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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 29.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189901299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-29
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Monat
1899-01
-
Jahr
1899
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Sir. 24. — 18S9. — Diese verbreitetste »»parteiische «eit»»» erscheint Wochentags Abends (mit Dann» des nächsten Hages) «»d kostet >nit den süns wöchentlichen Beiblättern: Kleine Botschaft, Sächsischer Erzähler, Gerichts-Zeitung, Sächsisches Allerlei, Jllnstrirtes Unter- haltitngsblatt, bei den Posianstalte» nnv bei den AnSgabcslelle» monatlich 4V Pfennige. ISSN Posiliste: Ar. 3877. IcUeramm - Adr-ffri ü!>-n,'rallm-eiger. UV. »!„. . General- Sonntag, den 29. Januar. für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer LanveS-Slnzeiger). — Gegründet 1873 als „Anzeiger" re. Derlaa nnd NotationSmaschine«-Drnck von Ale>and«r Wiede in Che »»Nitz, Thea terstr atze Nr« 8» Anzeigenpreis: 6gespalt«n» CvrpnSzeikc (ca.9 Silben fassend) oder deren Nam» l5Pfg. (Preis- Verzeichnisse ä. Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle (ügespaltene Petit-Zeile circa II Silben fassend) 30 Pfg. — Anzeige» könne» nnr bis Vorniittag t0 llhr aiigrnoinnlen werde», da Druck und Berbrcitnng der großen Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden für billigsteu Preis zugleich Verbreitung durch di» täglich erscheinende Chemnitzer Ciseiibal-ik-Zeittmü. Neubestellungen für den Monat Februar (40 Pfg.) nehmen entgegen die Verlags-Anstalt und die Ausgabestellen ,sowie die Austräger des „General-Anzeigers". Die Postanstalte n nehmen Neubestellungen für die Monate Febrnar und März (SV Pfg.) entgegen. (Post- zeitungspreislisie Nr. 2377.) Der Muth der Kaltblütigkeit. Es war dem Grafe» Caprivi nicht wie dem Fürsten Bismarck gegeben, in einer Fülle treffender Schlagwörter tiefgründige politische Weisheiten ausznsprechcn; nur wenige „geflügelte Worte" sind aus der Zeit seiner Kanzlerschaft erhalten geblieben. Eins dieser Worte indessen wird oft auf eine politische Situation zutreffend anzuwendcn sein: das Wort von dem „Muthe der Kaltblütigkeit." Das deutsche Volk hat diese» Muth oft genug zu beweise». Die deutsche Geduld ist nun einmal in der Welt sprichwörtlich ge worden und deshalb glaube» andere Nationen das Recht zu haben, diese Geduld zn erproben und sich an kleinen gegen Deutschland ge richteten Nadelstichen zu ergötzen. Die französische Depntirlenkaminer .und die amerikanische Volksvertretung sind soeben wieder die Schau- Plnje derartiger srcundschasllicher Zerstreuungen gewesen. In der französischen Depututcnkammer hatte bei der Besprechung des Etats des Ministeriums des Aenßcren die Regierung natur gemäß keinen gute» .Stand, den» Frankreich hat sich in dem letzten Jahre eine politische Niederlage »ach der anderen geholt. Der Minister hatte sich denn gehörig heruuizuwinden, um insbesondere an der England gegenüber erlittenen Blamage mit leidlichem Geschick vorbeiznkommen. Da hielt er cs für gut, das eigene Gemüth und das seiner Zuhörer durch einige kleine Anspicluugen auf Deutschland und das Verhältnis; zu