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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 07.09.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189809074
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980907
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980907
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-09
- Tag 1898-09-07
-
Monat
1898-09
-
Jahr
1898
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Z A s T ^ i? eo» ? », o» »7 3 .o L <D.-- 8 ^ I » o- r? ^ ^ " °°«-L --'S« L'E' L ^ S S S'.H M LL " 8 ff s- rZ-s- ^Nr.S07. —1898.- 2)iese verbreitetste »npartetischc " iNmg erscheint Wochentags ldS (milDatum des nächsten i) und kostet mit de» sechs entlichen Beiblätter»: fiichfifcher Erzähler, stritte Botschaft, lertchts-Zeitung, »chsisches Allerlei, lttstrirtes Uttter- haltttngsvlatt, lstiges Bilderbttch ! für Chemulp: tlich 40 Pscunioe: st den Postanstalte,,; tlich 50 Pfennige. Postlist«! Nr- 2608. «Ideell-! «elleralanjeloee. !»nlp>echl>«lle Nr. ioe. General- köm». angenoi,. und Verökr Auslage länger» für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer LattdeS-Anzeiger). Gegründet 1878 als ,,A« zeig er" «e. Verlag ,»«d Rotationsmaschitten-Druck von Alexander Wiede i» Cy»m«itz, Theaterstratze Nr. 8. Geschäftliche Anzeige» finden für billigsten P zugleich Berbreitnng durch. täglich erscheinende Cheinnt-e« Eisenbahn-Zeitung. Z -» o Z-Z « « r- ' l -- ? .T' S- 1 ->-S LS L- S Die Kaisermanöver. Aus .Hannover wird unterm 4. September geschrieben: Am heutige» FeldgottcSdienst auf dem Waterlooplatz nahmen die zu hiesiger Garnison gehörenden und die hier im Quartier liegenden Truppen (Heil. Der Altar war auf dem Podest der Waterloosäule errichtet, rechts und links waren Geschütze, Gewehr- und Trommel- Pyramiden und Lorbeerbäume aufgestellt. - Das Wetter war trübe inld feucht. Die Truppen standen im Karree um den Altar. 11'/, Uhr erschien der Kaiser im offene» Zweispänner. Der kom- mandirende General v. Seebeck erstattete Meldung, die Truppen präsentirte». Nachdem der Kaiser die bor ihm eingetrofsenen, hier anwesende»Fürstlichkeiten begrüßt hatte, nahm er mit diesen vordem neben der Waterloosnnle errichteten Zelt Aufstellung, neben dem Zelt stand das Gefolge und die fremdherrlichen Offiziere. Von diesen sind zu den Manövern hier eiugeiroffcn Major Graf Stürgkh (Oester reich), Oberst Prudente (Italien), Oberst- Prinz Engalitscheff (Ruß- land), Vrigade-General Baies (Amerika), Oberstleutnant Graf de Foucanld (Frankreich), Major Ohara (Japan), Hauptmann de Mare (Schweden). Oberst Rcinlein de Sequera (Spanien) und Oberst leutnant Samy-Bey und Rittmeister Enver-Bey (Türkei). Die evangelische und katholische Feldgeistlichkeit hatten hinter dem Altar Platz genommen. Die Liturgie hielt Divisionspfarrer Delbrück, die Predigt Militäroberpforrcr Nocholl über Epheser 6, 10—11: „Zu- meinc Brüder, seid stark in de», Herrn und in der Macht seiner Stärke. Ziehet an den Harnisch Gottes, daß Ihr bestehen könnt gegen die listigen Anläufe des Teufels." Nach Beendigung des Gottesdienstes trat der Kaiser in das offene Karree und hielt eine Ansprache, in der er'sagte: Angesichts der Waterloosäule ständen die Truppen auf liistvrischem Boden; er erinncre an die Waffenbrüder schaft zwischen Engländern und Deutschen bei Waterloo. Die englische