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welche eine Trag-und Durchschlagskraft bis zu 1400 Schritt haben, sollen sich äußerst gut bewähren. Aus Stuttgart vom 28. Juli schreibt man dem „Bund": „Die Jesuiten scheinen große Stücke auf die schwäbische Naivetät zu halten. Dieselben kommen aus Italien wie Heuschreckenschwärme im schwäbischen Oberlande an und sammeln sich vorläufig in dem Sigmaringen'schen Kloster Gorheim. Sie leben aber nichts weni ger als in klösterlicher Zurückgezogenheit, sondern durchstreifen von dort aus das Land nach allen Richtungen, um das Volk auSzu- beuten. ES kommt einem fast vor, als sei für das große Deutsch land jene Zeit im Anzuge, wie sie die kleine Schweiz in den vier ziger Jahren erlebt und überwunden hat. Die ultramontancn Anmaßungen machen sich mit einer Frechheit, namentlich in Süd- dcutschland, geltend, als hätte die vielgerühmte deutsche Gcistcs- cultur gar nie existirt. Das benachbarte Baden hat jenen Anma ßungen bis jetzt glücklich widerstanden; ob dies auch in anderen Staaten der Fall sein wird, muß die Zukunft lehren. Bei dem Sängerfest in Coburg wurden folgenden Männern in Gegenwart des Herzogs von weißgekleideten Jungfrauen Ebrcn- kränze und Ehrendiplome überreicht: Becker und Brand aus Würz burg, Grobe und Emmerling aus Nürnberg, Pranz aus Fürth, Gröner aus Schleiz, Wandersleb und Müller von der Werra aus Gotha, Schneider anö Schweinfurt, Schmölzer ans Steiermark, Tschirch aus Gera, Nagillcr und Vogel aus München, A. Zöllner aus Meiningen, C. Zöllner aus Leipzig, Keller aus Suhl und Graser aus Bayreuth. '' Wien, 3. August. Die österreichische Staatseisenbahngesell schaft hat ihre Beamten in Kenntniß gesetzt, daß die Gesellschaft keine andern Frachtbriefe zum Gebrauche des Publikums bereit hält, als solche, welche in deutscher Sprache abgesaßt sind. Wenn Jemand Frachtbriefe iu böhmischer, ungarischer oder in einer andern Sprache benutzen will, so müssen dieselben auch den gleichen deutschen Text enthalten, welcher von der Gesellschaft für ihre Frachtbriefe vorgeschrieben ist und sie müssen auch ebenso ausgefüllt werden. Hamburg. Die deutschen Gerber wollen ihre 14. Jahresver sammlung vom 20.—22. August in Hamburg abhalten. Die Stadt Zürich hat dem Professor Köchly das Bürgerrecht verliehen. Pariö, 3. August. An der Börse wurde Folgendes officiell angeschlagen: „Alle Mächte sind einverstandeil bezüglich der Be dingungen einer europäischen Intervention in Syrien. Die Cou- ferenz wird sich um 3 Uhr versammeln, um unverzüglich die Aus führung der gemeinschaftlich festgestellten Maßregeln ins Werk zu setzen." Italien. Die Agenten Garibaldi's haben den Engländern wieder ein schönes Schiff für 8000 Pfd. St. abgekauft. Es ist das Dampf schiff „London," welches zum Passagierdienst zwischen Brighton und Dieppe bestimmt war. Es wird fortan den Namen „Garibaldi" führen; und wirb nun Garibaldi's Marine aus vier in England gebauten Schraubendampfern von 300 Pferdekraft: „Garibaldi", „Helvetien", „Amsterdam" und „Belzunze", und aus zwei Schlepp dampfern bestehen, abgesehen von den Hilfsmitteln, die ihm aus der neapolitanischen Marine kamen, und von denen, welche Sicilien uls solche bot, so wie von denen, die als Transportmittel ihm die Dampfer bieten, welche die regelmäßigen Fahrten zwischen Messina und Palermo einer- und Livorno und Genua andererseits einhalien. Eine An zahl neapolitanischer Marineoffiziere, die ihren Abschied in Neapel genommen, ist bereits in Palermo angekommen und hat sich dem Dictator zur Verfügung gestellt. Sie treten als Freiwillige ein, werden aber je nach Fähigkeit und Bebürfniß sogleich einrangirt. — Garibaldi's Heer besteht gegenwärtig aus folgenden Abthci- lungcn: 1) Vollständig bewaffnete, eingeübte Feldtruppcn: 3 Linien brigaden, jede zu 4 Bataillonen (1. Brigade unter Bixio, 2 Brigade unter Medici, 3. Brigade unter Cosenz), 4 Bataillone Aetnajäger, 1 Compagnie Genueser Jäger, 2 Batterien Artillerie, 1 Geniebataillon, 1 Schwadron Guiden, 2 Elitebataillone Alpenjäger, 1 Bataillon „Söhne der Freiheit" (Fremdenlegion, 900 Mann stark, unter dem englischen Obersten Dünne). 