diesem Staate zu erquicken. An einer Stelle seiner Ncde legte er dar, das; die Stellung Frankreichs als Schutz macht der Christen im Orient in keiner Weise beeinträchtigt worden sei, a» einer andercn Stelle «»klärte er Pathetisch, daß die Geschichte Frankreichs ein Ganzes sei, von de», man kein Thcilchen loslösen könne. Die erste Andeutung bezieht sich auf die in dem vergangenen Jahre viel erörterte Stellung Deutschlands zu seinen Unterthane» im Orient, die zweile Andeutung — und der lebhafte Beifall, der ihr zn Theil wurde, beweist, daß sie berstandcn wurde — drückt einen zarten Protest gegen die Lvstrennnng Elsaß-Lothringens von Frank reich ans. Solche frenndnachbarliche Anspielungen begegnen in Dculscyland dein Mnihe der Kaltblütigkeit Deutschland hat bereits wiederholt bewiesen, daß es de» Schutz über die deutsche» Christen im Orient selbst nnsiibt und die Franzosen haben klugerweise zn diesen Praktischen Beweisen stillgcschwi'egcn. Nachdem iinnmehr an Ort und Stelle der deutsche Kaiser feierlich erklärt hat, daß ihm der Schlitz der deutschen Christen im Orient obliege, wird der französische Minister des Auswärtigen wohl selbst nicht glauben, daß eine Aendcruiig der i» den letzten Jahrzehnten geübten Praxis eintrcten werde. Wenn es wieder einmal erforderlich sein wird, den Schutz über deulschc Christen ii» Orient ansznüben, so wird dies seitens der deutschen Regierung in »achdrnckli lster Weise geschehe», und deshalb kann man dem französischen Minister, wenn er die Phrase Von der französischen Schntzherrschaft über alle Katholiken des Orients ausrecht erhält, mit den zwar nicht höflichen, aber klaren Worten Bismarcl's aniwvitcn: „Ob Sic rede», oder der Wind durch den Schornstein geht, ist völlig gleichgillig." Dasselbe läßt sich in »och verstärkten, Maße von den stets wicderkehrendcn mehr oder weniger verhüllten Protesten gegen den Frankfurter Frieden sage». Deutsch land ist dcr imntnm ,,cm8iäoll8 lind läßt sich in dem Behagen des Besitzes durch leere Proteste nicht stören. Im amerikanischen Repräsentantenhaus«! hat ein mnihigcr Man» davon gesprochen, daß man Deutschland prügeln müsse, wie man Spanien geprügelt habe. Er hat zugleich als ritterlicher Held jedem Mitgliede des deutschen Reichstags, das ihn etwa dafür fordern wolle, Genngthnnng zugesagt. Der Herr zieht die Parall.le zwischen Deutschland und Spanien etwas gar zn weit. In Deutschland giebt es keinen Don Quixote, der den Vorschlag dcs amerikanische» Volks vertreters zu acceptiren geneigt sein könnte. Vielleicht aber bethäligt der Herr Berry sei» » Mulh dadurch, daß er nach dem Muster seines beruh«!,len Landsmannes Isidor Stern »ach Deutschland hernbcrkomme» »nd dort die Beschimpfung gegen Deutschland wieder holen wird. Das Kissingcr Gericht hat in seincr Bilanz noch nie einen so guten Abschluß gehabt, wie in de», Jayre, wo Herr Isidor Ster» seine Kaution von 80,000 Mk. verfallen ließ und den deutschen Staub von den Schuhen schüttelte. Angesichts der Zustände, die sich i», vergangenen Frühjahre bei dcr Mobilisirung der Armee dcr Ver einigten Staaten heransgestellt haben, kann »>ci» in Deutschland nur eine humoristisches Lächeln für Ue Vramarbasiererei des amerikanischen Volksvertreters