Volltext Seite (XML)
50 Paris. Der Moniteur enthält eine sehr detaillirtt Schil derung der am 10. Januar stattgefundenen feierlichen Bestattung deS Erzbischofs Sibour, auS welcher wir das Wesentlichste hcr- vvrhtben. Den sich nach 8 Uhr früh in Bewegung setzenden Lrauerzug eröffneten Abteilungen der Garde non Paris, der Guiden, der kaiserlichen Gendarmerie und des 7. Jnftlvteticrt- gimentS, denen in 6 Trauerwagen die Mitglieder des Mktrv- politancapitelS und hinter diesen die Träger der umflorten In signien der erzbischöflichen Würde folgten. Der mit sechs mit Decken verhü!rwn««nd von Dienern geführten Pferden bespannte Leichenwagen barg den mit violettem Sammet auSgeschlagenen Sarg. Den Wagen selbst überragte ein großes, weißes mit dem Wappen Monseigneur Sibour's geschmücktes Kreuz. Dem Leichenwagen folgten die Verwandten des Erzbischofs, mehrere Deputationen, der Wagen des Verstorbenen, ein kaiserlicher Eeremonienwagen mit einem Adjutanten und einem Kammer- Herrn deS Kaiser«, ein Wagen Sr. kais. Hoheit des Prinzen Jerome Napoleon, 12 Traurrwagen, eine Abteilung Stadtser- aeanten, mehrere Abteilungen Militär, von denen ein Piket der Pariser Garde den Zug schloß. Die Haie bildeten auf jeder Gelte deS Wagens 4 Compagnien des 20. Infanterieregiments, deren Fahnen, Trommeln und Trompeten umflort waren. Die Musikchöre der verschiedenen Abteilungen ließen Trauermarsche erklingen, welche mit dumpfem Trommelwirbel abwechselten. Um V,10 Uhr erreichte der Zug die Notre-Dame-Kirche, welche in ihrer ganzen Breite von der Galerie Ler Könige bis auf den Boden mit schwarzen silberbesctzten Draperien auSgeschlagen war. Das Geläute der Glocken mischte sich mit Lem Donner deS Geschützes. Die. Geistlichkeit empfing den Leichnam ihres «erstorbenen Oberhauptes. Hier entfernten sich die am Zuge beteiligt gewesenen Truppenabtheilungen. Der Zudrang der ihren Schmerz über den Tod des Erzbischofs durch gemessene Haltung, ja durch Thränen kundgebenden Menschenmenge war irotz des schlimmen Wetters ein außerordentlicher. Nachdem der Leichnam auf einem Katafalk ausgestellt worden, begann sofort die vom Erzpriester Le Courticr celebrirte Messe. DaS Ende dieser Trauerfeierlichkeit ward durch eine Salve von fünf Kanonenschüssen bezeichnet. Der Leichnam des Erzbischofs blieb den Tag über ausgestellt und ward erst, nachdem das Capitel um 3 Uhr die Todtenvesper gesungen, in die erzbischöfliche Gruft hinabgesenkt. — Gerade in dem Augenblick, wo das Glockenspiel die Ankunft des Leichnams vom Erzbischof in der Notre-Dame-Kirche anzeigte, langte Verger, von MazaS kom mend, in der Conciergerie an. Er behält noch immer seine Kaltblütigkeit;' er wieS jede Verteidigung durch einen Andern zurück und Hr. St.