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Nr. 26/1914 PAPIER-ZEITUNG 875 Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Hauptversammlung am 5. und 6. Dezember 1913 im Papterhaus zu Berlin Fortsetzung zu Nr. 25 Schluß des Vortrags Das Färben von Papier von Dr. Wilhelm Maisel Ich komme nun zu einer Frage, die in der Praxis oft gestellt wird und erfahrungsgemäß immer wieder recht unangenehme Be anstandungen für den Hersteller mit sich bringt: Wie erzielt man dampjecht gefärbte Papierei Derartige Papiere werden in großen Mengen und in verschiedenen Nüancen von den Spinnereien zum Aufspulen weißer und auch gefärbter Garne aller Art verwendet, wobei an sie die Anforderung gestellt wird, daß sie die Garne beim feuchten Dämpfen unter Druck nicht anfärben. Zum Färben dampfechter Papiere können sauerziehende Farb stoffe unter keinen Umständen Verwendung finden. Die Folge dieser Tatsache ist, daß bei der Herstellung dampfechter Papiere die Verwendung gefärbten Papierausschusses ausgeschlossen bleiber muß, wenn solcher unter Mitverwendung sauerziehender Farb stoffe gefärbt ist. Ist sich also ein Papierfabrikant über die Färbung seines mit zuverwendenden Papierausschusses nicht völlig klar, so handelt er richtiger, diesen Stoff überhaupt nicht zu verwenden, will er sich gegen später unzweifelhaft eintretende Beanstandungen seines Abnehmers sicherstellen. Für dampfecht gefärbte Papiere können nur basische oder notfalls auch substantive Farbstoffe Verwendung finden. Die basischen Farbstoffe stellen sich in den meisten Fällen billiger, liefern auf dem in der Regel holzhaltigen Papierstoff gut gedeckte Töne, erfordern aber unbedingt eine Nachbehandlung des gefärbten Stoffes im Holländer mit Tannin, um ihre dampfechte Befestigung auf der Papierfaser zu erzielen. 1 kg basischer Farbstoff erfordert im allgemeinen 2 kg Tannin, dessen Lösung dem ungeleimten Papier stoff zugesetzt wird. Hier liegt eine Musterkarte auf, welche eine Anzahl mit basischen Farbstoffen dampfecht hergestellter Färbungen enthält. Die substantiven Farbstoffe liefern auf holzhaltigem Papier stoff stark melierte- Färbungen, erfordern keinerlei Tanninzusatz, stellen sich aber trotzdem in der Regel teuerer. Eine mit Oxamin- braun 3G hergestellte Färbung zeigt das färberische Verhalten sehr charakteristisch. Nun zu einer weiteren wichtigen Frage in der Papierfärberei. Wie erzielt man im allgemeinen und besonders bei satten Scharlach- tind Rottönen möglichst ungefärbte Abwässer auf geleimten Papieren? Die Abwässerfrage hat sich für eine Reihe von Papierfabriken infolge Einschreitens der Nachbarn oder der Polizeibehörden derart unangenehm zugespitzt, daß manche Fabriken notgedrungen auf die Herstellung derartiger Papiere lieber verzichten zu müssen glauben. Alle bisher eingeschlagenen Wege, stark gefärbte Abwässer durch Behandeln mit Chemikalien oder farbstoffbindenden Stoffen wie plastischem Ton und anderen Mitteln zu beseitigen, haben zu keinem wirklich brauchbaren Erfolg geführt. Entweder sind die durch Chemikalien entfärbten Abwässer dadurch in anderer z. B. für die Fische ungünstiger Weise beeinflußt worden, oder es trat Verschlammung der Abwässer ein, was wieder eine Reihe von Un annehmlichkeiten mit sich brachte. Damit in enger Beziehung wird häufig die Giftigkeit der gefärbten Abwässer behauptet. Dazu habe ich zu bemerken, daß alle Papierfabriken der Welt im größten Maßstabe Anilinfarben zum Färben benutzen, so daß überall die Abwässer Spuren dieser Farbstoffe enthalten. Wenn es nun richtig wäre, daß hierdurch die Abwässer vergiftet würden, so müßte schon längst überall ein allgemeines Fischsterben eingetreten sein. Tat sächlich ist aber bisher noch kein Fall bekannt geworden, daß durch mit Teerfarbstoffen angefärbte Abwässer nachweisbar irgend welche Fische getötet worden sind. Selbst wenn die Abwässer deutlich gefärbt erscheinen, ist die Menge der darin enthaltenen Farbstoffe in der Regel nur klein, denn bei der großen Farbkraft der meisten dieser Stoffe genügen schon ziemlich geringe Mengen Farbstoff, um sehr große Mengen Wasser gefärbt erscheinen zu lassen. Uebrigens genügen alle Teerfarbstoffe den Bestimmungen des § 10 des „Gesetzes betreffend die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchs gegenständen'', so daß diese Farben auch im Sinne dieses Gesetzes giftfrei sind. Viele Teerfarbstoffe finden in großen Mengen zum Färben von Nahrungsmitteln