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1165 L das Bier schlecht oder gar keins zu haben ist, schnappt er wie Ä wissen, wie die guten Münchener in dem edlen Getränke wirken M können. Wisse: Bayern producirt jährlich 8 Millionen Eimer inus yer» - der ,ört» Vier dii- tt v oi^ jaupt ohne» akter M h be- schem »ateS ider äder- chört l der Z un- wird ihre tzung tt'en^ eben,- ein Fisch nach seinem Elemente, und das Heimweh ist zunächst und zu allermeist auf das Bier gerichtet. Es ist bekannt, daß im Jahre 1844 München eine Revolution erlebte, weil das Maß Bier — um einen Kreuzer aufgeschlagen war. Es wur den dabei viele Fenster eingeworfen und drohende Aufläufe ge macht. Das Bier schlug wieder ab und man überließ sich aufs Neue mit altgewohnter Seelenruhe dem Genüsse der goldgelben schäumenden Flüssigkeit. Allerdings mußte Ler um einen Kreu zer gestiegene Preis des Bieres tief in s Leben einschneiden; denn angenommen, haß ein guter Münchner täglich seine drei Maß Bier trinkt (was sehr mäßig bei ihnen ist!), so macht das eine Mehrausgabe von 21 Kreuzern die Woche, von 1 Gulden 30 Kreuzern (ziemlich 1 Thlr.) den Monat. Sollten wieder die Preise plötzlich in die Höhe gehen, dann möchte ich kein Münchener Bierbrauer sein. Lieber Leser, Du mußt nur dell, der s st Ver- vor- d be- doch halla lence opolt unst- aus- eden- Ber- r ist, Bier, im Jahre 1852 wurden in München allein 28,200,000 Maß davon consumirt! München hat nun circa 100,000 Einwohner (natürlich. Kinder rc. mitgerechnet). Da kommt schon eine erkleckliche.Zahl Töpfchen auf Len Einzelnen. Auf äußeren Comfort und Schönheit des Bierlokals sieht der Bayer nicht, wenn nur das Bier gut ist. Man sucht ver gebens nach eleganten Sesseln; einfache Holzsitze, zum großen Theile Bänke, genügen an den verschiedenen Orten ihrem Zwecke. Der Münchner spricht auch, während er Bier trinkt, am Lieb- ! sten von diesem Biere. Wenn auch hier und da einmal gesun- l gen wird, so werden Lie Zecher doch selten lustig dabei. Da 1 ist nun wohl Mancher schnell mit dem Urtheile bei der Hand, ff an dieser Schwerfälligkeit sei eben das schwere Bier schuld, das Bier übe diesen Einfluß auf Temperatur und Gemüth. Dem ist aber nicht so. Der Thüringer ist auch ein Biertrinker und nährt. Und besonders der Münchner muß nach einem solchen Getränk verlangen, weil er auf einer dürren, rauhen Hochebene wohnt, wo Wind und Wetter auch nicht fein sind und derb an der Lebenskraft des Menschen zehren, so Laß dieser, wenn sein Lebensflämmchen wacker brennen soll, viel Kohlenstoff zum Nachschütten braucht. Der Bayer ist ein kräftiger, tüchtiger Mensch, er fühlt sich in seiner Kraft, ist dabei aber auch etwas selbstgefällig und eitel und genießt sich gern selbst, unbeirrt von fremden Gedanken und ungestört von Widerspruch. Da kommt ihm das Bier er wünscht, das viel weniger gesellig-vertrauliche Mittheilung, jo vial-heitere Offenherzigkeit und gemeinsamen Genuß verlangt, als der Wein. Doch kann man auch dem Münchner eine ge wisse Beredtsamkeit nicht absprechen; eine gewisse Redefertigkeit und Sprachlust ist dem Bayer eigen und er braucht sie nicht erst durch den Wein hervorzurufen. Der Münchner trägt nicht B Lie gewöhnliche Schüchternheit des Deutschen an der Stirne, aber er spricht und ratodirt auch nicht aus idealem Drange, M um sich über die gemeinen Lebensverhältniffe emporzuschwingen, M sondern aus einer gutmüthigen Geradheit, die nicht erst lange reflectirt, dir aber auch leicht derb und grob wird, wenn der