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Freitag, den I». Juni. 1857. Freiberger Anzeiger UNd .esMenc Zeile °d« rUhr für die »ächst- . - Tagevlatt. Tagksqeschichte. Marienberg, 16. Juni. (Dr. I.) Der in neuerer Zeit durch sorgsame Pflege bedeutend ausgebesserte Wildbestand in dem nahen Reitzenhainer Walde an der böhmischen Grenze ist, namentlich in der Badesaison, den böhmischen Wilddieben ein willkommnes und lohnendes Jagdgebiet. Deren Frechheit hat sich in neuester Zeit so gesteigert, daß sie sogar in Banden von 1V bis 20 Mann über die Grenze herüber kommen und Wild dieberei treiben sollen. Das vorhandene Forstpersonal ist zur Abwehr solcher Einfälle nicht zureichend, bei Ausübung des Wild schutzes aber um so gefährdeter und bei der vor Nichts zurück schreckenden Frechheit der Wilderer auf die größte Energie an gewiesen. Diese fehlt denn auch nicht, und sie hat am 13. d. M. einen berüchtigten Wilddieb erreicht. Er wurde an diesem Tage, Abends nach 8 Uhr, unweit des sogenannten „schwarzen Steines" von einem Forstbeamten erschossen, auf dessen Zuruf er nicht geantwortet, vielmehr das Gewehr (Büchsflinte), das er führte, auf den Forstbeamten zielend angeschlagen hatte. Es wurde dasselbe mit beiden Hähnen, welche aufgezogen waren, den Hän den des sofort Getödtetcn entwunden. In demselben soll man den Gemeindeberger Joseph Gaudl aus Sebastiansbcrg, einen wohlbekannten Wilddieb, wiedererkannt haben, dessen Name den Forstbeamten schon von seinem Vater, zleichbcrüchtigten Anden kens, her bekannt ist. Ein vollständiger Apparat zur Wilddieberei, sagt man, sei in den Taschen des Getödtetcn aufgefunden worden. Daß ein derartiger Vorfall bei der Frechheit der Wilddiebe nicht ausbleiben konnte, ist die allgemeine Ueberzeugung, welche jedoch auch darin übereinstimmt, daß für einige Zeit eine Vermehrung dcS Wildschützes gegen solche bandenwcise ausgeführte Wild dieberei Sache der höchsten Nothwendigkeit sei. Werdau, 16. Juni. (Dr. I.) Gestern Mittag in der zwölften Stunde wurden in der Kiesgrube des Gutsbesitzer Zschiegner in Langenbernsdorf dessen 14'/z Jahr alter Sohn, die 20'/r Jahr alte Tochter des Viertclhüsncrs Jacob und die 17?/« Jahr alte Stieftochter Zschiegner's, mit Abgraben von Kies beschäftigt, verschüttet; die Letztere, nur zum Theil mit niedcrgestürzter Masse bedeckt, ist noch lebend, die beiden Elstern aber sind mach 20 Minuten rüstiger Arbeit nur als Leichen her vorgezogen worden. Berlin, 10. Juni. Wie das „Dr. I." schreibt, wird der diesjährige Aufenthalt Sr. Maj. des Königs in Marienbad mit einem frommen Werke verbunden sein. Die Einweihung Ler dortigen evangelischen Kirche steht bevor; zu der feierlichen Handlung wird der k. preußische Generalsuperintendent Hoff mann von hier aus eigens zu diesem Zweck nach Marienbad gehen, die Weihepredigt halten und Altar und Kirchengcräthe weihen, auch ein Theil des hiesigen k. Domchors wird nach Marienbad gehen, um die zur Einweihung gehörigen Gesänge auszuführen. Vom Oberrhein bringen mehrere Blätter wieder eine schreckliche Vergiftungsgeschichte. In einem Weiler des Oden- Waldes fällt der kochenden Magd das Büchschen mit den Zünd hölzchen in den Topf; sie fischt behende die Hölzchen aus der Brühe, deren Zündstoff aber in der Speise vergangen ist. Sic trägt nichts desto weniger das schreckliche Gericht auf. Von den Genießenden ertranken gleich alle, sterben einige, die andern sind noch dem Tode nahe. Oesterreich. An der Westbahn wird jetzt sehr fleißig gearbeitet. Tausende von Arbeitern sind aus Böhmen und Kroatien eingetroffen, um das Werk zu fördern und man hofft, binnen Jahresfrist die Strecke von Wien nach Linz dem öffent lichen Verkehr übergeben zu können. Aus Baiern, 14. Juni. Seit seiner Rückkunft von Pa ris ist der König fortwährend mit den Ministern in Arbeit, um so viele während seiner vierundeinhalbmonatlichen Abwesen heit liegen gebliebene Geschäfte zu erledigen. Der Besuch am