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PAPIER-ZEITUNG Nr. 40/1917 Durch den Weltkrieg ist uns der Verkehr mit Ursprungsländern des arabischen Gummis unmöglich geworden. Die in Deutschland vorhandenen Vorräte nähern sich ihrer Erschöpfung, und dies bildet eine ernste Gefahr für das Steindruckgewerbe. Im Frieden waren zuletzt über 16 000 organisierte männliche Facharbeiter in der Lithographie und im Steindruckgewerbe beschäftigt, diesem Fach arbeiterheer standen viele Hilfskräfte zur Seite. Wohl ist jetzt im Kriege die Tätigkeit der lithographischen Anstalten und Steindrucke reien stark eingeschränkt, aber es muß ihnen ermöglicht werden, diese eingeschränkte Tätigkeit aufrecht zu erhalten, andernfalls ist das in ihnen verkörperte Kapital gefährdet. Das Nächstliegende ist da, auf das Gummi anderer Pflanzen zurückzugreifen. Es hieß einmal vor Jahren, daß die Güte des ara bischen Gummis von der Tätigkeit gewisser Bakterien abhänge. Es liegt nahe, zu untersuchen, ob nicht durch Züchtung gewisser Bakterien und ihre Ueberimpfung auf einheimische gummiliefernde Bäume ein in der Lithographie verwendbares Ersatzgummi für das arabische Gummi erzielt werden könnte. Vielleicht ließen sich ein heimische Akazien zum Gummiliefern züchten oder das Kirschgummi durch solche Bakterienarbeit zur Verwendung in der Lithographie umwandeln. Solche Fragen aber können nur durch staatliche An stalten untersucht und entschieden werden. Der königliche Botanische Garten zu Berlin-Dahlem und die ihm angegliederten oder mit ihm zusammenarbeitenden sonstigen wissenschaftlichen botanischen An stalten, die Anstalten für Bakterienforschungen, staatliche chemische Laboratorien mögen ihre Aufmerksamkeit dieser Frage zuwenden. Der privaten Unternehmungslust stehen die erforderlichen Hilfs mittel zurzeit nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung.. Fritz Hansen. Beschlagnahme usw. von Steinkohlenteerpech. Am 15. Mai ist eine neue Verordnung in Kraft getreten, die neben der Meldepflicht und Beschlagnahme auch Höchstpreise für Steinkohlenteerpech festsetzt. Die Verordnung wird durch Anschlag und durch Abdruck in den Tageszeitungen veröffentlicht, auch ist ihr Wortlaut bei den Polizei behörden einzusehen. Wir entnehmen der umfangreichen Verordnung folgendes: Aus § 4. Trotz der Beschlagnahme ist die Veräußerung und Lie ferung der beschlagnahmten Gegenstände u. a. erlaubt: an Hersteller von Klebe-, Tränkungs- und Streichmasse für die Dachpappenindustrie, jedoch nur mit Genehmigung der Kriegsausgleichstelle für Dachpappenteer G. m. b. H., Berlin W 35, Potsdamer Straße 118a, an Inhaber von Freigabescheinen, die von der Kriegs- Rohstoff-Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsmini steriums ert.eilt werden und bei der Kriegschemikalien Aktien gesellschaft, Berlin W 9, Köthener Straße 1—4, vom Ver braucher angefordert werden können. Die Veräußerung und Lieferung darf nur erfolgen, wenn bei Lieferung der beschlagnahmten Gegenstände die festgesetzten Höchst preise (§ 9) nicht überschritten werden, auch wenn vor dem Inkraft treten dieser Bekanntmachung höhere Preise vereinbart waren. Aus § 5. Trotz der Beschlagnahme ist die Verarbeitung oder Verwendung der beschlagnahmten Gegenstände erlaubt u. a.: zur Herstellung von Klebe-, Tränkungs- und Streich masse für die Dachpappenindustrie, jedoch nur mit Geneh migung der Kriegsausgleichstelle