Volltext Seite (XML)
In Europa erkennt man am Rock die Provinz, die Be schäftigung, die staatliche Stellung rc. In den frühesten Zeiten des deutschen Lebens z. B. im 8. und 9. Jahrhundert trug der reiche Grundbesitzer, ja der Herrscher, wie z. B. Kaiser Karl der Große, im gewöhnlichen Leben zur Sommerzeit den selben Leinkittel, und zur Winterzeit denselben Schafpelz wie sein Knecht und Dienstbote. Nur die Geistlichen bedienten sich durchgängig der langen weiten Gewänder von weißer, brauner oder schwarzer Farbe. Die Kreuzzüge brachten Kenntniß von den kostbaren baumwollenen und seidenen Stoffen des Orients und so finden wir vom 13. und 14. Jahrhunderte an, Fürsten und Edelleute in lange fließende Gewänder gehüllt, die vom Halse bis auf die Füße reichen und über welche ein Mantel gelegt ist, der auf der Brust durch kostbare, mit Perlen und Edelsteinen verzierte Spangen znsammengehalten wird. Später, his zum 17. Jahrhundert sehen wir die Herrschaft des kurzen Rockes oder Wammses. Uebrigens findet sich vom 14. bis zum 16. Jahrhundert eine Vorliebe für grelle und buntschäckig zu sammengestellte Farben. So war es z. B. in jener Zeit gar nicht auffällig, wenn ein eleganter Mann seine Figur von Oben nach Unten in zwei Hälften theilte, davon eine hellgelb oder Hellroth war, während die andere himmelblaue, schwarze oder apfelgrüne Farbe zeigte. Man bewunderte einen Mann, der noch weiter ging und seine Kleidung in vier Abschnitte brachte, deren jeder eine andere Farbe trug. Es war schon ein Schritt zur Vereinfachung, als im Jahre 1532 Graf Balthasar von Hanau seine Cavaliere in violette Beinkleider und Röcke kleidete, an denen nur der ganze rechte Arm der Länge nach gelbe, blaue und rothe Streifen zeigte. Noch einfacher waren die Hoffommerkleider des Grafen Eberhardt von Königstein im Jahre 1553: sie bestanden aus zinnoberrothen Beinkleidern und gleichfarbigen mäßiglangen Röcken, auf deren linkem Aermel der gräfliche Wahlspruch: Bedenks End! mit Gold gestickt zu lesen war. Von Spanien und den Niederlanden aus verbreitete sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Vorliebe für schwarze und dunÜe Farben, besonders in den Reichsstädten und an den deutschen Höfen, und nur durch die Uniformirung der Heere kam die bunte Farbe wieder zu Ansehn. Schon Gustav Adolph hatte ein gelbes Regiment. Die französische Infanterie wurde weiß, die brandenburgische blau, die sächsischen Defensioner theils hechtgrau, theils roth gekleidet. Dies fand nun auch wieder Nachahmung im Civilstande und so sehen wir, besonders in der Zell zwischen dem ersten und dritten Viertel des vorigen Jahrhunderts, die modische Männerwelt mit den grellsten Far ben aufgeschmückt: elegante Herren in rosenfarbenen Fracks mit himmelblauen Kragen oder salatgrüne Röcke mit purpurnem Aufschlag«. Nur die citrongelbe Farbe fand weniger Anklang, wahrscheinlich weil sie von den kurfürstlich sächsischen und gräflich Thurn- und Taxisschen Postbeamten bereits in Anspruch genommen war. Allein krebs- und ziegelroth, meer-, äpfel-, zeisig-, flosch- und grasgrün, sowie sämmtliche Nüancen des Klau, Violetch Roth und Grün sanden die allgemeinste und unbedenklichste Anwendung für die Männerfracks. Der Frack, oder die aus dem Umsturz der Mode gerettete Trümmer des Rockes, verdankt seine Entstehung der Sparsam keit, womit die Kriegsherren der früheren Zeit ihre Truppen bekleideten. Dies fand namentlich seit dem Frieden von Hu bertusburg statt. (1763.) Die eigentliche Periode der gewalt samen Ausbildung des Fracks beginnt mit der französischen Revolution. Bald verkürzte und schmälerte man denselben an seinem Endtheile und setzte den dort wezgenommenen Stoff auf den Kragen; bald verlängerte man ihn auf ungebührliche Weise und nahm das dazu nöthige Tuch von den Seiten. So toll nun auch die von der Revolution anzesteckte Mode an dem Frack änderte und bildete, immer blieb sie dem Zweck treu — nämlich durch denselben die Menschengestalt der des Vogels und zwar vorzugsweise der Krähe und Schwalbe möglichst nahe zu bringen, daher sie denn zuletzt die schwarze als die domini- rende Farbe demselben anwies. Haben wir so eigentlich blos von den Werken des Schnei ders geredet, so wollen wir doch noch des Schumachers geden ken, der einen nicht minder wichtigen Theil der menschlichen Bekleidung liefert — die Schuhe. Von ihnen noch Einiges. Den Fuß zu bekleiden lehrt die Menschen das kalte Klima oder der brennende Sand oder die mit allerlei Auswürfen bedeckten Straßen der großen Städte. Der Schuh aber hat eine überaus mannigfache Gestalt, von dem aus Baumwurzeln zusammen gedrehten Sandalen der brasilianischen Indier bis zu den rothen, goldgestickten Sammetschuhen der türkischen Damen. Aus dem Schuh kann man den Culturzustand der einzelnen Menschen und Völker abmessen. Wie nieder- oder schiefgetretene Schuhe dem Menschenkenner einen nachlässigen und kraftlosen Charakter am Individuum erkennen lassen, so zeigt uns die Beschaffenheit des Schuhes überhaupt den Kulturzustand einer Nation. Wir sind berechtigt aus dem groben Bastschuh des slavischen Leib eigenen, aus den zierlichen Sandalen der Südchinesen einen Schluß auf ihre Lebensweise, ihre Sitten zu machen, wie uns ! der leichte Mocassin des nordamerikanischen Indianers den ! muntern, rüstigen Jäger erkennen läßt, der kein Hinderniß kennt. Aus dem Schuh hat das Bedürfniß den Stiefel erschaffen, den Schnürstiefel der Kroaten und Ungarn, den sohlenlose« Lcderstiefel der Pehuenschen in Südamerika, den Wasserstiefel ! der Jäger und Fischer, den steifen Stiefel der schweren Reiterei und die unverwüstlichen Stiefel der Couriere und Postillone. Sehr interessante Notizen giebt unser Gewährsmann, Hof rath vr. Klemm in den „freien Gaben für Geist und Gemüth", denen wir obige Notizen auszugsweise entnommen, noch über die Kop fbed eckung. II. Der Gegenfüßler des Schuhes ist die Kopfbedeckung, welche, vermöge ihrer erhabenen Stellung auf dem sichtbarsten und hervorragendsten Theile des menschlichen Körpers, immerdar Gegenstand großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit gewesen ist. Der Mensch ist bekanntlich auf allen Stufen der Cultur nicht mit der ihm von Gott verliehenen, mithin unstreitig zweckmä» ßigsten Kopfbedeckung zufrieden. Gr hat darauf gesonnen, st« möglichst abzuändern; denn er wollte es anders haben. Die wilden Papua und Australier kleben sich ihr zottiges langes