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Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Inserate wer den bis Nachmittags Z Uhr sttr die nächst erscheinende Nummer angenommen. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. ^rei- vierteljährlich 15 NgL Inserate werden die gespaltene Zeile ob« deren Raum mit 5 S, berechn«. 257. Donnerstag, den 8. November. 1857. . Tagksgesiyichte. Dresden. Die „DreSd. Nachr." berichten unter Andcrm: > „Ein in voriger Woche hier anwesender Hamburger, Herr Meyer, der hier mehrere Prodnctionen in der Bauchredner kunst veranstaltete, leistet in der That, obwohl nur Dilettant, höchst BeachtenSwerthcs in diesem Fache. Wir hatten seit Jah ren in unserer Residenz keine Gelegenheit, einen öffentlich auf- tretendcn Künstler in der Bauchredncrkunst zu hören, und wenn der Berühmte Vendriloguc Alexandre durch seinen Witz sich auszcichnete, beschränkten sich seine Leistungen fast nur auf den s Vortrag, während Hr. Meyer befähigt ist, wie wir unü über zeugt haben, zugleich Belehrendes über die Physiologie dieser schon den Alten bekannten Kunst, und obencin in mehreren neuen Sprachen, zu bieten. Neuere Forscher, z. B. Prof. Hoffmann in Nürnberg, haben die Wahrsagerkunst im Alterthum, das i Orakel in Delphi, damit in Verbindung gebracht. Auch in ! verschiedenen Stellen des alten und neuen Testaments ist bereits auf dieselbe hingedeutet. Wien, 31. Octbr. Der Feldmarschall Graf Radetzky feiert am 2. November sein 9Istes Geburtöfcst und befindet sich nach eingelangtcn Berichten verhältnißmäßig recht wohl. Buchdrucker und Lithograph Dürr aus Kitzingcn, auf dem der Hayptverdacht ruht, daß er falsche baierischc und Preu- ßische Banknoten gemacht habe, ist in Mainz zur Haft gebracht werden, wo er mit seltener Frechheit nach Erlaß der Steckbriefe i noch Gelder cinzutreibcu suchte. Tüncher Härtner stand mit ihm § in Geschäftsverbindung d. h. er bekam für je 100 fl. ächter Bank- I noten 500 Gulden falsche. i Pclplin, 31. Oct. Das zum Andenken an die Dogma- tisirung des Geheimnisses der unbefleckten Empfänguiß Mariä hier zu errichtende Denkmal wird ca. 30 Fuß hoch werden. Die Ausführung des von dem Architekten Statz in Köln pro- jektirten Denkmals wird, nach dem „Kathol. Wochenblatt", in Sandstein und Marmor geschehen. Es werden demnach die Stufen deS Denkmals aus hartem niedcrmendiger Gestein, die Säule nebst der Statue der heiligen Jungfrau und der sich über ihr wölbende Baldachin aus Udelfingcr gelblich weißem Sand stein und die Säulchen, welche den Baldachin tragen, aus weißem Marmor bestehen; die Construction wird in rein gothischem Style geschehen. Kvburg. Die in verschiedenen auswärtigen Blättern be handelte sogenannte Gesangbuchsfrage reducirt sich einfach auf die Thatsachc, daß, da die Auflage Les „Neuen Gesangbuchs für die protestantischen Gemeinden des Herzogthums Sachsen- Kvburg vom Jahre 1833" vergriffen ist, der unveränderte neuere Druck dieses Gesangbuchs und die Einführung desselben im ganzen Lande augeordnct worden ist. Einige wenige Geist liche sind mit diesem Gesangbnche nicht einverstanden und wünschen Abänderungen re., trotzdem, daß die neue Auflage nunmehr bald vollendet sein wird. Die Bevölkerung bleibt bei dieser Angelegenheit natürlich ganz theilnahmlos. Frankfurt a. 9N, 31. Oct. Die Todteuliste der bei der Pulverexplosion in der Kleinen Eschenheimergasse Verwun deten ist leider noch nicht geschlossen. Heute Nacht ist im Hei ligen Geisthospital das zwölfte Opfer dieser fürchterlichen Kata strophe verschieden. Leider ist zu befürchten, Laß dies noch nicht das letzte Opfer ist, La von Len drei noch im Bürgerhospital liegenden Unglücklichen einer schwerlich mit dem Leben davon kommen dürfte. Dagegen befinden sich die beiden andern Ver letzten auf dem Wege der Besserung. Paris, 31. Octbr. General Cavaignac ist plötzlich gestor ben. Der „Moniteur" zeigt dieses überall lebhaft bedauerte, schmerzliche Ereiguiß in folgenden Ausdrücken an: „Der Divi sionsgeneral Eugene Cavaignac starb vorgestern, Mittwoch, Abends 6 Uhr, plötzlich auf seinem Landsitze von Ourne, im Sarthe-Departement. Herr General Cavaignac leistete der Sache der Ordnung große Dienste, als er an der Spitze der ausübenden Gewalt stand, und sein vorzeitiger Tod wird leb haft bedauere werten." .