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)APIER-VERARBEITUNG l BuchgewerbeesI Berliner Typographische Gesellschaft Vorsitzender: G. Könitzer, Steglitz, I Kassenführer: Gustav Naumann, Amdtstr. 33, II | Neukölln, Stuttgarter Str. 53 Postscheck-Konto: Postscheck-Amt Berlin NW 7; Nr. 8700 Zu dem am Dienstag, 31. März 1914, abends 9 Uhr, im Berliner Buchgewerbesaale, Dessauer Str. 2 III, stattfindenden Vortrags- und Erörterungsabend, bei dem wichtige Berufsangelegenheiten zur Sprache gebracht werden sollen, werden die geehrten Mitglieder mit der Bitte um zahlreiches und pünktliches Erscheinen ergebenst eingeladen. Der Vorstand Tagesordnung : I. Geschäftliches. — Eingänge. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Vortrag des Faktors Herrn Josef Gaa: Gezeichnete oder gesetzte Drucksachen ? Der Vortrag wird an einer umfangreichen Sammlung von einschlägigen Arbeiten erläutert. — Besprechung des Vortrages und des Er gebnisses unseres Wettbewerbs. 4. Technische Fragen. * * * Der Buchgewerbesaal ist geschmückt mit den von Herrn Gaa ausgestellten Drucksachen und den Ergebnissen des letzten Wettbewerbs der Berliner Typographischen Gesellschaft. Hites und neues Kupfer-Tiefdruck-Verfahren Zu Nr. 18 S. 611 • Charlottenburg, 19. März 1914 Die Ausführungen des Herrn Rolffs in Nr. 18 der Papier- Zeitung dürfen nicht unwidersprochen bleiben, es müßte sonst den -Anschein erwecken, als könnte und wollte sich die Fachwelt mit ihnen einverstanden erklären. Der Aufsatz sucht in geschickter Form Stimmung zu machen dafür, daß die Bezeichnung „Kupferdruck“, die seit Jahrhunderten nur für ein einziges Verfahren Geltung hat, jetzt plötzlich für eine ganz neue Technik Verwendung finden soll. Der Verfasser jenes Aufsatzes betont, daß er in allen Sätteln gerecht sei, er sei Hoch drucker, Tiefdrucker, Kupfertiefdrucker, Messingtiefdrucker, Stahl tiefdrucker, Steindrucker und Zinkdrucker. Wie weit er die erste Technik beherrscht, weiß ich nicht, im „Tiefdruck“ — und so wird das neue Verfahren ja glücklicherweise immer kürzer und immer mehr bezeichnet ■—■ ist sein Name anerkannt. Will er sich jetzt aber als „Kupfertiefdrucker" bezeichnen, so lasse er das Wörtchen „tief“ ruhig weg, denn kein Fachmann, der das Verfahren des Kupfer druckes ausübt, wird sich Kupfertiefdrucker nennen. Dasselbe gilt von Messing-, Stahl- oder Zinktiefdruck, und wenn irgendwelche Darstellungen in Zink, Messing, Nickelzink oder Stahl radiert, durchgedrückt, in Aquatinta geätzt oder gestochen und solche Platten auf den Kupferdruckpressen gedruckt werden, so bleibt es allemal Kupferdruck und kein Mensckuwird sagen, er habe die Platte „messinggedruckt“ oder „nickelzinkgedruckt"! Denn das Wort „Kupferdruck“ besagt ja keinesfalls, daß das Material Kupfer sein muß, sondern es bezeichnet lediglich die Drucktechnik, in welcher Platten von einem in diesem Verfahren ausgebildeten Druckerdrucke risch behandelt werden, um, auf Papier übertragen, das gewollte Erzeugnis herzugeben. Wollte Herr Rolffs aber behaupten, daß er als Tiefdrucker diese Platten in derselben Güte drucken kann wie ich es als Fachmann nun fast seit 30 Jahren tue, oder daß seine Tiefdruckplatten oder Walzen kurzerhand von einem Kupferdrucker auf der Kupferdruckpresse oder umgekehrt Kupferradierungen oder Stiche auf seinen Tiefdruckrotations- oder Tiefdruckflach maschinen in der völligen Wirkung gedruckt werden können, so fordere ich ihn zum Beweise auf. Er komme zu mir in meine Anstalt, dort stehen neben der Tiefdruckmaschine genügend Kupferdruck pressen. Wir wollen diesen Versuch machen; das Ergebnis wird ein völlig negatives sein. Diese Arbeit aber wäre der Mühe wert und würde Klarheit bringen in einen Prozeß, den der Unterzeichnete mit einem großen Warenhause führt und von welchem Herr Rolffs sicher auch Kenntnis bekommen hat, und zu dessen Gunsten er nun Aus lassungen in die Zeitung bringt, die nur dazu dienen können, weitere Verwirrung in die technische Seite dieser Sache zu bringen Dazu ist aber unsere heutige Zeit nicht mehr angetan, die einer neuen Sache fremd gegenüber stehende Masse im Unklaren zu lassen. Das Gegenteil muß der Fall sein, wir alle haben zur Aufklärung beizutragen. Und das wird und muß geschehen! Tiefdruck ist keine Gravüre, wie solcher Begriff seit mehr als 35 Jahren eingebürgert ist, und wenn jetzt mit wohlweislicher Absicht in dem Artikel des Herm R. von „Gravur“ gesprochen wird, so kann solches auch nur wieder dazu dienen, die Begriffe zu verwirren. Mögen die Gravieranstalten ruhig fortfahren zu gravieren, mögen sie ihr Erzeugnis ruhig „Gravur“ nennen — es aber „Gravüre“ zu bezeichnen, ist und bleibt unlauter, und dagegen wende ich mich auch weiter trotz der Ausführungen des Herrn R., daß Tiefdruck blätter, die Pfennige Wert haben, mit den wertvollen Erzeugnissen des Kupferdruckes gleichbezeichnet werden sollen. Es wird nicht bestritten, was Herr R. am Ende von Absatz 3 seiner Ausführungen sagt, aber in Absatz 4 vergißt er wohl aus Versehen, das Wort Photo gravüre richtig mit ,,ü“ und dem „e“ am Ende also Photogravüre zu schreiben, um am Schlüsse von Absatz 5 wieder zu behaupten, er hätte von Gravüre gesprochen, während er von Gravur sprach. Eine wirkliche Gravur geschieht allemal mit der Hand — ich sehe hier von Guillochen usw. ab —; und bei dem einen Ver fahren, bei welchem die Bildübertragung mit Hilfe der Photo graphie geschieht und für das wie gesagt seit mehr als 35 Jahren die Bezeichnung Photogravüre oder kurzerhand „Gravüre“ fest eingebürgert ist, spricht kein Mensch von „Gravur“. Auch das. stimmt nicht, daß die Deutsche Flachdruckpresse — soll jetzt also heißen: Kupferdruckpresse — jemals das Wort „Gravur“ für sich beansprucht hätte. Daß eine solche Frage weder in Frankreich noch in England auftaucht, wird zugestanden. Der Franzose nennt alles Gravüre und unterscheidet es durch den Zusatz „ä l’eau forte, au burin“ u. dgl. Der Engländer spricht von Etching, engraving, photogravureodermezzotint“. Also genau dieselben Unterschiede wie bei uns: Stich, Radierung, Gravüre. Aber selbst wenn es anders wäre, brauchten wir uns doch nicht nach dem Brauche anderer Völker zu richten, wir haben unsere eigenen Namen und bezeichnen damit die dafür passenden Erzeugnisse und verwahren uns gegen Verschleierungen. Nur weil in dem Mertensschen Tiefdruckverfahren auch die Bild Übertragung wie bei <fer Photogravüre mit Hilfe der Photographie geschieht, sonst aber alles anders ist, soll das neue Verfahren auch „Photo gravüre“ heißen? Gewiß, Buchdruck, Steindruck u. dgl. behalten ihre Namen, ob sie auf der Tiegel- oder Schnellpresse oder — wo angängig — auf der Rotationsmaschine hergestellt sind. Und Eier sind und bleiben Eier, und werden auch nicht anders benannt, nur daß aus dem einen Ei ein Pfau und aus dem andern eine Krähe entschlüpft. Wir haben hier eben ein neues Tiefdruckverfahren und zwar eines, dem niemand seine Bedeutung abspricht; auch der Unter zeichnete nicht, denn er betreibt es nebenher selbst. Aber da nun einmal das alte Verfahren Kupferdruck heißt, soll für das neue Ver fahren der Name festgehalten werden, der sich immer mehr ein- bürgert, und der heute schon anfängt, ein fester Begriff zu werden. Wo sollte es denn auch hinführen, wenn für ein und dasselbe Ver fahren acht und mehr Bezeichnungen wie Mezzotint, Intaglio, Rembrandt-Gravüre, Radiotiefdruck, Heliotint, Schnellpressen tiefdruck, Globusgravüre, Rastertiefdruck, Rakeldruck usw. beim Publikum nur Unklarheit bereiten. Alle Firmen werden mit der Zeit nichtssagende Bezeichnungen fortlassen, je mehr das Publikum wissen wird, daß alle Verfahren die gleichen sind, nämlich: Tief druck. Will Herr Rolffs aber Namen von Firmen wissen, die einsichtiger weise davon abgekommen sind, den Tiefdruck als Kupferdruck zu bezeichnen, so seien ihm Rud. Mosse und Ullstein & Co. genannt, beide in Berlin. Es gibt deren aber noch viel mehr, die jederzeit zum Zeugnis bereit sind. Neu ist, daß Herr R. jetzt auf einmal von Original-Gravüre und Original-Kupferdruck spricht, Bezeichnungen, die es bisher noch nicht gegeben hat und die kein besonders günstiges Licht auf seine praktischen und theoretischen Kenntnisse als „Kupfer drucker“ werfen. Vielleicht will er damit schon zugeben, daß der Tiefdruck nur ein Surrogat gegenüber dem „Original-Kupferdruck“ ist. Weiter liegt auch keine Gefahr vor, daß Kupferdrucker durch das neue Verfahren brotlos oder Pressen Stillstehen würden. Die Auflagen, welche die Tiefdruckpresse verlangt, sind im allgemeinen zu groß, als daß das immerhin mehr künstlerische Verfahren des Kupferdruckes gegen sie überhaupt siegreich in Wettbewerb treten könnte. Es will das ja auch gar nicht. Daß Herr R. den Erzeugnissen der „Deutschen Photogravur A.-G.“ das Wort redet, läßt sich aus seiner Stellung zu dieser Firma