Armee habe soeben vor wenigen Stunden in Afrika den Sieg über einen viel stärkeren Feind errungen; er fordere die Truppe» auf, in ein Hoch einzustimmen auf die Königin von England, die als Chef ''-es deutschen Regiments auch der Armee angehöre. Ein drei- "ges Hoch donnerte über den weiten Platz. Es folgte Parade- ch i» Zügen, wobei Prinz Albrecht das 73. Regiment, Herzog llbrecht zu Mecklenburg die 17. Dragoner und General» Waldrrsee die KönigSulanen cotoyirten. «send um 7 Uhr begaben sich der Kaiser und die Kaiserin nach dem Ständehause, wo die Provinz dcni Kaiscrpaare ein Fest mahl . gab. Das stattliche Haus war innen und außen festlich ge schmückt und prangte in geschmackvoller Illumination. Das Mahl fand im Sitznngssaale statt, der zu diesem Zwecke durch Heraus- nchmcn der Sitze besonders hergerichtet war. Graf zu Inn- ad Knyphansen brachte einen Toast auf den Kaiser aus. Der Kaiser erwiderte darauf: „Meine Herren, Ich danke Jbnen von Herzen für die Gesinnung, die dir durch den Mund Ihres Vorsitzenden in so herrlicher Rede soeben ent- Hegeagckliittgcn ist. Ich danke Ihne» zugleich im Namen der Kaiserin für den Einpfang »ad die Einladung znm heutigen Tage. Mit Freuden erfüllt es Uns, wen» Wir unter den Vertretern des friesischen und niedersächsischen Stammes Uns bewegen können, diesen Repräsentanten Unserer kerndeutschesten Was vermag die ärztliche Kunst? (Von unserem ärztlichen Mitarbeiter.) (Nachdruck verboten.) vr. 0. (1. Mit der Thatsache des Todes a» sich hat die Mensch heit sich abgefnneen. Niemand stellt an die Heilkunst das Ber lange», dcch sie denselben aufhcbcu solle. Aber der tausendfach ge staltete Jammer des Lebens ist da, in der Stunde der Gefahr ruft der Kraule nach Hilfe, begehrt der Leidende Linderung. Der Arzt soll wenigstens verhindern, daß durch Krankheit das Leben vorzeitig i blendet werde, und sorgen, daß die mitjdcn Krankheiten verbundenen oder ihr folgenden Beschwerden beseitigt oder wenigstens gemildert werde». Wie weit ersüllt da die Heilkmist das an sie gestellte Verlangen? Wo sind die Grenzen ihres Gebietes gesteckt? Die Thatsache, daß die praktische Heilkunde seit einem Jahr hundert, besonders in der letzten Hälfte desselben, große und erfreu liche Fortschritte gemacht hat, liegt klar vor Auge». Die staunen- erregende Entwickelung der operativen Chirurgie nnd Gynäkologie, der glänzende Aufschwung in der Behandlung der Hautkranlhciten, die Betonung physiologischer, diätetischer, hygienischer Faktoren ver schiedenster Art, sie alle haben sich zum großen Theil vor den Augen de« Zeitgenossen vollzogen. Zu Lisier's unsterblicher Einführung der Antisepsis hat sich die Entdeckung Pasteur s von der Heilbarkeit der grauenvollen Hnndswuih gesellt. Kann aber dabei von einem wirk lichen „Heilen" d.s kranken Körpers die Rede sein? Wann ist überhaupt der Körper „krank"? — „Krank sein ist Lebe» unter ver- ünserten Bedingungen." so definirtc der große Reformator der Me- d>z»>, Virchvw. Und was heißt „heilen"? Kranlhaftc Vorgänge im Organismus in ihrem Wesen derart beeinflussen, daß dieselben zum Stillstand gebracht, die gestörten Funktionen i» das Vcrhältuiß zurückgeführt werden, — das heißt heilen. Wie weit ist nun die Heilkunst dies zu leisten in» Stande? Versuchen wir, diese Frage an der Hand der Thatsachen zu beantworten. Verletzungen