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2018 PAPIER-ZEITUNG Nr. 97/1917 Papier-Spinnerei Deutsche Faserstoff-Ausstellung Auf Anregung und unter Führung der Reichsbekleidungsstelle Soll im nächsten Jahre unter dem Namen „Deutsche Faserstoff- Ausstellung” in Berlin und anderen deutschen Großstädten eine Wanderausstellung veranstaltet werden, deren Zweck die Förderung der Beschaffung und Verwendung von TSxtilersatzstoffen ist. Wir haben über die Vorbereitungen zu dieser Ausstellung in Nr 88 unter „Papiergewebe-Ausstellung in Berlin” ausführlich berichtet. Der Plan zu diesem vaterländischen Unternehmen ist infolge der Schwierigkeiten entstanden, die sich aus dem Mangel an ausländischen Rohstoffen für die Versorgung der bürgerlichen Bevölkerung mit Bekleidung ergeben haben. Es soll dem In- und Auslande gezeigt werden, daß Deutschland wie auf so vielen anderen Gebieten des Wirtschaftslebens so auch auf dem der Textilindustrie imstande ist, Ersatzstoffe zu beschaffen, die uns das Durchhalten im Kriege er möglichen. Das unter dem Druck des Krieges Erreichte wird auch für die Uebergangszeit von größter Bedeutung sein, und viele Er rungenschaften aut diesem Gebiete werden sich zweifellos in der kom menden Friedenszeit dauernd erhalten. Nach Vorbererungen im engeren Kreise, bei denen sich allerseits lebhaftes Interesse für die geplante Ausstellung zeigte wurd- in Berlin am 6. November 1917 als Träger des Unternehmens der „Verein zur Veranstaltung der Deutschen Faserstoff-Ausstellung” gegründet, und gerichtlich eingetragen. Dem von dem Vorstand dieses Vereins veröffentlichten Programm ist folgendes zu entnehmen: Zweck der Ausstellung ist die Gewinnung und Veredelung der einheimischen Faserstoffe sowie die technischen Errungenschaften auf dem Gebiet ihrer Verarbeitung darzustellen, sowie das Interesse der Bevölkerung an der Gewinnung und der viel seitigen Verwendung dieser Faserstoffe zu wecken und zu erhöhen. Die Ausstellung soll Anfang Februar 1918 in Berlin in der Aus stellungshalle am Zoologischen Garten eröffnet werden. Nach Vor führung der Ausstellung in anderen deutschen Großstädten ist deren Ueberfuhrung nach Wien, Budapest, Sofia und Konstantinopel in Aussicht genommen. Die Ausstellung soll in j eder Stadt 4—-6 Wochen dauern. Es werden ausgestellt alle einheimischen Faserstoffe, Haib und Ganzfabrikate aus solchen, Maschinen, Werkzeuge und deren Zubehörteile zur Bearbeitung dieser Faserstoffe. Dabei soll ins besondere auch der technische Werdegang der Herstellung gezeigt werden, wobei Maschinen im Betrieb vorgeführt werden können. Statistische und graphische Darstellungen sollen geboten werden und, wenn angängig, sollen fachtechnische Vorträge unter Vorzeigung von Lichtbildern und Führungen durch die Ausstellung statttinden. Die Reichsbekleidungsstelle hat in ihrem Heim am Nürnberger Platz in Berlin die für die Ausstellungsgeschäftsleitung erforderlichen Geschäftsräume kostenlos zur Verfügung gestellt Den Ehrenvorsitz der Ausstellung hat der Reichskommissai für bürgerliche Kleidung, Herr Geheimer Rat Dr. Beutler, über nommen. • Dem vorläufigen Vorstand der Ausstellung gehören gegenwärtig folgende Herren an: Prof. Dr. Arndt, Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Reichsbekleidungsstelle, Vorsitzender. Regierungsrat Koska, Leiter der Abteilung für Anstaltsversorgung der Reichsbekleidungsstelle Stellv. Vorsitzender. Kommerzienrat Claviez Adorf i. Vogtl. Generaldirektor Wilhelm Hartmann, Berlin. Geh. Regierungsrat und Vortragender Rat im Königl. Landwirtschafts- Ministerium, Dr. jur. v. Hippel, Berlin. Fabrikbesitzer Emil Jagenberg, Düsseldorf. Fabrikbesitzer Georg Müller, Vorsitzender des Leinen-Kriegs-Aus Schusses, Berlin. Direktor Hermann Schürhoff, Berlin. Die Geschäftsstelle der Ausstellung hat vor einigen Wochen unter der Leitung des Geschäftsführers der Leipziger Buchgewerbcaus- Stellung, Herrn Leege, ihre Tätigkeit aufgenommen. Es ist anzunehmen, daß die Ausstellung sehr reichhaltig be schickt werden und ein lückenloses Bild des Standes der Verwertung einheimischer Faserstoffe geben wird. Anmeldepapiere werden in wenigen Tagen von der Geschäftsstelle der Ausstellung versandt werden. Diese sind auch jetzt schon auf briefliche oder telephonische Anforderung von der Geschäftsstelle (Berlin W 50, Nürnberger Platz 1) zu beziehen. Als Anmeldeschlußtag ist der 15. Dezember 1917 in Aussicht genommen. ♦ * ♦ Die 'Ausstellungs-Leitung hat ein „Allgemeines Programm” auf- gestellt, dem wir zur Ergänzung obiger Angaben folgendes entnehmen: Zweck der Ausstellung ist, a) die Gewinnung una Veredlung der einheimischen Faserstoffe Sowie die technischen Errungenschaften auf dem Gebiet ihrer Verarbeitung darzustellen, b) das Interesse der Bevölkerung an der Gewinnung und der vielseitigen Verwendung dieser Faserstoffe zu