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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 06.04.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189804064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980406
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980406
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-04
- Tag 1898-04-06
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Monat
1898-04
-
Jahr
1898
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> Nr. 79. — ISS«; — Diese verbreiteiste unparteiische Zeitung erscheint Wochentags Abends (mitDatnnt de? nächsten TageS) nnd kostet mit den sechs Wöchentlichen Beiblättern: 1. Sächfis<her Erzähler, 2. Kleine Botschaft, 8. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, 6. Jllnstrirtes Untev- haltnngsvlatt, 6. Lustiges Bilderbuch monatlich 50 Pfennige. ES. Postliste r Nr. 2808, Telegramm -Adresse: Generalanzeiger. Fernsprechstelle Nr. 136. General Mittwoch, den 6. April. Anzeiger (Sächsischer LandeS-Nnzeiger). Verlag «n» Rotati«*»maschtne»,Druck von Anzeigenpreis: «gespalten« CorpnSzeile (ca.9 Silben sassend) oder deren Raum 15Pfg. (Preis verzeichnisse ä. Zeile 30 Pfg.) — Bevorzugte Stelle «gespaltene Petit-Zeile circa 11 Silben fassend) 30 Pfg. — Anzeige» können nur bis Vormittag 10 Uhl angenommen werde», da Druck »nd Verbreitnng der großen Auslage längere Zeit erfordern. für Chemnitz nnd Umgegend. ««gründet 1«VS alS „Anzeiger" re. lexauder Wied« in Chemnitz, Theaterstratze Nr. 8. Geschäftliche Anzeiger-Inserate finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch die täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Vom Hochmuts) zum Kleinmuts). (Von nnserem Korrespondenten.) London 2. April 1898. Die englische Politik hat iu den letzten Jahren manchen Miß erfolg aufzuwcise», aber so sehr ist den Engländern doch nichts in die Glieder gefahren, als der russische Erfolg in Ostasien.*) Wie hatten die englischen Blätter mit dem Säbel gerasselt, um die Russen ab- znschreckeii, aber der Lärm verhallte vollständig wirkungslos. Die „Times" hat voller Wehmuth ein Gelöbnis) abgelegt, das Säbcl- rassel» in Zukunft bleiben zu lassen, weil es ja doch keinen Werth habe; die anderen Mächte wüßten doch ganz genau, daß hinter den bramarbasirenden Worten keine festen Entschlüsse ständen, und sie hätten sich daran gewöhnt, England als eine Macht anzusehen, die den Frieden um jeden Preis, auch nm den einer Deinüthigung» auf recht erhalten wolle. Sv sei England seines Ansehens im europäischen Orient verloren gegangen und so verliere es auch seinen Einfluß im asiatischen Osten. Welch' ein Unterschied zwischen diesen kläglichen Betrachtungen und dem stolzen Worte von der sptsnckiä isolntion. Das Gefühl, das jetzt die Engländer beschleicht, ist völlig gleich demjenigen, das Jemand hat, der an einem regelrechten Katzenjammer leidet. Und der Grund der Leidens ist auch derselbe. Die Engländer haben sich übernommen. Sic haben die Hände, den Magen, den Mund zu voll genommen. Mit gierigen Fingern haben sie nach Allem gegriffen, was mir irgend erreichbar schien, und dabei ist es ihnen gegangen, wie Einem, der eine Last aufnimmt, zu der seine Hände nnd Arme zu schwach sind. Dann kommt, dem Gesetze der Bewegung folgend, nicht nur das in's Gleiten und Fallen, was die Tragfähigkeit über stiegen hat, sondern auch das, was man wohl hätte tragen können, wenn » an vo» vornherein in richtiger Bemessung seiner Kraft nicht mehr auf sich genommen hätte. Und die Engländer haben ferner mit einem wahren Heißhunger in den letzten Jahrzehnten mehr in sich hinein geschlungen, als was auch der kräftigste Magen fassen konnte. Und auch das hat die Wirkung, daß sie nicht nur das wieher hcrausgeben müssen, was nun zu viel ist, sondern auch Manches, was sie sonst ganz wohl hätten vertrage» und verdauen könne». Und die Engländer habe» auch den Mund zu voll genommen. Sie haben mit einer Kraft renvmmirt, die