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1381 nannt; derselbe fand es jedoch angemessener, die Krone für sich zu behalten und seinem Neffen mit der Hand seiner Tochter das Fürstenthum Korikos in Kleinarmenien zu verleihen. Seit her führen die armenischen Fürsten den Titel von Korikos, wie dies der Taufschein ausweist, den der letzte Svrößling des be rühmten Geschlechts auf seinen Wanderungen Lurch Europa mit sich sührt. Die russische Regierung, die zwischen dem Kau kasus und dem Ararat so gründlich aufräumte, hat den Prin zen Leo als in psrtibus auf Line mäßige Pension gesetzt und die Regierung von Korikos selbst übernommen. Weder die Türken, noch die mit den Türken alliirten Westmächte werden sich jemals in den Stand gesetzt sehen, dem jungen Prinzen zu dem Throne seiner Väter zu verhelfen. Vielleicht, daß die rus sische Regierung sich geneigt finden läßt, dem Heimatlosen we nigstens eine reichliche Leibrente verabfolgen zu lassen." Die in diesem Artikel bezeichnete interessante Persönlichkeit wohnte hier seit drei Monaten in der Behrenstraße. An der Thür der selben befand sich ein königliches Wappen mit der Inschrift in goldenen Buchstaben: „Prinz von Armenien." Der angebliche Prinz trug eine sehr feine Toilette, einen großen silbernen Or densstern mit einem roth emaillirten Kreuz auf der Brust, gol dene Sporen, eine schwer goldene Reitpeitsche, und liebte na mentlich Damengesellschaftcn. Er lebte zwar sehr mäßig und bescheiden, frequentirte aber alle möglichen hiesigen Gesandt schaften. Er correspondine sehr fleißig mit seinem angeblichen Flügeladjutanten Achmur - Khan, der sich bald in Holland, bald in Italien aufhiell. Er zeigte seinen Freunden bereitwillig sein in Paris lithographirtes Porträt, in welchem er mit einem brei ten Ordensband und großem Ordensstern mit der bescheidenen Unterschrift: „Urun prince ä'^rwöuie äelensenr äe I'egiiso ü'Orieut" abgebildct war. Der Prinz hatte namentlich in Lon don eine bedeutende Rolle gespielt, und es wurde seiner mehr fach in Correspondenzartikeln aus ftner Weltstadt selbst in hie sigen Blättern Erwähnung gethan. Er war in London als Vertreter der tscherkessischen Fürsten ausgetreten, um in dem jetzigen Kriege mit Rußland dem englischen Ministerium ein Schutz- und Trutzbündniß gegen Rußland anzubieten. Er er ließ auch in fast allen englischen Zeitungen sehr energische Pro klamationen gegen Rußland, in welchen er das russische Kaiser haus ganz dreist beschuldigte, daß ihm dasselbe sein Königreich Armenien und selbst seine Diamanten geraubt habe. Die ihm vom Kaiser von Rußland confiscirten Güter sollten an 15 Mill. Thaler Werth sein. Namentlich brachte die zu Paris erschei nende französische lithographirte Correspondenz unterm 13. Mai 1853 eine aus dem Morning Advertiser entlehnte geharnischte Proklamation des angeblichen Fürsten gegen Rußland. Der selbe benutzte die damalige Kossuth - Affaire, um mit Beziehung auf dieselbe sich populär zu machen, indem er ganz keck be hauptete, er werde überall von russischen und englischen Poli zeiagenten genau wie Kossuth verfolgt, von denen selbst seine Briefe ausgefangcn würden re. Aehnliche Tiraden des Prin zen brachten auch die Times und andere englische Zeitungen. Unter dieser Maske brandschatzte er theils durch Drohungen, theils durch Erregung des Mitleids alle möglichen Fürstenhäu ser und Gesandtschaften Euröpa's mit einer unglaublichen Un verschämtheit. Er