haben. Man empfindet auch kcineswcgs das Be- dnrsniß, die gekränkte Ehre durch eine große diplomatische Aktion wieder hcrznst lle». Man argmnentirt vielmehr so: entweder findet Herr Berry die schärsstc Mißbilligung der großen Mehrheit seiner La» slcutc — dann ist ist er genügend bestraft; oder die Amerikaner thcilcn i» ihrer Mehrheit Herrn Berrys Anschannngen — dann um ft besser für Den schland, wenn cs ei'nmal z„„, Prügeln kommt. Ti- kl-incii Liebenswürdigkeiten, die diesseits und jenseits dcs großen Wassers an die Adresse Deutschlands gerichtet werde», könne» also dc» Glcichmntl, dcs deutsche» Volkes nicht bccinflnssc». Das deutsche Volk ist nicht so nervös, nm von seiner Negierung ein Ein schreiten zn verlange», wenn irgend ei» lhörichlcs Wort gesprochen wird; cs verlangt nnr kann ei» entschiedcius Eingreifen, wenn Wirkliche deutsche Interessen angegriffen werden, und cs ist zn hvfsc», daß das deutsche- Volk dann sich »iemis in seinen Erwartungen getäuscht schcn wird. Politische Rundschau. Chemnitz, 28. Januar 1899. Deutsches Reich. — Der Kaiser nahm gestern Morgen um 8'/^ Uhr anläßlich seines Geburtstages die Glückwünsche der engere» königlichen Familie entgegen, m 9>/, Uhr diejenigen des engeren Hofes, des Haupt quartiers und der Kabinets und nm 10 Uhr die Gratulationen der in Berlin eingetroffene» fürstlichen Herrschaften, sowie der i» Berlin anwesende» Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses. Um 10^/z Uhr fand n> der Kapelle dcs königlichen Schlosses feierlicher Gottes dienst und im Anschluß daran im Weißen Saale Gratulations-Cour statt. Um 12'/, Uhr begab sich der Kaiser zur Parole-Ausgabe i»S Zeughaus. Um 6 Uhr Abends fand beim Kaiserpaar Familie,«-- dincr statt, um 8 Uhr eine Festvorstellnng im löniglichen Opernhanse. — Das „Militärwochcnblatt" meldet: Prinz Johann Georg von Sachsen ist zum Major in dcr königlich preußischen Armee 'ü in suite dcs 2. Gardc-Ulancn-Negimcnts ernannt worden. Dem Fürste» Herbert Bismarck wurde der Charakter als Generalmajor verliehen. Oberst v. Arnim ist unter Beförderung z»m Generalmajor zu», Inspekteur der Jäger und Schütze» ernannt worden. Oberst Frhr. v. Mirbach vom 2. Aufgebot der Garde-Füsiliere des Land wehr-Regiments wurde unter Verleihung des Charakters als General major zu dcn Offizieren n in suite der Armee versetzt. Oberstabs arzt Jlberg wurde zum zweiten Leibarzt des Kaisers ernannt. — An Berliner maßgebenden Stellen scheint Werth darauf gelegt zu werden, daß die Annäherungsversuche an Deutsch land, welche »cnerdings i» Frnkrcich zu beobachte» sind, hierzu lande nicht zn hoch eingeschätzt werden. ,Von ossiziöser Seite wird geschrieben: Wie wenig es den offiziellen Kreisen Frankreichs mit einer Annäherung an Deutschland Ernst ist, spricht das Organ des Auswärtigen Amts, der „Tenips", mit einer erstaunliche» Ossenheit ans. In einer Betrachtung über die MontagSdebatte in der De- pittirteukammer schildert er den pcinlichen Eindruck, den die trotz dev Nachgiebigkeit Frankreichs in der Faschvda-Angelegenheit von eng lischer Seite in Szene gesetzte Kriegshetze habe machen müssen. „In Frankreich", heißt es dann weiter, „haben gewisse Agitatoren unter dem Einfluß verschiedener Ursache», deren