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!aufe«: hlacht- 1855 Mittwoch, de» 14. November in dach Mag alten mag ganz es auch noch Leute in Rußland geben, welche von dem Liede der russischen Unüberwindlichkeit erfüllt sind, und es auch noch Schwärmer in Hülle und Fülle besitzen, welche Europa als bloses Erbe des russischen Ruhmes betrachten, räupch^ l. ErbsÄ Gute völlig MM 2 NnthvL « und trotzig von russischem Willen sprechen, der Europa Gesetze verschreiben wolle, das gehört zu den abgethanen Dingen, die A man heut nicht mehr darf laut werden lassen. welche- >andai- m als hohen idlung. on die-! 'ich. Gliche Wunsch der jetzigen russischen Regierung nur darauf hin- ausgeht, wo möglich mit dem blauen Auge davon zu kommen. age ich en ei« H Auch die Gläubigkeit an die Heiligkeit Rußlands, das nur Hfür das Heil der Seelen kämpft, während all' seine Feinde cn Caü '^gottvergessene Frevler seien, auch diese Gläubigkeit ist nur eine rschietem Phrase, die als ein Erbstück aus früheren Zeiten übernommen Mund« .worden ist, und die man als Waffe noch forttragen muß, ob- die bittersten Nachrichten zu verhüllen und die Niederlagen mög lichst schonend kund werden zu lassen. Selbst in den höheren russischen Kreisen soll daher auch ein anderer Ton als der zeitherige Mode sein; jene hohen phan tastischen Redensarten — so versichern sachkundige Männer — wären ohnedies geschwunden, selbst wenn sie nicht von der Welt- » geschichte Lügen gestraft worden wären. Wenn sie noch von . Zeit zu Zeit vernommen und namentlich die frommen Phan tasien von den Geistlichen aufgefrischt werden, so rührt dies nur daher, weil man einmal so tief im Mißgeschick steckt, daß man auch mit Phrasen vorlieb nehmen muß, die man gerne als abgethane beseitigen würde. WaS aber folgt aus all' dem? Die eine Thatsache, daß der geistige Impuls, der Glaube an de» guten und richtigen Zweck des Krieges hin ist; und darum eben fällt die Frage um so gewichwoller in die Schaale: „Wie lange hält Rußland dies aus?" > :nr- Wir stellen nicht in Abrede, daß in dieser Nation «in Opfermuth liegt. Der ungebildete Theil giebt alles hin in dem rein dumpfen Bewußtsein, daß er dies thun müsse; der gebil- dete.Theil hat klarere Begriffe von dem, wa« die Ehre der Nation gebietet und was der Einzelne für sie hingeben muß. Aber allenthalben, wo solche Opfer gefordert und gewährt wer den sollen, da muß ein gewisser Glaube herrschen, daß sie ir gendwie Früchte tragen werden; fehlt dieser Glaube, fehlt die Ueberzeugung, daß man das Rechte oder auch nur da« Rich' tige thue, so hält das blose Pflichtgefühl nur aus, um Leiden zu tragen, nicht aber, um sie kräftig mit der letzten Anstren gung von sich abzuwälzen. : « Ist aber das, was wir sagen, richtig, so folgt daraus, , daß Rußland von seinen Ausländischen Verehrern sehr schlecht be- rathen ist, wenn diese noch immer die Rolle deS Hochmuths fortspinnen und pflichtschuldigst zu handeln glauben, wenn sie durch blendenden Hoffnungsschimmer den Widerstand Rußlands zu stärken suchen. — Wir unsererseits halten Rußlands Demüthigung für so wohlthätig für Europa und so heilbringend für die ganze bis herige Haltung Rußlands in der Heimath selbst, daß wir uns eigentlich dessen freuen sollfen, daß man die Hartnäckigkeit Ruß lands stärkt. Dieser Krieg hat viel von der inner« Schwache des russischen Staatssystems nach innen und außen aufgedeckt und bessere Einsicht in die wahre Lage der Dinge vorbereitet; ' wohl sie sich stumpf genug erwiesen hat. Wenn es früher zu dem guten Ton eines guten Russen ^gehörte, alle diese stolzen Redensarten im Munde zu führen, D wenn die russischen Zeitungen von ehedem diese Phantasieen poetisch ausschmücken und in Gesängen und Gedichten verherr- W lichten, so ist es jetzt anders. Die poesiereichen Zeitungsschrei- I ber haben jetzt die Aufgabe, ihre Phantasie anzustrengen, um Wie übel Rußland bedient wird. Wie lange Rußland dies aushalten kann? Dies scheint «ine Frage zu sein, welche man nicht blos in Petersburg bald in Erwägung ziehen muß, sondern die auch das Land selbst sich sehr ernstlich vorlegen wird. Wir dürfen nicht vergessen, daß der ganze Krieg ein sol cher ist, wie ihn der jetzige Kaiser von Rußland nicht begonnen j haben würde. Es ist eine sehr unfreiwillig übernommene Erb- ! schäft, die Kaiser Nikolaus hinterlassen hat, der im Charakter und im Streben anders war, als der jetzige Kaiser Alexander. Wir irren sicherlich nicht, wenn wir annehmen, daß der eigen- Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur LiS Nachmittag« S Uhr * für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit 5 Pfennigen berechnet. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. W so steht doch so viel fest, daß die Erfahrung von zwei Jahren W solche Träume gründlich in das Nichts zurückgedrängt hat. So WeiiW weit eine solche Zeit, wie sie Rußland jetzt erlebt, geeignet ist, denM M «twas von ihr zu lernen, hat gewiß jeder auch nur halb klar 2W W denkende Kopf in Rußland daraus gelernt, daß man viel, un- M endlich viel in Rußland zu thun habe, um auch nur entfernt Ma rinen Vergleich mit irgend einem Großstaat Europa's eingehen Tchi^zu können. Ganz Europa aber verächtlich, wie zeither, ansehen