correspondirte ganz keck fast mit allen eng lischen und französischen Ministern und selbst mit fürstlich«« Personen. Eine unangenehme Affaire zwang endlich Se. Hoheit, London zu verlassen. Er hatte ein zärtliches Verhältnis, mit der Frau eines englischen Beamten, einer Frau Mitchell, unter halten und sich eine Klage auf Ehebruch von dem beleidigten Gallen zugezogen, in Folge deren er vom Gerichtshöfe Queens- Bench in seiner Sitzung vom 8. Juni 1853 zu einer Teldent» schädigung von 750 Pfd. St. verurtheilt wurde. Die engli schen Zeitungen brachten damals weitläufige Referate über die sen scandalösen Proceß gegen den Prinzen von Armenien. Diese Zahlung konnte er wahrscheinlich nicht leisten, denn er verlegte gleich darauf seine Residenz nach Paris und später nach Turin. In beiden Orten hat er ssln früheres Treiben wiederholt, sich in sie vornehmsten Schichten der Gesellschaft ge drängt und mit allen möglichen Gesandtschaften verkehrt. Er wußte namentlich die Tagespresse immer sehr geschickt zu be nutzen, um sich bei seiner Ankunft in einer größern Stadt so fort zu einer historischen Person zu machen und über die man cherlei Mängel in seinen Legitimationspapieren fortzukommen. Seine Legitimation führte er namentlich durch buntbemalte Pa tente in angeblich syrischer, ganz unverständlicher Sprache und durch eine Unzahl Briefe hochgestellter Personen, Lu Lenen er immer nur auf seine eignen kecken Behauptungen hin als Prinz oder Fürst bezeichnet wurde. Namentlich beobachtete er jedes Mal das Manöver, sich selbst in die Nähe höherer Polizeibe amten zu drängen, um dadurch möglichst unverdächtig zu er scheinen. Seine feinen Manieren, seine Kenntniß vieler Spra chen, namentlich der französischen, englischen, russischen und deutschen Sprache, sein Ordensstern und seine hohen Verbin dungen erhoben ihn über den Wirkungskreis polizeilicher Re cherchen. Die hiesige Criminalpolizei war aber minder leicht gläubig, und der Polizeidirector Stieber widmete dem mysteri ösen Fremden persönlich eine besondere Aufmerksamkeit. In Folge dessen wurde er vor einigen Tagen plötzlich verhaftet und einer sehr sorgfältigen Recherche unterworfen. Bei dieser hat sich herausgestellt, daß der angebliche Fürst ein holländischer Jude Namens Joseph Joannnis ist, welcher schon seit dem Jahre 1846 steckbrieflich verfolgt wird und sich bald Fürst von Korikosz, bald Prinz von Armenien, bald russischer Officier v. Korikosz, bald tartarischcr Officier Amur-Khan genannt hat. Er hat längere Zeit im Orient, namentlich in Konstan tinopel und auf den holländischen Colonien in Ostindien gelebt und besitzt daher eine genaue Kenntniß der orientalischen Ver hältnisse und viele Sprachkenntniffe. Auch hat er auf der hol ländischen Universität Leyden studirt. Seit gestern sitzt der ent larvte Fürst im hiesigen Arbeitshause, bis seine persönlichen Verhältnisse und sein ganzes abenteuerliches Treiben vollkom men aufgeklärt sind, und wahrscheinlich werden wir denselben nächstens auf der Anklagebank sehen." Berlin, 27. Oct. Die schnelle Entdeckung der richtigen Verhältnisse des in Berlin entdeckten GaunerS, -es sogenann ten Prinzen von Armenien, ist dadurch erfolgt, daß man aus seinen Papieren ersah, daß er früher den Namen: Fürst Korikosz und von Korikocz geführt hatte. Die Kriminalpolizei kam daher auf die Idee, unter diesem Namen nach ihm zu forschen, und so fand man denn in dem bekannten preußischen.