geringste nicht das sehr natürliche Erstaunen varük^r war, Laß der in der Faschoda-An lcgenheit an den Tag gelegte Geist der Versöhnlichkeit so wenig Fruchte trug, den Versuch geinacht, eine Bewegung im Sinne einer Politik der Repressalien in Szene zu setzen. Man hat gehört, wie Personen, die ernst genommen werden «vollen, den alten Albernheiten dcs „Erbfeindes" nnterlagcn; man hat erlebt, wie sie die Er innerungen an den Krieg der hundert Jahre anSputztcn und im Namen des Chauvinismus die bedingungslose Versöhnung mit de» China anerkannt, sei andererseits aber auch entschlossen, den eng lische«, Einfluß daselbst aufrecht zu halten. Die britische Regierung habe eine sehr sympathische Antwort an den Kaiser von Rußland in Betreff der Friedenskonferenz gerichtet und werde Dclegirle zu derselben entsenden. Rioley sieht zwar dcr Konferenz große Schwierigkeiten entgegcnstchen, hofft aber doch, dieselbe werde einige gute Ergebnisse haben. Immerhin sei eine machtvolle Flotte ein unabweisbares Bednrfniß für England. Rttsiland. Die russische Regierung hat eine Summe von sechs Millionen Rubeln für die Verbesserung des Hafens von Alexandrowsk am Amur auSgeworfen nnd wird ans diesem Hafen eine Hauptkohlcnstativn auf dem Wege nach dem äußersten Osten machen. Außerdem wird die Regierung im Hafen von Port Arthur große Kohlenvvrräthe ansammel». Türkei. Durch ei» Jrade dcs Sultans wird die Neu formation von 12 Redif-Kavallerie-Regimentern zu je 4 Eskadrons in dcn Korps von Konstantinvpel, Adrianopel und Saloniki nngevrdnet. Vorläufig erfolgt nur die Ausmusterung der Pferde dcr rcdifpflichtigen Mannschaften, die bei der Nizani Kavallerie gedient haben. Friedenskadres werden nicht aufgestellt. Die Depot- der neuen Redif.Kaballeriecegnnettter werden an die Depots der Redif- Jnfcmterie angeschlossen. Nach Adrianopel ist in Angelegenheit der Beendigung dcr Befestigung und Armirung des Platzes eine Kvnimissivii von drei Generalstabs-Offizieren abgegciiigeii. Der Prozeß Henry-Rei»»ach. In Paris hat gestern, Freitag, der Prozeß, den die Wittwe des aus den« Prozeß Dreyfns bekannten Oberst Henry gegen Rciuach augestrcngt hatte, begonnen. Von 11 Uhr ab war der Justizpalast von innen und außen mit Polizei besetzt. Ans der Straße befanden nur wenige Neugierige; die Kälte verhinderte größere An sammlungen. In den Couloirs des JnstizpalasteS befanden sich außer de» Znrgen, Advokaten u «d Journalisten auch die bekannten Führer der Patrivtenliga. Ter Saal war fast ganz gefüllt; 45V geladene Zeugen waren zur Stelle, dahinter faßen die Journalisten und etwa 20 Perfonen aus dem Publikum. Die anwesenden Offizier» erschienen in Zivil, «van fah die Generäle Gonfe und Pellieux. Der Angeklagte Reftracü erschien mit Labor« zusammen. Madame Henry erschien gaüz in Schwarz gekleidet, das Gesicht durch eine» lang herabfallciiden Cröpe-Schleicr bedeckt. Sie nahm aus einein Stuhle vor dcn Plätzen des Gerichtshofes Platz. Punkt 12 Uhr betrat der Gerichtshof den Saal. Dcr Präsident forderte i» sehr energischem Tone den Kapitän dcr Gendarmerie ans, jeden Ruhestörer sofort hinausznbringen und beim mindesten Widerstand zu verhaften. Der Vertheidiger Labor! erhob sicl, und verlas einen Antrag anf Vcr- gegen