durch äußere Gewalt sind, wie Jedermann weiß, heilbar, mögen sie nun die Haut, Muskeln, Knochen, Nervenstämme -oder innere Organe betreffen. Aber die Leistung der Heilkunst be schränkt sich hierbei nur auf die technisch möglichst geschickte Ver bindung der Wuudflächen und die Fernhaltnng alles Dessen, was auf de» Hcilnngsvorgang schädlich einwirken könnte; auf den letzteren selbst jedoch, auf die organische Wiedervereinigung des Getrennten, ist sie ohne jeden Einfluß. Die Wachslhuuis- und Rcgenerattvns- -jyrgänge in den Zellen der verletzten Gcwebe geschehen ohne jedes nt uu menschlicher Heilkunst. Wohl staune» wir mit Recht über ^ riesenhafte Ausdehnng des Gebietes, welches die operative Chi» 'e seit Lister erobert hat, und segnen die große Gedankenthat Mannes, welche es ermöglicht, Zahllosen durch die Ausführung Stämme. Wer in den Augen von Menschen zu lesen versteht, der wird finden — Ich glaube, Ich kann das —, wie warm und herzlich, wie offen, ehrlich und ungemacht die Shmpathie des Volkes Uns entgegcnschlägt bei Alt und Jung: und das ist der schönste Lohn, der einem Monarchen und einer Kaiserin werde» kann. Sie haben freundlichst einen Zug gestreift, für dessen Erwähnung Ich Ihnen dankbar bi». Sie können sich versichert halte», daß bei der Erinnerung an Meine große, unvergeßliche Urgroßmutter, die Kvnigi» Luise, Ich damals auch der hohen, schwergeprüften Frau gedacht habe und es Mir ein wahres HerzenSbedürfniß und eine Beruhigung für Meine Seele war, als Ich wußte, daß Ich Ihr eine Freude bereiten konnte, und Ihre Maicstät hat die Gnade gehabt, Mir durch Uebcrsendung eines wundervollen Bildnisses Meiner hochselige» Frau Urgroßmutter zu danken. Hier aber an dieser Stelle fordere Ich Sie auf, mit Mir das Glas zu erheben und auf das Wohl der von Mir heißgeliebten Provinz zu trinke», deren Blühen und Gedeihen Mir stets au» Herzen liegen wird und für die Ich Nieine ganze Kraft einsctzen werde. Die Provinz Hannover Hurrahl Hurrah i Hnrrahl" Die Musik stellte das Königs-Ulancn-Regiment, das u. A. den „Snng der KönigS-Ulanen an ihren Kaiser", von Fischer, Text von Haars, zu Gehör brachte. Das Kaiscrpaar verweilte beinahe drei Stunden im Ständehause, ließ sich viele der Anwesenden vorstellen und fuhr erst gegen 10 Uhr ins Schloß zurück. Die Bevölkerung Hannovers hat diese „Reihe von guten Tagen" tadellos ertragen. Die frische, von Herzen kommende Begeisterung hat sich als echt erwiesen. Die Tausende, welche von früh bis spät die Fcststraße und die Umgebung dcs Schlosses besetzt hielten, be trugen sich musterhaft nnd überall und immer wieder jubelten sie dem Kaiser und der Kaiserin zu, wo diese sich einzeln oder zusammen zeigten. Politische Rundschau. Chemnitz, de» 6. September 1898. Deutsches Reich. — Der Kaiser wird auch in diesem Jahre den in der Uckermark zwischen Prenzlcm und Angermünde stattfindendeu Manövern des GarvekorpS, und zwar am 15. und 16. September beiwohnen. — Zum Tode des Fürsten Bismarck erfährt die „Neue Freie Presse" voy ihrem Gewährsmann aus Friedrichsruher Kreisen, daß die eigentliche TvdeSkrankheit Bismarcks nicht Lungenödem war, das vielmehr erst in den letzten Tagen hinzugetreten sei. Jenes Leiden war in Wirklichkeit Altersbrand (gnngrasiis. senilis), »voran Bismarck auch gestorben sei. Gleich am Tage nach dem Tode des