für Dachpappenteer G. m. b. H., Berlin W 35, Potsdamer Straße 118 a, und für sonstige Zwecke, sofern ein Freigabeschein (§ 4 g) er teilt worden ist. Aus § 9. Für Steinkohlenteerpech dürfen höhere Preise als 7 M. für 100 kg frei Waggon Verladestation, in Schollen lose verladen, ein schließlich Umsatzstempel, nicht gefordert oder bezahlt werden. Für Blockblech ist ein Aufschlag von 10 Pf. für 100 kg gestattet. Bei Verkäufen in Fässern und sonstigen Behältern kann außer dem Preise von 7 M. für 100 kg der für die Fässer und Behälter nach gewiesene Selbstkostenpreis sowie eine Füllgebühr von 50 Pf. für 100 kg gefordert und bezahlt werden. Die Höchstpreise gelten für Nettogewicht und Barzahlung binnen 30 Tagen nach Eingang der Rechnung; bei späterer Zahlung dürfen 2 v. H. über Reichsbankdiskont an Zinsen berechnet werden. Rücknahme unverkaufter Zeitungsnummern. Der Vorschlag des britischen Handelsamts zu einer Verordnung, welche zwecks Papier- und Frachtraumersparnis die Lieferung von Zeitungen und Zeitschriften mit Rückgaberecht abschaffen sollte, ist nach Vor stellungen der Zeitungshändler und wegen unvorhergesehener Schwie rigkeiten, die bei der Ausführung einer solchen Verfügung entstehen würden, aufgegeben worden, bg. Neues norwegisches Ausfuhrverbot. Norwegen verbot am 5. Mai die Ausfuhr von Leim und Kleister aus Mehl, Stärke und ähnlichen Stoffen, bg. Kaseinherstellungs-Verbot in Schweden. Anwendung von Voll- und Magermilch zur Herstellung von -Kasein, Käsemasse und Käse ist ab 21. Mai in Schweden verboten. Üebertretung wird bestraft. Ausnahmen kann der staatliche Lebensmittelausschuß gestatten, bg. Papier-Spinnerei Zukunfts-Aussichten der Papiergewebe und Papiersäcke Nach meiner Ansicht werden Papiergewebe und Papiersäcke auch nach Friedensschluß ihre Absatzgebiete behalten, ja sogar aus dehnen. Betrachten wir zunächst die Säcke aus glattem Papier (nicht Gewebe) für Düngemittel, Zement, Salz usw. Der Geschäfts führer eines Großbetriebes erklärte mir kürzlich: Niemals werden wir mehr von Papiersäcken abgehen, schon wegen der früheren ewigen Unstimmigkeiten bei der Sack-Verrechnung. Heute wird über Säcke kein Buch mehr geführt, die Säcke werden nach Gebrauch vernichtet, vom Landwirt mit untergegraben, während früher langer Briefwechsel entstand, die teuren Säcke zum großen Teil nie mehr zum Vorschein kamen und nicht bezahlt wurden. Auch war der Verlust an Inhalt nicht unbedeutend, und die Arbeiter litten sehr unterwegs beim Ein- und Ausladen der porösen Säcke durch das Stauben des. Inhalts . Schon deshalb werden Regierung und Arbeiterschaft für staubfreie Säcke eintreten. Für gewebte Papiersäcke wird nach Friedensschluß, da der gewaltige Bedarf der Heeresverwaltung an Sandsäcken aufhört der Bedarf stark nachlassen, aber bis dahin dürfte das Papiergewebe so gewaltigen Absatz nach andern Richtungen gewinnen, daß ein Ausgleich nicht schwer fallen dürfte. Werden doch, wie in diesem Blatte öfter ausgeführt wurde, heute schon Papiergewebe zu den mannigfachsten Zwecken verwendet, neuerdings auch in der Hut- fabrikation. Auch haben Filterstoffe aus Papiergewebe in der che mischen Industrie erfolgreiche Anwendung gefunden. Man geht zur Herstellung immer feinerer Fadennummern über, die nicht mehr allein durch dünne Papiere sondern auch durch das Schneiden sehr schmaler Streifen (unter 3 mm) und noch darunter sowie durch feinstes