Verwendung. Diese Tatsache allein, daß Nahrungsmittel mit staatlicher Genehmigung mit Teerfarb stoffen gefärbt werden, beweist zur Genüge, daß sie nicht giftig sind. Aus alledem ergibt sich, daß durch die mit Teerfarbstoffen angefärbten Abwässer der Papierfabriken Schäden für den Fisch stand nicht entstehen können. Trotzdem soll jeder Papierfärber schon aus wirtschaftlichen Gründen bestrebt sein, nur solche Farb stoffe zu verwenden, welche möglichst vollständig von der Papier faser festgehalten werden, wobei auch die Wahl der Faserstoffe eine wichtige Rolle spielt. Auf holzhaltigen Papierstoffen besitzen im allgemeinen alle basischen und ein Teil der sauerziehenden Farbstoffe diese Eigen schaft, namentlich wenn letztere in Verbindung mit ersteren An wendung finden. Bekanntlich fällen sich bei dieser Verwendungs art die nicht an und für sich schon fixierten Farbstoffe gegenseitig aus ihren Lösungen aus und werden beim Leimen auf der Papier faser niedergeschlagen. Hier liegen derartige Färbungen mit ihren Abwässern auf. Wird auf hervorragend gleichmäßige Färbungen bei Rottönen kein besonderer Wert gelegt, so kann mit den substantiven Farb stoffen Cosmosrot und Baumwollrot 4B auch auf holzhaltigem Papierstoff für farblose Abwässer Gewähr geleistet werden, wie zwei derartige Färbungen hier zeigen. Wegen ihrer geringen Säure echtheit erfordern aber beide Farbstoffe für geleimte Papiere die Mitverwendung von 3 —4 kg kalzinierter Soda auf 100 kg trockenen Papierstoffs. Handelt es sich um das Färben holzfreier Papiere, so ermöglicht die Verwendung substantiver Farbstoffe selbst bei sehr satten Tönen die Erzielung ungefärbter Abwässer. Hier aufliegende sehr satte Färbungen mit ihren Abwässern bestätigen das Gesagte. Für nicht zu lebhafte Rot- und Scharlachtöne stehen außer den vorher erwähnten Cosmosrot und Baumwollrot 4B uns weitere substantive Farbstoffe, wie Baumwollechtrot 4BSP Oxaminbrillantrot B zur Verfügung. Hier liegen derartige, auf der Maschine hergestellte Färbungen auf, den einzelnen Färbungen habe ich das dabei er haltene Abwasser filtriert und unfiltriert beigefügt. Genügen diese substantiven Farbstoffe in ihrer Nuance be züglich Lebhaftigkeit nicht, so würden auch für holzfreie Papiere bestimmte Teerfarbstoffe in Frage kommen, die ich im folgenden behandeln werde. Handelt es sich um sehr lebhafte Scharlach- und Rottöne, so war vor nicht zu langer Zeit die Auswahl der hierfür zur Verfügung stehenden Farbstoffe nicht groß, und deren unangenehme Eigen schaft, gefärbte Abwässer zu liefern, mußte mit in den Kauf ge nommen werden. Ihnen allen sind diese Farbstoffe unter der Bezeichnung Baumwollscharlach und Orange II bekannt. Abgesehen von der ungenügenden Befestigungsfähigkeit, dieser Farbstoffe bei Ueberschreitung eines gewissen Prozentsatzes gaben sie auch häufig eben wegen dieser Eigenschaft noch zur Er zielung stark zweiseitiger Färbungen Veranlassung, wenn auf den Maschinen zu stark gesaugt oder die ersten Trockenzylinder zu sehr überhitzt waren. Derartige zweiseitige Färbungen liegen hier auf. Diese Mängel der beiden viel benutzten Farbstoffe veranlaßten das Erscheinen einer Reihe neuer Farbstoffe, welche bei ihren den Baumwollscharlach teilweise sehr naheliegenden Nüancen sich durch wesentlich größere Verwandtschaft zur Papierfaser auszeichnen. Dadurch ist der Papierfärber in die Lage gekommen, die Abwässer frage wenn auch nicht einer völlig befriedigenden Lösung, so doch einer ganz wesentlichen Verbesserung zuzuführen. Die Farbstoffe: Echtscharlach P, GP Brillantscharlach P Fixierscharlach G, R und GR und Orange RO dienen diesem Zwecke. Wie Sie aus den aufliegenden Vergleichsfärbungen ersehen können, können diese Farbstoffe als Ersatz von Baumwollscharlach dienen, die dabei stehenden Abwässer der einzelnen Farbstoffe zeigen die zu deren Gunsten bestehenden Unterschiede sehr deut lich, ebenso ist bei deren Verwendung die Erzielung zweiseitiger Färbungen ausgeschaltet, gleichgültig, ob dünne oder dicke Papiere herzustellen sind. An Stelle von Orange II dient die Marke Orange RO den gleichen Zwecken bezüglich Vermeidung zweiseitiger Färbungen und Erzielung möglichst ungefärbter Abwässer. Die rötere Nüance von Orange RO bleibt ohne praktische Bedeutung. Ist die gelbere Nüance von Orange II erwünscht, so kann diese durch Nüancieren mit Auramin ohne weiteres erzielt werden, wobei die Abwässer noch günstiger beeinflußt werden.