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die einheimischen Kohlen zu geben vermochten. Unsere Siein- kohlenindustrle hat daher noch Anstrengungen zu machen, um ein solches Product aufzufinden, daS mit der fremdländischen Kohle in Rücksicht der Gaserzeugung concurriren, denselben Ge halt an Gaö aufweisen kann. AuS Saarbrück, vom 29. Mat, geht der ,Leit" folgende Nachricht über ein Eisenbahnunglück zu: Nach mündlichen Mittheilungen der Reisenden, welche soeben (Nachmittag« 5 Uhr) mit einem Extrazuge auf der Französischen Ostbahn bis Forbach befördert, von Paris hier eintreffen, hat gestern um 6 Uhr ein Unglück auf der Französischen Ostbahn in der Weise stattgehabt, daß unweit Bar le Duc der von Straßburg nach Parts fahrende Schnellzug mit einem Güterzuge zusammengestoßen ist. Vier Personen sollen getödtet und mehre verwundet sein. Zivet Locomottven und mehre Wagen, von denen zwei zerschellt den Damm hinabgestürzt sind, sollen zertrümmert auf der Bahn liegen und diese Trümmer gestern und heute früh das Passiren d<r Züge auch auf dem zweiten Schienenstrange unmöglich ge macht haben." Eine andere, demselben Blatte später zugehende Nachricht aus Saarbrück meldet: „Die gesammte französische Correspondenz ist dem diesseitigen Eisenbahnpostbureau heute erst Nachmittags 4 Uhr, statt 7 Uhr Morgens, zugekommcn, weil der gestern Abend um 8 Uhr aus Paris abgegangcne Schnellzug bei Bar le Duc mit einer leer zurückkehrenden Maschine, welche einen schweren Güterzug bugsirt hatte, auf gräßliche Weise zusammengestoßen ist. Mit Einschluß des ge lammten Maschinenpersonals sind 10 Personen getödtet und 3S Personen mehr oder minder stark verletzt worden. Unter letzter» befinden sich auch drei der im Postwagen befindlich gewesenen fünf Beamten." Karlsruhe, 27. Mai. vr. Friedrich Hecker, der vor mehr als einem Jahre als Anstifter des badischen Aufstandes vom Jahre 1848 zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe in contumaciam verurthellt worden ist, wird nun vom Fiscus bei dem Bezirks- amte Lörrach auf Zahlung einer Entschädigung des Schadens belangt, welcher dem Staate durch jenen Aufstand erwachsen und auf die Summe von 102,626 Fl. bestimmt ist. AuS Bernburg wird berichtet: „Der Landes-Superinten dent vr. Walther hat seit einigen Jahren eine eigenthümliche Unterrichtsmethode ausgebildet, welche nach und nach in den Schulen des Landes Eingang gefunden, die außerordentlichsten Erfolge in der Entwicklung der lernenden Jugend herbeigesührt und in neuester Zeit auch die Aufmerksamkeit der preußischen Regierung auf sich gelenkt hat, welche sich gegenwärtig durch einen kommissarius Bericht erstatten läßt, in wie weit diese Unter richtsmethode sich für Militäransialten eignen dürfte. Die Walther'sche Methode stützt sich nämlich auf ein militärisches System, die Schüler sitzen schachbrettartig, werden nach Buch staben genannt und es wird Lie Unterweisung tacrirmäßig vor- genommen. Paris, 3. Juni. (D. A. Z.) Der heutige Moniteur ent hält einen Bericht des Marschalls Randon aus Algier vom 27. Mai. Die Beni-Raten hatten sich unterworfen und alle die ihnen vom Marschall gestellten Bedingungen angenommen. Auch der Stamm der Arb-Duelas hatte seine Unterwerfung eingereicht. Der Marschall spricht die Hoffnung aus, daß die übrigen feind seligen Stämme diesem Beispiel folgen werden. Mittlerweile läßt er das Innere des Landes erforschen und Straßen abstecken. Der Gesundheitszustand der Expeditionstruppen ist vortrefflich und die Versorgung mit Proviant geht mit Leichtigkeit vor sich. Am 4. Juni findet im Gehölz von Boulogne eine Heerschau über Lie Gardeinfanterie statt. Galats, 1. Juni. Der „Jndip." wird telegraphirt: Heute Abend Uhr ist Großfürst Konstantin auf dem Dampfer „Osborne" hier eingetroffcn. Der Großfürst wird das Diner am Bord einnehmen, alsdann ans Land gehen und die Nacht in der Stadt zubringen. Morgen Vormittag 9 Uhr wird Se. kais. Hoheit die Reise nach Belgien fortsetzen. Alle Ehrenbe zeugungen hat sich der Großfürst verbeten. Belgien. Der jetzige Unmuth der Belgier gegen die dortige Klosterwirthschaft ist nicht unbegründet. Folgendes ist ein neuer Beweis dafür: Auf der Kirchweihe zu Liedckerke hatten drei junge Arbeiterinnen der dortigen Spitzenklöppelschule, welche von Nonnen geleitet wird, am Tanz Theil genommen. Am folgenden Tage wurden sie, so berichtet ein Brief im „Obser- vateur", vor Lie Oberin berufen, welche, nachdem sie ihnen harte Vorwurf« gemacht hatte wegen der Todsünde, die sie be- gt»ugen, befahl, daß ihnen zur Strafe die Haare abgeschnittcn Werden sollten. Zwei der Verurtheilten ließen sich ohne Wider stand ihres schönen Haares berauben. Die Dritte weigerte sich, Hüser Strafe sich zu unterziehen. Die frommen Schwestern be fahlen vier von den