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d» dir Nachmittag« r Uhr für die nächst- «schraeude Nummer angenommen. « Freiberger Anzeiger --7-^ und gespaltene Zesseod« der« Raun mit 5^ Tageblatt. Amtsblatt -es Künigl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie -er Königl. GenchtsSmter , un- -er Sta-trathe zu Freiberg, Say-a un- Kran-. Sonnabend, den 7. August. 1858. 181 Johann Rivius' Leben. Dieser um das evangelische Kirchen- und Schulwesen hoch verdiente Mann ward den 1. August 1500 zu Attendorn, einem — jetzt 1600 E. zählenden, — Städtchen in der preußischen Provinz Westphalen (Regierungsbezirk Arnsberg) geboren. Sein Vater hieß Christian, seine Mutter Margarethe Dachmann (lat. Rivius), nicht unbemittelte und unter ihren Mitbürgern sehr geachtete Leute. Frühzeitig sorgte der gewissen hafte Vater für eine gute Unterweisung seines Sohnes in den Wissenschaften und war dabei glücklicher, als man es in der damaligen Zeit und bei der Unbedeutenheit Attendorns erwar ten durfte. Dieses Städtchen besaß in seinem Oberpfarrer, Tiloman Mullins, einen höchst gebildeten Mann, der es nicht gleichgültig anschen konnte, wenn talentvolle und wißbegierige Jünglinge ohne Unterricht verkümmerten. Er scheuete daher die Mühe nicht, neben seinen zahlreichen geistlichen AmtSgeschäftcn täglich zu unterrichten und den Bewohnern Attendorns mit Ruh und That bei der Wahl tüchtiger Lehrer bcizustehen. Dieser ächte Seelsorger unterwies den jungen Rivius im Latemftchen und Griechischen, und der eifrige Schüler arbeitete mn solcher Anstrengung, daß seinen Aeltern für die Gesundheit ihres nicht eben kräftigen SohneS bangte. Nur auS Liebe zu ihnen zügelte dieser Letztere die Gluth seiner ungestümen Wiß- dezierdc, indem er sich, auf Tiloman's Rath, häuslichen Ge schäften unterzog, bei dem Lesen nicht blos saß, sondern auch umherging oder stand, und indem er nach dem Frühstückt und dem Mittagsessen im Hanse seines Lehrers von seinen Studien sich erholte. Bald aber nahm Tiloman, durch des jungen Rivius aus gezeichnete Anlagen bewogen, seinen hoffnungsvollen Schüler nebst etlichen anderen Jünglingen völlig in sein Haus auf und setzte für Arbeit,'Körperpflege und Erholung eine bestimmte Ordnung fest und nahm selbst an den Spielen seiner Schüler Theil, um, seiner Würde unbeschadet, sein Alter zu erheitern und sich wieder zu verjüngen. Lectürc griechischer und lateinischer Schriftsteller, Fertigung von poetischen und prosaischen Auf- sätzm und besonders Musik und Gesang bildeten die vornehmste !! Beschäftigung in dieser Privatanstalt Tilomans. Das öffent liche Lehren hatte er aufgeben muffen, weil das Lesen heidnischer ! Dichter in Schulen für Ketzerei galt und die griechische Sprache selbst verabscheut wurde, weil die griechische Kirche nicht in allen Stücken mit der römischen übereinstimmte. Ebenso hielt man eS für etwas Unziemendes, wenn ein Priester in niederen ) Schulen unterrichtete, obgleich sich die Genossen des geistlichen Standes damals nicht schämten, sich den größten Schwelgereien und Ausschweifungen hinzugeben. Von seinem greisen Lehrer tüchtig vorbereitet, bezog unser Rivius dir Hochschule zu Köln, wo er sich des Unterrichts und der besonder» Freundschaft deS Matthäus Phriffemius erfreute, nach dessen Vorgänge und Anrathen er von dem Studium der Gottes- und der Rechtsgelehrsamkeit absah und sich dem der!! WeltweiSheit und der alten Sprachen