wecken und zu erhöhen. Di« Ausstellung soll der deutschen Landwirtschaft di« Bedeutung der heimischen Fasergewinnung klarmachen und sie zur Kultur und Gewinnung der geeigneten Pflanzen anregen. Sie soll dem Fabrikanten zeigen, wie ei seinen Betrieb von der Zufuhr ausländischer Rohstoffe tunlichst unabhängig machen kann, welche Versuche mit dei Verwendung von einheimischen Fasern bereits angestellt und welche Erfolge hierbei erzielt worden sind. Er soll einen Ueberblick über die bisher aus einheimischen Faser stoffen (Zellstoff-Papier, Flachs, Hanf, Nessel, Typha usw.) her- gestellten Waren und die bei ihrer Herstellung verwendeten Materi alien und Maschinen erhalten und sich überzeugen können, welche weiteren Entwicklungsmöglichkeiten auf diesem Gebiete bestehen. Der verbrauchenden Bevölkerung und der Industrie soll die Ausstellung zeigen, welche neuen Waren ihnen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, insbesondere an Bekleidung und Wäsche, außerdem für technische und industrielle Zwecke, zur Verfügung stehen. Rechtlicher Träger des Unternehmens ist der „Verein zur Ver anstaltung der Deutschen Faserstoff-Ausstellung”, dessen Satzung festgelegt, und der im Vereinsregister des KönigJ. Amtsgerichts zu Berlin eingetragen ist. Mitglied des Vereins kann jede an der Aus stellung interessierte physische oder juristische Person werden. Die Mitgliedschaft wird durch Beitrittserklärung, Aufnahme durch den Vorstand und Zahlung des durch die Satzung bestimmten Beitrags . erworben. Die Ausstellung soll ein vaterländisches Unternehmen sein. Zur Ausstellung sind also zugelassen alle deutschen Unternehmer, soweit sie einheimische Faserstoffe, Halb- und Ganzfabrikate aus solchen, Maschinen, Werkzeuge und deren Zubehörteile zur Bear beitung dieser Faserstoffe herstellen oder mit ihnen Handel treiben. Die Ausstellung soll umfassen: I. Rohstoffe, II. Halbfabrikate, III. Ferfigfabrikate, z. B.: a) Kleidung und Ausrüstung, b) Gebrauchsgegenstände für das Haus (Tisch- und Bett zeug, Teppiche, Vorhänge usw.), c) Gegenstände für die Kranken- und Verwundetenpflege, d) Gegenstände für industrielle und Handelszwecke (Ver packungsstoffe u. a.), e) Gegenstände für technische Zwecke. IV. Maschinen, Werkzeuge und Geräte. Neben dem Vorstand soll ein größerer Ausstellungs-Ausschuß aus Vertretern der Behörden und Angehörigen der beteiligten Geschäfts kreise gebildet werden. Verkehr mit Papierbindfaden (Siehe Anzeige des Hanf-Kriegsausschusses in dieser Nummer.) Papierbindfäden für Privatbedarf dürfen bis zum 15. Dezember vom Fabrikanten unbeschränkt hergestellt und verkauft werden. Nach diesem Zeitpunkt tritt eine besondere Herstellungserlaubnis durch die Kriegsrohstoff-Abteilung des Kriegsministeriums ein. Jeder Hersteller erhält Erlaubnis zur Herstellung einer be- stimmten Menge, welche dem Handel durch Vermittlung des Hanfkriegsausschusses, Abteilung Papier-Seilerwaren, zugeführt wird. Nur solche Händler, welche in den Jahren 1913 und 1916 durchschnittlich gerechnet mehr als 25 000 kg Bindfäden aller Art abgesetzt haben, erhalten eine Zuweisung unmittelbar von der Fabrik durch die Vermittlung obiger Geschäftsstelle. Die kleineren Händler werden vom Großhandel bedient. Auch die Händler mit dem genannten großen früheren Bezug haben nur dann Anspruch auf unmittelbare Belieferung durch eine Fabrik, wenn sie beim Hanfkriegsausschuß auf einem dort anzufordernden Fragebogen angemeldet sind. Der Weiterverkauf des einem Händler zugewiesenen Bindfadens ist an keine behördliche Be schränkung mehr geknüpft. Mangel an Spinnpapier. Was in der Frankfurter Zeitung, wieder gegeben unter obigem Stichwort in Nr. 95 d. Bl., über Nitrierpapier gesagt wird, trifft in gleichem Maße für Spinnpapier zu. Bei den heutigen Höchstpreisen ist es, wenn man ausländischen Zellstoff verwenden muß, unmöglich, Spinnpapier herzustellen. Die Her stellung von Spinnpapier bietet nur noch Anregung, wenn hierzu deutscher Zellstoff zur Verfügung steht. Die Papierfabrikanten, die nicht noch aus alten Beständen schöpfen, oder denen nicht, wie den gemischten Fabriken deutscher Zellstoff zur Verfügung steht, lassen immer mehr die Herstellung von Spinnpapier fallen, und gehen zu Sorten über, bei denen ihnen entsprechender Verdienst bleibt. Wenn also dem Mangel an Spinnpapier abgeholfen werden soll, so müssen unverzüglich neue Höchstpreise festgelegt werden, die den heutigen erhöhten Gestehungspreisen angemessen werden. Geschieht dies, so wird wahrscheinlich Spinnpapier in gewünschter Menge auf den Markt kommen. R. E. Keine Höchstpreise für Papiergewebe. Wie die Frkf. Ztg. mit teilt, lehnte die sächsische Regierung auf Antrag der Chemnitzer Handelskammer die von den außersächsischen Fachleuten verlangte Regierungsaufsicht über die Papiergewebe-Verwendung und die Höchstpreisfestsetzung ab.