sie thatsächlich nicht besaßen, und so kam cs, daß man ihnen schließlich weniger Kraft zntraute, und daß sie selbst sich weniger Kraft zuzutrauen beginnen, als sie thatsächlich besitzen. Wenn die englische Presse aus einem Extrem in das andere fällt, wenn sie von einer maßlosen Ucbcrschätzung der englischen Kraft zu einer lächerlichen Untärschätznng von ihres Vaterlandes Macht kommen, so wäre es sehr unklug, cs ihnen darin nachzuthun. Nichts ist in der Politik gefährlicher, als die falsche Einschätzung und insbesondere die Unterschätzung eines Anderen. Wenn auch England gegenwärtig a» einem ganz gehörigen Katzenjammer laborirt, so ist darum sein Körper doch durchaus gesund. England hat noch im»,er die größte Flotte, den größten Neichthum, den größten Handel und den größten Kolonialbesitz. Und wenn die Engländer auch in mancher Beziehung, z. B. hinsichtlich ihres LandhecreS, hinter anderen Großmächten weit znrückstehen, so sind doch die angegebene» Vorzüge wohl geeignet, d'e Mängel wieder wett zu machen. Die Stimmung, die sich in der „Times" ausdrückt, ist die jenes römischen Ver schwenders aus der Zeit des verfallenden römischen Kaiserreiches, der sich in sein Schwert stürzte, als er nur »och einige 100,000 Thaler besaß, weil er glaubte, nunmehr verhungern zu müssen. Solche Stimmungen sind allerdings die eines niedergehenden Geschlechts, aber ma» darf nicht annehme», daß das ganze englische Volk auf dem Pnnkic der Dekadenz angelangl ist, wie das führende englische Organ. Es ist vielmehr zu wünschen und zum Beste» des allgemeinen Friedens zu hoffe», daß England sich wieder auf sich selbst besinnt und aufhört, von einem Extrem in's andere zu geralhcn. Hochmuth und Verzweiflung sind gleich gefährlich; beide Stimmungen führen leicht zu thörichten Streichen. Nur ein sich sciner Kraft in Ruhe bewußter Staat kann eine Stütze des Völkerfricdens sei». Deshalb ist es den Engländern zu wünsche», daß sie ans ihre» schwankenden Stimmungen herauskomme», daß sie, trotz der in Ostasien erlittenen Schlappe, nicht daran verzweifeln, eine Großmacht z» sein, daß sie sich aber auch nie mehr einbilden möge», die Großmacht zu sei». Kommen sic wieder zur ruhigen Einsicht, so wird sicherlich auch das Verhältnis; zwischen England und Deutschland ein normales nnd freundschaftliches sei». Den» nichts hat i» Deutschland so verdrossen, als der übertriebene Hochmuth, nichts flößt ein solches Mißbehage» ei», als die ebenfalls übertriebene Kleinmüthigkeit. Llsaic. *) Tie Pachtung des HascnS Wei-hai-wei (die erst ::ach der Abfassung dlcseS Artikels bekannt wurde) kann keine volle Entschädigung für das bieten, was England i» Ostasien verloren hat, denn »nwicdereinbringlich ist ihm die Vorherrschaft in Ostasien an Rußland verloren gegangen. ' D. Sied. in der mittleren Zone gelegenen Interessensphäre suchen würde. Die Meldungen treten mit solcher Bestimmtheit auf, daß man an ihrer Nichtigkeit nicht zweifeln kann, obwohl eine Bestätigung bisher nicht eingetroffen ist. ES wäre daher verfrüht, darüber Kombinationen anzustellen, welche Haltung Deutschland in dieser Angelegenheit ein zunehmen beabsichtigt, doch das Eine scheint festzustehen, daß man in der eventuellen Besetzung Wei-hai-wei's keinen gegen Deutschland gerichteten Schachzug zu sehen haben würde. Ein Blick auf die Karte genügt, um zu zeigen» daß England damit in erster Linie ein Gegengewicht gegen Port Arthur schaffen und Rußlands strategischer Stellung im Hafen von Petschili ein Paroli biegen will. Was die Nachricht von Englands Erfolg so überraschend macht, liegt nicht in Chinas Haltung; denn eS ist und bleibt den Mächten gegenüber zur Ohnmacht verdammt. Vielmehr bleiben Japans Motive, indem es sich hineinfügte, England an seine Stelle treten zu lassen, unklar. Will es damit einen entscheidende» Schritt zu engerer Verbindung mit England thun? Zwar sind beide Mächte auf ein Zusammengehen mit einander angewiesen, denn Beide