene, vom hochseligcn König Friedrich Wilhelm III. an das Militär erlassene Cabinetöordrc: "Ich habe sehr mißfällig entnehmen müssen, wie besonders junge Offiziere Vorrang vor dem Civilstand behaupten wollen. Ich werde dem Militär sein Ansehen geltend zu machen wissen, wo cs ihm wesemlichen Vortheil bringt, auf dem Schauplatz des Kriegs, wo es seine Mitbürger mit Leib und Leben vcrtheidigcn soll. Allein im übrigen darf sich kein Soldat, weß Standes er auch sei, unterstehen, Hnen der geringsten Bürger zu brüskiren; denn diese sind es, nicht ich, welche die Armee unterhalte»; in ihrem Brote steht daS Heer der meinen Befehlen auvertrautcn Truppen, und Arrest, Cassation und Todesstrafe werden die Folgen sein, die jeder Contravcnient von meiner unbeweglichen Strenge zu erwarten hat. Aus Venedig vom 10. Aug. schreibt man der Wiener „Presse": „Reisende ans dem Kirchenstaate schildern die Lage daselbst mit den düstersten Farben und bezeichnen den AuSbruch eines groß artigen Aufstandes als unvermeidlich und nahe bevorstehend. Das ganze Land soll von fremden Emissären strotzen und die Bevölkerung eine der Regierung gegenüber so offen feindselige Haltung cinnehmen, daß an einer allgemeinen Erhebung derselben im Fall einer revo lutionären Bewegung von außen nicht zu zweifeln sei. General Lamoricivre habe zwar sehr viel für die Organisation der Armee und die Vertheidigungssähigkeit des Landes gethan; doch seien seine Kräfte viel zu gering, viel zu schwach, um einen Anprall von außen auszuhalten. Der Papst soll jedoch entschlossen sein, Rom unter keinem Vorwande zu verlassen, und alle Versuche, ihn zu einer Verlegung seiner Residenz nach dem befestigten Ancona zu be wegen, sind bisher fruchtlos geblieben." In Ham wurde in den Materialmaarenhandlungen, Tapeten fabriken, Gasthöfen und Schenkwirthschaften ans höhere Verfügung durch den Bürgermeister und Kreisphyficus eine Untersuchung von Arsenik enthaltender grüner Farbe vorgenvmmen, Theile bereits auf geklebter Tapeten in den Gast- und Schenkwirthschaften und den jenigen Zimmern, in welchen Gäste ausgenommen zu werden pflegen, abgelös't, couverlirt, versiegelt und mit dem Namen des Wirthes beschrieben, um chemisch untersucht zu werden. Aus Neapel vom 9. August wird der Augsburger Allgemei nen Zeitung geschrieben: „An den Straßenecken findet man von Zeit zu Zeit Plakate mit der Aufschrift: „Nieder mit Franz II.", während das Porträt Garibaldi's öffentlich verkauft und colportirt wird. — Der Diavoletto begleitet die Nachricht vom neuesten An griff auf Calabnen von seilen Garibaldi's mit folgenden Worten: „Die großmüthigen Söhne Italiens, geeinigt unter der Fahne des heldenmüthigen Nizzarden, kennen keine Hindernisse, wenn cs sich darum handelt, für das Vaterland und für die Freiheit zu kämpfen. Ein Gott führt sie und gießt in sie seine Allmacht aus !" Die Ungewißheit ist wirklich eine namenlose. Der Krieg vor den Thoren; kein Morgen ist sicher, keine Nacht geheuer; dies ist der wahre Zustand Neapels. Sardinien. Die Turiner Militärzeitung macht folgende An deutung über die piemontestschen Rüstungen: „Frankreich bat Sar dinien zu ermäßigten Preisen 50000 gezogene Büchsen abgetreten; es wird noch mehrere abtreten, sowie auch eine Anzahl gezogener Kanonen schweren Kalibers nebst Kugeln und Munition. In Schweden, Belgien und England sowie in mehreren namhaften Waffenfadrikcn des übrigen Europa wird für Rechnung Sardiniens gearbeitet. Auch die sardinischen Stückgießereien haben bedeutende Aufträge, während lombard. Fabrikanten Laffetten, Karren;c. liefern. In einigen Monaten ist die Artillerie gänzlich nach dem neuen Muster versehen. Ferner werden drei neue Brückencquipagen gebaut; die Magazine sind gut versorgt, Infanterie und Cavalerie trefflich or- ganifirt. Die Artillerie ist mit 28 Batterien, die in acht Regimen ter vertheilt find, versehen. Bologna war zu einem neuen Waffen platz erhoben, Piacenza erhielt neue Werke, und auch die Festungen zweiten Ranges sind wohlversehen. Dies alles sowie eine gänzliche Umbildung der Militärverwaltung ist in fünf Monaten geschehen. In den Patronen- und Zündhütchenfabliken wir Tag und Nacht gearbeitet. Das HauS Montu und Comp. liefert 10 Mill. Zünd« Hütchen; Grondoni, Mjani und Zambelli in Mailand haben bereit» 100 schwere Lafetten geliefert und 100 andere in Arbeit. Ebens» ist der Marineminister thätig." London. Der hier eingetroffcne, unter Garibaldi dienende englische