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1380 Straßen und die ÄHt Eherso» btldtt, die Pulsader des Ver kehrs in SüdrußlaHj, ^nd von hier aus wird die russische Arimarmee mit dem nöthigen Bedarf versorgt. Gelänge es den Alliirten, in den Mündungen des Dniestr weiter aufwärts zu dringen und die Stadt Cherson zu nehmen, so wäre eine Haupt pulsader Rußlands durchschnitten und die Verpflegung der Krimarmee beinahe unmöglich gemacht und letztere im Rücken ernstlich bedroht, was dahin führen könnte, daß die Russen die Krim aufzugeben genöthigt würden. Wollen aber die Verbün deten diese Stadt erobern, so bedürfen sie hierzu noch mehr Lan dungstruppen auf dieser Stelle. Bereits trifft man Anstalt, von Kamiesch aus mehrere Nachschübe von Landungstruppen zu senden. Auch von Frankreich aus werden bald bedeutende Truppensendungen anlangen. Jedenfalls steht die Seeexpedition nach den Mündungen des Dniepr in engem Zusammenhänge mit dem Angriff bei Eupatoria und den Operationen im Bai- darthale. An der Küste von Kienburn hat ein Pionierdetachement der Verbündeten eine Landbatterie errichtet. Auch vor der weiter westlich am schwarzen M"re gelegenen Handelsstadt Odessa ist eine Flotille der Verbündeten aufgefahren, welche diesen wich tigen Handelsort in Brand schießen kann. Der Kaiser Alexander II. hält die Südküste Rußlands am schwarzen Meere für gefährdet. Er weilt jetzt in Nicolajef an der Spitze seiner Kerntruppen und wird hier so lange bleiben, LiS sich der eigentliche Zweck der Bewegungen der verbündeten Flotten deutlich herausgestellt haben wird. Hier concentriren sich die neuen Verstärkungen der Russen, um für alle Fälle be reit zu stehen. Die Verbündeten haben noch ein Stück schwerer Arbeit, aber ihre Stellung ist beim Eintritt des Winters un gleich vvrtheilhafter als im vorigen Jahre. Die Russen werden immermehr eingeengt, und zurückgedrängt und haben bis fetzt auch nicht einen entscheidenden Sieg aufzuweisen. Tagesgeschichte. Dresden. (Ein junger Mann vermißt). Unsre k. Polizeidirection machte kürzlich das am 17. Oct. erfolgte Ver schwinden eines jungen Mannes von 20 Jahren mit dem Be merken bekannt, daß derselbe der Sohn einer hiesigen den hö- hern Ständen angehörigen Familie und seine Wäsche mit 0. v. ?. gezeichnet sei. Wie uns mitgetheilt wird, sind alle Nachforschungen nach dem Vermißten zur großm Betrübniß seiner Aeltern bis jetzt leider vergebens gewesen. Dieselben würden jede Mittheilung, welche auf die Spur ihres Sohnes führen könnte, mit größtem Dank entgegennehmen und haben uns ermächtigt, über densel ben und die nähern Umstände seines durchaus unerklärlichen Verschwindens Folgendes zu veröffentlichen, durch dessen Weiter verbreitung die Redactionen vaterländischer wie auswärtiger Blätter sich den Dank einer höchst bekümmerten Familie erwer ben würden. Der vermißte jnnge Mann heißt Otto Ludwig v. Polenz, vnd ist der Sohn deS hiesigen Geh. Finanzraths v. Polenz. Er war einer der) obersten Schüler der I. Gymnasialklasse der Blochmann'schen Prstakt, deren Director u„d Lehrer ihm daS Zeugniß eines sehr braven und fleißigen jungen Mannes geben, der außerdem wegen seiner trefflichen Gesinnungen allgemein ge achtet und namentlich auch im Aelternhause wegen seiner war men Anhänglichkeit und Liebe zu den Seinigen heiß geliebt f wurde. — Vor seinem Verschwinden und insbesondere dem 17. Oct. hat er sich nach dem Zeugnisse seiner Lehrer und sämmtli- cher Mitschüler heiter und unbefangen gezeigt, um Urlaub für den Nachmittag des folgenden Tages, als an seinem 20. Ge- H burtstage (um mit seinem Vater wegzufahren), gebeten, den Mitschülern aber gesagt, er werde noch mit ihnen die zwischen. 12 und 1 Uhr stattfindende Fechtstunde abwarten, Aufträge we gen Einbinden von Büchern ertheilt, seine Arbeiten beendigt, keinerlei Aeußerung über Unzufriedenheit mit seinem Schicksal gethan, in seinen Papieren keinerlei Notiz über irgend ein Vor- L haben zurückgelaffen, nur die auf dem Leibe gehabte Kleidung, ) neuer, olivengrüner etwas kurzer Tuchüberrock, graue Buckskin beinkleider, wahrscheinlich schwarze Tuchweste, schwarzseidenes Halstuch, neues leinenes Hemde mit 0. v. ?. gezeichnet, neue ' kalblederne Stiefel, schwarze runde Tuchmütze, weiße Socken und . ein weißes Schnupftuch mit 0. v. ?. gezeichnet, getragen, we nig oder gar kein Geld mit sich genommen, und keine Uhr, wohl aber einen oder zwei Pultschlüffel bei sich geführi. An Entweichen oder Selbstmord läßt sich unter den vorhandenen und sorgfältig erörterten Umständen nicht denken. Die einzige L Spur, welche sich bisher gefunden, deutet auf eine Verunglückung in der Elbe, sei es durch Zufall oder Verbrechen hin: man hat in der Gegend der Schiffmühle unterhalb Neustadt einen drei- ; mal sich wiederholenden Hilferuf eines anscheinend jungen Man- nes um V-d-bis r/,9 Uhr jenes Abends gehört und ist von Fischern mittelst Kahns vergeblich der Ursache dieses Schreiens nachgcspürt worden. — Trotz der genommenen Maßregeln ist aber seitdem keine Nachricht weiter eingegangen. (Dr. I ) Die National-Zeitung schreibt aus Berlin vom 25. Oct.: „Durch die Umsicht unserer Criminalpolizei ist es gelungen, hier einen Schwindler zu entlarven, welcher schon seit einer Reihe von Jahren fast in allen Hauptstädten Europa s, na mentlich in London, Paris, Konstantinopel, Turin, Frankfurt a. M., Brüssel, eine förmliche historische Rolle gespielt hat. Nur die grenzenlose Frechheit, mit welcher sich dieser Betrüger gerade in die allerhöchsten Kreise der Gesellschaft gedrängt hat, läßt es erklären, daß nicht längst von Seiten der Polizei gegen ihn eingeschritten ist. Die Augsburger Allgemeine Zeitung ) brachte unter dem 7. Aug. d. I. unter dem Rubrum Berlin ' folgenden Correspondenzartikel: „In diesem Augenblick weilt in unsern Mauern eine interessante Persönlichkeit, der junge Fürst Leo von Armenien, ein sehr wohlgebauter Orientale, des sen Gesichtszüge ebenso lebhaft, als sein Schicksal wechselvoll. Der Fürst stammt aus dem zur Zeit der Kreuzzüge zu Macht und Ansehen gelangten Hause Lusignan auf Cypern, indem ein , Sprößling dieses Königsgeschlechts, Fürst Schahan, ein Sohn s Leo's V. von Lusignan - Roupenian, sich mit der Prinzessin Pinna, Tochter Leo's VI-, Königs von Armenien, vermählte. H Leo V. von Armenien hatte nämlich testamentarisch den Fürsten Leo von Lusignan zum Vormund seines Sohnes Schahan er- W