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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich 1S Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bi« Nachmittag» 3 Uhr' für die nächfierschetnende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit S Pfennige« berechnet. in. Dienstag, den LS. Mai 1855. Tagesgeschichte. Freiberg, 12. Mai. Obgleich den Freunden des göttlichen Wortes, sowie allen Denen, welche sich für die Angelegenheiten der evangelischen Kirche lebhaft interessiren, schon längst bekannt sein wird, daß die große brittische und ausländische Bi belgesellschaft zu London am 7. März 1854 in ihr 51. Hahr eingetreten ist, so werden sie doch kaum alle erfahren ha ben, daß jene so segensreich wirkende Gesellschaft ihr erstes Ju belfest auf eine auch für das Königreich Sachsen höchst erfreu liche und zu großem Danke verpflichtende Weise begangen hat. Bei einer öffentlichen Versammlung von 3000 Mitgliedern und Freunden der brittischen Bibelgesellschaft am 8. März 1853 un ter dem Vorsitze des Grafen Shastesbury zu London gehalten, hatte bereits der witanwesende vr. Duff aus Edinburg zur Gründung eines besonderen Jubiläumsfonds aufgefordert, um Irland, die Kolonien, China, die Gefängnisse und die Aus wanderer mit Bibeln zu versorgen. Der, schon bei der Grün dung des großartigen Vereins — am 7. März 1804 — be- theiligte und seitdem als Secretär desselben thätige vr. Stein kopf aus Würtemberg, ein Mann, der als Prediger an der deutsch-lutherischen Kirche zu London am 1. Advent 1851 sein 50jähriges Amtsjubiläum gefeiert hat, konnte diesem Anträge die erfreuliche Ankündigung folgen lassen, daß für den genann ten Zweck schon 7000 Pfd. Sterling (über 47,0000 Thlr.) ge zeichnet wären. Gleichwie nun die brittische Bibelgesellschaft ihr preiswürdiges Wirken schon früher auch auf Deutschland und auf Sachsen ausgedehnt hat, so hat sie auch bei ihrer er sten Jubelfeier unsres weiteren und engeren Vaterlandes in ächt christlicher Bruderliebe gedacht. Durch Vermittlung ihres Agen ten in Frankfurt am Main, des um die Verbreitung der heili gen Schrift ebenfalls hochverdienten vr. Pinkerton, hat sie den Armen-, Kranken- und Rettungshäusern im Kö nigreiche Sachsen das ansehnliche Geschenk von dreihundert ganzen Bibeln und sechshundert Neuen Testamen ten zugestcllt. Von diesen heiligen Schriften hat der Frei berger Zweigverein durch die Güte der königl. sächsischen Hauptbibclgesellschast zu Dresden Ende Februar d. I. sieb zehn ganze Bibeln und dreißig Neue Testamente em pfangen, welche insgesammt an den hiesigen Stadtrath mit dem Ersuchen abgegeben worden sind, dieselben durch die betreffenden Herren Geistlichen unter angemessener Feierlichkeit an die Ar men- und Krankenanstalten unserer Stadt gelangen zu lassen. Nach der von der städtischen Behörde getroffenen Bestimmung sind dem Stadtkrankenhause 2 Bibeln und 6 Neue Testamente, dem Jacobiarmenhause 5 Bibeln und 10 Neue Testamente, dem kleinen Frauenhospitale 4 Bibeln und 10 Neue Testamente und dem großen Sieghause 6 Bibeln und 4 Neue Testamente gewährt worden. Das Königl. Bergamt hat es abgelehnt, von dem auch ihm angebotenen Geschenke Gebrauch zu machen, weil die unter seiner Obhut stehenden milden Stiftungen schon hin länglich mit heiligen Schriften versehen seien. — Sämmtliche an jene Anstalten vertheilte Bibeln und N. T. zeichnen sich durch schönen und dauerhaften Einband und durch trefflichen Druck aus und sind mit Zetteln versehen, welche eine auf das Jubelfest bezügliche Inschrift tragen. Insbesondere werden zwei Bibeln in groß Quart solchen Armen und Kranken, welche an schwachen Augen leiden, eine willkommene Gabe sein. Möge« nun alle diejenigen unserer armen Milbrüder und Mitschwestern, welchen die reiche Liebesgabe unserer Glaubensgenossen in Groß- brittanien zunächst gilt, durch dieselbe zu dem vollen Segen ge langen, welchen das Wort Gottes gerade den Mühseligen und Beladenen bieten will und kann! Mögen die frommen Geber des köstlichen Geschenkes zum Lohne für ihre christliche Mild- thätigkeit die Verheißung dessen an sich erfüllt sehen, der da jpricht: „Was Ihr gethan habt Einem meiner geringsten Brü» der, das habt Ihr mir gethan!" Mag endlich das werthvolle Jubelgeschenk auch dazu mitwirken, daß die evangelischen Chri sten aller Länder und aller Bekenntnisse sich immer inniger durch das heilige Band des Glaubens, der Liebe und deS Friedens verbunden fühlen, die aus dem unversiegbaren Quell des aus Gott geoffenbarten Wortes entspringen und auf dem selben als auf einem ewig unerschütterlichen Grunde beruhen! Das helfe Gott! Dresden, 9. Mai. Bei den Ständen ist zur Förderung dererzgebirgischen Eisenbahnfrage wiederum ein Schritt weiter gethan worden, indem nun auch die I. Kammer das in der II. Kammer schon angenommene erforderliche ExpropriationS- gesetz berathen und genehmigt hat. Es ward bei dieser Gele genheit ständischerseits für die Regierung die Ermächtigung be schlossen, die Bestimmungen des vorerwähnten Gesetzes im In teresse des Kohlcnbaues auch auf eine Privatbahn nach den Koh le «werken auszudehnen, während der von Chemnitz aus laut gewordene Wunsch, der Regierung möge auch freigegeben wer-