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2142 PAPIER-ZEITUNG Nr. 102/1917 Chromo-Ersatz-Karton 1524. Schiedspruch Schiedsprche werden kostenfrei gefällt und ohne Namen der Beteiligten veröffentlicht Zur Schlichtung eines Streitfalles sind wir, die liefernde Papier fabrik, mein Kunde und ich,- überein gekommen, uns Ihrem un parteiischen Schiedspruche zu-unterwerfen. Ich lasse Ihnen den Ori ginalschriftwechsel zugehen. Ihre Entscheidung ist über die Abnahme der beanstandeten 3 Ladungen (siehe Rechnungskopien vom 12. und 14. Oktober 1916) seitens des Kunden zu treffen und darüber, ob der Kunde die ohne mein Einverständnis verursachten Telegramm- sowie Speditionskosten durch’ Einlagern der Ware beim Spediteur usw. zu tragen hat. Auch sind -von.ihm die vereinbarten Zahlungs bedingungen nicht eingehalten worden: Er zieht nach 6 Wochen noch 21 v. H. Skonto ab und vergütet mir dagegen für 14 Tage_3 v. H. Verzugszinsen, worauf ich mich nicht einlasse, vielmehr netto Regu lierung verlange. Auf die Rechnung vom 14. Oktober 1916 hat er mir den in seinem Schreiben vom 21. November 1916 angeführten Teilbetrag überwiesen, auf diejenige vom 12. Oktober 1916 jedoch noch nichts bezahlt. Verkaufsmuster für das Geschäft, welches am 16. Juni 1916 durch meine Bestätigung unter üblichem Kriegsvorbehalt abgeschlos sen wurde, also zu einer Zeit, wo die Verhältnisse etwas besser waren als heute, finden Sie beiliegend, ebenso die Ausfallmuster beider strittiger Sendungen, und eine mir von der Fabrik überlassene Druck probe, welche auf dem Karton angefertigt wurde. Das Verkaufs muster ist zwar ziemlich klein, doch steht mir ein größerer Abschnitt davon nicht zur Verfügung. X, Großhandlung, in A. *** Wir nehmen Bezug auf die Ihnen durch die Großhandlung X in A unterbreiteten Schriftstücke und erklären uns grunds tzlich damit einverstanden, uns Ihrem Schiedspruch zu unterwerfen. Im Juni 1916 hat der damalige Geschäftsführer unserer Firma, welcher kurz vor seiner Einberufung stand, um unseren laufenden Bedarf an Faltschachtelkarton für längere Zeit zu decken, bei X etwa 70 000 kg prima einseitig weiß gedeckt Chromoersatzkarton bestellt nach dem hier in drei kleinen Stücken beifolgenden Muster A. Er hat in Anbetracht der Eile den sehr hohen Preis von .. M. für 100 kg dieses Kartons bewilligt und ist auch die Bedingung eingegangen, daß die Ware brutto für netto berechnet und bezahlt wird, die Pack bretter dagegen — welche also zum Warenpreise berechnet wurden -—■ erst nach deren Rücksendung vergütet werden. Die ersten drei Ladungen kamen in Abwesenheit unseres Geschäftsführers, welcher inzwischen einberufen wurde. Als mehrere Wochen später ein Mitglied unseres Aufsichtsrates zum stellvertretenden Geschäfts führer bestellt worden ist und in den laufenden Geschäften Umschau führte, ist ihm die sehr schlechte Beschaffenheit des von X gelieferten und für den bestimmten Zweck ungeeigneten Kartons aufgefallen, ebenso dessen hoher Preis. Die sofort eingeleitete Untersuchung hat ergeben, daß die bereits gelieferte Ware dem durch X seinerzeit gesandten Verkaufsmuster nicht entspricht, daß ferner für den gezahl ten hohen Preis bessere Ware gefordert und geliefert werden müßte. Der Friedenspreis von derartigen Faltschachtelkartons in bester Ware betrug weniger als die Hälfte des jetzt bezahlten Preises, und noch im November 1916 hat die Papierfabrik Z in C erstklassige Ware aus einem im Mai 1916 getätigten .Kauf um 6 M. die 100 kg billiger geliefert. Danach haben wir