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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh 8 Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate «erden an den Wochentagen nur bi» Nachmittag» 2 Uhr' für die nachsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit 5 Pfennigen berechnet. 101. Donnerstag den 3. Mai 1855. Tagesgeschichte. Dresden, 29. April. Wir wohnten heute Vormittag 1/212 Uhr einer gewiß seltnen rührenden Feier in der Kreuz kirche bei. Ein hiesiges würdiges Ehepaar, der Gerichtsdicner Valentin und dessen Ehefrau, führte drei seiner Kinder, einen Sohn und zwei Töchter, die Freude ihrer gottesfürchtigen Eltern zum Traualtar; der Sohn und die beiden Schwiegersöhne ge hören der Schlosserinnung an. Herr Pastor Böttger an der Anncnkirche vollzog die Einsegnung der drei Brautpaare. Den sehr zahlreich versammelten theilnehmendcn Freunden wird diese Feier unvergeßlich sein. Möge dem dreifachen Brautpaare die Auslegung des Spruches, den der Redner seiner Traurede zum Grunde gelegt hatte, stets als segnender Engel durch das Erden leben zur Seite stehen. Freuet euch; seyd vollkommen; tröstet euch; habt einerlei Sinn; seyd friedsam, so wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein! (2. Korinth. 13, 11.) (Dr. I.) Pyrmont, 26. April. Der von der vorjährigen allgemei nen deutschen Lehrcrversammlung in Pyrmont für die Aufstel lung der Tagesordnung der diesjährigen in Naumburg stattfin denden Versammlung erwählte Ausschuß hat bereits diese Auf gabe erledigt, und solche Themata zur Besprechung gewählt, Lie aufs neue documentiren, wie weit entfernt diese Versamm lung von der extrem abstrakten Richtung ist, welche die jetzt zur Herrschaft gekommene pädagogische Reaction ihr Schuld giebt. Jene Themata sind nämlich folgende: Der Unterricht in der deutschen Sprache. Der geographische und Nechnenuntcrricht in der Volksschule. Die Schulprüfungcn. Die Schuldisciplin. Methode des Unterrichts in der Naturkunde in Bezug auf all gemeine Menschenbildung und Nationalökonomie. Wie ist der Lügenhaftigkeit der Schüler cnlgcgenzuarbeiten? Ucber Erzieh ung der Kinder zur Arbeit durch Familie und Schule. Was kann der Lehrer dazu beitragen, um sich die nöthige Frische und Freudigkeit in seinem Berufe zu erhalten? Zusammenhang zwischen Schule und Haus. WaS die Lehrer von ihren Schü lern lernen können? Austausch von Erfahrungen in Betreff der Lchrcrbibliothekcn, Ler Schulversäumniffe re., und endlich Mitthcilungen über Pestalozzi, BranLvcrsicherungs-, Unter- stützungs- und Lehrervereine. , .. -(D. A. Z.) Prag, 27. April. Das Tagesereiguiß in unsrer Stadt bildet die Entdeckung einer wohlorzanisirten Dicbsbandc, Lie nach und nach sehr vielen Läden ihre Besuche abstattete. Ein hier etablirter Kaufmann und einige seiner Commis bildeten die Chefs der Gesellen, die den Diebstahl gcwerbmäßig mit der größten Gewandtheit und Schlauheit betrieben. Sie wußten sich Abdrücke von den Schlössern zu verschaffen, nach welchen ein von ihnen besoldeter Schlosser ihnen geeignete Sperrwerk- zeuge verfertigte. Mancher Kaufmann öffnete dann des Mor gens seinen Laden, ohne irgend einen Makel am Schlosse zu bemerken und fand doch ein bedeutendes Theil seines Eigenthums entwendet. Der Verdacht pflegte sich dann gewöhnlich auf einen HauSdieb zu richten und mancher unschuldig verdächtigte Com mis verlor durch diese Vorfälle seinen Posten. An andern Orten ließen die Diebe absichtlich Commisbrod, schmuzige Fetzen u. dgl. liegen, um den Verdacht von sich abzulenken. Der Thätigkeit unsrer Polizei ist endlich die Entdeckung zur Freude der ganzen Stadt gelungen. (Dr. I.) ' Paris, 28. April. In Bezug auf das bereits gemeldete Attentat auf Se. Majestät den Kaiser, wird dem „T. C. B." gemeldet: Heuke Nachmittag wurden in den Champs Elysees zwei Pistolenschüsse auf den Kaiser abgefeuert. Se. Majestät blieben glücklicherweise verschont und werden sich heute Abend in die Opera comique begeben. Die beiden Pistolenschüsse, die der Mörder, ein Italiener von Geburt, welcher verhaftet ist, auf den Kaiser abfeuerte, erreichten Lie Person des Kaisers nicht. Der Kaiser befand sich, als das Attentat geschah, zu Pferde, und ritt nach demselben zur Kaiserin, welche in dem Bois Le Boulogne spazierte. Der Kaiser wurde bei seiner Rückkehr nach den Tuilerien mit Enthusiasmus vom Volke empfangen. Paris, 29. April. Ueber das Attentat auf den Kaiser schreibt der Moniteur Folgendes: „Heute (d. 28.) Nachmittag gegen 5 Uhr befand sich der Kaiser in den CHamps-ElysseS, begleitet vom Grafen Ed. Ney, einem seiner Adjutanten und Lem Oberstlicutcnant Valabregue, dem befehlshabenden Stall meister. In der Höhe des Chateau des Fleurs näherte sich ein wohlgekleideter Mann dem Kaiser bis auf wenige Schritte und feuerte einen Pistolenschuß auf Se. Majestät ab. Der Kaffer wurde nicht getroffen und nachdem er die Personen gegrüßt hatte, die ihn augenblicklich umringt hatten, setzte er seinen Weg im Schritte fort, um wieder mit der Kaiserin zusammcnzutreffen, welche im Bois Le Boulogne spazieren fuhr. Bei ihrer Rück kehr wurden Ihre Majestäten von allen Seiten mit den wärm sten und begeistertsten Zurufen begrüßt. Als Ihre Majestäten.