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Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Inserate wer den bis Nachmittags z Uhr für die nächst- erscheinende Nummer angenommen. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Prei« vierteljährlich lö Ngr. Inserate werden di« gespaltene Zelle »der deren Raum mit S X berechnet. 170. Sonnabend, den 28. Juli. 1857. .»«mm Tagesgeschlchte. Zittau, 19. Juli. (D. A. Z.) Am 23. Juli begeht nu fere Stadt die hundertjährige Gedächtnißfeier ihrer fast gänz lichen Einäscherung im siebenjährigen Kriege. Die Größe des ihr von der freundlichen kaiserlichen Armee, welcher die sächsische Reiterei unter Denkendorf erst vor wenigen Wochen wesentlich zum Siege bei Kollin geholfen hatte, bereiteten Unglücks, die, wenn nicht in obgewalteten Mißverständnissen zu suchende, un- aufgeklärt gebliebene Motive zu der harten Maßregel der Ein schließung, welche selbst von Friedrich Lem Großen eine nutzlose Barbarei genannt worden sein soll, endlich die allgemeine Theil- uahme an dem harten Schicksale der durch die Blüthe und wei teste Verzweigung ihres Handels vielbekannten schonen Stadt dürften deren Verwüstung über den Standpunkt eines blos localen Interesses erheben und bei dem nahen Bevorstehcn der Säcular- feicr einen kurzen Rückblick dahin selbst in diesen Blättern recht- fertigen. Die geschlagenen Preußen zogen sich nach dem Tage vor Kollin, dem 18. Juni 1757, über Leitmeritz nach Sachsen, ein Theil über Lcipa in die Oberlausitz, wo sie große Magazine, namentlich bedeutende Mehlvorräthc in Zittau besaßen, welche gedeckt werden sollten. Den Preußen waren die Kaiserlichen unter Dann und Karl von Lothringen auf dem Fuße gefolgt und drangen, nachdem sie nach 36stündigcm Widerstande des Generals v. Lcstewitz am 15. Juli die böhmische Stadt Gabel genommen und viele Beute und Gefangene gemacht hatten, des hartnäckigen dreitägigen Widerstandes des preußischen Generals v. PuUkammer ungeachtet durch die Luckendorfer Pässe und langten eher als das seindlichc Haupthcer vor Zittau an. Denn bereits am 17. Juli kam ihr Vortrab über Lao Gebirge herun ter, welchem in den beiden nächstfolgenden Tagen immer grö ßere Massen nachfolgtcn. Auf der andern Seite kam nach gro ßen Strapazen und erlittener Noth um Lebensmittel von Lcipa über das Gebirge bei Georgenthal und Numburg die Avant garde der sogenannten kleinern preußischen Armee. Die Kaiser lichen, welche mittlerweile am Fraucn-Endcthor ihre Batterien nach Süden hin gerichtet hatten, ließen, ehe eine Beschießung der Stadt begann, dieselbe mehrmals, zuerst schon am 18. und daun wiederholt am 22. Juli zur Ueber^abc auffortcrn, jedoch wurden ihre Anträge zurückgcwiesen. Hierauf kamen am letzt- gcdachien Tage kaiserliche Vorposten in die Vorstädte und Kro aten schossen aus Häusern auf die Stadt, während dir Batterien an: Frauenkirchhofe und auf dem Sauplane, um die preußische Besatzung zum Abzüge zu veranlassen, zu spielen begannen. Leuchi- und Stückkugeln kamen in den Abendstunden geflogen, ja gegen 10 Uhr zeigten sich schon einige brennende Granaten und erst um Mitternacht war in ter Stadt einige Ruhe. Ob schon das anbrcchcnde Tageslicht des vcrhängnißreichen 23. Juli unterschiedlichen, durch die Kugeln an den Dächern angerichtcten Schaden zeigte, so vermnthcte man doch nur, daß man jetzt durch Beschießung der Thore und Mauern den preußischen Comman- danten, Oberst v. Dierickc, und icine wenige Mannschaft zur Ucbergabc vcraulasscn »volle, Niemand aber snrck'tcte, daß die Stadt selbst eingcäschcrt werden würde. Die Beschießung der selben begann indessen bercits Vormittags, und cS flogen Ku geln in größter Menge bis auf Leu Abend in die unglückliche Stadt, wo der ansehnlichste Theil derselben nur noch ein rau chender Schutthaufen und jeder Abgebrannte um so unglücklicher war, als weder etwas gerettet, noch im Voraus etwas geborgen wordcn war, da ein solcher Ausgang außer aller Vcrmuthung lag. In der That waren die Umstände sehr eigenthümlich. Die schonungslos Beschießenden waren Verbündete der Sachsen, in ihrem Lager befanden sich zwei sächsische junge Prinzen, Lavcr und Karl; die Preußen sahen ans ihrem Lager bei Hcr- wigSdorf, einem Dreiviertelstunden westlich von der Stadt gele genen Dorfe, dieser Einäscherung ruhig zu. Die zwei Batte rien zwischen dem Frauen- und