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1101 Tage8geschichte. ' Zwick«», 27. August. Se. Majestät der König begaben Sich heute nach aufgehobener Mittagstafel mit einem Theil Ih rer Gäste in 6 offenen Wagen gegen 5 Uhr Nachmittags zu nächst in die an der Chaussee nach Werdau gelegene Porzellan fabrik des Herrn C. A. Fischer, welcher Allerhöchstdieselben an dem mit Blumengewinden und den Landesflaggen verzierten Haupteingange empfing. Se. Majestät wurden von demselben zunächst in das Magazin, wo Allerhöchstste nach den am mei sten gepflegten Zweigen der Porzellanmanufactur Sich erkun digten, und mit besonderem Interesse bei der hier in vorzügli cher Schönheit dargestellten, in der Feuermalerei noch ganz neuen Hochrothen Farbe verweilten, und von da durch Lie Former- und Malersäle nach dem Brennhause geleitet, woselbst Se. Ma jestät den Einzelnheiten der hier in ihren verschiedenen Stadien zur Anschauung gelangenden Operationen und ihrer theoreti schen Begründung, namentlich in Bezug auf die hierbei als Brennmaterial zur Verwendung kommenden Steinkohlen, be sondere Aufmerksamkeit widmeten. Als hierauf der hohe Besu cher noch Lie durch Dampfkraft getriebenen Mahl-, Stampf-, Knet- und Schlemmwerke zu Erzeugung der Porzellanmasse und diesfallstgen PrcceLuren und Materialien besichtigt, über Ler lctz- tern Abstammung und Eigcmhümlichkeiten, sowie über die in der Fabrik zugleich mitbetriebene Erzeugung feuerfester (Char- molte) Mauerziegel aufs Genaueste Sich orientirt und zuletzt die im Brande begriffenen Emailöfen betrachtet hatte, verließ Derselbe die Fabrik nach mehr als einstündigem Verweilen un ter Len gnädigsten Ausdrücken der Anerkennung gegen den Be sitzer, dessen Familienglieder Se. Majestät Sich vorher noch vorstellen zü lassen geruht hatten. Hiernächst wurde das an der Bahnhofstraße gelegene Kreiskrankenstift mit einem Besuche be ehrt und unter Führung des Herrn Medicinalraths Or. Unger und des ärztlichen Dirigenten 0r. Klotz in allen seinen Räum lichkeiten in genauesten Augenschein genommen. Sodann wur den die großartigen chemischen und Glasfabriketabliffements von C. F. Fickentscher besucht. Hieran schloß sich eine nach Len na hen Parkanlagen beim großen Teiche zu Fuß unternommene Promenade. Die Rückkehr nach der Stadt wurde wieder über Lie Fickcntschersche Fabrik angetreten, wo Se. Majestät noch von Ler Procedur des Hohlglasblasens in Ler Glashütte mit sichtlichem Interesse nähere Kenntniß nahmen. — Um 9 Uhr widmeten die Mannergesangvereine des philharmonischen Ver eins und des Liederkranzes nebst Lem vereinigten Stadtmusik chor Lem durchlauchtigsten Gaste eine von zahlreichen Fackelträ gern begleitete Serenade, deren musikalische Piece von unserm vr. Klitzsch besonders hierzu componirt worden war, und an welche ein über den von Menschen dichtgefüllten Platz weithin wicderhallendes Lebehoch sich anschloß. Se. Majestät geruhten die Leiter dieser Abendmusik zu Sich entbieten zu lassen und denselben Allerhöchstihr Wohlgefallen über den dadurch bereiteten Genuß auszudrücken. Ein solenner Zapfenstreich der Commu- nalgarde war die letzte der prunklosen aber gewiß herzlichen Huldigungen, mit denen unsre Stadt dem geliebten Monarchen für so viele und so wohlthuende Beweise väterlicher Fürsorge und Theilnahme an ihrem ganzen öffentlichen Wesen, an ihrem intellektuellen und materiellen