Zusammenspinnen der Faden erzielt werden, unter kräftigem, womöglich warmem Feuchten oder Dämpfen des Fadens während des Spinnens. Den so erzielten Garnen von großer Feinheit eröffnet sich weiter Absatz. Die Maschinenfabrikanten dürften infolge dieser Entwicklung zur Anfertigung von Schneidemaschinen übergehen, mit denen man auch die schmälsten Streifen ohne viel Ausschuß schneiden kann. Mit dem Wasserfestmachen der Gewebe ist man schon so weit gekommen, daß (wie oben gesagt) die Gewebe sich zu waschbaren Filtertüchern eignen, allerdings sind diese getränkten Gewebe noch ziemlich steif. Die Frage, ob zur Erzielung farbiger oder gemusterter Stoffe das Papier, das Garn oder das Gewebe gefärbt werden soll, dürfte ähnlich wie bei der Verarbeitung von Wolle und Baumwolle gelöst werden. Beim Färben von Papiergarn lassen sich so satte Farben erzielen, wie sie beim Färben des Papierstoffes nicht erreichbar sind. Die großen Spinnereien und Webereien, die unter Millionen- Aufwand zur Verarbeitung von Papier übergegangen sind, werden dessen Verarbeitung nicht mehr aufgeben, nachdem sie die Kinder krankheiten des Neubetriebes überstanden und manche Vorteile des: Papierspinnens gegenüber Wolle und Baumwolle erkannt haben. R. E. Höchstpreise von Spinnpapier (Zu Nr. 35 Seite 726) Auch ich bin nicht der Ansicht, daß für Spinnpapier eine Preis staffel aufzustellen wäre, die sich nach der Reißlänge der Papiere richtet. Als erfahrener Spinner auf den verschiedensten Maschinen systemen muß ich feststellen, daß die Grundbedingung für gutes: Gespinst nicht allein in der Reißlänge des Spinnpapieres liegt. Wohl ist die Reißlänge ein wesentlicher Gradmesser für die Güte des Papieres, es wäre jedoch verfehlt, Spinnpapier lediglich nach der Reißlänge zu beurteilen. Die Hauptsache ist vielmehr, wie sich die Festigkeit des Papiers beim Befeuchten Verändert. So erhielt ich aus einem in allen Teilen gut gearbeiteten Spinnpapier von nur 9000 m Längs reißlänge, richtig gesponnen, reißkräftigeres Garn als aus anderem Spinnpapier von über 11 000 m Längsreißlänge. R. Geschäftsgang in den niederrheinischen Webereien. (Aus dem M.-Gladbacher Marktbericht der Leipziger Monatsschrift f. Textil ind. vom 12. Mai). Die Nesselwebereien, die zur Herstellung von Geweben aus Papiergarn übergegangen sind, haben durchgehend gut zu tun, vielfach liegen Aufträge bis zum Herbst vor. Viele Verband stoffwebereien haben die Herstellung von Verbandstoffen aus Papier garnen aufgenommen, welche den gestellten Anforderungen voll ständig entsprechen sollen. Dies wäre ein außerordentlicher Fort schritt in der Erzeugung von Papiergeweben. Einige Kord- und Velvet Webereien beschäftigen sich mit Schneiden von Spinnpapier, worin zeitweise die Tätigkeit recht rege ist. Die Webereien für rohe, gebleichte, gefärbte und bedruckte Biber- und Kamuckartikel ver arbeiten meist nur noch Garne aus Ersatzstoffen. Besonders ihre Gewebe aus Papiergarnen haben großen Anklang gefunden, der Auftragsbestand ist darin reichlich. Auch in den Buntwebereien für Schlafdecken, Bettücher und Fancys kommen hauptsächlich Papiergarne zur Verwendung. Die Webereien, welche früher baum wollene Hosenzeuge lieferten, stellen vornehmlich Sackstoffe aus Papiergarn her und sind darin noch für einige Zeit beschäftigt. Mehrere Buckskin-, Kammgarn- und Cheviot Webereien haben sich auch auf die Verarbeitung von Papiergarnen verlegt.