Böhmischen Endcthorc feuerten aus 32 Kanonen und 10 Granaten werfenden Haubitzen kreuz weise auf die Stadt, und zwar so, daß immer auf drei Haubitz granaten eine angeglühte Kugel und dann zwei bis drei gemein« Kanonenkugeln folgten, wie später ein kaiserlicher Offizier selbst erzählt Hal. Nachdem bereits gegen 10 Uhr die auf einen Ka nonenschuß folgenden zwei Bomben den auf der Neustadt gele genen Gasthof „Zum Stern" in Brand gesetzt hatten, und in einer Viertelstunde später neun Feuer aufgegangen waren, mußte das Löschen gleich anfangs qufgegeben werden. Der Hauptge genstand der Vernichtung war die schöne Johanniskirche, auf welche an -4000 Stückkugeln, Carcassen und Haübitzgranaten nebst einigen Feuerkugeln und Pechkränzen aus den genannten beiden Batterien geschleudert worden sein sollen, so daß daS Ge wölbe nach wenigen Siunden und der südliche Thurm mit deff Glocken des Nachtü unter furchtbarem Krachen zusammenstürzte. Der Commandant v. Dierickc soll den Kaiserlichen die Meinung beigebracht haben, als ob 4000 Bürger und Bauern bewaffnet mir der Besatzung gegen sie kämpfen würden. Wenn nun schon die Vorstädter gegen die kaiserlichen Osflznre mit Wahrheit das Gcgenthcil versichere hatten, so mochte doch einiges Mißtrauen zurückgeblieben und dasselbe durch eine unglückselige Maßregel dcS damaligen, allerdings nur seiner Instruction folgenden Jo- hanniSthürmcrS neu angefacht und bis zur Erbitterung gesteigert worden sein. Derselbe hatte nämlich die Verpflichtung, bei Feuersbrünsten eine rothe Fahne nach der Richtung, wo er der gleichen wahrgenommen, als Signal aufzustecken; dieser Wei sung war der Thürmer auch jetzt, wo die Feuer infolge d«S Bombardements entstanden, überflüssigerweise nachgegangen, und es soll dies, sowie das ebenfalls für die gedachten Vorkomm nisse angcordnete Sturmläuten als ein feindseliges und von den Preußen ungeordnetes Trotzzeichen angesehen worden sein. DieS sowie vielleicht der Umstand, daß wenige Wochen vorher von dcn Preußen gerade am tzronleichnamstage auf die Kirchen, namentlich auf die Hauptkirche Prags, am heftigsten und scho nungslosesten gefeuert wordcn war, dürfte den besonderen Eifer bei dcr Zerstörung der hiesigen Hauptkirche als eine geübte Re vanche erklärlich machen. Der letzte Schlag, den die Thurmubr vor ihrem Herabsturz hat thun können, ist Nachts um 11 Uhr gewesen, weshalb man nach dem großen Zwischenraum von 80 Jahren, am 23. Juli 1837, auf den neuen Johannisglocken sinnreich und bedeutungsvoll zuerst den Schlag Zwölf ertönen ließ. Vernichtet war mit dem mehrbezeichneten Gotteshause auch die neue Orgel von Silbermann, die sein bestes Werk gewesen sein soll; 547 Wohnhäuser waren in der Stadt, ^7 in der Vor stadt weggebrannt; 73 Personen fanden ihren Tod in den Kel lern durch Ersticken, 10 wurden erschlagen und Beute des Feuers, während Einige von Kugeln getödtet worden waren, Viele aber an den Folgen der Angst und des Grames starben. Nicht zu berechnen waren die verlorenen Schätze an Leinwandwaaren- lagern, Bücher- und andern Sammlungen, wichtigen Papieren u. dcrgl. 1000 Kaiserliche zogen unter Führung Les General- Fcldzeugmeisters Frhrn. v. Buttlar um 5 Uhr Nachmittags in die eroberte Stadt ein; zu Gefangenen machten sie 7 Offiziere, 2 Fäbnrichc und 260 Soldaten; auch erbeuteten sie 10 Fahnen und 14,535 Scheffel Mehl. Die Eroberer wünschten zwar zu löschen, aber Las Wasser war abgeschnitten, die Spritzen meist verbrannt und die Gluth des Flammenmeeres zu groß. Die neueste Nummer der Wöchentlichen Nachrichten enthält dcn Beschluß dcö Raths und dcr Stadtverordneten, die Erin nerung an dieses Brandunglück kirchlich zu begehen und sich zu dem Behuf in einem Zug vom Nathhause bis in die Johannis kirche zu begeben. An diese Bekanntmachung knüpft sich die Aufforderung an diejenigen Bewohner der Stadt und der ein- gcpfarrtcn Ortschaften, welche sich daran zu bethciligcn gesonnen sind, am gedachten Tagt, Vormittags 7^/, Uhr sich im Bürger saale einzufindcn. Pottschappcl, 21. Juli. (D. I.) Gestern verunglückte bei dem Kön. Kohlenwcrke zu Zaukerode der Steiger Brendel dadurch, daß das Seil, an welchem man ein sogenanntes Joch Schachtholz in Len Schacht hinunterließ, zerriß, das Holz elne Schachtbühne durchschlug und Brendel, der mit noch vier an dern Bergleuten sich auf jener Bühne befand, mit in die Tiefe