französischen Hofe hat übrigens, darüber dürfte jetzt kein Zwei« sel mehr obwalten, wenn nicht lediglich, doch vornehmlich die griechischen Angelegenheiten zur Veranlassung gehabt, und darf demnach, was Baiern angeht, als eine Familiensache deS kö niglichen Hauses betrachtet werden. Es soll der Kaiser Napo« leon darin den Wünschen unsers Königs aufs Zuvorkommendste begegnet sein, die Ordnung der Thronfolge definitiv geregelt worden, und auch eine Annäherung an das Cabinet von Athen verheißen worden sein. Nürnberg. Die Nürnberger haben ihrem Volksdichter Weickert, dem es im Leben sehr kümmerlich ging, von dem Kunstgießer Burgschmiet ein Grabmal errichten und dasselbe mit dem Stadtwappen zieren lassen. Württemberg. In Eßlingen und Hall sind diesmal die Quartalsitzungen des Schwurgerichts unterblieben, weil kein Anklagestoff vorhanden war. Das ist ein gutes Zeichen. Nassau. Aus Veranlassung der Vermählung der Prin zessin Sophie mit dem Prinzen Oskar von Schweden Hal der Herzog von Nassau 18 Gefangenen im Zucht- und Besserungs- Haus den Rest ihrer Strafe erlassen. Koburg, 15. Juni. (D. I.) Nachdem von thüringischen Gastwirthen in Hildburghausen der Beschluß gefaßt worden war, eine den jetzigen Verhältnissen entsprechende Erhöhung der Preise eintreten zu lassen, haben auch hiesige Restaurants und Traiteurs sich veranlaßt gefunden, das Publikum durch eine öffentliche Bekanntmachung davon in Kenntniß zu setzen, daß infolge der erhöhten Preise für Zucker, Kaffee und Spiri tuosen der Preis der Portion Kaffee, des Thees, der- Chocolate u. s. w. sich vom 14. d. Mts. ab höher stellt. .Da einige hiesige Restaurateurs der Convention nicht beigetretcn sind, zudem auch andere Wirthschaftsbesitzer beginnen, obige Getränke regelmäßig abzugcben, so dürfte eine dem Publikum vortheilhafte Concur- renz sich bilden, bei welcher der Sieg nicht zweifelhaft ist. — Bei der vor einigen Wochen hier stattgefundcnen Zusammen kunft verschiedener Chefs bedeutender deutscher Handlungshäuser wurde der Beschluß gefaßt, behufs der Gründung einer Tabaks fabrik in großem Maßstabe im hiesigen Lande, dem Anbau ver schiedener Sorten Tabak im Herzogthume ein besonderes Au genmerk zuzuwenden, da nach den Bodenverhältnissen namentlich Lie bessern Sorten Tabak hier sehr gut gedeihen. Diese An pflanzungen sind in diesem Frühjahre in verschiedenen Theilen des Landes bewirkt worden und hängt von deren Ergebniß der weitere Verlauf des Unternehmens in Betreff der Fabrik selbst ab. Schweiz. Die meisten schweizerischen Blätter haben seit dem Aufrufe des Centralbahncomitv Subscriptionen für die Hinterlassenen der Verunglückten im Hauensteintunnel eröffnet. Die Negierung von Solothurn hat ein eigenes Comit« ausge stellt. Der Solothurner Landbote meldet: „Von den 63 im Hauensteintunnel verunglückten und verstorbenen Arbeitern wa ren 12 Verheirathete, von denen drei je ein Kind, einer drei Kinder, zwei je vier, zwei je fünf und einer sechs Kinder, zu sammen 30 Kinder hinterlasten. Von diesen 30 vaterlosen Kin dern gehören 22 nebst 6 Wittwen dem Canton Solothurn an; von den übrigen acht Kindern fallen eins auf Baselland, vier auf Württemberg und drei auf Frankreich. Nach dem Unter, stützungsbeschlusse des Direktoriums der schweizerischen Central bahn beziehen nun diese hinterlassenen 12 Wittwen zusammen 12,000 Fr., außerdem die für die Kinder ausgeworfene Pension, die Aeltern der 51 unverheiratheten Verunglückten hingegen (je 300 Fr.) zusammen 15,300 Fr." Ueber den ganzen Ver- auf der Katastrophe läßt das Directorium der Centralbahn- einen officicllen Bericht ausarbeitcn. In mehreren Zeitungen liest man: In Ungarn, Klein asien, Egypten und in Algier sieht man einer ausgezeichneten Getreideerndte entgegen. Man hat seit vielen Jahrcu nicht solchen Reichthum gesehen. Dagegen sieht's in Nordamerika nicht gut aus. Die Saaten stehen meist gering und man be fürchtet ein Mißjahr, wenn nicht bald warme Witterung kommt.