Andere verschiedener Meinung ist. Durch sein Bier sucht der Münchner innerlich zersetzen, was ihm die Natur nach außen hip versagt hat. Wer da ring« um sich lachende Auen, kühn ragende Berge, sprudelnde Quellen, üppige Sträucher und glän zende Blumenmaffen schaut, der ist sicherlich wärmer und freu diger angeregt, als wer in die Münchner Zugluft und auf die Münchner meist kahle Hochebene kommt, wo nur der angestreng teste Fleiß des Menschen etwas üppige Vegetation zu Wege bringt. München, die schöne Stadt, liegt in einer reizlosen Ge gend. Wo keine Bäume wachsen, da wachsen auch keine Reben, und dieselbe Natur, welche dem Münchner heitere Thalgründe und lachende Weinberge versagte, die stimmt ihn allerdings vor zugsweise zum Genuß eines Trankes, der den Wein ersetzen muß, aber die Natur des Weines nie gewinnen kann. So liebt der Münchner sein Bier zugleich seiner eigensten Charakteran- lagr und des Charakters seiner Gegend willen. So wird denn nun in München, wie im ganzen Bayern lande flott „bayrisch Bier" getrunken. Kommen nach unsrer schon oben gegebenen jährlichen Töpfchenzahl auf München allein täglich gegen 80,000 Maß, welche „vertilgt" werden, so ist ein anderer Beweis für die ungeheure Bicrproductiön, daß un ter den Münchner Brauern besonders einer ist, der Lem Maate jährlich 20,000 Gulden Malzsieuer bezahlt, dessen Brauhäuser Palästen gleichen, dessen Keller vor den Thoren wie Festungen aussehen, dessen Bierfässer nach allen Theilen der Well verfah ren werden. — Die Zeit, wo das erste Frühlingsbier verzapft wird, gehört zu den Volksfesten der Münchner. Wer hat nicht schon von dem berühmten Bockkeller gehört, der am 1. Mai geöffnet tm'rd und nur den Mai über offen bleibt. In diesem unterirdischen Tempel wird dem Gambrinus geopfert mit einer Leidenschaftlichkeit, wie sie ein Norddeutscher kaum begreift. Ue- ber einen schmalen Steg, am rauschenden Stadtbache hin, ge langen wir auf einen großen Platz; dort das alte graue Ge mäuer mit der offenen Pforte, das unansehnliche Haus, die Töne Ler Harfe, Clarinette, Geige, das laut« Gelächter bezeich nen den Ort, den wir suchen. Wir gehen in's Haus. Auf der Treppe Auf- und Absteigende mit vollen Gläsern, Würsten, Brot, Käse, Nüssen. Unten im Erdgeschosse ein verwirrtes Ge dränge von Leuten, welche Gläser ausspülen, Bock zapfen, Geld zahlen und einstreichen. Von hier begeben wir uns in einen andern Raum, wo die beliebten „Bockwürste" sieden, welche nur während der Bocksaison zu haben find. Eine Frau verab reicht uns hier entweder diese oder gesolchte (geräucherte) Würste oder Käse oder frisch gerührte Butter nebst gehacktem Schnitt lauch. Mit einem oder dem andern dieser Gegenstände versehen, treten wir nun endlich hinaus in den Hof, um mit Muhe eiNen Platz zum Sitzen zu erlangen. Jndeß nähern sich u»S Weiber M mit Körben und bieten uns „Nüssen und Radi" (Nüsse und W Rettig) an. Wir kaufen für einen Kreuzer'uud das Weib greift in die Tasche, zieht ein großes MedizinglaS daraus her vor und schüttet uns ein weißes Pulver auf den Tisch. Wir wollen es mit einiger Anwandlung von Ekel verhindern, aber unser Nachbar versichert unS, daß es eine sehr nothweudige Würze, nämlich Salz, sei. Und nun kann man Lch^ bayrisch trinken. Keiner kann sich rühmen, ein achter Bayer zn sein. doch viel heiterer, lebensfroher, als der Bayer. Dieser trinkt frei-G Aber so gern Bier, weil es seinem Charakter zusagt, der nach sches k etwas Solidem verlangt, das, wenn es aufregt, doch zugleich nicht " - - ' -