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1855. Sonnabend, den LS, Deeember Gelde geholfen. Er prägt Geld, das er zu in schlechtem ^viel höheren würde eS keinen Finanzmann, keinen Spekulanten geben, der sich nicht beeilen würde, seine Eapitalien vorzuschießen, in der Ueberzeugung, daß dieselben in eben so sicherer, als vortheil- hafter Weise angelegt wären. So sprechen die Freunde. Und' es ist wirklich richtig, daß die Türkei durch die Fruchtbarkeit des Bodens, das milde Klima und die für den Handel günsti gen Küsten eines großen materiellen Aufschwunges fähig ist; in dem Kriege ist aber wenig Gelegenheit dazu gegeben, und es läßt sich kein SpeculattonSwechsel auf, striche Hoffnungen auS- stellen. Die Türkei braucht es auch nicht; denn sie besitzt im Nothfalle den Schatz der Moscheen, der von seinen Hütern be reits als Opfer für das Vaterland angeboten worden ist und den Bedarf wohl decken wird. Daß ein Staat nicht sofort zu solchen letzten Mitteln greift, gebietet die StaatSklugheit. Ue-^ brigens ist wohl zu beachten, daß außer dem zinslosen Papier gelde, dessen Höhe Hübner auf 10 Millionen angiebr, die Tür kei keine Staatsschulden in unserem Sinne hat und bisher im Stande gewesen ist, die vielen Kriege, in die es sich ost sehr unnöthig durch allerlei Ränke verwickelt hat, ohne Anleihen durch fremde Kräfte auszuführen. Ein Glücksstand, dessen sich kein Staat in Europa rühmen kann. Die Anleihen, welche die Türket seit 1776- nöthig gehabt hat und die noch 40 Millionen Thaler betragen, stellen eine ideale Staatsschuld vor, da sie aus der Khasine Odasfi (der Privatschatulle des Sultans ^entnommen sind, und der Sultan lich etwas Unsinn. So ist es auch mit der Türkei. Die Tür kei hat nach allen Anzeichen kein Geld im Frieden angesam melt, um die Kosten des Krieges zu bestreiten; es ist ihr aber doch bisher mit nur geringen Anleihen gelungen, den Krieg zu bestreiten. Die Finanzen können daher nicht so ganz schlecht bestellt fts«. Es sind noch keine Kriegscontributionen, Natural- lelstungen und Dienste aller Art auf die Unterthanen gewälzt Die Finanzen der Türkei. Wir haben früher über die Finanzverhältntffe Rußlands «inige Notizen gegeben und daraus ersehen, daß dieselben nicht gerade in dem günstigen Zustande sich befinden, wie russisch ge sinnte Blätter ohne Weiteres uns weiß machen wollen. Der jetzt im zweiten Jahre bestehende Krieg kann aber auch von Seiten der Türkei nicht ohne Geld geführt werden; denn beim Kriegführen ist so recht eigentlich das Geld das bewegende Ele ment. Sehen wir uns darum doch auch einmal.die Finanzlage der Türkei aü. Wir stützen uns auf zuverlässige Mitteilun gen, soweit diese hierüber existiren. In allen Staaten, wo nicht öffentlich Rechenschaft über den Haushalt abgelegt wird, und die Einnahmen undj Ausgaben nach Wahrscheinlichkeitsberechmmgen von den Statistikern und Publicisten angegeben werden, ist es nämlich schwierig, sich über die Finanzen ein richtiges Ürtheil zu verschaffen. Di?.Finan zen Rußlands sind in Dunkel gehüllt, die Finanzen der Tür- . kei sind auch nicht lichtvolle. Da ist nun ein weites Feld ge geben, wo der jedesmalig verschiedene Parteistandpunkt die .Dinge durch seine Brille ansieht und wiederspiegelt. Wer die russischen Finanzen als glänzend darstellt, sieht in der Türket einen Bankerott, und so kommt es auch umgekehrt vor. Die Bewunderer Rußlands find gewöhnlich Feinde der Türkei, und die Bewunderer der Türkei Feinde Rußlands. Wo keine Con- trole der Finanzen ist, kommen sehr viele extraordinaire Aus gaben zu Luxus und Ueppigkeit, zu geheimen Jntriguen vor, und der Finanzminister ist Meist in größter Verlegenheit, wo her das Geld kommen soll. Diese Erfahrung haben alle abso luten Staaten gemacht — aber aus solchen finanziellen Verle genheiten ohne Weiteres auf einen Staatsbankerott schließen, wie Manche in der Türkei prophezeien, heißt das Kind mit dem Bade ausschütten. Rußland ist oft in Geldverlegenheit gewe sen, hat auch gewiß jetzt keinen Ueberfluß an Geld, deswegen nun einen russischen Staatsbankerott zu befürchten, wäre wirk- vön dem Staatsssscus keine Zinsen nimmt. Der Staat hat sich außer durch Papiergeld durch Prägungen Erscheint jeden Wochentag früh 9 Uhr. Preis vierteljährlich IS Ngr. — Inserat« werd«» an de» Wochentagen nur hi» Nachmittag» 3 Uhr ' für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. worden. Das Papiergeld steht freilich einige Zwanzig unter pari und eS find auch neue KajmeS ausgegeben worden; aber das geschieht, wie wir bereits wissen, in anderen Staaten auch, die bis jetzt mit ihren Finanzen das Vertrauen noch nicht ver loren haben. Zwar hat die Türkei nur mit Hilfe Englands und Frankreichs die neue Anleihe contrahiren könne«; aber hat doch das mächtige Rußland seihst nicht vermocht, im eigenen Lande allein eine Anleihe zu erheben, sondern an auswärtige« , Geldplätzen mit geworben; was Rußland thut, das darf man doch dem „kranken Manne" nicht verargen! Die Freunde der Türkei wissen nicht genug zu rühmen, wie reich die Türket an innern Hilfsmitteln sei; sie wird als eins der zahlungsfähigsten Lander geschildert. Wenn man sich ei»mal die Mühe gegeben habe, die ungeheuren Hilfsquelle« dec Türkei zu studirm, s» Freiberger Anzeiger Tageblatt.