England. Alles das drohte dank dem Schweige» der antori-1 Der Pra «dcnt erthe, kW «ym das Wo«t zur sirtci, Vertreter dcr öffentlichen Meinung einen gewissen Bestand zu I ^Ngrnm u,,g. -abon schilderte zunächst den Prozeß als das Werk gewinnen. Jetzt ist dies Schweigen gebrochen worden." — Man/As'"' po K,sehen chartci, die in ihin daS letzte Nett,,ngsmittek sehe, sieht, der „Tenips" athmct außerordentlich auf, nachdem iin Ne-1 ^ 0^helte m,t gehobener Stimme die Olorisiz,rung des Fälschers präsentcinteiihause keine Stimme sich zn G-nstcn einer Annäherung ^ Labori anSricf: „Genügt es nicht, daß Henry ein an Deutschland ausgesprochen hat. In Berlin hat man kann, etwas j" Zeuge, e,n Lugner und Falscher war? Kann man aus Anderes erwartet. Gleichwohl hat man sich jedes Eingreifens in die Manne einen nationalen H.ros machen, erhv- sich Mavame Erörterungen der unabhängigen französischen Presse enthalten, um den Anschein zu vermeiden, als vb Dcntschlcind eine Verständigung mit Frankreich grundsätzlich ablehnle. Wegen Majestätsbeleidigung ist am Montag von dem Lai«dge«icht 11 in Berfin eine Frau zn vier Monaten Ge- ängniß bcrurtheilt worden. Dis Frau Panline des Schlossers Baikvwski hatte vor de» Reichst, gswahlen bei einem Besuch in der Wohnung einer „guten Bekannten" beim Anblick eines an der Wand hängende» Kaiscrbildes eine Acußcrnng über die Polcnpolitik gethan, die »ach längerer Zeit, als die Frauen sich erzürnt halte», die Be kannte vcranlaßte, ihre Freundin z» dcnunzireii. Ausland. Oester,elch-ttngiir». Am Schluß dcr gestrigen Sitzung des Wiener Abgcvrdnctenhanses kam cs noch zn einer regelrechten Rauferei. Während ei«,er erregten Szene in, Saale beschimpfte der tschechische Journalist Pcnizck von dec „Narodnh Listh" die deutschen Abgeord nete» laut von der Jonrnalistentribiine herab. Abgeordneter Wolf, «reicher dies mit andere» Abgeordneten bcinerkt hatte, eilte zu den« Prästdenleil nnd forderte die Answcisung dcs Tschechen. Da der Präsident trotz wiederholten Begehrens sein Einschreiten verweigerte, begab sich Wvls mit noch anderen Abgeordnete» in die Journalisten- lvge und entfernte Penizek mit Gewalt. Tschechische Abgeordnete eilten nach, hinter ihnen deutsche, und cs kam zu einer Schlägerei in der Joiirnalistenloge und in den nächsten Gängen. Unter großen« Tumult wurde die Sitzung rasch geschlossen. Spanien. Tie carlisti scheu Kreise fühlen sich durch die Thcilcnlosigkeit nnd durch das eigenartige Verhalten ihres „Königs" unangenehm berührt, und die neueste von Don Carlos gegebene Er klärung hat selbst die treuesten seincr Anhänger verstimmt. In einen« von dem Sekretär des Thronbewerbers an, die carlistischen Ver trauensmänner oetksandle» Rundschreiben wird nämlich mitgetheilt, daß die Gemahlin dcs Don Carlos binnen Karze,» ihrer Niederkunft entgegensche, und daß deshalb Letzterer genöthigt gewesen sei, seiner Gaitin während dieser Zeit jede Ausregung zu erspare». Diese Meldung hat eine» in» ft übleren Eindruck gemacht, weil der earlistischc Adel die zweite Berhcirathung des Don Carlos mit einer Frau, welche keiner regierenden Familie entstammt — sie ist eine Prinzessin Rvhan — »icinals z» billigen vermochte. Groftbritattttirn. Der englische Ltnatssekrclär