Altreichskanzlers sei in Friedrichsrnh bekannt geworden, daß ein Fuß der Leiche brandig und schwarz sei. — Der General der Infanterie v. Winterfeld, General- adjutant des Kaisers, früherer Kommandeur dcs Gardekorps, ist in der Sommerfrische zu Schreibcrhau (Schlesien) an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Der Verstorbene hat ein Aller von 62 Jahren erreicht. Als er am 1b. Dezember v. I. aus seiner Stellung als Kommandeur des Gardekvrps definitiv schied, hatte er die Zuversicht, daß er die Folgen der schweren Krankheit, die ihn ^ Jahre früher betroffen hatte, überwinden werde. Er konnte wieder rüstig zu Pferde steigen und war selbst hoffnuugsfreudig gestimmt. Im Winter nahm er mit den Seinen Aufenthalt in der Schweiz; vor einiger Zeit, als sich das Uebelbefinden wieder stärker bemerkbar machte, wandte er sich nach Schreiberhau. Dort hat ihn der Tod hinweMerafst. Im persönlichen Verkehr war der Verstorbene durch große Liebenswürdig keit allsgezeichnet, so daß sein Hinscheiden allgemeine Theilnahme findet. — Zum russischen Abrüstungsvorschlag meldet die „Köln. Ztg.": Es sei wenig wahrscheinlich, daß die russische» Staats männer der einberufenden Konferenz einen förmlichen Abrüstungs vorschlag vorlcge»; sie dürften vielmehr die Frage in den Vorder grund stellen, auf welche», Wege künftig internationale Verwicklunge» und Streitigkeiten in wirksamer Weise zu friedlichem AuStrag gebracht werden können. Ob dabei an ein ständiges internationale» Schiedsgericht oder ein von Fall zu Fall zusanimentretendeS gedacht sei, wäre für die Sache selbst von geringerem Belang. Die Durch führung eines solchen Vorschlages würde den einzelnen Staaten in den Grenzen eigenen Ermessens die Möglichkeit einer gewisse» Ab rüstung gewähren, so daß sich die Absicht des Zaren teilweise erreichen ließe, ohne einzelnen Nationen die souveräne Entscheidung über das, was sie zu ihrer Sicherheit für nothwendig halten, zu schmälern. Die Beantwortung der Frage, warum der Zar gerade den gegenwärtigen Angenblick für seine Kundgebung gewählt, sei in den ostasiatischen Vorgängen zu suche». Die zu einer Auseinander setzung drängenden ostasiatischen Verhältnisse schafften zu den vor handenen einen neuen Feuerherd, dessen Gefahr durch den Druck und die übeschänmeiide Aktionslust des jungen «ordaineritanischen Chauvinismus erhöht wurde. — Nach den nunmehr vorliegenden Ergebnissen der Verkeilung der während des Jahres 1897 von den Versicherungsanstalten und zugelasseuen Kasseneiurichtungen gezahlten Renten- und Beitrags erstattungen haben die Jnvalidenrentcnzahlungen etwa 50 Prozent — gegen 43 Prozent im Vorjahre — der Rentenzahlungen über haupt betragen. Es sind insgesammt 55 Millionen Mk. an Renten gezahlt. Davon entfielen 27,6 aus die Alters- und 27,4 aus die Invalidenrenten. Preußen betheiligt sich an der Gesammtsumme mit 35,5 Millionen, Bayer» s mit 5,l Millionen, Sachsen mit 6,3, Württemberg mit 1.7, Baden mit 1,3, Hessen mit 0,?, Mecklenburg mit l,v, Thüringen mit 1,0, Oldenburg mit OL, Braunschweig mit 0,4, Hansestädte mit 0,6 und Elsaß-Lothringen mit 1,8 Millionen. Der Rest entfällt auf dir Kasseneinrtchtungen^BM"dm--MerS»' rentenzahlungen sind durch das Reich 10,7 Mihjliinn-ttno^n den Invaliden« renteiizahluligeii »0,6 Millionen erstattet Morsen. Legt man bei einer Vergleichung