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Nr. 52/1917 PAPIER-ZEIT UN G 1055 Antrag, der als ,,dringlich” behandelt werden soll, geht deshalb dahin, die obige Tarifstelle zu ändern in „Abfallauge der Sulfitzellulosefabrikation, kalkhaltig an fallend auch eingedickt”. Mit Rücksicht darauf, daß die Abfallaugen meist nur technisch kalkfrei sind, d. h. oft noch Spuren von Kalk enthalten, wird emp fohlen, die technisch kalkfreien Abfallaugen durch folgende Tarif anmerkung vom Spezialtarif III auszuschließen: „Vollständig oder technisch kalkfreie Abfallaugen gehören zur Allgemeinen Wagenladungsklasse”. Der antragstellenden Verwaltung ist darin beizupflichten, daß nach Tarifabsicht nur die geringwertige Abfallauge dem Spezial tarif III unterstellt sein soll. Ob die kalkfreie Lauge in Friedenszeiten einen Wert besitzt, der die Zurechnung zu den Gütern des Spezial tarifs III für nicht vertretbar erscheinen läßt, müssen wir dahingestellt sein lassen. Bei Beurteilung ihrer Tarifstellung wird nicht außer Betracht bleiben können, daß der aus entkalkter Sulfitlauge herge stellte Pflanzenleim unter den Spezialtarif I fällt. Vermag sich die kalkfreie Lauge als Rohstoff für die Herstellung von Leim- und Gerb mitteln auch in Friedenszeiten zu halten, so ist bestimmt damit zu rechnen, daß die Zuweisung dieser Lauge nach der Allgemeinen Wagenladungsklasse nicht aufrecht erhalten werden kann. Die heu tigen Verkaufspreise für die verschiedenen Arten der Abfallauge — werden sogar für die rohe Lauge derzeit schon 20—30 M. be zahlt — müssen für dis Beurteilung der Tarifstellung außer Betracht bleiben. Zweifellos stellt auch die kalkfreie Lauge einen gering wertigen Gegenstand dar, für den in gewöhnlichen Zeiten die Fracht berechnung nach der Allgemeinen Wagenladungsklasse nicht an gemessen erschiene. Wenn wir dem Anträge der Königl. Eisenbahndirektion in Katto- witz trotzdem zustimmen, so geschieht dies in der Erwägung, daß die Tariflage tatsächlich der Klarstellung bedarf, und daß der inter essierten Industrie, für die die Frachtberechnung für die kalkfreie Lauge während des Krieges nur eine untergeordnete Rolle spielt, überlassen bleibt, nach Wiederkehr normaler Verhältnisse begrün deten Antrag auf Einreihung der kalkfreien Lauge in einen Spezial tarif zu stellen. Wir empfehlen hiernach im Spezialtarif III und im Verzeichnis II folgende Stellen aufzunehmen: ,,Abfallauge der Sulfitzelluloseerzeugung, kalkhaltig anfallend, auch eingedickt. Vollständig oder technisch kalkfreie Abfallaugen ge hören zur Allgemeinen Wagenladungsklasse.” Gegen die beantragte Dringlichkeit haben wir nichts einzu wenden. Der Vertreter des Verkehrsausschusses beantragt namens des Ausschusses, es bei dem bestehenden Zustande zu lassen, also keinen Unterschied zwischen kalkfreier und kalkhaltiger Lauge zu machen. Es sei zwar zuzugeben, daß jetzt manches für einen höheren Tarif spreche, z. B. die gegenwärtige günstige Lage der Papierindustrie und die für kalkfreie Abfallauge augenblicklich gezahlten höheren Preise. Aber das seien nur vorübergehende, durch den Krieg geschaf fene Ausnahmezustände. Der Tarif solle doch auf normale Friedens verhältnisse zugeschnitten werden. Die Berichtsausführungen, daß die Verwertbarkeit der kalkfreien