-Laurent mußte ihm ex okücio beigegebcn werden. Verger behauptet, keine Reue zu fühlen; er wisse, waS er gethan habe, und er wollte dem hohen Klerus eine Lehre gebe». Er beabsichtige, eine geschichtliche Darstellung der Lage der kleinen Geistlichkeit den Richtern vorzutragen, und benimmt sich durchaus wie ein Mann, der mit seinem Gewissen im Rei- «en ist. DieS macht seine That nur um so schrecklicher, und der Fanatismus, der in allen seinen Aeußerungen sich ausspricht, macht einen großen Eindruck in der officiellen Welt. Verger hat sich zur Zeit, als er Kreuzttäger in der Tuilerienkapelle ge wesen uud wo man ihn unter dem Namen des bean ports-croix bezeichnete, schon durch sein Benehmen bemerkbar gemacht, und mußte mit auS diesem Grunde beseitigt werden. London, 11. Jan. Die Lösung des preußisch-schweizeri schen Streits hat einen guten Eindruck hervorgerufen. Wie das gewöhnlich der Aall, mißt die Eigenliebe einer großen Nation wie England den glücklichen Ausgang zunächst der diplomati schen Intervention seiner Regierung zu. Englands Gesandter in Bern soll es gewesen sein, der den Bundesrath zum energi schen Widerstande anspornte, und keine Maßregel wurde von der schweizer Regierung ergriffen, ohne vorher mit dem Re präsentanten Großbritanniens ins Einvernehmen getreten zu sein. Ebenso hat England auf den Umschwung der Tuilerien- stimmung eingewirkt, sodaß die Cordialität zwischen den beiden Regierungen als vollkommen wieder hergestellt betrachtet werden darf. Diese Haltung Englands soll denn auch am Eindring lichsten am Potsdamer Hofe gewirkt haben, weil sie in einem Momente angenommen wurde, wo Familienintereffen alle Scho nung und rücksichtsvolle Behandlung des von seiner aufrichtigen Liebe zu den getreuen Neuenburgern geleiteten Königs noth wendig gemacht hätten. Uebrigens ist auch bereits die politische Conversation in den Clubs thätig über VaS Thema her, ob Preußen oder die Schweiz durch die Concessionen mehr oder weniger getroffen sei. Auf radicaler Seite sagt man sonderba rer Weife, daß die Schweiz sich durch die Entlassung der Ge fangenen vor ihrem Urtel eines Angriffs auf das Rechtsprincip und einer unverantwortlichen Schwäche schuldig gemacht habe. Indessen dürfen die Vorwürfe der Radialen nicht so genau genommen werden. Diese Partei hat die Hoffnung auf einen Revolutionstriez in Centraleuropa mit der Lösung der Frage verloren, und daher die erbitterte Stimmung. (D. A. Z,) Türkei. In dem deutschen evangelischen Krantrnhause zu Konstantinopel wurden, laut einer der Preußischen Corrrspoto dtnz zugtgangtlien Mittheilung, vom 1. Dec. 1853 bis 1. Dec. 1850 Krakle ausgenommen, nämlich 278 Personen männ lichen und 18 Personen weiblichen Geschlechts. In jener Ge- sammtzahl wurden der Abstammung nach 84 Preußen, 4 Oester- rticher, 6 Baiern, 8 Sachsen, 5 Hannoveraner, 9 Württem berger, 7 Badener, 1 Hesse, 3 Holsteiner, 2 Braunschweiger, 8 Mecklenburger, 11 Oldenburger, 9 Bremer, 2 Frankfurter und 10 Hamburger, ferner 6 Schweden, 2 Dänen, 14 Englän der, 14 Niederländer, 1 Belgier, 1 Franzose, 1 Spanier, 7 Neapolitaner, 5 Armenier, 5 Walachen, 9 Russen und 54 Ame rikaner, nach dem Glaubensbekenntniß 238 Pretestantrn, 41 Katholiken, 2 Griechen und 14 Israeliten registrirt. Von den aufgenommenen Kranken sind 266 als geheilt entlassen worden, 19 starben, 11 Personen blieben noch unter ärztlicher Behandlung. Der Werth des Gelder in alter Zeit. Ueber den Werth des Geldes in alter Zeit theilen wir au« der vor einiger Zeit