Arbeiterinnen, die Widerstrebende zu halte» Eine Nonne nahm die Scheere zur Hand und ging L-e Werk. Das junge Mädchen vertheidigte Fch kräftig und bü dem Ringen ließ die Scheere an der Stirne und den Schläfe» der Armen zahlreiche Spuren zurück. - Als die Operation b«»- det war, begab sich das geschorne Mädchen in einein schwer >» beschreibenden Zustande nach Hause. Das Benehmen der No», neu von Liedckerke hat in ganz Belgien den entschiedensten Un willen erregt. » Die Hamburger Börse. Einer Schilderung des Lebens und Treibens derselben ent, nehmen wir Nachstehendes: Die Hamburger Börse ist der Vereinigungspunkt aller Ham burger Geschäftszweige. Die Hamburger HandelSwelt siebt st ziemlich mit der ganzen civilisirten und uncivilisirten Welt i, Verbindung, sie sendet ihre Schiffe in alle Weltgegenden und besitzt ihre kaufmännischen Colonien in Nord- und Südamerika, in Afrika, Ostindien, China und Australien. Hamburg Halfer, ner nicht blos einen oder zwei Geschäftszweige, Lenen es sein,« guten Namen verdankt, sondern „macht" umfassend fast in Allem, worin Handel zu machen ist. Holland hat vermöge seiner Maal- schapp die großen Kaffeeauctionen; aber Hamburg ist Ler erste Platz für den Kaffeehandel und überaus wichtig für den ganzen sogenannten Colonialhandel. Bremen hat die großen Tabaks- znfuhren, aber schon seit Jahren steht Hamburg ihm in der Cigarrenfabrication und im Cigarrengeschäft vollkommen gleich. Hamburg hat ferner trotz England ein ungemein lebhaftes Ge schäft in Manufacturen und, zur Beruhigung unserer deutsche» Landsleute sei es gesagt, zu reichlich zwei Dritttheilcn mit deut schen Manufacturen. Hamburgs Rhederei steht jetzt keiner in Deutschland nach, und auch sein GetreiLehanLel hat außerordent lichen Umfang nicht blos durch die directen Zufuhren nach Ham burg, sondern auch durch Lie Leitung solcher aus fremden nach fremden Häfen, wobei natürlich der Geldgewinn in Hamburg bleibt. So ist denn ferner sein großartiges Wechsel- und Ässecu- ranzgeschäft. Nicht bloß fast aus dem ganzen nordwestlichen Deutschland, sondern zum großen Theile auch aus Len skandi navischen Neichen, als deren commercielle Hauptstadt Hamburg angesehen werden muß, werden hier Lie Wechsel Lomicilirt, d. h. zur Zahlung angewiesen. Das außerordentlich umfassende Assc- curanzgcschäft ist die Folge der vielhundertjährigen und weit ausgedehnten Handelsverbindungen; selbst aus Frankreich und England werden hier nicht selten Assccuranzen genommen. Und neben diesen Hauptgeschästszwcigen sind hier noch eine ganze Reihe anderer minder wichtiger Handelszweige, Lie unter kleinern Verhältnissen gewiß mit Nachdruck hervorgehoben würden. Wir nennen hier beispielsweise das Steinkohlen- und das Baumwvl- leugeschäft, den Transport von Schlachtvieh und eingesalzenem Fleische, von Mobilien und andern Erzeugnissen hiesiger Gewcri- industrie u. s. w., die, verhältnißmäßig gering, doch bedeutende Kapitalien beschäftigen. Nicht gerade seiner kommerziellen Wich tigkeit, sondern des allgemein sich daran knüpfenden Interesses willen wollen wir an dieser Stelle auch der wenig bekannten Thatsache gedenken, daß von Hamburg aus nicht unbeträchtliche Sendungen deutscher Geistesproducte über Meer gehen und dort eifrige Käufer besonders an den transatlantisch angesessenen han seatischen und sonstigen deutschen Kaufleuten finden, zum tröst lichen Beweise dafür, daß der Deutsche doch immer mehr auf- hört, sein Vaterland mit den Augen auch aus dem Sinne z» verlieren. Wir können sogar die erfreuliche Thatsache hinzusu- gen, daß nach der Auswahl der dorthin verlangten Erzeugnisse deutscher Literatur der dortige Geschmack der Deutschen sich eher verbessert als verschlechtert zu haben scheint. — Hamburg besitzt endlich eine Anzahl von Fabriken, die bekanntlich bei den beiden großen Weltausstellungen sich nicht unrühmlich hervorgethan haben. Wollten wir aus den alljährlich erscheinenden amtlichen Tabellen über den Hamburgischen Handel das Register der Dinge abschrciben, in denen hier Geschäfte gemacht werden, cs würden zwischen Verlangen und Befriedigung nur wenig Dinge sein, von denen man an der Hamburger Börse nicht blos träumt, sondern sie auch umzusetzen vermag, darunter welche, über deren Natur wir so wenig als unsere Leser Rechenschaft zu geben wüß ten. Nach allen diesen Beziehungen hin ist aber die Hamburger Börse nur das getreue Spiegelbild des Hamburger Geschäfts. Noch nach einer andern Beziehung unterscheidet sich die Hamburger von sonstigen Börsen. An den meisten Handelsorten ist sie nur der Versammlungsplatz von besonders berechtigten Korporationen oder Geschäftstrcibenden; in Hamburg erschließen sich dagegen ihre Hallen Jedermann, der da meint, an ihr Geld verdienen zu können. Da erscheint neben den eigentlichen Kauf»