X sofort darauf aufmerksam gemacht, daß wir die Annahme weiterer Ladungen entschieden ablehnen werden, wenn der Karton ebenso schlecht sein sollte wie in den bereits er haltenen Ladungen. Trotzdem enthielt die am 18. Oktober in unseren Besitz gelangte Ladung ebenso geringe und vom Verkaufsmuster abweichende Ware wie die früheren Ladungen. Wir waren deshalb gezwungen, diese Ladung zur Verfügung zu stellen. Sie liegt noch heute beim Spediteur, da wir aber die Fracht für die nicht in Empfang genommene Sendung auslegen mußten, so haben wir das Konto X mit den Frachtauslagen belastet. Wir haben zwar nicht nötig gehabt, X von dem Geschehenen telegraphisch zu benachrichtigen. Wenn wir es getan haben, so ge schah es lediglich in seinem Interesse, weil wir auf Grund seiner frü heren Briefe annehmen konnten, daß er für die ihm zur Verfügung gestellte Ware sofortige anderweitige Verwendung habe, und er durch die telegraphische Nachricht die Lagerkosten beim Spediteur sparen würde. Die letzten Lieferungen von X kamen am 21. und 24. Oktober an. Wir haben sie angenommen, um X keine weiteren Kesten durch Lagerung beim Spediteur zu machen, haben uns aber ausdrücklich vorbehalten, daß wir die Ware an zuständiger Stelle vorerst prüfen lassen und erst dann über die Annahme oder Nichtannahme uns entschließen, also dem Prüfungsergebnis gemäß berechnen und be zahlen werden. Die Bezahlung konnte also nicht erfolgen, bevor wir die Urteile der Prüfungsstelle in der Hand hatten. Daraus erklärt sich die Verzögerung in der Bezahlung, obgleich das Geld für Rech nung des X in einer hiesigen Bank hinterlegt wurde, und die uns von dieser Bank'zugestandenen Zinsen an X vergütet worden sind. Wir gewinnen den Eindruck, daß X die uns gelieferte Ware nicht gesehen hat und nicht genau kennt. Er schickte uns zum Beispiel die 2 beifolgenden Muster C als Ausfallproben der Lieferungen vom 12. und 14. Oktober. Diese „Ausfallmuster” entsprechen aber weder dem Verkaufsmuster A, noch viel weniger der tatsächlich gelieferten Ware, von welcher wir die beiden Ausfallmuster B hier beifügen. Zwischen dem Verkaufsmuster A und den wirklichen Ausfallmustern B besteht ein gewaltiger Unterschied. Die ferner mitfolgenden zwei Muster D zeigen, daß die Oberfläche des Kartons sich beim Verdrucken losreißt. X und seine Fabrik behaupten, wir müßten den außerordent lichen Zuständen, die durch den Krieg hervorgerufen sind, Rechnung tragen und Ansprüche, die zu Friedenszeiten gestellt werden konnten, gegenwärtig nicht gelten lassen. Wir würdigen wohl die herrschenden Schwierigkeiten, lassen uns aber nicht aufzwingen, was wir nicht gewollt haben und nicht einwandfrei verbfauchen könner. Wenn X und seine Fabrik nach dem Abschluß zu der Ueberzeugung gekommen sind, daß sie uns beim die Verkauf bemusterte prima Ware nicht liefern können, so wäre es ihre Pflicht gewesen, anzufragen, ob wir mit Lieferung einer anderen Sorte — die uns dann bemustert werden müßte —• einverstanden sind ober nicht. Wir sind der Ansicht, daß der von uns vorgenommene Abzug von 10 v. H. das Mindestmaß unseres. Schadensersatzes für die ge lieferte schlechte Ware wie auch für die Schwierigkeiten und Verluste bei deren Verarbeitung darstellt. Ueber die beim Spediteur lagernde Ladung konnten wir aus den Briefen des X und den dort wiederholten Sätzen seiner Fabrik nur die Ueberzeugung gewinnen, daß sie die Ware mit größter Leichtigkeit- anderweitig unterbringen können. Wir hatten dagegen nicht das Geringste einzu wenden. Die anderweitige