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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint'jeden Wochentag früh 9 Uhr. Preis vierteljährlich IS Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nm LiS Nachmittag« S Uhr für Lie nachsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeil- mit S Pfennigen berechnet. 29» Montag, den Tagesgeschichte. Freiberg, 1. Februar. Die jüngst in Dresden vom Professor Hülße in populärer Weise gehaltenen Vorlesungen über die Grundsätze und den Werth von Lebensversicherungsbanken haben unter der dortigen Bürgerschaft die verdienteste Aner kennung gefunden und die Uebcrzeugung allgemeiner und fester begründet, daß die sogenannten Grabegesellschasten sich nicht nur überlebt haben, sondern auch auf ganz falschen Grundsätzen ruhen. Auch die in unserer Stadt bereits gemachten Erfahrun gen sind in höchstem Grade geeignet, jene Ueberzeugung als eine wohlbegründete erscheinen zu lassen. Wir theilen einige der gemachten Erfahrungen, sowie auch einige auf die Frage, um die es sich hier handelt, Bezug habende Verhältnisse mit. Im Jahre 1836 traten die hiesigen Defensioner mit einem Ka pital von 400 Thlr. zu einer Lebensversichcrungsgesellschaft zu sammen. Von der Zeit an bis jetzt vermehrtes sich die Gesell schaft alljährlich im Durchschnitt um 90 Mitglieder: die Ver sicherungssummen gehen nach dem Dezimalsystem von 200 Thlr. bis auf 5 Thlr. herab, um auch dem ärmsten Bürger den Zu tritt möglich zu machen. Das Kapital der Gesellschaft ist be reits über 7000 Thlr. gestiegen und seit einigen Jahren können schon 2Zo/g Dividende gewährt werden, d. h. 3 Monate sind steuerfrei für die, welche die volle Versicherungssumme im Falle des Todes zu erwarten haben. Im Jahre 1853 vereinigte sich die gesellschaftliche Beerdigungskasse, ein Kapital von vhngefähr 8000 Thlr. mitbringend, mit den Desensionern: Einigen ihrer Mitglieder mußten 250 Thlr. als höchste Versicherungssumme zugestandcn werden, es steht aber zu erwarten, da das Grund kapital die Höhe von mehr als 15000 Thlr. erreicht hat, d'ie Mitglicderzahl auf 1030 gestiegen ist und voraussichtlich die Durchschnittszahl der Vermehrung von 90 auf 100 steigen wird, daß die höchste Versicherungssumme auf wenigstens 300 Thlr. sich schon im laufenden Jahre wird erhöhen lassen. Sehr vor- theilhaft ist es übrigens für das Wachsthum des Kapitals ge wesen, daß die wirklichen Todesfälle bedeutend hinter der als mög lich angenommenen Zahl in jedem Jahre zurückgeblieben find. Soeben verhandelt aber auch die sogenannte Scheunert'sche Gra begesellschaft über die Modalität, unter welcher fie fich in ein Lebensverficherungsinstitut umgestalten kann: der Erfolg ist kaum zweifelhaft und es wird hoffentlich auch die Frage über den Anschluß an die Defensioner bejahend entschieden werden, »Februar 1855. ' " s-s———s—-M— UM so mehr, als das Kapital der Letzterm abermals einen sehr wesentlichen Zuwachs erhalten würde: die vereinigten Gesell schaften verfügten dann über einen Fonds von circa 24000 Thlr. Und gelingt es die noch übrigen Gräbegesellschaften über lang oder kurz nach gleichen Grundsätzen zü einer vollständigen Ver» einigung herbeizuziehen, so hat Lie Freiberger Lebensverfiche- rungsbank zu ihren Operationen ein Kapital von wenigstens 40,000 Thlr. zur Disposition: wie segensvoll damit für den unbemittelten Bürgerstand und für den vermögenslosen Theil der Beamtcnwelt gewirkt werden kann, ist allen klar, die auf diesem Gebiete der Finanzwirthschaft Einsicht und Erfahrung besitzen. Wir können unsere Mitbürger nicht dringend genug ermahnen, sich über den hohen Werth von LebensversicheruugS- Instituten in s Klare zu setzen und zu überzeugen, der Vereint» gung aller hiesigen Grabegesellschasten in ein einziges derarti ges Institut das Wort zu reden und endlich ihm in möglichst großer Anzahl Leizutreten. Die Frage, ob unter den gegebenen Verhältnissen nicht wiederum eine Oberaufsichtsbehörde erforder lich werde, wollen wir jetzt blos andeuten. Denn abgesehen von der Größe des Kapitals, dessen Verwaltung man Männern in die Hand legt, blos weil man Vertrauen zu ihnen hat, ist namentlich der Umstand in Anschlag zu bringen, daß ein Jnsti» tut, dessen Theilnehmer vorzugsweise einer Gemeinde angehören, einen demokratischen Charakter besitzt, dessen Andrang einer Verwaltung, wenn sie keinen behördlichen Rückhalt hat, leicht gefährlich werden und das Ganze zur Auflösung bringen kann. Die Erfahrung spricht für diese Möglichkeit. In Paris nöthig» ten 1848 mehre Kasscngesellschaften, die sehr viele Mitglieder in der Stadt zählten und ein bedeutendes Vermögen besaßen, dem Minister des Innern die Oberaufsicht über die Verwaltung gerade zu auf, um den Spaltungen in den Vereinen Einhalt zu thun und um die Gefahr einer gänzlichen Auflösung der so wohlthätigen Institute zu beseitigen. Dresden, 29. Januar. Von dem raschen und kräftige» Fortgang des Ablösungsgeschäfts in Sachsen, auf Grund der Gesetze vom 17. März 1832 und 15. Mai 1851, zeugen die zahlreichen Landrentenbank-Ueberweisungen. Im Jahre 1854 allein sind im Ostertermin 47,946 Thlr. und im Michaelister- min 61,376 Thlr., im Läufe eines Jahres zusammen 109,322 Thlr. jährlicher Renten, nach vorheriger Ablösung der betreffen dem-Berechtigungen, von der Landrentenbank übernommen und der entsprechende Eapftaldetrag von überhaupt 2,732,60Ü Thlrn.