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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bis Nachmittag« Z Uh< für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. 197. Tage8geschichte. Zittau, 20. August. Heute als am zweiten Tage des Stadtjubiläums fand früh 9 Uhr im großen Bürgersaalc des Rathhauses ein Redeact statt, in welchem nach Abführung der Weber'schen Jubelouverture, Ler als Lausitzer Geschichtsforscher auch in weitern Kreisen rühmlichst bekannte Archidiaconus vr. tdeol. Pescheck einen längern Vortrag hielt, worin er die Grün dung der Stadt durch König Ottokar, das Leben dieses Regen ten und die Entwickelung des städtischen Lebens in den ersten Zeiten des Bestehens der Stadt ausführlich beleuchtete. Auch Se. Königl. Hoheit der Kronprinz geruhte diesem mehr wissen schaftlichen Theile der Säcularfeier beizuwohnen, und fuhr, nachdem Er noch zuvor dem Bürgermeister Just seinen Dank für die in Zittau gefundene Aufnahme in der huldvollsten Weise ausgesprochen, in Begleitung des Herrn Kreisdirectors v. Könneritz und des Landesältestcn v. Thielau unmittelbar vom Rathhaus aus nach der Eisenbahn, um mit dem ^/,11 Uhr ab gehenden Zuge nach Dresden zurückzukehren. Seine Anwesen heit in Zittau's Mauern hat wesentlich dazu beigetragen, den allgemeinen Festesjubel zu erhöhen und die Feier dieser Tage unvergeßlich zu machen. — Der Nachmittag war zu einem all gemeinen Schulfest bestimmt, zu welchem die Bürgerschaft an sehnliche Beiträge beigesteuert hatte. Zwar schien das Wetter noch gegen Mittag die sämmtlichen darauf gebauten Hoffnun gen der städtischen Jugend zu Nichte machen zu wollen; doch im Laufe des Nachmittags hellte sich der Himmel auf und gestattete die vollständigste Ausführung der beabsichtigten Festlichkeiten. Nachdem sich die Schüler und Schülerinnen der sämmtlichen hiesigen Anstalten, fast 2000 an Zahl, durch verschiedenfarbige Bandschleifen nach den verschiedenen Schulen unterschieden, auf dem freien Raume vor dem Turnplatz aufgestellt hatten, bewegte sich nach 1 Uhr der endlose Zug, mit seinen bekränzten Fahnen, seinen Marschällen und Chargirten, unter Begleitung zweier Musikchöre und der Spalier bildenden Communalgarde, durch die Straßen der Stadt nach der Schießwiese, wo von dem be treffenden Festcomite die zweckmäßigsten Vorkehrungen getroffen waren. Spiel- und Schießplätze waren für die einzelnen Klas sen abgesteckt, Tafeln und Zelte zur Verabreichung von Er frischungen an die Schüler aufgeschlageu; auch an Carrousels und Bereiterbuden für allseitige Ergötzlichkeit fehlte es nicht. Erst gegen 8 Uhr kehrte der Zug und die zahllose Menschen- 1855. menge aus Stadt und Land nach der Stadt zurück/ um auf dem Marktplatz aufgestellt, die allgemeine Feier des Festes mit Absingung eines Festliedes und mit einem Hoch auf das Schul- festcomite, und mit einem von Herrn vr. meä. Just auf die Bürgerschaft, deren thätige Theilnahme diese Festlichkeit mög lich gemacht habe, ausgebrachten Hoch zu beschließen. Die Schu ler der obern Klassen des Gymnasiums und der damit verbun denen Realschule hatten hierauf die junge Damenwelt noch zu einem in den Räumen des „deutschen Kaffeehauses" veranstal- teteu^Balle geladen. — Schließlich erwähnen wir noch zweier lithographirter Erinnerungsblätter an die vor 600 Jahren er folgte Erhebung Zittau's zur Stadt, gezeichnet von Lüer (erschie nen in der Pahl'schen) und von Berthold (erschienen in der Schöpsischen Buchhandlung), welche die Umreitung der Stadt durch den Begründer,' sowie die'wichtigsten Sccnen aus der Geschichte Zittau's darstellen. (Dr. I.) Aus dem Hannöverschen, 20. August. Am 6. August ward in Verden eine feierliche Handlung executirt, welche ihrer Seltenheit wegen, wohl öffentlicher Mittheilung Werth sein dürfte. Ein junges Mädchen aus Hamburg, katholischer Religion, ging nämlich aus Liebe zu ihrem Bräutigam zum Judenthum über. Obgleich dieselbe, wie das Gesetz es erheischt, durch den israeli tischen Geistlichen andauernd von einem solchen Schritt abge mahnt wurde, so besteht sie doch fest darauf, die Pflichten einer wahren Jüdin mit Eifer zu erfüllen, und ward endlich, da so wohl christliche als jüdische Abmahnungen sie nicht in dem ein mal gefaßten Vorsatz wankend machen konnten, nach überstan dener Prüfungszeit und unter Veränderung ihres Namens Mariä in Mirjam durch den Landesrabbiner vr. Heilhut öffentlich un ter die Bekenner alttestamentlicher Lehre aufgenommen. Paris, Mittwoch, 22. August. Nach dem heutigen Mo niteur ist bei Sebastopol am 17. August nicht das Bombarde ment wieder eröffnet worden, sondern nur eine Kanonade, um die Belagerungsarbeiten zu erleichtern. General Pilissier meldet nnterm 19. August, daß in Folg« der Affaire an der Tschernaja vom 16. August 3329 Russen be erdigt worden sind. (Dr. I.) - Oertliches. Freiberg erfreut sich mit jedem wiederkehrenden Jahre der Pflege und des Gedeihens seiner Promenaden, als 1>er einzigen. Freitag, den S4. August