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Erscheint Mi Wochentag früh »Uhr. Inserate Wer ts bi» Nachmittags ; Hr fiir die »Lchst- Mmende Nummer 'angenommen. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Preis vierteljährlich 15 Ngii,' Inserate werde« di« gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 Ed berechn«.' 216. Donnerstag, den 17. September. 1857. TageslMhlchli'. Dresden, 31. August. Seine Majestät der König haben ten zeitherigen Actuar beim Bezirksgericht Dresden vr. Theodor Wolf zum Geiichtsrathe bei dem Bezirksgericht Freiberg zu irnmnen huldreichst geruht. Leipzig, 14. September. (Dr. I.) Es ist durch mehrere Blätter Lie Mitthcilung verbreitet worden, cs habe der hiesige Eladlrath wegen Besetzung der durch den Tod des Superinten- denten Dr. Großmann erledigten Stelle einen Ruf an den Präsidenten v. Harleß ergehen lassen. Wir können aus zuver lässiger Quelle mittheilrn, daß diese Nachricht, so weit sie den Lladtrath zu Leipzig als solchen betrifft, unbegründet ist. — Am 12. d. M. wurden in der hiesigen Thomaskirche zwei Israeliten, Vater und Sohn, durch die heilige Taufe in die christliche Kirche ausgenommen. Zittau, 12. September. (Dr. I.) Mit Ende dieses MonatS hört eine Bildungsanstalt unserer Stadt zu bestehen auf, welche nicht nur für die Stadt, sondern auch für die ganze Umgegend fast ein halbes Jahrhundert hindurch von auerkennungöwerther Wirksamkeit gewesen ist, nämlich das hiesige Schullehrerseminar. Dasselbe wurde im Jahre 1811, um dem damaligen großen Mangel an tüchtig vorgebildetcn Schullehrern abzuhelfcn, als das allererste in der Oberlausitz, begründet und die dazu erfor derlichen Geldmittel theils durch Einziehung einer sechsten Pre- digerstelle, theils durch Zuschüsse auS den städtischen Kassen gewonnen. ES wurde von dem jedesmaligen Direktor der Bürgerschule mit geleitet und der Unterricht an der Anstalt theils von diesem selbst, theils von einigen andern Lehrern der Bürgerschule, so wie von einem der hiesigen Geistlichen und dem Organisten ertheilt, während die Seminarschule den ältern Seminaristen eine erwünschte Gelegenheit gewährte, sich im Unterrichte zu üben. Den Anforderungen, welche die neue Scminarvrdnung für das Königreich Sachsen an die Seminarien stellt, konnte allerdings unter den hiesigen Verhältnissen nicht in jeder Weise, namentlich nicht hinsichtlich des Zusammen- wohncns sämmtlichcr Schüler in einem besonder« Seminarge bäude, genügt werden, uud so wird, obwohl von Seiten der Stadt mancherlei Versuche gemacht worden sind, die vielfach bewährte Anstalt der Stadt zu erhalten, dieselbe mit dem 1. October dieses Jahres zu bestehen aufhören. Die gegenwärtigen Seminaristen und Proseminaristen werden demzufolge in das Seminar zu Budtssin übergehen, während der bisherige Seminar fonds der Stadt Zittau verbleibt. Berlin, 14. Sept. Se. Majestät der Kaiser von Ruß land ist heute Nachmittag um 2 Uhr hier angekommen. Die zum Empfang befohlenen Personen hatten sich und zwar auf allerhöchste Anordnung auf dem Potsdamer Bahnhofe einge- sunden. Se. Maj. der König war dem hohen kaiserlichen Gast st bis zum Frankfurter Bahnhofe entgegengefahren und kam mit demselben im k. Salonwagen an. Außer dem k. Salonwagen bienten fünf Waggons sowie ein Güterwagen zur Aufnahme des Gefolges und des Gepäcks. Im Salonwagen befanden sich nur Se. Majestät der König (in russischer Generalsuniform) und Se. Majestät der Kaiser Alexander, welcher die große preu ßische Generalsunisorm und das Band des schwarzen Adleror- Lens trug. Unter dem Wirbel der Trommeln und den Tönen der von dem Musitchor gespielten russischen Volkshymne stiegen die Majestäten aus dem Salonwagen auf Len Perron. Der Kaiser umarmte zunächst Se. königl. Hoheit den Prinzen von Preußen und reichte darauf sämmtlicheu Prinzen beide Wangen zum Kusse. Den Handkuß des jungen Prinzen Albrecht lehnte der Kaiser ab und reichte auch ihm Lie Wange zum Kuß. Hierauf ging der Kaiser, geführt von Sr. Maj. dem Könige und gefolgt von allen Anwesenden, die Front der ausgestellten Compagnie Soldaten herauf und hinab und begab sich darauf, nach kurzem Aufenthalte im Empfangssalon, in den bereit ge haltenen vierspännigen offenen Wagen mit Sr. Majestät dem Könige, der seinem kaiserlichen Gast die rechte.Seite ließ, nach Charlottenburg; die übrigen prinzlichen Herrschaften folgten gleichfalls in offenen Wagen nach. — Se. Majestät der Kaiser von Rußland wird am 16. September Abends.nach Süddeutschland abreisen und den Höfen ! von Weimar, Darmstadt und Stuttgart Besuche abstatten. Am ! 