Volltext Seite (XML)
Freiberger Anzeiger und > - Tageblatt. Erscheint jeden Wcchcntag früh 9 Uhr. Preis vierteljährlich IS Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bis Nachmittags 3 Uhr für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. 236. Freitag, den Der neue Keller des hiesigen Brauhofes. Das Bedürfniß eines großen und zweckmäßig eingerichteten Lagerkellers im hiesigen Drauhofe trat bald nach Eröffnung des letzteren dringend hervor: der Betrieb der Brauerei erfuhr in Folge des Mangels eines solchen Lagerkellers eine sehr un erwünschte Beschränkung. Man entschloß sich deshalb zu einem Neubau. Gutachten und Pläne wurden von mehr als einer Seite her eingereicht: man entschied sich im Wesentlichen für den Plan des Herrn Bauschreibers Hattann; auch wurde ihm die Leitung und Beaufsichtigung des Baues übertragen. Am 9. März 1854 ward das Werk begonnen und trotz mancher Einwendungen und Bedenklichkeiten, die von verschiedenen Sei ten her laut wurden, ununterbrochen fvrtgeführt. Und aller dings war die Ausführung schwierig und kostspielig; sie wurde es hauptsächlich aber dadurch, als man wider Erwarten das zu durchbrechende Gestein nicht so fest und tragfähig fand, um «s freistehend und ohne Unterstützung als sichere Decke benutzen zu können; in Folge dessen sah man sich genöthigt, ein Ge wölbe von guten festen Bruchsteinen einzubauen: auf einen derartigen Bau hatte man allerdings von vornherein nicht ge rechnet. Das hatte aber wiederum die Folge, daß man von der anfangs projectirten Weite zu zwei Lagern absehen mußte. Ferner waren die ganzen zu durchbrechenden Gesteinmassen so reichlich mit Grund- und Quellwasscrn geschwängert, daß.die Wasserhaltung während der ununterbrochen fortgesetzten Arbeit einen nicht unbedeutenden Aufwand verursachte. Die Arbeit ward mit großer Energie betrieben: man wollte noch vor Ein tritt des Winters 1854 den Keller zur Einlagerung des Bieres benutzen. Darum arbeitete man gleichzeitig an dem Ausspren- gen des Gesteins zur Kellerweite nicht minder, als an der Ab führung der Wasser und der Niedrrbringung des Bohrlochs u. s. w.; die eindringenden Quell- und Grundwaffer wurden durch Pumpenwerk herausgehoben. Hatte man nun aber einmal mittels des zur Kellertreppe eingebrachten schiefen Schachtes eine senkrechte Teufe von mehr als L7Vr Elle vom Trottoir am Brauhofe bis zur neuen Kel lersohle erlangt und mußte man nun einmal eine so große Treppe Herstellen, so wurde auch dadurch die Idee einer Ver längerung und Vergrößerung des Kellers auf verschiedenen Seiten rege: das Syndicat entschloß sich zur Ausführung der selben und zur Beschaffung der erforderlichen Geldmittel. Die 2. November 1855. - ! Arbeit ward nach allen Richtungen hin kräftig fortgesetzt und nach einiger Zeit das projectirte Bohrloch auf den vom Herrn Schichtmeister Neubert markscheiderisch in Bezug auf Lage und Richtung genau nachgewiesenen sogenannten Lucasstolln 127 Ellen 16 Zoll tief niedergebracht und somit die Wasserhebung durch Pumpenwerk entbehrlich gemacht: von der Kellersohlean ist das Bohrloch bis in den ged achten^Stolln 100 Ellen 4 Zoll tief. Selbstverständlich konnte nun vmr einer Vollendung des Baues im Laufe des Jahres 1854 nicht mehr die Rede sein, trotzdem, daß das Aussprengen und Auswölben mit möglichster Energie betrieben ward. Die Länge des Kellers beträgt'nicht weniger als 128 Fuß oder 64 Ellen, und in diesem Raum können 1500—1800, äußersten Falls selbst 2000 Timer Bier eingelagert, und jedenfalls für die Dauer frisch und gut erhal ten werden; an zwei einander entgegengesetzten Punkten des Kellers ist für gehörige Luftkanäle gesorgt wdrden. Unerwähnt darf übrigens nicht bleiben, daß während des ganzen Baues, trotz mancher drohenden Gefahr auch nicht der geringste Unfall weder den Arbeitern, noch dem Werke zugestoßen ist. Schließ lich sei auch noch des Umstandes gedacht, daß das zum Abfluß in das Bohrloch geleitete Wasser ganz vorzüglich rein, klar und wohlschmeckend ist, mnd verdiente deshalb durch eine ein fache Maschinerie der öffentlichen Benutzung übergeben zu wer den. — Die Erleuchtung des ganzen Neubaues durch eine große Zahl bunter Lampen an dem Tage, an welchem der Herr Bauschreiber denselben dem Biersyndicale feierlichst über gab, — am 17. Oetbr. — machte einen eigenthümlichen Ein druck : mehrere Hundert Menschen sind an diesem Tage, um das Werk zu besehen, ein- und ausgegangen. Wir'wollen wünschen, daß das mit vielen Geldopfern.verbunden gewesene Unternehmen die gehofften Früchte trage! Tagesgeschichte. Ostsee. Aus Helsingör geht dem Nord die telegraphische Nachrichtvom 27. Oct. zu, daß daselbst vier verbündete Kriegsschiffe, nämlich drei französische Kanonenboote und das englische Li nienschiff „Belleisle" aus der Ostsee angekommen waren. Man erwartet in diesem Hafen, heißt es in der Depesche, noch andere Schiffe. Die Flotten find in der vollen Rückkehr nach der Hei- math begriffen.