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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh 8 Uhr. Prei« vierteljährlich IS Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bi« Rachmittag» Z Uhr' für die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. «>^132. Montag, den II. Juni 1855. Tagesgeschichte. Freiberg. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monat Mai d. I. 1994 Thlr. 18 Ngr. 4 Pf. eingezahlt, 3689 Thlr. 18 Ngr. 9 Pf. zutückgenommen und 46 Stück neue Bücher ausgestellt. — Im Monat Mai d. I. (4 Wochen) wurden 271 Arme in und außer den Armenanstalten mit 139 Thlr. 3 Ngr. baarem Gelde und 4224 Pfd. in natura verabreichtem Brote im Werthe von 141 Thlr. 10 Ngr. 6 Pf., 39 vorübergehend mit 36 Thlr. 10 Ngr. 4 Pf., 29 mit Kleidungsstücken und beziehendlich Wäsche, 21 außer den in den Armenhäusern ärztlich behandelten und den vom vorigen Monate krank verbliebenen Armen außer halb des Krankenhauses, sowie 12 im Stadtkrankenhause mit Kur, Medikamenten und beziehendlich Pflege unterstützt, 222 wurden bei Vertheilung von Legaten berücksichtigt, 7 wurden auf Kosten der Armenkasse beerdigt. Aus Thüringen, 5. Juni. Unser Thüringen, das als das erste Land, in welchem, neben Hessen, Bonifatius, der Apo stel der Deutschen, christliche Kirchen gründete, auch das erste Anrecht auf die feierliche Begehung seines 1100jährigen Todes tages hatte, sah auch in den heutigen Morgenstunden gegen 10,000 Menschen nach Ler für jene Feier ausersehcnen Stätte, Lei Altenberge, unweit Reinhardsbrunn, ziehen, wo einst die Bonifaciuskapelle stand, und zum Andenken daran vor 44 Jah ren jener durch seine Einweihung, wo die Geistlichen aller Con- fcssionen mitwirkten, berühmte Candelaber errichtet ward. Dort fand ein feierlicher Gottesdienst statt, bei welchem Generalsuper- intcndent Petersen die Festpredigt hielt, hieran sich aber die Reden von Oberhofprediger Dillenberger aus Weimar, Kirchen- rath Schwarz aus Jena, Pfarrer Ebert aus Kossel und mehre rer anderer Abgeordneten schlossen, die mit begeisterten Worten das Vertrauen zu der Zukunft Ler evangelischen Kirche Deutsch lands aussprachen, die trotz des Verflnsterungs- und Verfol gungssystems der kirchlichen Reaction eine freie und lichte sein werde. Ihr Wort ward mit gleicher Begeisterung von den Tausenden der Zuhörer vernommen, in deren Herzen es, weil so tief und wahr die Saiten der Zeit anschlagend, auch eine bleibende Stätte und mit ihr die Feier selbst sein wird. (D. A. Z.) Wien, 6. Juni. Der Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Paris vom 4. Juni über die Wiener Conferenzen: „Wie ich aus authentischer Quelle vernehme, haben die Westmächte das Abbrechen der weiteren Negociationen mit Rußland ver langt, um der Nothwendigkeit zu entgehen, auf die neuesten Vorschläge Oesterreichs direct zu antworten. Die Westmächte mögen um keinen Preis mit dem Wiener Hofe brechen. An statt die österreichischen Vorschläge direct zurückzuweisrn, waS das kaiserliche Cabinet verletzen könnte, zogen sie es vor zu er klären, daß die Fortsetzung der Conferenzen überflüssig erscheint, solange nicht Rußland durch eine Vorlage annehmbarer Vor schläge seine Friedensliebe thatsächlich bewährt. Damit ist di« Schwierigkeit umgangen, und ohne daß das Projekt VeS öster reichischen Ultimatums von den Westmächten genehmigt wäre, sind die bisherigen Verhältnisse zwischen Oesterreich und den Westmächten in ihrer äußern bisherigen Form aufrecht erhalten." Aus Wien vom 4. Juni wird dem Moniteur gemeldet, daß die 5 Bevollmächtigten in der Conferenz am 4. Juni erklärt haben, daß, weil sie sich über die Mission nicht in Einvernehmen setzen konnten, die Conferenzen beendet, die Unterhandlungen geschlossen seien. Den durch die Wiener Zeitung veröffentlichten Nachweisun gen über die aus Anlaß Ler Entbindung der Kaiserin geübte« Acte der Wohlthätigkeit zufolge beträgt das Gesammtergebnkß derselben, überall mit Ausschluß der ungemein reichlichen Spen den in Naturalien, dann der nicht ziffermäßig bekannt gewor denen Geldvertheilungen über 436,459 Fl. Die sehr bedeuten den Spenden in Naturalien belaufen sich in mehreren Provin zen höher als die in Baarem geleisteten Beiträge. Paris, 3. Juni. Die Spannung auf Nachrichten auS der Krim bleibt ungeschwächt. Man sieht dem amtlichen Be richte über die letzte Waffeuthat entgegen, von der die Rede ge wesen ist; man fängt an, zu erkennen, daß dieselbe auf daS Schicksal der Festung nicht den Einfluß hat, den man ihr zu schrieb. Der am Meisten wahre und unbezweifelte Vorthril ist Ler, den die Expedition nach Kertsch gewährt hat. Bis jetzt haben die Russen eine Schlacht vermieden, zum großen Leidwe sen des Generals Pilissier, denn er ist's, welcher die schöne Phrase an den Kaiser schrieb, die ich in einer auswärtigen Cor- respondenz wiederfinde: „Sire, meinen Soldaten fehlt eS a« Luft, meinen Pferden an Gras; auf den Kirchhöfen findet . man das nicht, wir brechen auf, um es anderswo zu iuchrn." Die Umstände geben in der That auch Anlaß zu ernster Besvrg- niß. Der Geruch in den Laufgräben ist seit Eintritt dve grv»-