der Belastung der einzelnen Bundesstaaten einerseits die Bevölkeningsziffcrn nach den Ergebnissen der Volkszählung vom 2. Dezember 1895, andererseits die Zahl der »ach der Berufsstatistik vom 14. Juni 1895 als verst'chcruiigspflichtig anzusehenden Personen zu Grunde, so ergiebt sich, daß von de» Rentenzahlungen in Preußen auf den Kopf der Bevölkerung überhaupt 115,4 Pfg., auf den Kopf der versicherungspflichtigen Bevölkerung 517.3 Pfg. entfallen, in Bayern 89,5 bezw. 376,5 Pfg., in Sachsen 103.4 und 391,2, in Württemberg 81,7 und 440,1, in Baden 77,3 und 355,3, in Hessen 69,0 und 340,0, in Mecklenburg 148,6 und 578,6, in den thüringische» Staaten 78,0 und 352,2, in Oldenburg 64,8 und 326,0, in Braunschweig 69,3 und 361,6, in den Hanse operativer Eingriffe das Leben zu erhalte», die Gesundheit wieder zu geben. Und doch besteht der hierdurch bedingte Fortschritt nur darin, daß der jetzt unter dem Schutze der Antisepsis erlaubte chirur- gische Eingriff die Möglichkeit schafft, daß ein krankhafter Prozeß heilen kann. Aber diese Heilung selbst geschieht durch Vorgänge, welche der ärztlichen Machlsphäre entrückt sind. Ebenso verhält es sich mit den entzündlichen Prozesseln-^ie Rückwirkung bei einigen günstig gelegenen Formen kann vielleicht durch gewisse Maßnahmen beeinflußt werden, so der chronisch ent zündliche Erguß in einem Gelenke, die entzündliche Verdickung eines Muskels, die Schwellung bei einem zugängliche» Nervcnstamm. Massage, Gymnastik, Elekriziiät, Hydrotherapie, verschiedene Bäder sind hier die Hilfsmittel. Jedoch läßt sich von allen nur sage», daß sie „die Resorption anregen"; eine »iimitlelbarc Beeiiiflnssnng der organischen, die Heilung herbeiführendeu Vorgänge ist aber unmöglich; namentlich gicbt cs dafür gar keine wirksamen Arzneisubstanze». Und wie steht es mit dem großen Heere der Infektionskrank heiten? Wohl vermag auch hier die ärztliche Kunst Vieles b-izntragen zu dem günstigen Ausgange durch die Bekämpfung gefährlicher Symptome, durch allgemeine hygienische Maßnahmen und durch die einsichtige Leitung der Ernährung; aber die Heilung der Krankheit selbst und ihrer Folgeerscheinungen kann sie nicht herdeifnhren. Beim akuten Gelenkrheumatismus z. B. werde» durch die Salicylhandlung zwar das Fieber und die Gelenkaffettivnen zum Schwinden gebracht; wer aber vermöchte die nachfolgenden furchtbare» Herzerkrankungen (Lnckvorrräitis mit Klappenfehlern) zu heilen? Uebcrhaupt der Heilung fähig ist ein krankhafter Zustand »ur so tauge, als er »och in der Bildung begriffe» ist; sobald er einen bestimmte» Abschluß erreicht hat, nicht mehr. Dan» bleiben V-r- unstallnngcn verschiedenster Art zurück. Daher die Mahnung nicht ost genug ausgesprochen werden kann, den Arzt recht frühzeitig z» konsultiercn! Eine Eutzünlung der Jnneuhaut des Herzens kann sich zurückbilde»; der Klappenfehler, welcher sie veranlaßte, nie mehr. Eine Brustfellentzündung ist heilbar; ihre Folgeerscheinungen i» Gestalt plcuritischer Schwarte» sind es nicht. Ferner wird die Möglichkeit ärztlicher Beeinflussung vielfach bestimmt durch die Lokalizrung des Prozesses. Die abnorme Fett bildung kann noch rückgängig gemacht werde», wen» sie nur in den änßercn Körperbedeckungen stattfand; sie bedingt aber schließlich einen unheilvollen Ausgang, wenn ihr auch die Herzmnsknlatur verfiel. Oft