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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. IT' 'M. . rN ^-.stRv. .-- -»W — - -- ' rrr- Erscheint jede» Wochentag früh 9 Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur Lis Nachmittags 3 Uhr für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile, mit 5 Pfennigen berechnet. , «^^178. Donnerstag, de» 2. August -s ^855^ Tagesgeschichte. Freiberg. Im Monat Juli 1855 hat das Leihhaus auf -446 Pfänder 1089 Thlr. 15 Ngr. ausgeliehen und für 350 eingelöste Pfänder 741 Thlr. 15 Ngr) zurück empfangen. Dresden, 1. Aug. Die 2. Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung den Entwurf eines eventuellen Exproprialions- gesetzes für den Bau einer Freiberg-Tharander Eisenbahn. — Inhaltlich eines an die Stände gelangten k. Decrets wird der feierliche Schluß des Landtags den 7. August stattfinden. (D.J.) Chemnitz, 25. Juli. Der diesjährige Sommermarkt ist heute Mittag zu Ende gegangen. Die Klagen, die man über schlechte Geschäfte gehört, sind, wie früher, dieselben, obgleich man annehmen darf, daß dieser Markt für die Verkäufer kein un günstiger gewesen ist. Es find besonders heute und gestern, wo das Wetter ein recht freundliches und beständigeres war, als am Montag, sehr viele und besonders Engrosgeschäfte gemacht wor den, und zwar bei weitem mehr, als an den früher« Märkten. Die Polizei hat übrigens während des Marktes eine höchst er folgreiche Vigilanz entwickelt. Es sind 22 Markt- resp. Taschen diebe ertappt und gefangen gesetzt worden, und außerdem noch wegen Trunkenheit, Exceß re. 54 Verhaftungen erfolgt. Unsre Marktordnung, in welcher sich einige unausführbare, theils den hiesigen örtlichen Verhältnissen nicht ganz entsprechende Bestim mungen vorfanden, hat deshalb einige angemessene Abänderun gen erlitten. Insbesondere ist die Dauer des Jahrmarkts um einen halben Tag, gegen früher, verlängert, und solchen Markt fieranten, welche einen jährlichen ordentlichen Gewerbesteuersatz von mindestens 4 Thlr. und nicht unter 1 Thlr. 10 Ngr. Stätte geld gaben, der Engrosverkauf schon von Sonnabend Mittag an gestattet worden. (Dr. I.) Wien, 29. Juli. Die „Presse" bespricht in einem län ger« Artikel die Kriegsoperationen der Alliirten in der Krim. Sie zweifelt daran, daß man die Belagerung Sebastopols auf zuheben beabsichtige und glaubt, daß tin zweiter Winterfeldzug wahrscheinlicher sei. In Bezug auf Len letztem spricht sich die „Presse" sodann in folgender Weise aus: ... „Es will uns be- dünken, daß ein Winterfeldzug, wenn er überhaupt stattfinden soll, seine besten Erfolge am grünen Tische zu erringen Aussicht hat. Man scheint in Frankreich, wie in England, in Rußland wie in der Türkei des endlosen Kriegsführens herzlich müde zu sein. Von allen Seiten Siegesbulletins, bei denen man immer mehr Leute verliert, .ohne etwas Anderes dafür zu gewinnen; permanenter Apell an den Patriotismus der eigenen Völker, die nicht wissen, warum sie sich schlagen, sondern nur die Schläge fühlen, die ihnen der Krieg versetzt; Seuchen, Entehrungen und Fatiguen aller Art zur Verherrlichung der französischen Gloire, der orthodoxen russischen Kirche und des Halbmondes, mit Ak kompagnement von Anleihen und Kriegssteuern in Hunderten von Millionen; dieses ewig« Einerlei höchst unangenehmer Er lebnisse muß allen Betheiligten nachgerade unerträglich werden, und der Moment ist vielleicht näher als man glaubt, wo die süße Erinnerung an die Fleischtöpfe der Wiener Conferenzen bei den streitenden Regierungen die Sehnsucht nach Wiederauf nahme von Unterhandlungen erwecken wird, mittelst deren sich die obschwebenden Meinungsverschiedenheiten mindestens mit ebenso gute»f Erfolge und auf viel menschlichere Weise erörtern lassen, als durch die Sprache der Kanonen und die Beweis-/ gründe der Miniebüchsen.,, Helgoland, 26. Juli. Die Ansichten, welche über die jetzt gezwungen hier lebenden Gäste, die mobilen Bestandtheile der englischen Fremdenlegion, herrschen, sind meist kaum richtig. Diese angehenden Helden stören, meines Erachtens, die Bade gäste in keiner Weise. Ihre Barakenstadt auf der Höhe der In sel verlassen sie nicht oft und, wenn dies geschieht, geschieht es — bis jetzt wenigstens war es der Fall — mit einem stillen Be tragen. Die Offiziere dieser glücklichen Truppen zeigen sich zwar viel, da sie wenig oder gar keine Beschäftigung haben, drehen sich aber in einem Kreise herum, der ihrer Sphäre entspricht, zu der Ler Badegäste aber nicht gehört. Sie find, mit wenig Aus nahmen, ungebildete und charakterlose Personen. Nicht einmal etwas Abenteuerliches hat sie hierher geführt, sondern scheinbar nur die Unlust, mit der sie den früher» Verhältnissen angehör- ten —, Gewinnsucht oder schlechte Streiche, welche ihnen Ach tung und Stellung in der Heimath raubten. Die Unteroffiziere scheinen fast ohne Ausnahme aus der aufgelösten holsteür-schles- wigschen Armee hervorgegangen und für die Verhältnisse wirk lich leidlich zu sein. Die Gemeinen aber können nicht vielseitig genug geschildert werden; Eines haben doch Alle gemein, nämlich das, daß sie nichts Werth sind. Trunkenbolde, welche Frau und Kinder verlassen haben, Matrosen, Bediente und Kutscher, welche ihren Herren untreu wurden, HandwerkSburfthen, welche nicht arbeiten wollen und nicht fechten dürfen, Soldaten aller Armeen, welche wegen strenger Disciplin ihre Fahnen heimlich verließen»