— Die „Presse" enthält nachstehende Details: General Cavaignac starb am Bruche einer Ader (aueu- r)'8inus) auf einer Jagdpartie in der Umgebung von TourS, wo er bei Hrn. Gust. v. Beaumont auf Besuch war. Der Ge» neral, welcher sich während der Jagd plötzlich unwohl fühlte, hatte kaum Zeit, seine Flinte einem bei ihm befindlichen Bedien ten zu übergeben; er sank hi», und hauchte sofort seinen letzten Athemzug aus. — Die Leiche wurde nach dem Schlosse des Hrn. v. Beaumont gebracht; aber die Wittwe deS Generals wollte nicht Unwilligen, daß dieselbe anderswo als zu Paris beerdigt werde. Sie stieg mit ihrem jungen Sohne und dem alten Ge neral Cavaignac, Oheim des Verstorbenen, in eine Kalesche, ließ die Leiche Hineinbringen und begab sich so nach Lem Bahn hofe von Tours, wo sie sofortige Organisation ekneS Special trains verlangte, der zuerst, wegen der fehlenden erforderlichen Ermächtigung, verweigert wurde. Durch Drängen und Bitten, unterstützt durch den Klang ihres Namens, erlangte Frau v. Cavaignac, was sie wollte. Ein Specialtrain wurde organisirt, die Kalesche installirt, und die Wittwe führte so ihren bereits von der Kälte des Todes starren Gemahl von Tours nach Pa ris, und ihren jungen Knaben, der im Schweigen und der Re gungslosigkeit seines Vaters nichts als einen Schlummer sah, den er nicht stören sollte. — Dem „Droit" zufolge wurde die Leiche des Generals in Paris nach seiner Wohnung im Hause des Hrn. Odier, seines Schwiegervaters, gebracht; während der Nacht wachten mehrere seiner Freunde, namentlich Hr. Jeanron, ehemaliger Director der National-Museen, und Herr Doctor Audiat bei der Leiche. General Cavaignac, sagt dasselbe Blatt, erlag einer Herz-Hypertrophie mit einer Herzwand-Verdünnung, welche einen Bruch und eine Blut-Ergießung herbeiführte. Die „Presse" bringt folgende kurze Lebensbeschreibung deS Generals Cavaignac: Eugene Lonis Cavaignac, Sohn des Conventmitglicdes Johann Baptist Cavaignac und der Julia Maria Olivier von Cernancey, wurde in Paris am 15. Oct. I8V2, anderthalb Jahre nach seinem Bruder Gottfried, geboren. Er wurde am 1. Oct. 1820 in Lie poly technische Schule ausgenommen und machte 1826 als Seconde-Lieute- nant, 1827 als Premier-Lieutenant und 1828 als Hanptmann zweiten Ranges den Feldzug auf der Halbinsel Morca mit. — Beim Aus bruch der Revolution von 1830 befand sich Cavaignac in Arras; er war Ler erste Offizier seines Regiments, Ler sich für Lie neue Ord nung Ler Dinge erklärte. Im Jahre 1832 wurde er nach Afrika geschickt, ivo er bald Gelegenheit fand, sich auszuzeichnen. Nach der Einnahme von Tlemkcn (13. Jan. 1836) beschloß der Marschall Clauscl, eine Garnison in Mcchouar, der Citadclle von Tlemkcn, zu- rückznlasscn, und Cavaignac, an der Spitze von 500 Freiwilligen, wurde mil dem Titel eines Bataillonschefs zum Kommandanten dieses gefährlichen Postens ernannt. Er blieb hier bis 1839 und erhielt am 4. August 1840 das Kommando Les dritten Zuaven-Bataillons, dessen Cadrc mit den Freiwilligen von Tlcmken gebildet wurde. Als Chef des zweiten leichten Infanterie-Bataillons von Afrika, genannt das Bataillon Ler „Zephyre", nahm er Theil an Ler Einnahme von Cherchcll (15. März 1840), wo er vom Marschall Bugcaud zur Vcrtheidignng Les Platzes zurückgclasscn wurde. Von den Arabern mit Ungestüm angegriffen, vertheidigte er sich 12 Tage lang gegen beträchtliche Streitkräfte. Ain 29. April traf ihn eine Kugel im Schenkel, glücklicherweise aber war diese Verwundung nicht ernst ge nug, »m ihn zu nöthigcn, das Schlachtfeld zu verlasse«. Dieser un gleiche Kampf endete mit dem Rückzüge der dccimirten Araber. Am 21. Juni wurde Cavaignac zum Oberst-Lieutenant der Zuaven er nannt. Sich in allen Treffen anszcichncnd, erhielt er 1841 den Rang eines Brigade-Generals mit dem Gonvcrncment der Provinz Oran. — Die provisorische Regierung ernannte ihn schon am 24. Februar zum General-Gouverneur von Algier mit dem Range eines Divisions-Generals. — Am 20. März wurde ihm das Portefeuille des Kriegsministeriums angctragen, aber er schlug es aus, — Von den Seine- und Lot-DcpartemcntS zum Repräsentanten erwählt, ent schied er sich für Letzcres. Am 17. Mai Kriegsministcr, wurde er in Juni-Tagen zum Chef der ausübenden Gewalt ernannt und blieb bis 10. Dcccmber am Staatsruder. 1852 zum Abgeordneten von Paris