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Freiberger Anzeiger Tageblatt. — Erscheint jeden Wochentag früh 9 Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bis Nachmittags Z Uhr' sür Lie nüchfierscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit 5 Pfennigen berechnet. 105. Tagesgeschichte. Zwönitz, 3. Mai. Gestern in den frühesten Morgenstun den hat sich ein entsetzliches Unglück in unsrer Nähe ereignet. Gegen halb 3 Uhr bemerkt der von Grünhain kommende Po- , stillen in Niederztvönitz ein ausgehendes Feuer, macht Lärm in der Stadt, und ehe wir noch an Ort und Stelle kommen, steht das Haus eines gewissen Leßmüller in Hellen Flammen. Leider mußten die Bewohner desselben, so wie deren Nachbarn aus dem Schlafe geweckt werden, und daher ist es erklärlich, daß drei Menschen in den Flammen ihren Tod fanden: der Vater des Hausbesitzers, ein hoher Siebziger, seine Tochter, Mutter von 9 Kindern und auch eine 4jährigc Enkelin. Vergebens sah man den Greis die Hände ausstrecken und nach Rettung schreien, allein es war Hilfe nicht mehr möglich. Seine Toch ter, die Frau des Fleischers Erleman, hatte 8 ihrer Kinder, darunter einen Säugling von */z Jahr, glücklich gerettet, und als sie, sich zu vergewissern, daß keins ihrer Lieken fehlt, die Schaar überzählt, stürzt sie mit dem Ausrufe: meine Annel fehlt! nochmals in das über und über brennende Haus — um nicht wiederzukehren. Aus den rauchenden Trümmern zog man die Mutter mit ihrem Kinde, wie sie es umschlungen hielt und mit ihrem Leibe vor den Flammen hatte schützen wollen. Der Leichnam des GreiseS war schrecklich verstümmelt, ohne Kops und ohne Beine. — Bei der leichten Bauart der Häuser erfaßte das Feuer noch die beiden Nachbarhäuser von Benitz und Thier felder und legte sie, nebst Scheunen und Hintergebäuden in kurzer Zeit in Asche und konnte fast nichts gerettet werden. Ueber die Entstehungsursache des Feuers laufen Lie verschieden sten Gerüchte um, ohne jedoch nur einigen Anhalt zu bieten. Die Leichen der Verunglückten sind heute Nachmittag, in zwei Särge gebettet, unter großer Theilnahme zur Erde bestattet worden. Der Schmerz des Hausbesitzers Erleman war in der That grenzenlos, hatte er doch in einer halben Stunde Schwie gervater, Gattin, Kind und sämmtliche Habe auf die entsetzlichste Weise verloren. Mit 8 Kindern an den Bettelstab gebracht, rath- und thatlos, ist er der Barmherzigkeit Anderer anheim gegeben. (Dr. I.) BreSlau, 4. Mai. Mit dem Auswandern geht es jetzt Ivie längst mit dem Heirathen. Die väterliche Sorg- der Ne gierung bietet Alles auf, um Beides zu erschweren, damit die Leute zur Besinnung kommen, bevor sie den entscheidenden 1855. Schritt thun. Es hilft aber Alles nichts: die Einen wie die Andern stürzen über alle Hindernisse hinweg und erwachen erst aus ihrem Taumel, wenn keine Rückkehr mehr möglich ist. Nicht nur aus Oberschlesien ziehen allwöchentlich die Auswan-/ dererschaaren fort, auch die sogenannten Wasserpolacken, ein Volk, das in Dumpfheit und Stumpfheit zu leben scheint, sind vom Auswanderungstaumel ergriffen. Dabei ist gerade setzt in unserer Provinz an Arbeit bei gutem Lohn kein Mangel. Im hiesigen Regierungsbezirk, in Ober- und Niederschlesien weit und breit, bedarf man vieler Tausend Hände für die Deichbau ten. Die Gefangenen werden vielfältig zu den Arbeiten im Freien benutzt. Durch eine Bekanntmachung des Oberpräsiden ten v. Schleinitz erfährt man, daß die Regierung zu Marien werder eine namhafte Anzahl tauglicher Arbeiter, einige Tau sende, namentlich aus Schlesien, wo die meisten in den dort vorzunehmenden Arbeiten bereits durch lange Uebung gewandt sind, herbeizuziehen und auf mindestens fünf Monate in den Niederungen der Weichsel und Nogat lohnend beschäftigen will. Die Auswanderungsverlockungen der Negierung von Brasilien finden auch hierher und wahrscheinlich nach den Weberdistricten und Bergwerkskreisen des Königreichs Sachsen Verbreitung und leicht überredete Gemüther, wo in der Heimath nur der Kummer und die Noth zurückgelassen werden. Doch ist es Pflicht, die Opfer zu warnen! Die Weißen in Brasilien wer den, wie ich aus besten, glaubwürdigsten Quellen weiß, skla visch gehalten und entsetzlich gemißbraucht; Noth und Elend finden sie dort wieder, aber nicht einmal die Freiheit, zu betteln. Man will nur darum Weiße nach Brasilien haben, weil die ' schwarzen Sklaven die Behandlung der dortigen großen und kleinen Tyrannen nicht mehr geduldig ertragen. (D. A. Z.) Paris, 3V. April. Der Pariser Correspondent von Daily News schreibt vom 28. April Abends: „Nicht ohne Zögern gehe ich daran, Ihnen folgende äußerst wichtige Nachrichten mitzu- theilen, die mir aus einer vortrefflichen Privatquelle zugekomme» sind. Für die unbedingte Wahrheit alles Dessen, was ich z« melden habe, bürge ich nicht. In jedem Bericht über neulich« Vorgänge im Rath der Regierung, die nur vom Hörensagen bekannt werden können, kommen wohl Ungenauigkeiten und Ue- bertreibungen vor, aber den Hauptinhalt folgender Darstellung halte ich für wahrheitsgemäß: Das Feuer der alliirten Batterie« ist vollständig eingestellt. Der General, welcher die französische Artillerie befehligt, hat dem Kaiser geschrieben: „Sirr'. Ich VN». Dienstag, den 8. Mai