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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich 1S Rgr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bi« Nachmittag» 3 Uhr . für di« nächfierscheinende Nummer angenommen and die gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. «^^73» Donnerstag, den 2S. März 1855».. Tagesgeschichte. Freiberg, 26. März. Während noch vor wenig Mo naten der Beitritt zu dem hiesigen Gewerbevereine Seiten der Gewerbtreibenden nur ein spärlicher genannt werden konnte, so daß darüber nicht unbegründete Klagen laut wurden, find die Beitrittserklärungen zu diesem Vereine seit Kurzem so zahl reich geworden, daß man sich darüber zu freuen alle Ursache hat. Zwei Vortheile treten zunächst hervor: der Vorstand sieht sich nicht nur für seine Bestrebungen belohnt, sondern er fühlt sich auch zu neuen Anstrengungen angespornt; sodann wachsen die pekuniären Mittel und mit diesen, was ja die Hauptsache ist, die Möglichkeit- die geistigen Bildungswerkzeuge, gute Bücher, nützliche Zeitschriften, zu vermehren. Und wie gering ist das Opfer, das ein Vereinsmitglied zu bringen hat, um aus dieser Bildungsquelle schöpfen zu können! Zu wünschen wäre aber allerdings, daß eine größere Anzahl von Vereins Mitgliedern an den Versawmlungstagen Mittheilungen machte aus dem Kreise seiner gewerblichen Erfahrungen, Bedürfnisse und Wünsche, denn das gewerbliche Leben und Wesen soll ja eben durch Gewerbe vereine zum klaren 'Bewußtsein, theils seines Werth.es, thrils. aber auch seiner Schwierigkeiten und derjenigen Mittel gelangen, wodurch den Letzteren möglicherweise entweder ganz, oder theil- Weise abgeholfen werden kann. Man muß die Hilfe nicht immer nur von Außen her sehnsüchtig erwarten, sondern sie ganz besonders auch mit Einsicht und mit festem Entschluß in sich selbst aufsuchen. — Da einzelne Innungen immer noch in dankens Werther Weise fortfahren,. Beiträge für die Zwecke der Sonntagsschule einzusenden, so wird der Gewerbeverein z. B. bei der nächsten Prämirung ausgezeichneter Sonntagsschüler über Mittel verfügen können, wie sie ihm in früherer Zeit nicht zu Gebote standen. Uebrigens wird noch im laufenden Jahre der Vorstand des Gewerbevereins die Herren Jnnungsobermei-. ster zu einer abermaligen Versammlung einladen, um theils über Einnahme und über Verwendung derselben die nöthige Mittheilüng zu machen, theils aber auch, um den einen oder anderen Wunsch ihnen anS Herz zu lege». — WaS den vom Gewerbevereine gestifteten Krankenunterstützungsvercin anlangt, so sieht er sich zwar vollkommen in den Stand gesetzt, die For derungen, die an ihn gemacht werden zu befriedigens aber dessen öhngeachtet muß mit Bedauern Folgendes bemerkt werden: erst lich, daß. gxrade dir Mitglieder des Gewerbevereines sich immer noch nicht in der wünschenswerthen Weise bet jenem Institute betheiligen, und zweitens, daß die Vereinigung dw beiden Krqv- kenvereine noch nicht erfolgt ist. Doch darf die Hoffnung iw Interesse beider nicht aufgegeben werden, zumal du unüber windliche Schwierigketten keineswegs obzuwalten scheinens Möge das Bereinigungswerk endlich gelingend Der Segen davon wird gewiß nicht lange auf sich warten lassen. Meißen, 24. März. Zwei unglückliche Ereignisse find in den letzte»» TaMn rasch auf einander gefolgt. Das erste ist ein Einbruch, der in der Nacht vom 22. auf den 23. miL gvo- ßer Frechheit in ein hiesiges Kaufmanndgewölbe, in dem zu gleich ein schwunghaftes Wechselgrschäft betrieben wird, gemacht worden ist. Dem Bestohlenen ist dabei ein Schaden von mehr als 560 Thlrn. zugefügt worden. Abgesehen von der Verwe genheit, mit der dieses Verbrechen verübt wurde, beunruhigt der: Umstand, daß die Diebe in ihrem Handwerk offenbar erfahren sind, wie aus ihrem ganzen Verfahren und besonders daraus hervorgeht, daß sie nur baares Geld und Kassenscheine mit sich genommen, ein Päckchen Coupons und andere werthvolle Effec ten aber haben liegen lassen. Ein Feuer brach heute Nacht in der dritten Stunde im einer Tischlerwerkstatt am. Lüthainer- Hofe auS und hat zwei Hintergebäude vernichtet. (Dr. I.) Posen, 21. März. Die Truppenbewegungen in Polen haben nunmehr eine entschiehene Richtung angenommen, und es leidet keinen Zweifel, daß das Königreich bald von dem größern Theil der dermaligen Besatzung befreit, sein wird. Alle. Regimenter, welche von dem Mittelpunkte Radom bis Czen» stochau und Lublin bisher dislocirt waren, find jetzt größtentheils schon auf dem Marsch nach dem Süden begriffe»;, dagegen, haben die Truppen, welche in Lithauen, Kowno, Augustowo eingerückt, ja die Cavalerieregimenter, die bereits bis Plock vorgeschoben waren, die Ordre erhalten, sich schleunigst^nach den Ostseeprovinzen zu begeben, wo eine Armee von angeblich^ 140—150,060Mann zusammengezogen werden soll. In Polen find dafür bereits Truppen aus den Altaigegenden Asiens ein gerückt. Schreiber dieses sah dergleichen neulich in dec Gegend von Kolo. Man nannte sie dort Baschkiren; sie gehören aber ihrer Gesichtsbildung nach nicht zur mongolischen, sondern zur kaukasischen Race und waren auch nicht mit Pfeil und Bogen, sondern mit sehr langen Flinten bewaffnet. Sie trugen lange Schlafröcke von rothem Stoff, mit schwarzem Schafpelz ge füttert und besetzt, und hohe persische Pyramidenmützen,