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1272 mm, sprechen dieS halbverblümt aus, und wir, die wir hier nur zu gut wissen, daß stets bei solchen Mittheilungen von dort eine zu große Aengstlichkeit beobachtet wird, können unge scheut daraus den Schluß ziehen, daß diese Angelegenheit schon mehr einen ausgedehnteren und scharf ausgeprägten politischen Charaktex gehabt haben müsse, als man vielleicht später durch die russisch-finnischen Blätter diesfalls erfahren wird. Es nimmt aber die Kundgebung solcher Borgänge in Finnland nicht Wun der, wenn man anders mit unparteiischem Auge das Wohl und Wehe Finnlands betrachtet. Zwei Jahre sind nun verflossen, daß die westmächtliche Armada an den Küsten des finnisch-bott- nischm Meeres ihr Vernichtungswerk begann. Alle größern und kleinern Städte, Dörfer und Weiler sind mehr oder we niger der Brandfackel des Kriegs zum Opfer gefallen, und was das Wichtigste für Finnland ist, seine ganze Küstenschiff fahrt ist vernichtet, seine Handelsflotte, die noch vor drei Jah ren zu dm beträchtlichsten des skandinavischen Nordens zu zäh len und auf allen Meeren zu finden war, existirt, mit wenigen Ausnahmen derjenigen Schiffe, die sich in neutrale Häfen flüch ten konntm, nicht mehr! Die Söhne, ja Väter sind im weiten Reiche in die Uniform russischer Soldaten gesteckt und müssen wie die Kinder, der Steppen die gleichen Dienste leisten. Das Familienglück und der Wohlstand sind gänzlich vernichtet! Zu diesem noch die täglich sich steigernde Theuerung. Und wie, da die Erwerbsquellen, die Ausfuhr, der Verkauf von Rohproduk ten, namentlich des Holzes, der wichtigste Bestandtheil des fin nischen Handels, abgesperrt und vernichtet ist, dieses bleiche Ge spenst, welches sich bereits an allen Orten des weiten Reichs zeigt, bewältigen? Faßt man alles Dieses zusammen, gesteht man überdies noch zu, daß die Finnen kein russisches, sondern schwedisches Volk sind und den Keim der Verschmelzung mit dem Mutterlande in sich bergen und sich darnach sehnen; giebt man ferner auch noch zu, daß dieses Unglück, welches so un verschuldet über Finnland hereinbrach, ein von dem russischen Kaiser heraufbrschworenes war, vor welchem er das Land trotz seiner gepriesenen Allgewalt nicht im mindesten zu schützen ver mochte und in Folge dessen er den Nimbus verlor, der ihm früher eigen war, so kann es gewiß nicht Wunder nehmen, daß das Volk unruhig zu werden beginnt und einzelne Laute sich hören lassen, die später in laute, vernehmliche Aeußerungen sehr leicht übergehen können. Daß die geheime Polizei, die Spionage nun vollauf zu thun hat, dieses drohende Ungewitter zu beseitigen, ist bei dem russischen Regierungssystem nicht in Frage zu stellen, wohl aber, ob damit das Ziel, nämlich sichere Ruhe zu erlangen, erreicht wird. Der Finne ist nicht so ge duldig wie der russische Leibeigene, der dankbar die Hand seines Peinigers küßt, nachdem er eine tüchtige Tracht Prügel bekom men hat. — Ueberhaupt hat der Fall Sebastopols im ganzen Norden, namentlich in den Regierunzskreisen einen Umschwung hervorgerufen, der entschieden sich nun zu Gunsten der West mächte neigt. Kaum war es hier entschieden bekannt, daß Se- bastopol genommen ward, als unser König sich entschloß, sei nen geheimen Vertrauten, den Theaterintendanten Baron Ronde, sofort unter den hier officiell bekannt gegebenen Gründen nach Paris zu senden, daß derselbe nur das Portrait des Königs an den Kaiser Napoleon zu überbringen hätte. (D. A. Z.) Bekanntmachung. Zum Nachlaß des gewesenen Schuhmachermeisters und Hausbesitzers Friedrich Gottlob Dittrich in Großschirma ist der Concurs- proceß eröffnet und Herr Atvocat Kugler allhicr als Güter- und Rechtsvertreter in diesem Creditwcsen bestellt worden, was hiermit öffentlich bekannt gemacht wird. Freiberg, den 4. October 1855. Das König!. Landgericht daselbst. Abtheil ung für streitige Civilrcchtssachen. Hecht. Coith. Bekanntmachung Nachdem die über den Advocate» Herrn Gustav Treuth in Freiberg verhängt gewesene, in der 2. Beilage zu Nr. 13 der diesjäh rigen Leipziger Zeitung zur öffentlichen Kcnntniß gebrachte Suspension von der juristischen und Notariatspraris durch Verordnung des Kö niglichen Appellationsgerichts zu Dresden wieder ausgehoben worden, so wird Solches andurch bekannt gemacht. Freiberg, den 8. Oktober 1855. König!. Landgericht allda. Abtheilung für Criminal fachen. Benjamin Richter. Wagner. Bekanntmachung. Es wird hiermit öffentlich bekannt gemacht, daß das 15. und 16. Stück des diesjährigen Gesetz- und Verordnungsblattes, enthaltend Nr. 71. eine Verordnung, die Publication der Strafproceßordnung betr., vom 13. August 1855 ; Nr. 72. ein Gesetz über die Berichtigung von Wasserläufen und die Ausführung von Ent- und Bewässerungsanlagen, vom 15. August 1855 ; Nr. 73. eine Verordnung zur Ausführung des Gesetzes vom 15. August 1855 über die Berichtigung von Wasserläufen und die Ausführung von Ent- und Bewässerungsanlagen, vom 15. August 1855; Nr. 74. eine Verordnung, eine Erläuterung der wegen Beaufsichtigung der Eisenbahnarbeiter unter dem 5. September 1845 er lassenen Verordnung betr., vom 3. Sept. 1855; Nr. 75. eine Bekanntmachung, die bei den Anstellungsprüfitngen für den höheren Staatsforstdienst zu ertheilenden Censuren bett., vom 3. Sept. 1855; Nr. 76. eine Verordnung, die Erbauung einer Eisenbahn von Zwickau nach Schwarzenberg betreff, vom 4. September 1855; Nr. 77. eine Bekanntmachung, den Umtausch der Acticn der vormaligen Sächsisch-Bayrischen Eisenbahncompagnie gegen neue drei- proeentige Staatsschuldencaffenscheine betreff., vom 7. September 1855 ;