Lauge eine erheblich bessere sei, träfen nur bedingt zu. Denn auch aus der kalkhaltigen Lauge würden solche Erzeugnisse gewonnen. Ihre Herstellung sei also nicht abhängig davon, ob die Lauge kalkhaltig oder kalkfrei anlalle. Man habe die Abfallauge seinerzeit in den Spezialtarif III aufgenom men, um die Papierindustrie in die Lage zu versetzen, diesen lästigen Abfall wegzuschaffen, der aus gesundheitspolizeilichen Gründen nicht in die öffentlichen Wasserläufe abgeleitet werden dürfe. Seit 1912 seien die polizeilichen Vorschriften noch erheblich verschärft worden. Die Grenze zwischen dieser lästigen Abfallauge und der sogenannten kalkfreien Lauge lasse sich sehr schwer ziehen. Im Anträge sei selbst zugegeben, daß die kalkfreie Lauge noch Kalk enthalte und werde deshalb die Bezeichnung „technisch kalkfreie Abfallauge” vorgeschlagen. Der Begriff „technisch kalkfrei” scheine ihm sehr flüssig und für den Tarif wenig geeignet zu sein. Woran solle denn der Abfertigungsbeamte erkennen, ob es sich um kalkhaltige oder kalkfreie Lauge handele. Im Bericht sei ferner zugegeben, daß die kalkfreie und entkalkte Lauge als Rohstoff für den nach Spezial- tarif I gefahrenen Klebleim (Gerbleim) nicht gut höher tarifieren könne als das fertige Erzeugnis. Wie der Bericht dann schließlich doch dazu komme, die Verweisung der kalkfreien Lauge in die Allgemeine Wagenladungsklasse zu empfehlen, sei ihm nicht verständlich. Er habe aus den Berichtsausführungen nur die Schlußfolgerung ziehen können, daß der Antrag abgelehnt und die Ablauge, ohne Unterschied, ob kalkfrei oder kalkhaltig, im Spezialtarif III belassen werden müsse. Der Vertreter der antragstellenden Verwaltung bemerkt hier auf, daß nach der Tarifabsicht weder der kalkfrei anfallenden noch der entkalkten Lauge der Spezialtarif III gewährt werden sollte, und daß diese Laugen ihrem Wert nach auch eine höhere Fracht sehr gut tragen könnten. Ob die Lauge aber in die Allgemeine Wagen ladungsklasse oder in den Spezialtarif I gehöre, darüber werde sich noch reden lassen. Eie von ihm in dieser Hinsicht befragten Inter essenten hätten nicht geantwortet. Er müsse danach annehmen, daß si? dieser Angelegenheit keine Bedeutung beimäßen. Der Vertreter der König . Sächsischen Staatseisenbahnen führt, aus: Es sei eine erfreuliche Erscheinung des Krieges, daß man eine bisher lästige Abfallauge in wirtschaftlicher Weise verwende. Die Sachlage sei im übrigen so, daß bei der kalkfreien Abfallauge vorläufig die Frachtfrage überhaupt keine Rolle spiele. Nun sei er allerdings der Meinung, daß man nicht so weit gehen und sie gleich in die Allgemeine Wagenladungsklasse versetzen solle. Der aus ihr hergestellte Gerbleim werde schon seit Jahren nach dem Spezial tarif I verfrachtet, der Klebleim aus kalkfreier Abfallauge solle eben falls gleichgestellt werden. Er beantrage daher, die kalkfreie Lauge in den Spezialtarif I zu versetzen. Wie sich die Verhältnissc nach dem Kriege gestalten werden, lasse sich heute nicht übersehen. Sollte sich später das Bedürfnis nach einem billigeren Tarif herausstellen, so werde die Eisenbahn sicher nicht anstehen, diesem Bedürfnis Rechnung zu tragen. In den Verzeichnissen II und V brauche nichts geändert zu werden. Zuschlagfreie Beförderung in