bedroht das Vordringen Rußlands iu Ostasien. Aber bisher war man noch nicht zu einem faktischen Bündniß gelangt. Die Gründe hierfür liegen, wie gerade jetzt in einem Artikel des „Ostasiatischen Lloyd" ansgeführt wird, ans dem Gebiete von Handel und Industrie. Eng land sieht das erstaunlich schnelle Wachsthum der japanischen Industrie mit wachsender Eifersucht, und darum darf man ihm wohl zutraucn, daß es Japan herzlich gern vor Beendigung der japanischen Rüstungen i» einen Krieg verwickeln möchte, um selbst nach lieber Gewohnheit bei Seite zu stehen und aus der unausbleiblichen Schwächung Japans größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Die Geschichte lehrt, daß das von jeher englische Art war. Die Erschließung Japans, die Zunahme seiner Industrie, die Entwickelung seiner Handclsthätigkeit haben England (wie der ganzen industriellen Welt) einen Rivalen ge schaffen, dessen Unternehmungsgeist getpiffe Zweige des englischen Handels und der englischen Industrie ernstlich bedroht. Der japanische Handel hat sich während eines Jahrzehnts säst nm das Fünffache vermehrt, und der weitaus größte Theil dieser Zunahme entfällt auf staatssekretär Freiherrn v. Richthofen, ist vom Kaiser der Rothe Adler orden 3. Klaffe mit Eichenlaub verliehen worden. — Der „Neichsanzeiger" veröffentlicht da» vom 31. März datirte Gesetz belr. die Feststellung des Reichs hauShalts-EtatS für 1898. Der Etat schließt in Ausgabe und Einnahme mit 1,433,790,723 Mark ab. Ferner werden die Gesetze veröffentlicht, betreffend die Aufnahme einer Anleihe von 55,6^9,991 Mk. für Zwecke der Verwaltungen des Neichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen; betreffend Verwendung überschüssiger Reichs-Ein nahmen, im Betrage von 37V- Millionen Mark, zur Schuldenlilgung »nd betreffend den Haushalisetat für die Schutzgebiete. Auch die bekannten, vo» den Bundesregierungen aufgestellten Grundsätze über die Trennung der Geschäftsräume für Margarine und Butter werden im „Reichsanzeiger" veröffentlicht. — In verschiedenen Bundesstaaten findet in nächster Zeit die auf Anregung des Reichsamis des Innern in die Wege geleitete Zählung der gewerblich thätigen schulpflichtigen Kinder statt. Die Zählung erstreckt sich nicht nur auf die in der Hausindustrie thätigen Kinder^ sondern auch aus solche, welche ihren Angehörigen oder anderen Per sonen i» dem Haupt- oder Nebenberuf behilflich sind und auf schul- " pflichtige Kinder, welche durch andere Beschäftigung, wie Austragen von Zeitungen, Backwaaren rc. Erwerb suchen. Schulpflichtige Kinder, welche in Fabriken oder in der Landwirthschaft, im Garten-, wie in» Obstbau beschäftigt sind, kommen nicht in Betracht. — Man schreibt uns aus Berlin unterm 4. April: Die Parteien nehmen überall bereits Stellung zu den Wahle», „Sammlungs"-Aufrufe und Gegenausrufe laden zur Unterschrift. Die Frage liegt nahe, ob nicht auch die Reichsregierung für die Wahlen, die diesmal von besonderer Bedeutung sein werden wegen der wichtigen Entscheidungen, die den neuen Reichstag erwarten, ein Feldzeichen errichten wird? Es sind mehrfach, im Reichstag vom Staatssekretär Grafen Posadowsky, im preußischen Abgeordneten haus von Herrn v. Miquel, i» gewissem Sinne „Wahlreden" ge- »».nrv«, uu, halten worden. In unserer schnelllebigen Zeit fallen aber solche ge- den answärtigen Jmporthandel. Der ausländische Handel von Japan, legenttrchen Kundgebungen rasch der Vergessenheit anheim. Konse> England in -Ostasien. Ziemlich überraschend kommen folgende Drahtmeldungen: „Nach einem Telegramm des „Reutcr'schen Bureaus" aus Peking vom 2. d. M. fordert England von China zur Wiederherstellung des gestörten Gleichgewichts i», Golfe von Petschili die Pachtweise Ueberlassnng von Wei-hai-wei, wen» dieses von den Japanern geräumt sein wird. In diplomatischen Kreise» zweifelt man nicht an der Erfüllung dieser Forderung nnd glaubt, daß die japanische Negierung günstig zu derselben stehe." — „Nach