Unterbringung dieser Ladung scheint nicht gelungen zu sein. Wenn wir auch diese Ladung annehmen sollten, so könnten wir dies nur dann tun, wenn uns auch auf diese Sendung ein Nachlaß von 10 v. H. gewährt wird, und wenn X sämtliche bisher entstandenen Roll- und Lagerungskosten auf sich nimmt. Wir beanspruchen Entschädigung nur auf die letzten 30 000 oder 40 000 kg, verzichten dagegen auf eine solche auf die drei ersten Ladungen, obgleich alle sieben Ladungen eine gleiche Wäre enthielten, die viel geringer als das Verkaufsmuster ist. Y, Papierwaren-Fabrik. in B. * * * Im vorigen Jahre lieferte ich durch die Großhanldung X in A einige Ladungen Faltschachtelkarton an ein B.er Papierverarbeitungs werk. Einige Ladungen wurden von dem Verbraucher der Papier großhandlung zur Verfügung gestellt, die sich wieder an mich hielt. Ich bin mit der Firma X, sowie diese mit der B.er Firma überein gekommen, die Angelegenheit Ihrem Schiedspruch zu unterwerfen. Ich habe dem Verarbeiter in B außer durch die Firma X noch durch einen anderen Papiergroßhändler Lieferung gemacht, ohne die geringste Beanstandung der Ware zu erhalten, trotzdem nach weislich der Karton für die beiden liefernden, Papiergroßhandlungen zusammen gearbeitet worden ist. Hiermit ist eigentlich schon bewiesen, daß der Karton ein wandfrei war, denn sonst hätte ich auch von der anderen Seite die gleiche Beanstandung erhalten müssen. Ueberdies habe ich der Firma Y durch Bedrucken eingesandter Bogen bewiesen, daß der Karton anstandslos verarbeitet werden, kann uhd ich bin bereit, diesen Beweis jederzeit wieder zu führen. Die Firma soll mir Bogen aus der beanstandeten Sendung schicken, und ich werde diese in einer befreundeten Druckerei verarbeiten lassen. Z, Papierfabrik in C. Die Papierwarenfabrik hat die Vorlage und zwei Muster des Ausfalls beim Königl. Materialprüfungsamt in Groß-Lichterfelde auf Zellstoffgehalt prüfen lassen. Das Ergebnis wär, daß der eine Ausfall den gleichen Zellstoffgehalt hat wie die Vorlage, nämlich 45 bis 50 v. H.,' der andere jedoch nur einen solchen von 40 bis 45 v. H. aufweist. Unterschiede dieses geringen Ausmaßes im Er-- gebnis der Prüfung können auf Beobachtungsfehlern bei der - Zählung der Zellstof fasern oder auf Zufälligkeiten bei der Auswahl des Probestückes begründet sein, deshalb gibt der Ausfall der Prüfung der Papierwarenfabrik kein Recht zu Abzügen. Vergleich von Vorlage und Ausfall ergibt, daß die Deckschicht des Ausfallkartons nicht lockerer als die des Vorlagekartons ist, denn beide Muster lassen Fasern nach Druck mit dem befeuchteten Fingerknöchel in gleichem Mäße los. Wenn also die Goldunter druckfarbe sich von der weißen Decke des gelieferten Papiers beim Druck leicht losreißt, so ist entweder die Untergrundfarbe zu steif, oder es eignet sich Karton wie die Vorlage nicht für Golddruck der gewünschten Art. Dagegen zeigt die Vorlage bessere Leimung und geringeren Holzschliffgehalt als die Liefe rungen, diese sind also geringer. Auch ist der Vorlagekarton, abgesehen von der weißen Deckschicht, hellfarbig, der Karton stoff der Lieferung aber grau. Im ganzen sind die Unterschiede größer, als selbst unter den heutigen Verhältnissen bei Bestellung nach eigener Vorlage der Fabrik zulässig erscheint. Deshalb ist ein Nachlaß am Platze. Jedoch erscheint .-der vom Käufer ge forderte Nachlaß von 10 v. H. zu hoch' ' Der Umstand, daß das Papier von anderen Fabriken oder von der gleichen Fabrik in späterer oder früherer Zeit billiger verkauft wurde, ist unbe