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1364 zahl wuchs rasch und bedeutend und mit ihr gleichzeitig die Mittel zu neuer Thätigkeit und Nützlichkeit insbesondere auch dadurch, daß die Innungen in mehr als einem Falle eine höchst dankenswerthe Gesinnung gegen den Gewerbevercin an den Tag legten: in den Besuch der SonntagSschule ward ein etwas rege res Leben gebracht, einige neue Lehrmittel konnten ihr beschaffe und ein Jnnungsstipendium für den besten SonntagSschülcr gestiftet werden; es ward möglich, die Bibliothek mit zahlreichen, zum Theil sehr werthvollen Schrift- und Kunstwerken zu be reichern, die nützlichsten Zeitschriften anzukaufen, und selbst den Sitzungssaal des Vereines in einer Weise auszustatten, die von der früheren Lokalität höchst vortheilhaft absticht. Es ist ferner den Bestrebungen dieses Vereines gelungen, eine Allgemeine Kranken-Unterstützungs-Kasse ins Leben zu rufen, die bereits . den erkrankten Mitgliedern derselben wöchentlich 1 Thlr 5 Ngr. Unterstützung gewährt, sowie in den beiden Apotheken für Medi kamente die Armentaxe. Die Borsch nßkasse, deren Jns- lcbentreten in nächster Aussicht steht, ist ebenfalls als ein Verdienst des Gewerbevereins anzuerkennen, abgesehen davon, daß die Bereinskaste es ohne empfindliche Nachtheile für ihre Pflicht er achten darf, 25 Thlr. zur Begründung derselben beizutragcn. Unerwähnt mag aber auch nicht bleiben, daß mehr als Einer der gewerbtreidenden Mitglieder dcS Vereines sich zum Sprechen und Vortragen in höchst erfreulicher Art herangcbildet hat und in den Stand gesetzt worden ist, insbesondere über sein Fach i zu den Zunflgcnoffen belehrend zu sprechen. Wenn übrigens in der Milte des Vereins noch mancherlei andere Ideen sich j regen, wie z. B. die Gründung einer Volksbibliothek oder eines Reisestipendiums für einen tüchtigen Meister oder vorzüglich be- i fähigten Gesellen, nach Art der Künstlerstipendien, so möge man deshalb die Träger solcher Ideen nicht der Ideologie beschul digen: trocknet ja doch das ganze praktische Leben zu einer Mumie zusammen, wenn es nicht ununterbrochen mit dem Thau des Ideenreiches benetzt wird! Und soweit uns Gelegenheit gc- ! worden ist, den Geist des Gewerbevcreines kennen zu lernen, halten wir cs auch nicht für wahrscheinlich, daß er sich durch das eine oder andere ungeeignete Urtheil wird in seinen Bestre- ! bungen beirren lassen. Wenn weder eine Ausstellung noch ein Bazar durch die Vermittelung deS Gewerbevereincs in diesem Jahre hat zur Ausführung gebracht werden können, was von ihm selbst am meisten bedauert wird, so liegt ein Hauptgrund davon in dem Atangel an Arbeitskräften, die fast in allen hie- sigen Innungen mehr oder minder empfindlich wahrnehmbar sind. Der Gedanke selbst ist aber keineswegs aufgegcben. Schließlich sei noch bemerkt, daß auch dieses Jahr alle am Christabend einwandernde Handwerksgesellen auf Kosten des Gewerbevereines gespeist werden. Dresden, 10. Deccmber. Der jetzt veröffentlichte städtische Haushaltplan auf das Jahr 1858 stellt eine Gesckwmteinnahme von 288,567 Thlr. und eine Gesammtausgabewcn 285,403 Thlr., mithin einen Ueberschuß von mehr als 3000 Thlr. in Aussicht. ! Die für nächstes Jahr zu erhebende Abgabe vom Grundwerthe und von den Miethzinsen ist auf 54 Pfennige von 100 Thlrn. ! des Grundwerths und 18 Pf. vom Thaler Mielhzins angesetzt, während dieselbe im Jahre 1857 noch 60 und beziehentlich ! 