des Innern Rillch hielt in Blackeool eine Rede, in we chcr er ausführte, er habe guten Grund zu der Annahme, daß alle Aussicht auf Regelung dcr Abgrenzung dcs Vahr el Ghazal und der andcccn mit Frankreich jäiwebendc» Frage» vorhanden sei. Der Staatssekretär fügte hinzu, d«e Negierung habe die berechtigten Ansprüche Rußlands in Nord-, Henry weinend »nd prvtcstirte aufgeregt dagegen. Der Präsident sagte, daß es ihr frcistehe, de» Saal z» verlassen; wen«, sie hier bleiben wolle, müsse sie ruhig sein. Labori wanndte sich darauf zu Madame Henry: Er wisse, daß dieser Prozeß sie verwunden werde»' er bitte sie um Verzeihung, aber zu hohe Interessen ständen auf dem Spiele, als daß er schweigen könne. Bevor Labori sprach, ereignete sich ein »ielbeuierkler Zwischenfall. Der ehemalige Gcncralstcibsbnreanchcf Cordier, welcher bekanntlich zu Gunsten Picqnart's anssagte, reichte einem Obersten die Hand, welche dieser nicht annah»«. Saint-Aiibaii, der Nechtsbeistand der Frau Henry bekämpfte die Vertagung und griff Reinach heftig an, der sich der Verantwortuiig entziehen wolle, indem er ihm seinen Preßfcldzug gegen die Armee zun« Vorwurf niachie. Redner fügte Hinz», man habe Furcht, weil man den gcrsprochencii Beweis nicht erbringen könne. Er behaupte, die Unschuld Dreyfns' würde noch nicht die Schuld Henry's beweisen, und verlange, daß, da alle Zeugen zugegen seien, Reinach den ver sprochenen Beweis liefere. Labori erbot das Wort zu einer Replik» aber der Präsident Ponpardin erlheilte dem Gcncraladvokaten Lombard das Wort, wos eine lebhafte AnSeinandersetzung zwischen dem Präsidenten und Labori zur Folge hatte. ,^.ls Labori schließlich die Absicht knndgab, Anträge zu stellen, erklärte ihm dcr Präsident, er werde das Wort erhalten, wenn die Reihe an ihm sei. Hierauf entwickelte Lombard seine Schlnßfolgerunge». Er sagte, Reinach habe das Andenken Henry's grausam beleidigt, er müsse dafür Rede stehen, vor derselben Gerichtsbarkeit, die er selbst gewählt habe. Ter Gerichtshof müsse die Angelegenheit in der H.md behalten, «veil er i» rcgelrechler Weise damit befaßt sei. Das Geschworenengericht sei kompetent, weit Henry Offizier sei. Lombard schloß mit dein Anträge, den Antrag Labori'S anf V rlagnng abzuleynei!. Labori erwiderte, die Vertagung des Prozesses würde dem Lande Auf regungen ersparen, die mindestens keinen Nutzen brachte». Wenn die Vertagung abgclehnt werde, ft werde der Prozeß trotzdem nicht stattsinden. (Murren im Znhörcrranni.) Der Gerichtshof zog sich zur Verathnng zurück. Nach cinvicrtclstündiger Berathung fällte derselbe seine Entscheidung dahin, daß die Vertagung abzulehnen sei und die sofortige Verhandln,ig stattznfinden habe. Labori stellte neue Anträge »nd verlangte, man möge ihin bescheinige», daß sein Klient gegen die Enlscheidnng des Gerichtshofes ne Nichtigkeits beschwerde cinlege. Sciint-Auban beantragte in seiner Entgegnung, daß die Nichtigkeitsbeschwerde keine aufschiebende Kraft haben solle. Ter Gerichtshof erkannte schließlich darauf, daß die Beschwerde Labori'S gegen die Ablehnung seines VertagnngsantrageS anfschiebende Wukung habe. Der Prozeß der Frau Henry gegen Reinach ist somit vertagt.
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