Emporblühm, wie sie in dm un vergeßlichen Tagen von gestern und heute erfahren hatte, sich dankbar zu beweisen versuchte. Bockwa, 28. August. Se. Majestät der König, heute früh vor 6 Uhr von Zwickau abgereist, statteten auf ihrer Wetter reise nach dem Obergebirge zunächst dem zwischen hier und Zwickau dei Schedewitz gelegenen Steinkohleuwerke des „Erz- gebirgischen Steinkohlenbau-Vereins", Hoffnungsschacht genannt,d einen länger» Besuch ab, nachdem Sie bei der Ankunft an sel bigem die Allerhöchstdieselben abermals begleitenden berittenen Herren mit den gnädigsten Huldbezeigungea entlassen hatten. Se. Majestät wurden hier von dem Director des Vereins, Herrn Professor 0r. Breithaupt aus Freiberg an der Spitze der Werks» beamten und der schichtfreien Knappschaft mit einem „Glück auf!" empfangen und geruhten Sich, unter Führung dieses berühmten Lehrers der Bergakademie von den technischen Details dieses Musterkohlenwerks auf daS Sorgfältigste zu unterrichten. Ein zweiter Besuch galt hiernächst der an der Schedewitz-Bockwaer Muldenbrücke gelegenen Kammgaruspinnfabrik von PetriowSky und Comp. Nach halbstündigem Aufenthalte hier bestiegen Se. Majestät wieder den Wagen, um diesseits der Brücke zwischen der im untern Dorfe liegenden ganz neuen Kirche und Schule einige Minuten zu halten, und den nebst den Gemeindevertre- tern mit ehrerbietigem Gruße herzutretenden Ortspfarrer -I Gehe Ihr Wohlgefallen über diese auf dem Lande ihres Gleichen su chenden geistlichen - Gebäude an Len Tag zu legen. Hierauf wurde jenseit des Dorfes der Kohlenbahnhof auf dem Bockwaer Anger und die eiserne Marienbrücke, ein Meisterwerk der Köni gin Marienhütte, überschritten und am Fuße des die v. Arnim- schen Kohlenwerke zu Planitz mit der Hauptbahn verbindenden schiefebenigen Schienengleises, des sogenannten BremSbergeS, auf welchem weiß-grün beringelte LowrieS hinauf und herab sich bewegten, der Weg bis nach Niedercainsdorf zu Fuß fortgesetzt, allwo Se. Majestät von dem Besitzer der Königin Marienhütte, Herrn Kammerherrn v. Arnim und dem ganzen Werks- und Hüt tenbeamtenpersonale ehrerbietigst begrüßt und durch alle Werk stätten geleitet wurden. Allerhöchstdieselben besichtigten und bt- , urtheilten jedes einzelne dieser verschiedenen Etablissements, be sonders die Gießerei und das Schienenwalzwerk mit dem Keu- - nerblick eines Technikers von Fach und geruhten endlich, und - nachdem Sie beim Abstich der beiden Hohöfen Sllerhöchstihren Namenszug mit Krone und „Glück auf!" durch fließendeSEi- sen hatten darstellen sehen, das hierbei vom technischen Dirigen ten der Hütte, Baron v. Lilienstern, Ihnen gebrachte Bergmanns- Hoch freundlichst zurückzugeben, sodann aber nach Annahme ei niger von Herrn v. Arnim angebotenen Erfrischungen die Hüt- tencolonie nach mehr als zweistündigem Verweilen zu verlassen und um 10 Uhr die Weiterreise nach Schneeberg fortzufchen. Schneeberg, 29. August. Seit die Kunde uns ward, daß Se. Mas. der König das Erzgebirge und unsre Stadt mit einem Besuche beglücken würde, theilte sich der ganzen Bevölke rung eine so freudige Bewegung mit, wie sie seit langer Zeit nicht wahrgenommen worden. Ueberall sah man erwartungs volle, frohe Gesichter, überall rührige, fleißige Hände, überall putzte und glättete man, überall entstanden Zeichen und Sinn bilder uns bevorstehender festlicher Tage, und überall war mau