widmete. Phrlssemius i nämlich hatte zu seiner Zeit, nach vollendeten theologischen , Studien, um theologische Würden nachgesucht, war aber auS ! dem Grunde abgewiesen worden, weil er für einen Kölnischen GotteSgelehrten oder für einen Christen, wie man ihn damals haben wollte, in Sprachen und Wissenschaften zu gelehrt wäre. Späterhin übernahm Rivius in Köln selbst ein Lehramt, bekleidete dasselbe rühmlichst ungefähr 3 Jahr und durchwan» derte dann, die Bibliotheken derselben durchforschend, die vor» züglichsten am Ober-Rhein gelegenen Städte. Im wtiteren Verfolge dieser Reise kam er nach Leipzig und in dieser Stadt, vermöge seiner hohen Bildung, sofort in Verbindung mit den dortigen Gelehrten. Gerade damals, i. I. 1526, ! suchte der Rath zu Zwickau einen Lehrer für das dortige be- rühmte Gymnasium, in welchem man, neben der lateinischen und griechischen, auch die hebräische Sprache lehrte. In Zwickau verehelichte sich Rivius mit Anna Brrenwald und verblieb daselbst 7 Jahre. Hierauf eröffnete er 1533 eine neue Schule zu Annaberg, wo er zwar einen JahreS-Ge- halt von nur 60 rheinischen Goldgülden bezog, allein vermöge ; des Honorars, welches ihm sein Privatunterricht eintrug, ein reichliches Einkommen hatte, das er jedoch durch unglückliche Bergwcrksunternehmungen, in welche er sich einließ, wieder gr» schmälert sah. Rivius erklärte vornehmlich den Cicero, Terenz, Virgil und Oois, ging genau auf die eigentliche Bedeu tung der einzelnen Wörter und Sätze ein und richtete sich bei der Lectüre der klassischen Schriftsteller nicht ksowohl nach der Zeit, als nach der Fassungskraft seiner Schüler, welchen er ge rade durch dieses ächt pädagogische Verfahren wahre Siebe zu den Wissenschaften einflößte. Während er sich nun durch seine Gelehrsamkeit und seine gewissenhafte Amtsführung die Sichtung und Liebe der ausgezeichnetsten Männer in Annaberg erwarb, zog er sich eben dadurch den Haß und Neid der unwissen den Priester zu, die ihn bei dem Herzoge Georg dem Bär tigen von Sachsen verdächtigten und ihm auf jede andere Weise zu schaden suchten. Der Wüthendste unter diesen Fana tikern war der erste Geistliche, 51. Johann Zeidler, ein warmer Freund und früherer College des berüchtigten Ablaß krämers Tezel, welcher es dahin Erachte, daß sich RiviuS in Dresden gegen die ihm gemachten Vorwürfe vertheidigrn mußte, ungeachtet dessen, daß er anerkanntermaßen ein Mann war, welcher, bei tadelloser Sittenreinheit, Tugend und Frömmig, keit nicht blog lehrte, sondern auch an sich selbst zeigte und bewährte. Mitten indem Johann Rivius daS von ihm in Annaberg erkaufte Haus weiter auSbauen ließ und daher in dieser Stadt für immer verweilen zu wollen schien, veräußerte er plötzlich sein Besitzthum und zog 1535 nach Marienberg, wo er nur dadurch von seinen bisherigen Anstrengungen und den von den Römlingen erlittenen Anfechtungen auSruhete, daß er weniger Schüler, als seither, unterrichtete. Als aber der berühmte evan gelische Theolog, CaSpar Cruciger, auS Wittenberg in Geschäften nach Marienberg gekommen war, forderte derselbe unsern RiviuS auf, sich lieber dem allgemeinen Wohle zu wid men, als der Bildung Weniger, nahm ihn mit sich nach Schneeberg und empfahl ihn dem dortigen Rathe, welchem nichts erwünschter und ehrenvoller erschien, al« daß ein solcher Mann durch Erziehung der Jugend sich dem Dienste des Ge meinwesens widmete. NiviuS folgte endlich den an ihn im