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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich! 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bis Nachmittags 3 Uhr für die nächsicrschcincnde Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit 5 Pfennigen berechnet. 162. Sonntag, den IS. Juli ' 1855. Tagesgeschichte. Dresden, 13. Juli. Die erste Kammer hat heute die Berathung des Ausgabebudgets für das Departement des In nern begonnen. Die zweite Kammer erledigte heute zuvörderst einen Vorbericht ihrer ersten Deputation über den Entwurf einer definitiven Landtagsordnung, bei welcher dieselbe (gegen 19 Stimmen) beschlossen hat, bei der Berathung dieses Entwurfs — wie auch in der Ersten Kammer geschehen — ein abgekürz tes Verfahren eintreten zu lassen. Außerdem beschäftigte sich dieselbe mit einigen Petitionen. Inhaltlich eines an die Stän deversammlung gelangten allerhöchsten Decrets ist der Termin für den Landtagsschluß dahin verlängert worden, daß am 4. August di« letzte Sitzung der Kammern und am 8. August der feierliche Schluß des Landtags staltfinden ivird. Bruchsal, 10. Juli. Heute früh zog ein Gewitter über unsre Gegend, welches sich in einem sehr starken Regen entleerte. Die Arbeiter in der herrschaftlichen Torfgrube in Neudorf such ten in der Torfhütte Schutz vor dem Unwetter. Der Blitz schlug in dieselbe ein, tödtete zehn Personen und verletzte andere sieben mehr oder weniger schwer. Wien, 12. Juli. Die Meldungen aus der Krim reichen bis zum 9. Juli. Der Stand der Dinge vor Sebastopol ist befriedigend, wenn auch seit einer Woche wenig verändert. Man zieht die Verstärkungen heran, die bereits aus den Mutterlan den unterwegs und theilweise schon eingetroffen sind. Auch aus den türkischen Hafenplätzen sind alle jene kleinern Truppcntheile, welche von den Verbündeten daselbst zur Bewachung der Ma gazine, Spitäler rc. zurückgelassen waren, bis auf den kleinsten Theil in die Krim abgegangen.' Der Gesundheitszustand im Lager der Alliirten vor Sebastopol hat sich bedeutend gebessert, während nach den verläßlichsten Berichten in der Festung und auf dem ganzen von den Russen besetzten Landstriche der Krim Typhus und Cholera in der schrecklichsten Weise wüthen. Die Tscherna-Rjetschkalinie ist, seitdem das Bosquet'sche Corps in die Belagerungswerke eingerückt ist, nur noch von den Piemon tesen und Türken besetzt; dessenungeachtet halten sich die Russen, deren Bewegungen allgemach, trotz der zahlreichen Zuzüge, die das Krimcorps aus dem südlichen Rußland erhält, immer mat ter werden, ruhig in der eingenommenen Defensivstellung am rechten Ufer des Flusses. Dagegen sollen dieselben einen An griff auf Eupatoria beabsichtigen, das indessen durch eine hin längliche Garnison gegen den ersten Anprall gesichert ist und überdies leicht von der Flotte die nöthigen Verstärkungen bezie hen kann. — In Podolien, Volhynien und der Ukraine.sam meln sich große Truppenmaffen; auch dort herrscht die Cholera . in arger Weise. ' ., r London, 7. Juli. Man ist allseitig nicht wenig besorgt^' daß es morgen vielleicht wieder im Hydepark oder in der Re gion der Clubs zu Demonstrationen kommen dürfte. Es fehlt nicht an Gerüchten aller Art, die einen blutigen Zusammenstoß der Massen mit der Polizei befürchten lassen. Auch an Auf«- rufen fehlt es nicht, die das Volk daran erinnern, seine Gerecht same zu wahren, Gewalt gegen Gewalt zu brauchen und sich die brutalen Eingriffe der Polizei nicht weiter gefallen zu las sen. Man spricht von einer großen Organisation der unterw Volksclaffen, welche den Zweck hat, die Polizei in den entlegen sten Quartieren der Hauptstadt niederzuschlagen, wenn diese in den Centralpunkten des Westcnd morgen wieder Gewalt brau chen sollte; man spricht von der Absicht der Regierung, die Thore von Hydepark morgen geschlossen zu halten und das Volk durch Placate zur Ruhe auffordern zu lassen; man spricht von mili tärischen Anordnuügen, um die Clubs zu schützen u. dergl. m. Es ist kein Zweifel, daß es hier und da Zusammenrottungen geben wird, und es hängt von den Anordnungen der Regierung ab, ob sie friedlich enden, oder zu weitern Conflicten führen wer den. Die gestern im Unterhause abgegebene Erklärung Sir G- Grey s, daß das Betragen der Polizei am 1. Juli streng, und unpartheiisch untersucht werden soll, kam etwas zu spätp sie wird wahrscheinlich durch Placate bekannt gemacht werden, und es steht zu hoffen, daß sie beruhigend wirkt, zumal wenn die Negierung klug genug ist, dem Volk das Reden in Hyde park nicht gewaltsam zu wehren, und die Polizeimannschaft aus Schußweite zu halten. Leider wird die unbesonnene Sprache von Dundas in der gestrigen Sitzung, man könne der Canaille am besten'mit Sechspfündern imponiren, von Neuem böses Blud' machen, und ein an sich unbedeutender Unfall, ein Steinwurf/ ein Schrei aus dem -Haufen, kann alle Weisheit der Behörden zu Schanden machen und Scenen herbeiführen, an welche man in einer Stadt von der Bevölkerung Londons nur mit Grauen denken kann. Wir wollen hoffen, daß es nicht zu Todtschläge- reien kommt, aber wir müssen gestehen, daß man dem morgi gen Tage allgemein mit großer Besorgniß entgegensieht. In Birmingham wurde vorgestern ein großes Meeting ge»