einer Meldung der „Times" vom 2.d.M. hat China der Forderung Englands wegen der Ueberlassnng von Wei-hai-wei zu gestimmt." Diese Nachrichten kommen unerwartet, da man bisher ange nommen hatte, daß England seine Kompensationen in der Nähe seiner das wenig mehr als 40 Millionen Einwohner hat, steht heute schon da, wo der von China, das säst die zehnfache Einwohnerzahl hat, im Jahre 1885 stand, und bei dem jetzige» Verhältnis) des Fortschritts in beiden Länder» kau» schon das nächste Jahrzehnt sic aus gleicher Höhe sehe». Obwohl die Pessimisten, welche den Untergang des englischen Handels im fernen Osten mit Riesenschritten hcrannahen sehe», von optimistischer Urteilenden darauf hingewiesen werdcn, daß der Handel zwischen Japan und England heute noch einmal so viel als vor zehn Jahre» der ganze auswärtige Handel Japans beträgt, daß auch die Handelsbilanz »och immer zu Gunsten des britischen Reiches, besonders Großbritanniens, ansfällt, scheint ma» in England im Allgemeinen der weiteren Entwickelung Japans doch mit Furcht entgegeiiznschcn. Solche Furcht hat aber die Engländer von jeher dazu angcspvrnt, den Hmidclsrivalen bei erster Gelegenheit zu verge waltigen, und davor auf der Hut zu sein, dürfte, so heißt es am Schluß tcs erwähnten Artikels, Japan alle Veranlassung haben. Vielleicht geben gerade diese Gesichtspunkte den Schlüssel zu dem ncnesten Ercigniß im fernen Osten. Weiter wird aus London berichtet: Di« Abtretung von Wei-hai-wei erfolgt unter ähnlichen Bedingungen und für dieselbe Zeitsrist, die Rußland hinsichtlich Port Arthur gewährt wurden. „Daily Tclegr." erfährt auch, die chinesische Negierung habe weitere von dem britischen Vertreter gestellte Forderungen bewilligt. „Daily News" melden, der Pachtvertrag sei auf Wei-hai-wei allein beschränkt; England be anspruche lei» Hinlerland »nd bezwecke lediglich eine Kvhlcnstatioii weiter nördlich als Hongkong zu verlangen; England verständigte sich vorher mit Japan. Die Mvrgcublätter besprechen das Ercigniß mit Geinigthumig und drücken die Meinung aus, durch die Besitz nähme von Wei-hai-wei durch die Briten werde das durch die Vor wärtsbewegung Deutschlands und Rußlands bedrohte Gleichgewicht in Ostasien hergestellt. Die „Köln. Ztg." führt aus: Dieser Bezirk (Wei-hai-wei) sei von dem deulscheu Gebiete durch hohe Gebirgszüge derart getrennt, daß sowohl van militärischer wie wirthschafllicher Seite ans eine Reibungsfläche so gut wie ausgeschlossen sei. Für England liege die Tragweite zur bevorstehenden Besetzung Wei-hai-we!s ans der Hand; denn wenn auch dieses Gebiet in russische Hände falle »nd von Rußland der Zugang zum Golfe vo» Petschili »nd damit zum Herzen der chine-ffch.n Verwaltung ausschließlich beherrscht werden würde, so wäre cs klar, daß Englands Einfluß in China eine »icm.ils wieder cinzubringende Einbuße erleiden würde. Das Blatt schließt: „In den Beziehungen zwischen England nnd Rußland bedenlet jeden falls der letzte englische Schritt eine Verschlechterung. Diese ent schiedene Stellungnahme gegenüber Rußland ist unzweifelhaft darauf zurück;,»führen, daß angesichts des wahrscheinlich zwischen Rußland und Japan erreichten Uebereinko»»»e»s, wonach Rußland Korea a» Japans Einflußbereich zurückgiebt, dafür aber freie Haud im Golfe von Petschili erhält, Eugland sich genöthigt sieht, die Uebcrwachung seiner Interessen im Norden Chinas selbst in die Hand zu nehme». Politische N,mdscha,t. Chemnitz, den 5. April 1898. Deutsches Reich. Berlin, 4. April. Der neu ernannte Direktor der Kolonial abtheilung des Answärtigen Amts Wirklicher Geheimer Lcgationsralh Or. v. Bnchka, welcher von seiner mehrtägigen Reise »ach der Hcimath hierher znrückgekehrt ist, hat heute Mittag sein neues Amt übernommen und sich die sümmtlichc» hier anwesende» Räthe »nd Hilfsarbeiter der Kolonialabthciluug vorstellen lasse». — Dem bis herigen Leiter der KoloiiialabtyeÜiiug des Auswärtige» Amtes, Unter- quenter Weise müßte auch die