erschienenen „Urkundlichen Geschichte der Stipendien und Stiftungen an dem großherzoglichen Lyceum zu Heidelberg" Nachstehendes mit: Um 1512 genügten 10 fl., um damit die jährlichen Kosten auf der Universität Heidelberg zu bestreiten, und 43 Jahre später (1555) waren nur 12 bis 14 fl. zu diesem Zwecke nöthig. Um zwei Stipendien zu grün den, mit deren Ertrag zwei Studirende vollständig erhalten wer den konnten, reichten noch im 15. und 16. Jahrhunderte 600 fl. hin. Daß eine so geringe Summe genügend war, hatte in den damaligen Preisen der Lebensmittel seinen Grund. Um das Jahr 1558 kostete das Fuder Wein in Ler Pfalz 10 fl., Las Malter Korn 40 kr., das Pfund Ochsenfleisch 4 Pfennige. Nach einer von Hildeb'and angcstellten Berechnung war um das Jahr 1550 ein Gulden mehr werth, als jetzt 20 fl. Man konnte daher damals mit 10 fl. auch mehr ausrichten, als jetzt mit 200 fl. Der Marschall, einer der ersten Hofbeamten deS Kur fürsten Philipp (1476—1508) erhielt jährlich als Besoldung außer der freies Wohnung und der Nutznießung des Gartens auf dem Schlosse Strahlenburg, 35 Malter Korn, 3 Fuder Wein, 2 Wagen Heu, 300 Gebund Stroh und 16 fl. Geld, und der Hofmeister, d. h. der erste Hofbeamte der Kurfürstin- Mutter, Margaretha von Savoyen, hatte einen jährlichen Ge halt von 30 fl. Ferner ersieht man aus im Münchner Reichs archiv aufbewahrten Rechnungen vom Jahre 1532 und 1533, daß man die Nachtmahlzeit der Edelleute am Hofe mit 10 kr., die der anderen Leute aber noch etwas geringer anschlug. Die Besoldungen der Universitäts-Professoren betrugen im 15. und im Anfänge des 16. Jahrhunderts 25 bis 60 fl. Der erste Rector der Universität Freiburg im Br. (1457), Hummel, war mit 70 fl. besoldet. Die Jmmatrikulationsgebühr an der Uni versität Heidelberg, welche von bemittelten Studenten bezahlt wurde, betrug 10 kr. Aus einer etwas späteren Zeit (1563) sind in der Universitäts-Bibliothek mehrere Rechnungen über die Haushaltungen des reichen und berühmten Ulrich Fugger, Frcihcrrn von Kirchberg und Weiffenhorn, anfbewahrt, welcher seinen Wohnsitz aus seiner Vaterstadt Augsburg nach Heidel berg verlegt hatte und, durch die Freundschaft Les Kurfürsten Otto Heinrich geehrt, mit dem kurfürstlichen Hofe immer in freund lichem Verkehre stand. Nach diesen Rechnungen überstiegen die gewöhnlich wöchentlichen Ausgaben des Fugger'schen Hauses in Lem genannten Jahre nicht Lie Summe von 18 fl. Es wur den verausgabt an den Nindfleischmetzger 44 kr. —2 fl. 58 kr., Bratenmetzger 1 fl. 2 kr.-1 fl. 23 kr., Fischer 1 fl. 1Ekr. —2 fl. 42 kr., Bäcker 2 fl. 58 kr. - 3 fl. 18 kr. Die stärkste Wo chenrechnung betrug 38 fl. 6 kr., worin aber der Ankauf eines Fasses Wein begriffen ist. -feuMeton. * Als man in dem Residenzschlosse zu München eine Reihe Zim mer für Lie Gemahlin Les Prinzen Adalbert neu herrichtete, kam mau auch bei Herabnahmc einer alten Tapete auf eine verborgene Thür. Als man öffnete, standen auf einem Altar silberne Leuchter und andere kostbare Kirchengerälhe. Man glaubt, daß diese Thür schon seit LeM Süjahrigen Kriege, wo Gustav Adolph in München war, verborgen gewesen sei.