20 Pf. betrug. Werdau, 9. Deccmber. (Dr. I.) Gestern Abend '/z 10 Uhr, nachdem der letzte Lastzug von hiesigem Bahnhof abgefahren war, hat der Bahnwärter Pctcrlcin mit seinem Sohn und Schwieger sohn, sämmtlich aus Ruppcrtsgrün, eine mit Kohlen beladene Lowry auf der Bahn von hier nach Zwickau zu gefahren. Eine von Reichenbach auf demselben Gleise kommende Maschine aber überfuhr unweit der Schneidcrschen Ziegelei diese Lowry, die diese dann sortbcwegte, tödtete den Schwiegersohn und riß dem Sohn die linke Hand vom Arme. Die üble Sitte des Freudenschicßens bei Hochzeiten, schreibt man dem „Danziger Dampfbool" aus Neustadt, welche sich auch in den ländlichen Ortschaften dieses Kreises noch nicht ganz hat beseitigen lassen, hat vor kurzer Zeit eine traurige Folge gehabt. Ein Bauersohn aus Clappau, einem Dorfe Les hiesigen Rentamts-Bezirkes, fuhr mit seiner Braut und in Be gleitung des Hochzcitsgefolgcs zur Kirche, wo die Trauung voll zogen wurde. Nach Beendigung der kirchlichen Feier kehrte die Gesellschaft, wie es bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich ist, aus gelassen heiler im gestreckten Galopp zurück. Die Männer schossen dabei aus Gewehre» und Pistolen und auch Ler junge Ehe mann entlud ein altes von ihm mit kleinen Steinen überfülltes Gewehr. Dasselbe platzte und beschädigte Letzteren so bedeutend am Kopfe, Laß sein Tod erfolgte, ehe seine Wohnung erreicht war. Ein sehr tragisches Ende des frohen Tages! Aus Oesterreich vom 30. Nov. wird der Spener'schen Zeitung geschrieben: ,,Jn der Olmützer Erzdiöcese nehmen Lie , Ucbcrtritte aus der katholischen in die evangelische Kirche unauf haltsamen Fortgang. Man zählt dort solcher Fälle sechs bis neun kurchschninlich in jedem Monat. Die Uebertretenden ge hören durchgehends den untern Volksklasscn an, die Ursachen des Ucbertritts sind überall dieselben. Die Leute wollen ent weder den Plackereien und Schwierigkeiten aus dem Wege gehen, welche .ihnen der katholische Klerus bei Eingehung von Ehen in den Weg legt, oder sie sind indignirt darüber, daß von ihren katholischen Seelsorgern und Neligionslehrern auf der Kanzel, im Beichtstuhl und in der Schule ohne Unterlaß fanatische An griffe gegen Andcrsglaubcnde, besonders gegen Protestanten ge richtet werden. „Wir wollen", sagen sie, „nichts zu schaffen haben mit einer Kirche, Ler die Toleranz ein Gräuel ist; wir sind eS müde, Verwandte und Freunde, Ehrenmänner, Lenen wir unsere Achtung nicht versagen können, in unsern Kirchen von unsern Priestern bei jeder Gelegenheit als Auswürflinge und Gottesleugner gebrandmarkt zu sehen." Nicht minder ver mehren sich die Uebertritte in Prag und Wien, nur fallen sie an diesen beiden Orten weniger auf als in und um Olmütz. Im dortigen Erzbisthum befolgt man nämlich Lie eigenthüm- liche Methode, Laß man gegen jeden Convertitcn hinterher den Bannfluch auöspricht. Diese pleouastische Hebung dient nur dazu, dem Publikum die Zahl der einzelnen Fälle zu constatiren." München, 7. Deccmber. In der