2. Oct. wird der Kaiser mit seiner Gemahlin auf der Rückreise l nach Rußland wieder hier eintrcffen und sich hier am 3. und ! 4. Oct. aufhaltcn. Ihre kaiserl. Majestäten verlassen am 4. > Oktober Abends wieder Berlin und begeben sich über Warschau, > Kieff, Moskau re. nach Zarskoje-Sselo, wo Allerhöchstdieselben ! am 23. Oct. anlange» werden. — Fürst Gortschakoff wird den Kaiser auf der ganzen Reise durch Deutschland begleiten. Nach der Rückkehr in das russische Reich wird derselbe von Warschau direct nach St. Petersburg gehen. Aus Baiern, 12. Sept. (D. A. Z.) Wir hatten am 9. und 10. Sept, eine politische Untersuchung vor dem Schwurgericht der Pfalz, einen Nachläufer der Jnsurrection vom Jahre 1849. Simon Kohl, 61 Jahre alt, in contumaciam bereits znm Tode verurtheilt, hatte sich in diesem Jahre dem Untersuchungsgericht gestellt und stand der Anklage wissentlicher Mithilfe und Theilnahme an den Attentaten zum Umsturz und zur Aenderung der Staatsregiernng und an der Erregung deS Bürgerkriegs gegenüber. Aus seinen Geständnissen und den Aussagen der neun vernommenen Zeugen geht hervor, daß er 1848 zum Adjutanten der Bürgerwehr in Speier, welcher er als ehemaliger Militär bei den Exercitien als Jnstructor diente, gewählt worden war. Am 12. Mai 1849 machte ihm Rein» hard, nachmaliges Mitglied der Provisorischen Regierung, den Vorschlag als Platzhauptmann nach Kaiserslautern zu gehen. Er nahm die Stelle an, zumal sie durch ein erträgliches Ein kommen der drückenden Lage, in der er sammt zahlreicher Familie sich befand, ein Ziel zu setzen schien. In fener Stadt versah er unter den Befehlen eines dcsertirten Offiziers die ge» wöhnlichen Dienste eines PlatzhauptmannS, namentlich die Einquartierung der durchreisenden Freischaaren und die Fremden polizei. Mehrere auf derlei Amtshandlungen bezügliche Schrift stücke wurden vorgelcgt; doch tragen dieselben bet seiner Unter schrift jedesmal den Beisatz „auf Befehl", angeblich, weil er nur unter dieser Bedingung das ihm auferlegte Amt übernommen habe. Nach dem Einrücken der preußischen Truppen in die Pfalz zog er mit der Volkswehr von Kaiserslautern fort, und war auf diesem Rückzug bei jener Abtheilung, welche in Weiden thal die Kasse dcr pfälzischen Ludwigsbahn mit 1600 Fl. in Beschlag nahm; doch konnte seine nahete Bethekligung hierbei nicht constatirt werden. In Karlsruhe, bis wohin er, nach seiner Aussage gezwungen, den Rückzug mitmachte, ließ er seine Waffen zurück und flüchtete in die Schweiz. Dort durch Mangel und Entbehrung — er arbeitete zuletzt als Tagelöhner beim Eisen bahnbau — gedrückt, kehrte er zurück, dem Urtheil sich zu stellen. In Ler Sitzung zeigte sein Benehmen tiefe Reue über seine damalige Handlungsweise, und da nebst einiger Eitelkeit, eine Rolle zu spielen, nur verzweifelte Aussicht auf Verbesserung; seiner und seiner Familie Verhältnisse ihn bestimmt zu haben scheint, wurde er auf das Nichtschuldig der Geschworenen sofort in Freiheit gesetzt. Jena, 13. Sept. Wir vernehmen, daß morgen eine Con» ferenz der Minister von Sachsen-Weimar, Meiningen, Gotha und Altenburg zur Verhandlung über akademische Angelegen heiten, wie dergleichen über Conferenzen in den letzten Jahren mehrfach und, wie es scheint, mit gutem Erfolge abgehalten worden sind, hier stattfindcn wird. Eisenach. Auf der Wartburg hat's den Weimar'schen Festgästen trefflich behagt. Sie fuhren in einem Extrazug auf Koste» des Großherzogs nach Eisenach und unten und oben machten der Commandant und der Baumeister Lie Honneurs. Die Burg übte ihren alten Zauber und der edle, reichlich fließende Wein des Großherzogs nicht minder. Und als ganz zuletzt Einige in Zungen sprachen und am babylonischen Thurm bauen wollten, fiel schmetternd die Militärmufik drein und geleitete die Gäste zur Burg hinab.