2) Truppen, die in einigen Tagen vollständig organisirt sind: 4. und 5. Linienbrigade; 1 Regiment Cavalerie unter Lacerda; das S., 6., 7., 8., 9. und 10. Bataillon Aetnajäger; die 3. und 4. Batterie Artillerie. Ferner hat Gari baldi: 200 Polizeigardisten, 1 Schwadron „Waffengefährten", da zu kommen die Milizbataillone 1. Klasse (mobile Nationalgarden tn Blouse). Begonnen ist ferner die Bildung eines zweiten Cavalerie- regiments und der S. Batterie Artillerie. — Die Bewegung in Italien trägt viel zur Evangelisirung des Landes bei. Ueberall bilden sich evangelische Gemeinden. Ein Deutscher schreibt darüber: Ein neues Werk beginnt eben jetzt in der Romagna. Kaum war dieser Tbcjl deS^KirchenstaateS Sardi niens einverleibt, so packte einer unserer Colporteure seine Bibeln zusammen, reiste nach Bologna und schlug seinen Tisch vor der Hauptkirche auf öffentlichem Platze auf. Er wartet nicht, bis die Leute kommen und seine Waare anschen, sondern ruft laut und vernehmbar, besonders wenn ein Priester vorbcigcht: „Die heilige Schrift mit Karten vom gelobten Lande!" und preist den Leuten das Lesen derselben aus göttlichem Befehle an. Die Lente kommen, thnn Fragen, widersprechen auch; cs entstehen Reden und Gegen reden. Er verkauft viel und versammelt 3 Mal in der Woche 12 Per sonen in seiner Wohnnng zur Erbauung auS der Schrift. Palermo, 24. Juli. Castiglia ist gestern mit den letzten Fischerbarken, die für eine von Garibaldi beabsichtigte Expedition bestimmt sind, abgegangen. Die Zahl derselben beläuft sich auf nahe an Tausend; auch größere Schiffe und Kanonenboote nahmen daran Theil. London. In der am 3. Ang. stattgefundenen Sitzung deS Unterhauses machte Lord John Russel folgende Mitlheilung: Es sei nunmehr in Paris von den Gesandten der Großmächte ein Pro tokoll abgcfaßt worden, welches constatirt, daß die übrigen Mächte auf die Requisition der Pforte 12,000 Mann Soldaten, wovon Frankreich die Hälfte stellen werde, nach Syrien schicken sollen. Die Dauer ihrer Hilfeleistungen solle sechs Monate nicht über schreiten. Sodann sei ein zweites Protokoll unterzeichnet worden, worin die Psorte zur Ausübung ihrer im Jahre 1856 einge gangenen Verpflichtungen aufgcsordert und zugleich constatirt werde, daß daraus kein Jntcrvcntionsrecht für die Zukunft hergeleitet werden solle. Später gab Lord John Russell noch die Erklärung ab: Die Einberufung einer Coufcrcnz wegen der savoyschen Frage werde von Rußland und Oesterreich verworfen. Wenn diese Mächte ihre Verwerfung nicht zurückzögen, so müsse allerdings anderes Arrange ment getroffen werden. In Kopenhagen ist der zehnte Jahrestag der Schlacht bei Idstedt mit Belustigungen aller Art begangen worden. Die Haupt- belustignng war, daß mehrere dänische Waffenbrüder tapfer mit dem Mund gegen das übermüthige Deutschland fochten und daß ein Redner sogar meinte, der Tag werde auch von den Deutschen ge feiert, wahrscheinlich deshalb, weil sie nicht genug Prügel erhalten hätten. Am Eingänge des azow'schen Meeres legt Rußland gewaltige Festungen au. Kertsch soll ein zweites Gibraltar werden. Es arbeiten täglich au 8000 Mann. Kanonen des schwersten Kalibers sind bereits eingctrofsen. Belgrad, 27. Juli. Hier eingelausene Berichte melden, daß in der Herzegowina 19 Emissäre mit aufrührerischen Schriften er griffen worden sind; 10 davon sollen sogleich erschossen und 9 nach Mostar gebracht worden sein. Konstantinopel, 2. August. Der Generalgouverneur von Damaskus, Ahmed Pascha, ist hier angekommen. Er ist seine« Ranges entsetzt und nach Syrien zurückgeschickt worden, um vor Gericht gestellt zu werden. Der Gouverneur von Beirut, KurM Pascha, ist verhaftet. Aus Smyrna meldet die Triester Zeitung: Die Lloyd« uad Messageriedampser, welche in den letzten Tagen aus Beiruth hi« eintrafen, haben uns ganze Schaaren flüchtiger Maroniten, Griechen, europäischer in Syrien angcsiedelter Kaufleute, Mönche, Geistliche und Nonnen zugeführt. Nachdem nuumehr 150 größere und kleinere von Christen bewohnte Ortschaften zerstört, über 10,000 Wittwen und Waisen am Hungertuche nagen, gegen 75,000 Personen theils heimathlos umherirren, ihrer Habe beraubt und der bittersten Noth preisgegeben, wurde auf Veranlassung der türkischen Behörden zwischen Drusen und Maroniten eine Art Friedenscomödie in Scene gesetzt, welche mit dem Refrain schließt: es solle fortan Alles ver geben und vergessen sein. Es ist Zeit, daß man cs wisse in Europa, daß nur eine energische, durchgreifende Genugthunng von nachhal tiger Wirkung sein kann. In Nordamerika fällt die Weizencrndte überaus reichlich auS. Auch für die Baumwolle stehen die Aussichten sehr erfreulich. Die Gesammt-Bevölkerung der Vereinigten Stüaten von Nordamerika beläuft sich nach der neuesten Zählung aus 29,395,577 Seelen, darunter befinden sich 7,461,724 Deutsche. New-Jork, 22. Juli. Der „Great-Castern" wird, New- Uorker Berichten zufolge, schon am 16. August nach Europa zurück» lehren, um wahrscheinlich später seine regelmäßigen Passagierfahrten zu beginnen.