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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich IS Ngr. — Inserat« werden an den Wochentage« nur bis Nachmittags 3 Uh, für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. 244 Donnerstag, den 18. -October 1855. Tagesgeschichte. Rostwein, 14. Oct. In der gestrigen Mittagsstunde stürzte von einem zweistöckigen Hause des sogenannten Stein wegs (während seines Lebens zum 19. Male) der hoch in den sechziger Jahren stehende Ziegeldecker Hübsch herab und berletzte sich an Armen und Beinen so lebensgefährlich, daß an seinem Aufkommen mit großer Bestimmtheit gezweifelt wird. (Dr. I.) Bodenbach, 15. Oct. Die im Jahre 1853 in Angriff genommenen Arbeiten zur Herstellung einer Kettenbrücke über die Elbe zwischen hier-und Tetschen gehen in der nächsten Zeit ihrer Vollendung entgegen. Zeither und bis jetzt wurde die Verbindung der beiden Elbufer blos durch eine Fähre bewerk stelligt. Das Mangelhafte dieses Verkehrs wurde schon lange lebhaft gefühlt. Das rechte Elbufer mit seinen gewerbreichen Städten, den Glasfabriken zu Hayda, Steinschönau, den Fa briken zu Reichenberg, Warnsdorf rc. war in seinem Verkehr mit der auf dem linken Elbufer befindlichen Dresden-Prager Eisenbahn, mit der nach Teplitz führenden Straße zu sehr ge hemmt; nicht zu gedenken des kleinern, jedoch nicht unbedeuten den Verkehrs, der auf den beiderseitigen Ufern wohnenden Land leute und Gewerbtreibenden. Im Jahre 1852 constituirte sich deshalb eine Gesellschaft zur Erbauung einer Kettenbrücke und brachte das nöthige Baucapital durch Actien a 200 fl. auf. Im Jahre 1853 wurde der Bau begonnen und die Ausführung desselben dem Maurermeister Scherz aus Pirna übertragen. Leider trat derselbe nach wenigen Monaten wieder davon zurück lind nun übernahm der Baumeister Scherbaum aus Elbogen; der Erbauer der dortigen Kettenbrücke, die fernere Leitung. Vielfache Hindernisse, die sich bei dem Baue zeigten und jedes mal zu beseitigen waren, verzögerten das rasche Fortschreiten desselben. Vorzüglich waren die längere Zeit dauernden Hoch wasser der Jahre 1853 und 1854 Ursache, dass der Bau nicht, wie anfangs projectirt war, im Jahre 1854 zu Ende geführt werden konnte und das ursprünglich bestimmte Baucapital nicht ausreichte. Um das Baucapital zu erhöhen, eröffnete die Di rektion der Gesellschaft im Herbste vorigen Jahres eine Priori- tätsanleihe, die, obwohl unter günstigen Bedingungen angeboten, doch kein so glückliches Resultat gehabt haben soll, als man er wartete. Später hat sich die Direction, wie wir gehört haben, an die k. k. Regierung gewendet und von dieser ein Capital als Vorschuß zur Vollendung des Baues erhalten. Was den Stand des Baues' anlangt, so sind jetzt bereits sämMtliche Pfei ler vollendet, die Ketten eingehangen, die Verbindungsstraßen auf Leiden Ufern der Vollendung nahe, und kommm nicht- wei tere Hindernisse, so hoffen wir der Eröffnung der Brücke im kommenden Monate, wie wir hören, zum. Namenstage Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth, deren Namen auch mit aller höchster Genehmigung die Brücke tragen wird, entgegensehen zu können. Es wird dadurch ein Werk dem öffentlichen Verkehr übergeben werden, das in der That nicht nur einem längst ge fühlten Bedürfnisse kräftig abhelfen wird, sondern auch seinem Erbauer zur größten Ehre gereicht. (Dr. I.) Kurheffen. Dem Frankfurter Journal schreibt man auS Kassel vom 12. Octbr.: „Glaubwürdigem Vernehmen nach ist die Entlassung der Minister amtlich noch nicht gewährt, weil es noch nicht gelungen ist, ein neues Ministerium zu bilden. Staatsrath Scheffer ist mit der Aufbringung eine- neuen Mi nisteriums beauftragt. Es ist eine neue Ministerliste bekannt geworden, die nicht aller Wahrscheinlichkeit entbehrt: für da- Aeußere v. Schachten, Justiz v. Dörnberg, Finanzen Oberst- nanzrath v. Schmerfeld, Krieg Oberstlieutenant v. MeyerfeL, Inneres v. Specht." Der Kasseler Correspoudent der Zeitung für Norddeutschland schreibt dagegen unterm 11. Octbr.: „ES herrscht heute die Ansicht vor, daß sämmtliche Minister in ihrem Amte bleiben, resp. wieder eintreten, und daß bei dieser Gele genheit der Consistorialrath Vilmar auch zum Generalsuperin» tendenten ernannt und einige Veränderungen im Militär ein treten würden." Sardinien. Der Piemonte meldet aus Genua vom 7 - Oct.: „Gestern begann die Einschiffung des neuen nach der Krim bestimmten Contingents. Es besteht aus ungefähr 2500 Mann, nicht 5 —10,000, wie einige Blätter berichteten, und ist sowohl den Linienregimcntern, als den Schützenbatailloneu ent nommen. Das Personal der mitgehenden Officiere besteht nur aus einem Major, sechs Capitäns und mehreren Subalternof- ficieren. Turin, 8. Oct. Immer ernster werden bei uns in Ita lien die Verhältnisse, und der Ausbruch einer Bewegung liegt näher, als man vielleicht glauben sollte. Briefe aus Neapel und Sicilien bestätigen den aufgeregten Zustand des Volkes, der von allen Parteien benutzt wird, um zu einer Katastrophe zu führen. Allein waS soll aus diesem Ausbruche werden, zu was soll er führen, welche Fahne wird er auspflanzen? DaL