Regierung, und gerade sie zuerst, ihr Programm ans den Tisch legen. Man gewänne dann einen Maß stab dajür, wie weit die Ankündigungen und Hoffnungen der Parteien aus Verwirklichung Aussicht haben. Was jede einzelne politische Gruppe will, das wird man bald laut und deutlich vernehmen; was die Regierung will für die Zukunft, das möchte mau lieber unmittel bar von ihr hören, als von Parteien, welche ihre Absichten zu kennen nnd zn vertreten erklären. Ausland. Oesterreich-Ungar». Die Morineleitmig beansprucht fünf neue große Panzerschiffe, fünf Torpedoboote und eiuige Torpedosahr- zeuge. Das gesammte Material dafür füll ans dem Inland bezogen werden. Der dafür z» beanspruchende Kredit wird 50 Millionen Gulden betragen; er soll derart aufgetheilt werdcn, daß jährlich 10 Millionen zur Verwendung gelangen. Diese Floltenplüne der Marineleitung stoßen aber ans den Widerstand der beiderseitigen Finaiizminister, welche erklären, der geforderte Marinckredit bedrohe das Gleichgewicht des Staatshaushalts beider Neichshälften. Frankreich. Es stand zu erwarten, daß mit der Aufhebung des verurtheilenden Erkenntnisses im Zola-Prozesse ei» neuer Strom von „Enthüllungen" sich in die französischen Blätter ergießen würde, um de» weiteren Erörterungen über diese Slandalaffaire frische Nahrung ziizuführe». Eine für den Geschmack der Pariser mit besonderer Kunst zmechtgemachte „Enthüllung" bringt der „Sie-cle." Er schreibt, daß der deutsche Militär-Atlacho von Schwartz- koppen seit 1892 mit Esterhazy verkehrt habe, welcher 162 mehr oder minder werihvolle Dokumente lieferte, darunter einige Italien betreffend. Der italienische Militäraltachü Panizzardi wird als Zeuge dafür angeführt, daß ihm Schwartzlvppen im Oktober 1894 »ach dem Bekaiiictwerden der ersten Nachricht von der Verhaftung eines französische» Offiziers die Besorgniß ausgesprochen habe, „das könnte mein Mann sein", daß ferner Schwartzkoppen demselben Panizzardi wenige Tage später zugeflüstert habe: „Gottlob, meiner ist's nicht", daß endlich Schwartzkoppen demselben Panizzardi nach dem Erscheinen des Bordereaus gesagt habe: „Diesmal sitzt mein Mann in der Patsche." Schwartzkoppen, welchen: allerdings die im Vorderem: bezeichne!«:» Dokumente, aber nicht das Vorderes» selbst zugegangcil war, stellte im Bvtschafterpalais eine Untersuchung an, iuivlgc deren ein Elsässijchcr Portier entlassen wurde. Seither hörte der geschäftliche Virlehr Schwartzkoppens mit Esterhazy auf Am 16. Oktober 1897 Nachmittags erschien Esterhazy in Schwarz- kvppcns Privatwohuung, zog einen Revolver und sagte, er sei gewillt, Selbstmord oder auch einen Mvrd zn begehen, wenn Schwartzkoppen nicht der Frau Dreyfus ins Gesicht erkläre, ihr Manu habe die Dokumente geliefert. Bvn Schwartzkoppen hinausgewiesen, kehrte Esterhazy wenige Stunden später wieder zurück und sagte freude strahlend: „Ich fürchte nichts mehr, ich bin durch zwei französische Offiziere gerettet." Am 10. Novemver, als Niemand außer den zu nächst Betheiligten wußte, daß Esterhazys Name genannt werdcn würde, war Major Süßkind bereits Schwartzkoppens Nachfolger. Russland. Die russische Regierung fährt sort, ihre Stellung in Ostasien zn verstärke». Wie aus Kvnstantinopel gemeldet wird, ersuchte diesrussische Regierung die Pforte, die Durchfahrt des Kanonen bootes „Zaporoshez" durch den Bosporus zu gestatten. In den nächsten Tagen sollen weitere zwanziglausend Mann russische, »ach Osten bestimmte Trnppen auf Transportschiffen den Bosporus passiren. Auf den Petersburger Wersten herrscht eine »»gemein rührige Thätig- kcit, nm sämmtliche in: Bau begriffene Kriegsschiffe für diesen Sommer fertig zu stelle». Besonders dringt man darauf, daß die beide» grüßten neuen Panzer „Ossljabja" und „Pereswjet" sobald wie möglich fertig werden, damit die Schiffe dem neu formirtc» Paiizer- gcschwader im Stillen Ozean einverleibt werden können. Die drei
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