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558 Oesterreichisch-ungarischer Verein der Zellstoff und Papier-Chemiker Am 27. Januar hielt der Vorstand eine Sitzung ab, an die sich ein Vortrag des Herrn Dr, A. Klein über „Sulfitablaugen und deren Verwertung für die Spirituserzeugung” anschloß. In der Vorstandssitzung wurden Beschlüsse über die Druck legung 1 der Preisarbeit des Herrn Dr. Sieber gefaßt. Die Arbeit ist unterdessen im Druck erschienen und wurde den Mitgliedern zugesandt. Herrn Dr. Klein wurde der Auftrag erteilt, über die übrigen mit lobender Erwähnung ausgezeichneten Arbeiten einen Bericht zu verfassen, der dem vorliegenden Sitzungsbericht angeschlossen ist. Der Vorstand dankt Herrn Dr. Klein für die Abfassung dieses Berichts. Nachdem das „Zentralblatt” auf das Vorrecht, die preis- bekrönten Arbeiten des Herrn Direktor Lest zu veröffentlichen wegen Raummangels verzichtet hatte, wurden dem Verfasser die Arbeiten zur Veröffentlichung freigegeben; im Falle der Drucklegung sollen dem Vereine 70 Stück für seine Mitglieder zur Verfügung" gestellt werden. Der Vortrag des Herrn Dr. Klein war gut besucht, es nahmen daran auch Gäste und Vertreter der Ministerien teil. Ueber den Inhalt des Vortrages gibt nachstehender kurzer Bericht Aufschluß. An den Vortrag schloß sich rege Aussprache, der Vortragende gab auf die vielen Fragen erschöpfende Auskünfte und erntete den Dank des Vorsitzenden und der Versammlung. Im Anhänge geben wir ferner den Bericht des Herrn Dr. Klein über die neben der Arbeit des Herrn Dr. Sieber mit lobenswerter Anerkennung ausgezeichneten Arbeiten über Ersatzleimung und bringen diese so mit Einverständnis der Verfasser zur Kenntnis unserer Mitglieder. Der Schriftführer: Der Vorsitzende: M. Diamant E. Spiro. Sulfitablaugen und deren Verwertung für die Spirituserzeugung . Auszug aus einem Vortrag von Dr. A. Klein gehalten im Verein der Oest.-Ung. Zellstoff- und Papierchemiker am 27. Januar 1917 in Wien Es wurden 1913 für die Erzeugung von Holzzellstoff 20 Millionen • Festmeter Holz verbraucht, wobei von dem Zellstoffgehalte des Holzes etwa 85 v. H. als Ausbeute gewonnen wurden. Der Rest und die Organischen Nicht-Zellstoffe, (d. i. die Stoffe, die etwa 47 v. H. des Holzgewichtes entsprechen), welche jährlich etwa 5 Millionen Tonnen organischer Stoffe enthalten, gingen verloren. In den Ablaugen der Sulfitzellstoffabriken finden sich auf die Tonne völlig trockenen Zellstoffes gerechnet etwa 1380 kg gelöster Stoffe, aus- denen mit mehr oder weniger Erfolg schon früher die verschiedensten Waren erzeugt wurden. Im Kriege gewann die Erzeugung von Alkohol aus den Sulfit ablaugen ziemliche Bedeutung, weil dadurch die sonst zur Alkohol gewinnung benützten Kartoffeln und andere Bodenerzeugnisse für die menschliche und tierische Nahrung frei wurden. Aus Zellstoff ist es schon 1819 Braconnot gelungen Zucker herzustellen, und im großen haben 1864 Bachet und Machard aus Holz Zucker und Alkohol erzeugt. Wie Zucker und Alkohol aus dem Holze entsteht, darüber bestehen zsei Ansichten. Nach der einen ergibt der Zellstoff des Holzes, nach der anderen die organischen Nichtzellstoffe, die im Holze vorhanden sind, beim Kochen den Zucker. Daß Zellstoff Zucker ergeben kann, liegt klar zu Tage, die Frage ist nur, ob Zellstoff bei den Kochtemperaturen mittels SO, und CaH, (SO 3 )2 zu Zucker umgesetzt wird. Tatsächlich findet man in Ablaugen Zucker, der 14 v. H. des Zellstoffs entspricht. Da in Wirk lichkeit etwa 15 v. H. des Zellstoffs (bei der erwähnten 85 prozentigen Ausbeute aus dem Holze) verloren gehen, wäre das allerdings möglich. Dagegen sprechen aber eine ganze Reihe von Erwägungen, die der Vortragende eingehender bespricht und die ihn entgegen der Annahme von Ekström zu der Ansicht bestimmen, daß nicht der Zellstoff den Zucker ergibt, sondern die anderen Kohlehydrate des Holzes den Zucker und daraus den Alkohol ergeben. In der Sulfitablauge ist ein Gesamtzuckergehalt von 1,4 v. H., davon etwa 1 v. H. vergärbarer Zucker vorhan«en. Um den Zucker der Ablaugen zu vergären, sind die gärungshindemden Umstände, Nr. 27/1917 vor allem außer der zu hohen Temperatur die überschüssige SO, zu entfernen. Nachdem die modernen Anschauungen über die Vorgänge bei der Gärung, die auf Arbeiten von Kützing, Schwann, Latour, Pasteur u. a. beruhen, besprochen wurden, wird gegen das Wallin’sche Ver fahren, das auf DRP. 246708 vom 7. Mai 1912 beruht, auf Grund neuerer Arbeiten von Oeman und älterer Veröffentlichungen vom Jahre 1874 von Stehmann und Engler angeführt, daß