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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bis Nachmittags 3 Uhrj « L» für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit 5 Pfennigen berechnet. 453, Donnerstag, den S Juli 1855. Ein Beitrag zur Verbesserung der Nahrung der untern Bolksclassen. Die Bemühungen der Philanthropen und Behörden waren in den letzten Jahren darauf gerichtet, den arbeitenden und un tern Bolksclassen gesunde, wohlfeile und kräftige Nahrungsmit tel zu verschaffen. Man schlug zu diesem Endzweck den ver mehrten Anbau der Hiilsenfrüchte, der Erbsen, Bohnen und Linsen sowie die Errichtung der Pferdeschlächtereien vor; das Volk wollte indessen die Kartoffclnahrung, welche seine Lieb lingsspeise ist und weil die Kartoffeln wohlfeiler als die Hül senfrüchte sind, nicht aufgeben. Die erstern sind aber wegen des geringen Gehalts an Eiweiß wenig nahrhaft und zur Er nährung der arbeitenden Volksclasse nicht genügend, denn 1 Pfund Metzgerfleisch ist gleich 10'^ Pfund Kartoffeln, welche letztere nur Procent Eiweiß enthalten. Moleschott in seinem Buche: „Lehre der Nahrungsmittel", S. 124, sagt von den Kartoffeln Folgendes. „Während das lösliche Eiweiß, welches in den Kartoffeln und Rüben die eiwekßartigen Körper vertritt, häufig nicht ein Ganzes und nur selten zwei Hundertel des Gewichts der Wurzel ausmacht, schwanken die Fettbildner zwi schen ein Fünftel ^und ein Viertel des Gewichts. Was soll man aber von einem Nahrungsmittel halten, in dem Eiweiß und Fettbildner gerade in dem umgekehrten Verhältniß von den Eiweißkörpern und den Fetten des Blutes enthalten sind? Mit Fett kann es das Blut und die Gewebe überfüllen, aber wie es das Blut nur ärmlich mit Eiweiß versorgt, so kann es den Muskeln keinen Faserstoff und keine Kraft und dem Gehirn weder Eiweiß noch phosphorhaltiges Fett zuführen." Ferner sagt der genannte Autor S. 84: „Allerdings find Kartoffeln weniger nahrhaft als Fleisch, denn letzteres ist dem Blute sehr ähnlich, während Kartoffeln sehr wenig Eiweiß und sehr viel Stärkemehl enthalten. Behauptet man aber in Bausch und Bogen, Kartoffeln seien nicht nahrhaft, so vergißt man, daß Stärkemehl durch die Verdauung in Fett verwandelt und daß Fett einen wesentlichen Bestandtheil des Blutes darstellt. Kar toffeln mit etwas Eiweiß vermischt werden eben so nahrhaft wie Milch und Fleisch. Es handelt sich aber blos darum, ei nen Zusatz zu den Kartoffeln anzugeben, welcher nicht nur Ei weiß enthält, sondern auch von der Art ist, daß er wohlfeil und ohne besondere Mühe den Kartoffeln leicht ^«gesetzt wer den kann." Zu diesem Endzweck eignet sich sonder Frage in feder Hin sicht die Milch am besten. Moleschott sagt S. 143 von der Milch Folgendes: „Ein Nahrungsmittel, das, wie die Milch, während eines ganzen Abschnitts des Lebens allein die Blut masse zu erhalten vermag, ist gleichsam eine in der Natur vor handene Antwort auf die Frage, welche Nahrungsstoffe zur Bildung eines vollkommenen Nahrungsmittels erfordert werden. Sie ist der Urbegriff eines Nahrungsmittels, sie ist Speise und Trank, eine Quelle des Eiweißes und der Fette, des ZuckerS und der, Salze, mit einem Worte das Nahrungsmittel der Nah rungsmittel. Reicher an Wasser als unser Blut, reicher als Brot und Fleisch, enthält die Milch in ihrem Käsestoff eine« Vertreter der eiweißartigen Körper, der von fertig gebildetem^ Fett in der Butter, von einem Fettbildner im Milchzucker und von dem wichtigsten Blutsalze begleitet wird." Der Zusatz der Milch zu den weiter unten angegebenen, aus Kartoffeln bereiteten Speisen ist nicht nur für den Hand werker sehr nützlich, sondern auch ganz besonders für dessen Kinder. Die Kartoffeln sind bekanntlich die Hauptnahrung der Kinder der untern Bolksclassen von ihrem gierten Jahre an, und dadurch wird bekanntlich häufig der Grund gelegt zu Skro feln und Tuberkeln. Auch sind die abgekochten, in der Knolle genossenen Kartoffeln schwer verdaulich für Kinder, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß sie von dem Verdauungssystem nicht vollständig aufgelöst und assimilirt werden und häufig in klei nen Stücken unverdaut mit den Exkrementen abgehen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, durch den Zusatz von Milch die Kartoffelnahrung der Kinder und der Erwachsenen zu ver bessern, was durch folgende Zubereitungen leicht, wohlfeil und mit wenig Mühe bewerkstelligt werden kann, und zwar: 1) Durch Kartoffelbrei. Bekanntlich wird solcher bereitet durch Abkochung der Kartoffeln, welche man zu Brei zerdrückt, mit heißer Milch und ein wenig Butter vermischt, aufkochen läßt und mit einer gehörigen Menge Kochsalz würzt. Noch wohlschmeckender wird der Kartoffelbrei, wenn man die dazu nöthigen Kartoffeln nach englischer Art in Salzwasser abkochen läßt. Die Bereitung erfordert wenig Zeit und Feuerung, und ist dieser Brei viel wohlschmeckender und leichter verdaulicher für Kinder und für Erwachsene, als die abgekochten Kartoffel« in der Knolle. 2) Durch eine Milchsuppe mit gewußten Kartoffeln, welche auf folgende Art bereitet wird r Man läßt die nvthige Quan»