führen selbst die wichtigsten Maßnahmen bei recht gut heilbare» Zuständen nicht zum Ziele, weil der Kranke sic nicht aus- führt oder nicht ausführcn kan». Alle Behandlung vermag den Raucher nicht von seinem Rachenkatarrh z» befreien, so lange er bei seiner Gewohnheit verharrt. Ganz besonders kommt dieser Gesichtspunkt bei der zu einer Geißel »nscrcS Jahrhunderts Heran wachsende» Nervosität in Betracht. Einsichtslosigkeit und Willens schwäche hindern hier oft die sehr wohl mögliche Heilung, öfter» freilich auch die stärkere Gewalt äußerer Umstände, welche die Be- danernswerthen in dem Zwange des Berufes so lange festhalte», bi» ei» „Zn spät" keine Heilung mehr erreiche» läßt. Eng begrenzt also erscheint das Leistnngsgebiet der Heilkunde, aber doch hat sic schon Bedeiitcndos vollbracht. Sie hat Große» und Gutes geleistet in dem steten Bestreben, die Entstehung und Art der krankhaften Veränderungen genau zu erforsche», festznstellen, durch welche Vorgänge und unter welchen Bedingungen der Organis mus die Störungen am leichteste» überwindet oder ausglcicht, und, wenn möglich, i» zweckmäßiger Weise diese Vorgänge zu unterstützen. Dazu kommt als Hauptaufgabe der Heilkunde das Verhüten krank hafter Zustände und das Erkennen der Krankheitsursache. Vielfach ist es eben nur eine Vernichtung der Krankheitsursache, was man als Heilung bezeichnet. Wenn die verschluckte Kalilauge durch sofort ge reichte» Essig nentralisirt wird, so hat man zwar ei» „Heilmittel- angelvendet, aber man erreicht dadurch doch nur eine Unschädlich machung dcs Krankheitserregers, nicht eine Heilung der Magen- verletznng oder Hantaffcklion. Somit verbleibt der Heilkunde als Hanptgebiet zur Bcthätigung ihrer Thätigkeit die Behandlung der Krankheilssymptome. Die nn» übersehbare Zahl pharmazeutischer Präparate dient in ihrer über wiegenden Schaar gerade diesem Zwecke; in te» meisten Fällen ebenso die Anwendung der Brunnen- und Badekuren, der Elektrizität und vieler anderer therapeutischer Hilfsmittel. Man unterschätze die Wichtigkeit dieser Aufgabe der Heilkunst nicht. Für den Leidenden ist es meist ohne jede Bedeutung, ob diese oder jene anatomischen oder funklionellc» Veränderungen bestehen, nur keine Empfindung will er von ihnen haben, nicht gestört werden in seiner Leistungs fähigkeit, nicht verkürzt werden in seiner Lebensdauer. Und außer dem hilft die symptomatische Behandlung allein oft über gefährliche Episoden im Verlaufe der Krankheit fort. Niemand wahrlich, welchem das zielbelvnßte Handel» dcs ArztcS einen treuen An gehörigen erhalten hat, dem z. B. Hcrzkollaps schon den Stempel dt» Todes anfzuprägen schien, wird gering denken von der Behandlung der Symptome. Obgleich also di« Heilkunst überall auf Schranken stößt, ist ihr Leistnngsgebiet doch ein sehr inhaltreiches, find ihre Aufgaben doch groß nnd bedeutend und wahrlich des Schweißes der Edlen werlh! Jedoch muß der Arzt sich stets bewußt sei», daß er nur der Diener der Natur ist, nicht ihr Meister. Kann aber die Heilkunst die Natur nicht meistern, so folge sie ihr treu beobachtend. Die Wahrung diese» Grundsatzes gerade verbürgt «inen wirklichen Fortschritt hilfreiche» Könnens, sie liefert auch den Schlüffe! zu dem Geheimniß de- mächtige» Erfolge» der wahrhaft großen Aerzte.
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