Wallin ein halbes Jahrhundert nach Payen wieder Fehler beim Neutralisieren begeht, die die Alkoholausbeute verringern müssen. Es werden dann die einzelnen Arbeitsphasen der Alkoholer zeugung aus Sulfitablauge, das Verfahren von Landmark und Mög lichkeiten der rascheren und besseren Gärführung besprochen und nachgewiesen, daß eigentlich nichts Tatentfähiges nötig ist, um Sulfitsprit zu erzeugen. An Hand von Zeichnungen wurden dann die wichtigsten Ein richtungen: Neutralisierbottiche aus Holz, Gesamtplan einer An lage für die Ablaugen von 100 Tonnen Zellstofferzeugung im Tag, eine moderne Destillier-Rektifizieranlage und eine tabellarische Aufstellung der Erzeugungs- und Einrichtungskosten vorgeführt. Der Vortragende besprach dann die Sulfitsprit-Herstellung hinsicht lich der Verhütung von Ablaugeschwierigkeiten, wobei er hervorhebt, daß diese Schwierigkeiten sehr verschiedener Art sein können: Es gibt Fälle, in denen solche Schwierigkeiten durch Verarbeitung der Ablaugen auf Alkohol behoben werden können, aber es ist ander seits nicht unmöglich, gerade wie man es bei landwirtschaftlichen Brennereien auch finden kann, daß durch Gärungsvorgänge Zer setzungen eingeleitet werden, die die Ablaugeschwierigkeiten er höhen. Auf alle Fälle ist die Spirituserzeugung aus Zellstoffablaugen eine wichtige Neuerung, die möglicherweise der erste Schritt zur chemischen Reorganisierung der Holzzellstoff-Erzeugung ist. Haftung der Maschinenfabrik Urteil des Reichsgerichts vom 27. Februar 1917 (Nachdruck verboten,) Eine Maschinenfabrik, welche Zerfaserungsapparate für Alt papier und Pappenabfälle beut, hatte der Metalltuchfabrik N. in R. einen Glockenzerfaserer mit Einweichtrommel zum Preise von 4200 M. geliefert. Der Käuferin war das Recht vorbehalten, den Zerfaserer innerhalb 4 Wochen nach Inbetriebsetzung zurückzu geben, wenn er die zugesicherte Verarbeitung von 90—100 kg Leder pappenabfälle in der Stunde nicht erfüllte. Im Mai 1913 unterwarf die Lieferin, nachdem die Käuferin verschiedene Ausstellungen gemacht hette, die Maschine einer gründlichen Ausbesserung und bewilligte eine weitere dreimonatige Probezeit. Es wurden nach der am 1. Dezember 1913 erfolgten Inbetriebsetzung der Maschine wiederum Ausstellungen erhoben, und am 9. April 1914 erklärte die Käuferin, sie verweigere Zahlung, trete vom Vertrag zurück und stelle den Apparat zur Verfügung. Die Lieferantin erhob Klage auf Zahlung des Kaufpreises und obsiegte sowohl in beiden Vorinstanzen als auch vor dem Reichsgericht.. Aus den Entscheidungsgründen des Reichsgerichts: Der Beru- rufungsrichter hat aus dem Briefwechsel der Parteien entnommen, daß es sich bei dem Lieferungsvertrag nicht um einen Kauf auf Probe im Sinne des § 495 BGB. handelte, sondern daß die ursprüngliche auf 4 Wochen und später auf 3 Monate bemessene Probezeit ein geräumt ist, damit die Beklagte innerhalb der Frist feststellen konnte, ob die Maschine vertragsmäßig und mangelfrei sei. Ausgehend von dieser durchaus bedenkenfreien Annahme und von der Vereinbarung, wonach Beklagte die Maschine, wenn sie den gegebenen Zusicherungen nicht entsprach, zurückgeben dürfte, vertritt und begründet das Berufungsurteil zutreffend die Auffassung, die Beklagte hätte die vor behaltene Rückgabe innerhalb der Probezeit vornehmen oder doch mindestens erklären müssen, sie habe aber fortgesetzt während und nach der Probezeit leciigjich Bemängelungen hinsichtlich einzelner Punkte vorgebracht und sich immer noch auf Versuche der Klägerin zur Behebung der Mängel eingelassen. Dadurch, daß sie die Probezeit, die ihr Gelegenheit bieten sollte, die Maschine auf ihre Gebrauchs fähigkeit zu prüfen, unbenutzt habe ablaufen lassen, sei sie ihrer Ansprüche wegen des Fehlens von zugesicherten Eigenschaften und auch wegen anderer Mängel (§ 459 Abs. 1 BGB.) verlustig ge gangen, sie habe die Maschine genehmigt oder müsse sich doch so behandeln lassen, als ob sie diese genehmigt habe. Es genügte zur Wahrung des Gewährleistungsanspruches der Beklagten nicht, daß sie Einzelheiten bemängelte und rügte. Vielmehr hatte sie nach den Ergebnissen ihrer Prüfung innerhalb der Frist die Entschließung zu treffen, ob sie die gelieferte Maschine genehmigen und behalten oder der Vertragsgegnerin zurückgeben wollte, und letzterenfalls ihren Rückgabewillen der Klägerin zu erklären. Da eine solche Erklärung innerhalb der Probezeit nicht abgegeben ist, hat die Be klagte das Recht der Wandelung verloren. (A. Z. VIII. 406/16, Wert des Streitgegenstandes in der Revisionsinstanz: 4200 M.). PAPIER-ZEITUNG