bedeckten Wagen werde nur eingedickter Lauge gewährt, die so trocken sei, daß sie in Papierumhüllung oder in Säcken Versandt werden könne. In diesem Zustande werde seines Wissens die kalkfreie Lauge nicht versandt. Was die Fassung des Tarifs anbelange, so empfehle er, die alte Bezeichnung „Abfallauge der Sulfitzellulosefabrikation” zu ersetzen durch: „Zellstofflauge”, weil sich die Versender der Erzeugnisse aus der Lauge aus begreiflichen Gründen dagegen sträuben würden, ihre Erzeugnisse als solche aus Abfallauge in den Frachtbriefen zu bezeichnen. Daß die in den Spezialtarif I zu verweisenden Laugen vom chemischen Standpunkte aus keine kalkfreien Laugen seien, weil sie immer noch mehr oder weniger Spuren von Kalk enthielten, sei für den Tarif ohne Belang. Maßgebend könne nur sein, daß diese Laugen in der Technik und handelsüblich als „kalkfreie Laugen” bezeichnet würden. Hiernach schlage er vor: 1. In den Spezialtarif I neu aufzunehmen: „Zellstofflauge, kalkfrei angefallen oder entkalkt, auch ein gedickt.” 2. Die jetzige Stelle im Spezialtarif III zu ändern in: „Zellstofflauge, kalkhaltig angefallen, auch eingedickt.” y 3. In den Verzeichnissen II und V — Ziffer 1 — die Worte: „Abfallauge der Sulfitzellulosefabrikation” durch „Zellstoff- lauge” zu ersetzen. Der Berichterstatter der Tarifkommission zieht hierauf seinen Berichtsvorschlag zugunsten des sächsischen Antrages zurück. Herr Dr. Kauffmann weist nochmals darauf hin, daß ihm von bedeutenden Zellstoffabriken ausdrücklich erklärt worden sei, daß bei beiden Laugen aller Voraussicht nach eine Verwertbarkeit nur während des Krieges möglich sein werde, nach dem Kriege würden sie jedenfalls wieder nichts als lästige Abfallaugen darstellen. Er möchte daher nochmals anhcimstellen, den Unterschied zwischen „kalkfreier” und „kalkhaltiger” Lauge fallen zu lassen und beide •— wenigstens vorläufig — im Spezialtarif III zu belassen. Wenn dies nach Ansicht der Herren Vertreter der Eisenbahnver waltungen aber nicht möglich sei, so erkläre sich der Verkehrsaus schuß mit der Schaffung einer besonderen Stelle für kalkfreie Lauge im Spezialtarif I nach dem sächsischen Vorschläge einverstanden. Bei der Abstimmung wird der sächsische Antrag auf beiden Seiten einstimmig angenommen und die dringliche Behandlung ebenfalls ein stimmig beschlossen. Hiernach wird empfohlen: 1. In den Spczialtarif I folgende neue stelle aufzunehmen: „Zellstofflauge, kalkfrei angefallen oder entkalkt, auch, eingedickt.” 2. Die Stelle „Abfallauge der Sulfitzellulosefabrikation, auch eingedickt” des Spezialtarifs III zu ändern in: ,,Zellstofflauge, kalkhaltig angefallen, auch eingedickt.” 3. In den Verzeichnissen II und V — Ziffer 1 — die Worte: „Abfallauge der Sulfitzellulosefabrikation” zu ersetzen durch „Zellstofflauge”. | Talkum in der norwegischen Papiererzeugung. Dem Zeitungs papier pflegten die Fabriken in Norwegen früher etwa 10 v. H. Kaolin (Porzellanerde, Chinaclay), das aus England kam, zuzusetzen. Infolge der nun herrschenden sehr schwierigen Frachtverhältnisse mußten sie sich nach inländischem Ersatz umsehen und haben solchen im Talkum gefunden. Eine ziemlich geringe Sorte Talk, sogen. Speck steinmehl, findet jetzt in ausgedehntem Maße Anwendung in der Papiererzeugung, bg.