Capitän Edward Styles veröffentlicht folgenden Brief Garibaldi's aus Milazzo vom 2. d. M.: „Capitän Edw. Style» begiebt sich mit meiner Ermächtigung nach England. Sein Zweck dabei ist, denjenigen Freiwilligen, die hierher kommen wollen, um für die Freiheit dieses Landes zu feckten, Rath und Beistand zu ertheilen. Das edle und tapfere Benehmen derjenigen Engländer, die mit uns die Gefahren und Ehren dieses Feldzuges getheilt haben, bestimmt mich, ihm diese Verantwortlichkeit zu übertragen." — Dazu bemerkt der genannte Capitän, daß er bereit ist, jede Auskunfj zu geben, wenn Jemand zu dem Heere Garibaldi's zu stoßen Lust haben sollte, namentlich freiwilligen Schützen und ge dienten Militärs, und daß es Garibaldi's sehnlicher Wunsch sei, so viele Engländer als nur möglich um sich zu haben. — Unter der Ucberschrist „Die Lage Rußlands" bringt da» Morning Chronicle an der Spitze seines Blattes Folgendes: „Es liegen uns Depeschen aüS Petersburg vor, die aufs Zuversichtlichste davon sprechen, daß die Intervention der fremden Mächte sich auf die europäischen Provinzen der Türkei erstrecken werde. Ein Corps von 30000 Manu steht gegenwärtig in Beßarabien; andere Corps befinden sich in der Nähe, durch welche die Armee am Pruth auf 75—8000O Mann gebracht würde. Bereits ist Lüders zum Com- mandanten ernannt. Die Soldatcn sind wohlgeschult uud voll Eifer, das vergossene Christcnblut zu rächen und die Ehre der russischen Armee wiederherzustellen. Dieselben Depeschen erwähnen noch, daß der Kaiser im Begriffe stehe, seine polnischen Pro vinzen zu besuchen, wohin ihn Fürst Goitschakoff und andere seiner Minister begleiten werden. Er wird im September Deutschland besuchen und dann nach Warschau gehen, wo sich eine zahlreiche Versammlung russischer Staatsmänner und Diplomaten cinfinden wird." Warschau, im August. Die Ankunst dcs Kaisers in Warschau ist nun bestimmt für die erste Hälfte des Monats September an- gckündigt. Unterwegs wird sich der Kaiser namentlich in Wilna aushalten, wo auf Verlangen des Generalgouvcrneurs Nazimoff ein Bürgerball stattfindcn wird, dessen Kosten auf 300,000 Gulden (polnisch), veranschlagt "sind. Mit den Vorbereitungen zu diesem großartigen Feste befaßt sich besonders Fürst Oginski, der auf eigene Kosten einen Saal bauen läßt und hierfür eigens einen Architelten aus Berlin kommen ließ. Bei dieser Gelegenheit wird auch die Eisenbahn von Wilna nach St. Petersburg eröffnet werden. Ucbelstände unter den arbeitenden Classen. Unter dieser Aufschrift bringt die „Rhein-Lahn-Ztg." folgende beachtenswerthe Bemerkungen eines Landwirthcs, die zunächst den Arbeitern auf dem Lande gelten, aber ebenso auf alle andern an wendbar find: „Viele verdorbene Ehen unter der arbeitenden Elasse rühren daher, daß die jungen Leute während ihres ledigen Standes nicht sparen gelernt haben. Denn dies bringt einen doppelten Nachtheil: einmal den, daß sie ohne alle Mittel ihren Haushalt beginne», und dann den andern, daß sie gewöhnt find, von der Hand zum Munde zu leben. Hauptsächlich herrscht jene üble Gewohnheit bei der männlichen Jugend, obgleich gerade diese am meisten Geld verdient und deshalb auch am ersten im Stande ist, einen Sparpfennig für die Begründung eines eigenen Haus haltes zurückzulegen. Aber daran wird gar häufig nicht gedacht. Es ist nichts Seltenes, daß auf dem Lande ein Knecht oder sonst ein junger Arbeiter auf Einer Kirchweih sein mit großer Mühe Erworbenes durchbringt; denn „man lebt ja nur einmal," wie es in einem oft gehörten Volksliede heißt! Und bei den Handwerks gesellen gilt gar häufig das: „Was das Fechten bringt, durch die Gurgel rinnt", und zwar ist dies in vielen Gegenden Deutschlands die herrschende, obwohl den Gebildeten wenig bekannte Sitte, wel cher der Bessere nur durch eine ungewöhnliche Willenskraft zu wi derstehen vermag. Wir sind zwar weit entfernt davon, der Jugend der arbeitenden Classen ihr Sonntagsvergnügen verargen zu wollen, aber es muß dies stets Nebensache sein, während die gewerbliche und geschäftliche Ausbildung immer die Hauptsache, mithin auch das Hauptvcrgnügen bleiben muß. Verhält sich dies aber so (wo ran kein Vernünftiger zweifeln wird), so folgt daraus, daß die aus die Zwecke des Vergnügens zu verwendenden Geldsummen nur die Nebenausgabe des jungen Arbeiters bilden dürfen, während der größte Theil des Verdienstes für bleibende Zwecke verwendet oder reservirt werden muß. Wenn der Arbeiter hiernach sein Budget