k. Münze ist man zur Zeit mit dem Prägen Ler neue» Vereins-Goldmünzen beschäftigt, Lie von Neujahr an in Verkehr kommen sollen. Dessau. Die Stcppenpferdc des Herzogs von Dessau gehen reißend ab. Am ersten Tage der Versteigerung wurden 190 bis 450 Thaler für Las Stück bezahlt und 52 Pferde verkauft. Soeben ist das große Hauptbuch der Hamburger Han- dclswclt über ihre Geschäfte im Jahre 1856 erschienen. Die Ein- u. Ausfuhr Hamburgs, welche im Jahre 1855 1,035,779,790 Mk. Beo. betrug, ist im Jahre 1856 auf 1,268,305,810 Mk. Bco. angewachscn und hat sich also um 232,526,020 Mk. Bco. vermehrt. Paris. Der „Moniteur" berichtet von drei großartigen Erdarbeitcn, welche gegenwärtig in Len Elyscischen Felkern an dem Punkte, wo ehedem das Panorama Langlois stand, im Werke sind. Es handelt sich um Anlegung zweier Gärten mit reizenden Spaziergängen, die dem Publikum offen stehen sollen. Die Behörden in Lyon sparen weder Zeit noch Mühe, um Len Arbeitern zu Hilfe zu kommen, und man erwartet sogar ein kaiserliches Dekret, welches Vollmacht zu Bestellungen für eine Million enthalten soll. Der Kaiser hat, dem Vernehmen nach, bereits auf die Civilliste eine halbe Million zu Aufträgen aller Art anweisen lassen. In St. Etienne wurden Subscriptionen für die beschäftigungslosen Arbeiter eröffnet und bereits 30,000 Fr. gezeichnet. Belgrad, 2. Dec. Aus Maidanpck laufen ziemlich trau rige Nachrichten ein. Dieses vielversprechende und mit sehr be- Leutendew'Kosten ausgcsührle Werk, welches fast alle technischen Schwierigkeiten überwunden hatte und fast nur noch an Arbeits- mangcl litt, wird allmälig sistirt. Bereits sind viele Beamte und Arbeiter entlassen worden und hier eingetroffen. Dieses Verfahren ist um so auffallender, als noch bis vor Kurzem sehr bedeutende Anstrengungen gemacht wurden, um Lem Werke neue Arbeiter zuzuführen. So sind erst vor wenig Wochen gegen 170 Wohnungen vollendet worden. Die Jahreszeit ist die un günstigste zur Heimreise all der Arbeiter; es müssen also sehr wichtige Gründe vorliegcn, welche die Beschleunigung der völli gen Betriebseinstellung zur Folge haben. Die Arbeiter klagen über empfindliche Verluste, die sie durch den Wegzug erleiden. Madrid, 1. Dccember. Sobald die Entbindung der Königin offiziell bekannt war, erschallten überall Vivats für den König, die Königin und den neugcbornen Prinzen. In der „Gaceta" liest man: „Die freudige Nachricht von der glücklichen Entbindung Ihrer Majestät der Königin wurde den Höfen Europa's durch den Telegraphen mitgetheilt, und succcssive laufen die befriedigendsten Erwiderungen dieser Höfe ein. Se. Heilig keit beeilte sich, Ihren Majestäten und dem neugcbornen Prinzen den apostolischen Segen zu schicken." Der Gcburtsact des Prin zen von Asturien füllt nicht weniger als acht Kollonnen der „Gaceta" vom 30. Novbr. In einigen Tagen erwartet man übrigens in Madrid den päpstlichen Nuncius, welcher Len Papst als Pathcu bei der Taufe des Prinzen von Asturien vertreten wird. Pathin ist Lic Infantin Luisa Fernanda, Schwester der Königin. Die ersten Namen des Prinzen werden Franz von Assisi Ferdinand Pius sein. Schwerlich wird sich die Königin vor Lem heiligen Drei-Königcn-Tage (6. Januar) nach der Kirche